zunächst jede« Kompromiß ab, bevor nicht Dr. Schwarz den Saal verlossen und durch«ine ausdriicküche Kundgebung des Reichstags festgestellt sei. daß der Präsident bei seinem Vorgehen im Rechte gewesen sei. Von deutschnationaler Seite wurde der Präsident aufgefordert, rücksichtslos durchzugreifen, den Saal und die Tribünen räumen zu lassen, damit dann der ollcinsijzende Abg. Dr. Schwarz durch Polizei aus dem Saale entfernt werden könne. Präsident Wallraf erklärte darauf wiederholt, er lehne es un- bedingt ab, mit Polizeigewalt einzuschreiten. Wenn Dr. Schwarz nicht dm Saal verlasse, müsse die Sitzung auf morgen vertagt werden. Ein demokratischer Redner wandbe sich entschieden gegen eine Vertagung. Die Demokraten würden den Präsidenten unterstützen, wenn er auf einen Einigungsvorschlag eingehe, sie würden ihn auch unterstützen, wenn er scharf durchgreife; ober in der jetzigen politischen Situation dürfe unter keinen Umständen die Sitzung auf morgen vertagt werden. Von mehreren Parteien wurde in Hebereinstimmung mit den Kommunisten folgender Einigungsoorschlog gemacht: Abg. Dr. Schwarz solle dem Präsidenten brieflich mitteilen, er habe sein» erste Ausfchlußocrfügung nicht gshört, werde aber nunmehr die heutige Sitzung verlassen. Der Präsident solle darauf erklären, er holte sein Vorgehen noch wie vor für berechtigt, wolle aber mit Rück- ficht auf die Erklärung des Abg. Dr. Schwarz und um die chrdnungs- müßige Abstimmung über die Gutachtengesetze zu sichern, die nach dem ersten Ausschluß erfolgten Maßregeln zurücknehmen. Präsident Wallraf war zu einer solchen Erklärung bereit, wollte sie aber erst in der Montagsitzung abgeben. Die Kommunisten, Sozialdemokraten und andere Parteim bestanden jedoch darauf, daß die Einigung in dieser Form schon in der Freitag- sitzung erfolgen müsse. Damit war Präs! denk Wallraf nicht einverstanden, und so scheiterte die Einigung. Er oerlangte, daß Dr. Schwarz heute die Sitzung verlasse, dann würde er nach Eingang des Schreibens von Dr. Schwarz am Montag beim Beginn der Sitzung die Maßregelung zurücknehmen. Daran scheitert« die Einigung, la die Kommunisten ihr Mitglied Dr. Schwarz nur dann zum Verlassen des Saales bewegen wollten, wenn der Fall crcch in der Freitagsitzung endgültig erledigt würde. Einspruch des Abg. Tr. Schwarz. Dem kommunistilchen Abg. Dr. Schwarz ist am Freitagabend die Ausschlußversügung für 20 Reichstaassitzungen schriftlich zugestellt worden. Er hat darauf an den Präsidenten folgenden schriftlichen Einspruch gerichtet: „Gegen meinen Ausschluß aus der heutigen Sitzung erhebe ich hiermit auf Grund des§ 92 der Geschäftsordnung Einspruch. Ich habe aus dem Munde des Präsidenten weder meinen Namen noch überhaupt einen Ordnungsruf gehört. Ich habe auch keine Ausforde- runq an mich gehört, den Sitzungssaal zu verlassen. Aus diesem Grund« konnte ich auch selbstverstäiftiüch der Aufforderung des Präfi- deuten keine Folge leisten. Ferner stelle ich fest, daß irgendein« Ve- rechtlgung zu einem Ausschluß von mir nicht vorgelegen hat, da ich nur mehrere Male gerufen Hab«:„Amnestie wann werden die 7000 politischen Gefangenen befreit werden?'" Diese Rufe rechtfertigen meiner Ueberzeugung nach einen Ausschluß nicht. Da diese Rufe ohne Zweifel weder eine„Verletzung der Ordnung"(§ 89 der Ge- schästsordnung) nach nach§ 91 der Geschäftsordnung„eine gröbliche Verletzung der Ordnung" bedeuten. Ich ersuche daher, meinen Aus- fchluß rückgängig zu machen." Die kommunistische R« i ch s t ag s f r a kti on nahm nach mir Freitagabend' in einer Sitzung zu dem Ausschluß ihres Mit- gliedcs Dr. Schwarz Stellung S>« beschloß, den schärfsten Protest gegen das Vorgehen des Präsidenten einzulegen, insbesondere sich das Recht, dernonstratio aufzutreten, in keiner Weife beschneiden zu lassen. Aenderung der Geschäftsordnung? Spät abends hielten noch Vertreter der drei Koalitionsparteien eine Sitzung ab, um Aenderungen der Reichstagsge- fchäftsordnung vorzubereiten, di« eine ruhige Abwick- lung der Geschäfte des Parlaments gewährleisten sollen. Die Redner der Sozialdemokratie. Die Sozialdemokratiscbe ReichStagSfraktion hat als Redner für die Beratung der Sachverstöndigengesetze im Reichstag folgende Genossen bestimmt: Hilferding . Keil, Schumann. Robert Schmidt , Toni Sender und Sollmann.
öettenparaöeauföemparaöefelö Von Elvira R o sen be rg- S tur m. Tempi pessati— vergangene Zeiten. Alles ändert sich dabei, di« Dinge und ihre Bestimmung. Auf dem Tempelhoser Feld, wo elzemals der Stechschritt der Berliner Preußengard« dröhnt« vor .Ihm", die Sonne die Aufgabe hatte, dem Hohenzollernwetter Glanz zu verleihen, daß Goleflicksreien, Ordsersfterne, Epauletten, Bandcliers funkelten und glitzerten, um Proletenaugen zu blenden und etwa nachdenkende Gehirns zu dörren im Paraderumm?l, da machen heut Proletarierbetten Parade. Die Aufgabe der Sonn« hat gewechselt, sie muß Bazillen töten, die noch aus winterlichen Erkältungen herstammen. Neulich zählt« ich vorn herum zwölf Familien-Federsanatorien. Just an der einsamen Pappel sonnt ein steinalt Mütterlein mit einer Kmderschar. Da— wo der Allerdurch- lauchtigste. Allerhöchst« gnädige Herr, der Herr der Garden und aller übrigen Preußen, herabfchaut« nach seinem berühmten Aus- spruch:„Ich sah herab von meinem Tier auf das Gehudel unter mir." Entweiht, der heilige Ort— I Das Gehudel hat Besitz genommen von„Seinem Paradefeld". [ wo junge deutsche Menschen, in di« bunten Asfenjacken einer , Dynastie gezwängt, in glühendem Sonnenbrand Parade vormachten, ' Oualen schwitzten und verdursteten in der edlen Vorschul« des Dölkermordens. Lxrbei! Das Volt deutscher Großstädte läßt nie- mand mehr auf dem Tempelhoser Felde Stechschritt klopfen. Es wird keine Menschenmauern mehr erleben, die dort in uralter Menschensehnsucht des„Ueber-sich-hinaus" im Wahn ausharrten, es «ruf Fiirstertthronen im blauen Biut« zu finden. Freilich, manch einer stand damals schon, um das einzige Edle dabei, die Pferd«, zu bewundem, und manch«in«, um einen Blick zu werfen in die Prinzessinnenwagen, wo mtt Gala seelisches Frauenelend überglänzt wurds, das die pekuniäre, dynastische, politische Verkuppelung den Insassen aufgehalst hatte. Viele von denen haben sicher aufgeatmet. Hat die Umwälzung denen doch ein gut Stück wirklicher Menschen- sreih-tt gebracht. Der Gothaer Hof- und Adelstalender berichtet von geradezu vormals grotesk anmutenden Eheverschmelzungen. Der demokratische Bazillus plebesischer Gleichmacherei grassiert bereits als beginnend« Seuche unter ihnen. Aber auch di« Söhne derer, die vom Tempelhoser Feld in„Allerhöchst" glänzender Suite mit wallenden Federbüschvn die Fahnen zum Schloß ritten,«man- zipierten sich schnell. Wie sie sich aufhäuften im Gothaer die Ame- rican Girls! Nachgekommene Töchter doch von manchem notori- ichem Tagedieb, Vagabunden, Gauner(kann ein ehrlicher, braver Kerl überhaupt reich werden?), der in die Reu« Welt geflohen oder geschickt worden war. Schwamm drüber. Sie sonnen ihre Betten. Auf allen möglichen beradeten Behl- keln sind sie hinausgebracht. Wie das Bände spricht! Nicht«in bißchen Licht. Luft, Raum, um zu Hause Staub und Dunst der
Die Haltung üer deutjchnatioualea. Eine Korrespondenz teilt mit: Die maßgebenden Führer der Deutschnationalen SieichSkagS- fraktion wenden sich gegen die Interpretation, die der gestrige deutschnalionale Fraktionsbefchlriß gefunden hat, als wäre damit immer noch die Möglickkeit zu einem„U m f a l l" offengeblieben. Sie betonen demgegenüber, daß die Deurfchnational« Fraktion das DaweS-Gutachten und die mit ihm zusammenhängenden Gesetze unbedingt und ohneRücksicht auf parteipolitische Jnter- essen aus außenpolitischen Gründen ablehnen werde. Anders könne auch der Fraktionsbeschluß gar nicht ausgelegt werden, denn er be« ziehe sich ausdrücklich auf die früheren Befchlüsie und Erklärungen der Fraktion, die die Ablehnung des Londoner VerhandlungS- ergebnisieS klar aussprächen. * Die Deutschnationolen haben für Sonnabend die Bsrireier ihrer Parteiorganisationen im besetzten Gebiet nach Berlin berufen. Der Vorsitzende der deuscbnationalen Partei- organisation im Kreise Her« seid hat dem sozial« demokratischen ReiSStagSabg. Schnabrich bei dessen Abreiie nach Berlin offiziell erklärt, er möge dem deutsch » nanonalen Vertreter des Wahlkreises Lind sagen, wenn er gegen die Annahme de« Londoner Abkommens stimme, brauche er sich im Kreise HerSfeld nicht mehr sehen zulassen. Genosse Schnabrich hat diese Mitteilung der deutschnationalen ReichStagSfraktion übermittelt. Lehnen sie eb! Der Eindruck in Paris . Paris , 22. August.(Eigener Drahtbericht.) Di« Nachricht, daß die Deutschnottvnalen die Ablehnung der zur Durchführung des Dowes-Planes nötigen Gesetze beschlossen haben, gibt den politischen Kreisen zu lebhaften Kommentaren Anlaß. Die Blätter allerdings geben zunächst die Meldungen ihrer Berliner Korrespondenten ohne eigene Meinungsäußerung wieder. Der ollgemeine Eindruck ist der, daß die Deutschnationalen ihr letztes Wort noch nicht ge- sprachen haben, daß es sich vielmehr um ein Manöver handle, um der Regierung neue Zugeständnisse abzupressen. In. linksstehenden Kreisen gibt man der Erwartung Ausdruck, daß das Kabinett Marx�Stresemann sich nicht einschüchtern lasse und vor der Auflösung des Reichstages nicht zurück- schrecken werde. Es zeigt sich auch bei dieser Gelegenheit wieder, daß seit der Begegnung zwischen Marx und Herriot in London das Derttauen m die Loyalität der deutschen Regierung und in di« Aufrichtigkeit ihres guten Willens, den Dawes-Plan durch- zuführen, beträchtliche Fortschritt« gemacht hat. Man wird daraus schließen dürfen, daß die Hinausschiebung der Ratifikation der Londoner Beschlüsse, di« deutsche Neuwahlen im Gefolge haben müßten, auf ftanzösischer Seit« nicht auf Schwierigkeiten stoßen würde.
tteue SeiMer zum Staatsgenchtshof. Ei« Teutschnatioualer und Iwan Katz als Schützer der Republik . Der Reichstag wählte am Freitag als Beisitzer für den Staats« gerichtshof zum Schutze der Republik den deutschnationolen Grafen von Merveldt und den Genossen Löbe. Große Heiterkeit löste es au«, daß sich unter deren Stellverttetern neben dem Zentrumsabgeordneten Dr. Scheiter der K o m m u n i st Katz be« findet, einer der schärfsten Bekämpfer des StaatSgerichtShofeS und der von ihm gefällten Urteile._ Zentrum und Bayerische Dolk-parkei. In der bayerischen Presse mehren sich die Stimmen, die auf eine Annäherung der Bayerischen Volkspartei mit dem Zentrum hinweisen. In diesem Sinne äußerte stch zum Beispiels die deutschnationale .AugSburger Abendzeitung" und die sozialistische.Münchener Post". Der„Bayerische Kurier", da« Organ der Bayerischen BolkSpartei, weist dies« Stimmen nicht zurück, was man al» Voraussetzung einer Annäherung und Wiedervereinigung deuten kann.
engen Wohngelegenheit herauszubringen! Betten haben wie kein anderes Jnoentar der Menschen des Menschen Geschichte: von der Wiege bis zum Grabe in Generationen hinein. Beim Proleten ist sie schnell erzählt. Das karge bißchen Glück, bis das erste Kind kam: dann wichen die jungen Frohnächte den vielen der Sorgen. Not, der Krankheit, müden Alterns über verwünscht« Geburten zum ersehnten Tode. Doch halt, hier vorn tanzt einer außer der Reih«. Neben einem tadellos aufgepinselten Handwagen steht er im weißen Seglerhemd, breitbeinig, die Pfeif« im Munde, so recht Protz neben .den funkelnagelneuen Betten, Mark»„Inflation oder so"... Den kennst du doch—? Ah, er kam, man weiß nicht woher... Kaust« stch die große Vorgartenkneipe, unser« Kneipe. Renoviert« auf Mord. Wir wußten gar nicht, wie uns geschah, so neu, so vorsorg- lich, fühlten un» sauwohl,— bis er uns eines Tages im traurigen Biedermeierton erklärt«,„es verkehre jetzt soviel Bürgertum bei ihm, und da wäre es wohl besser für„uns", wenn wir uns«in anderes Tagungslotal suchten.".. Auf meinen Blick steht er blöde um die Ecke. Der blieb der Tradition des Feldes treu, macht Parade mit den neuen... Die anderen Familienruhekissen dokumentieren ihren Besitzern nur ein Leben voller Mühe und Arbeit ohne di« immer notwendige Paus« zum Groß-Lüften. Grau in Grau breiten sie ihr« stummen Flächen in Anklageparade zum Himmel aus. Ich lenke di« Schritte zur Pappel S. W., zu dem alten Grohmütterlein. Stumpf hockl sie da... Immer dasselbe... Das letzte, wozu die Alten noch taugen: Kinderverwahren. Dos Kleinst« schläft in ihrem Arm. Dieses Mal ist es die wirkliche Groß- mutter; man steht es an den Enkeln. Und die Betten scheinen auch di« rechten der Familie. Man erkennt es an den sonderbaren grob gewürfelten Bezügen, so gar nicht von hier. Ich stelle die Frage. Die Alt« kichert leise... Nach einer Weil« murmelt der zahnlose Mund:„Io. so, bei't Brieg'sche...* Ich fühle den Bezug, selbstgesponnen und selbst gewebt, noch immer fest. Mißtrauisch kommt di« Fünfjährige:„Lassen Sie mal! Des. is Urgroßmutter. Die kann nich mehr so! Wird all ochzig." Wehmütig berührt mache ich kehrt. Denk«, unwillkürlich die Gesichtszüge der Mten verjugendlichend. wie st« vor einem halben Jahrhundert als jung« Frau,«he»s mit blanken Füßen auf die Grünmahd ging, di« Betten in schlesische Sonn« legt« und mit stolzen Blicken ihrer Hörde Fleiß überflog, sich weidet«, wie so lustig vom tiefen Indigoblau das knallige Weiß sich abhob. Tempi paesati... Nur Müh« und Arbeit blieb, unvergänglich. Und doch kann sie noch von Glück sagen, daß kein Gendarm mehr auf dem Tempelhoser Feld ihr das bißchen Sonnen und Sonne streitig macht, ihr und— den Urenkeln.
Der dritte V erleg ertee. veranlteltet von der Landtberg Kunit- und Buchhandlung, ist dem Verlag„Der Sturm* gewidmet. Er findet Sonn- abend,»ach«. S'/, Uhr,« der„Rampe*, Kursürstendamm 82, statt.
Das neue Reichswahlgefetz. Der Rcichsrat hat gestern die Novelle zum Reichswahlgesetz' nach den Beschlüssen der Reichsratsausschüsse angenommen. Dia Abgeordnetenzahl wird fest auf 399 festgesetzt. Auf je 72 000 Wäh- ler entfällt«in Abgeordneter. Wird die Zahl nicht erreicht, so findet Ergänzung aus dem Kreiswohlvorschlag statt, wird sie überschritten, Absttich von der Reichswahllist«. Ein Wahlkreis soll nicht mehr als 380 090 Einwohner haben, so daß d>e Wahlvorschläg« höchstens zwei Kandidaten umfassen. Darin liegt eine Abkehr vom Listenwahlsystem.___ Der Staatsanwalt unö üie völkischen. Ein merkwürdiger Bescheid. Dresden , 22. August. (Eigener Drahtbericht.) Die Dresden « Nationalsozialisten veranstalteten vor vier Wochen eine Kundgebung gegen das Sachverstäichigengutachten. Dabei führt« der Redner, ein Rechtsanwalt Dr. B u ck e l e y aus München , in seinem Referat u a. aus: „Das Guiachten ist durch die Zentrale für Heimatdienst in einem Auszug verbreitet worden, in dem die schädigenden Stellen von der Regierung absichllich unterschlagen worden sind. Dieses Machwerk ist eine absichtliche Fälschung der deutschen Regie» rung, der Kaufmann würde sogen: ein geschmeicheltes Muster, Diese Regierung hat kein Schamgefühl für deutsche Jnter- essen. Ein Generalstreit der Eisenbahner als Protest gegen dieses Gutachten wäre eine nationale Tat." Bon privater Seite war gegen Dr. Buckeley wegen dieser Aus» fllhrungen Strafantrag gestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Dresden hat aber jetzt dem Antragsteller mitgeteill, daß das Ber « fahren wegen Beleidigung der deutschen Regierung eingestellt worden sei, da der zur Strafverfolgung erforderliche Strasantrag von dem Reichskanzler nicht gestellt worden sei. Gegenüber diesem mehr als merkwürdigen Bescheid der Dres- dener Staatsanwaltschaft bleibt vox allem di« eine Frage offen: hat es der zuständige Staatsanwalt überhaupt für notwendig gefunden, das Aitflagematerial den Berliner Stellen zu übermitteln, wie das doch unbedingt fein« Pflicht gewesen wäre und wie es jeder Staats- anwalt im kaiserlichen Deutschland schon mit Rücksicht auf seine Karriere getan hätte?_
prajlöent Calles in Serlin. Der mexikanische Staatspräsident Calles ist gestern, Freitage nachmittag in Begleitung der Gesandten Mexikos in Deutschland . Belgien und Noilvegen sowie seiner Töchter und einer Anzahl mexi- kamscher Konsuln. Parlamentarier usw. auf dem Lehrter Bahnhos eingetroffen und vom Reichspräsidenten , dem Reichskanzler, dem Außenminister, dem preußischen Ministerpräsidenten u. a. m. feierlich empfangen worden. Eine Reichswehrkvmpagnie erwies militärische Ehren. Präsident Calles, der schon beim Festmcchl des Hamburger Senats seine besten Wünsche für Deutschland aussprach, hatte, wie unser Hamburger Berichterstatter meldet, am Donnerstag«in« mehrstündige Aussprache mit den Bertretern des Ortsausschus« ses des ADGB . Hierbei erklärt« Calles, daß er den beson« deren Auftrag der mexikanischen Gewerkschaften habe, der deutschen Arbeiterschast brüderliche Grüße zu übermitteln. Er fühle stch aufs engst« mit den Gewerkschaften Mexikos verbunden und sehe in einer starten Arbeiterbewegung die stärk« sten Garantien für inneren Frieden, kulturellen Ausbau und gegen den Krieg. General Calles ließ sich dann von Vertretern des Dertehrsbundes, des Staatsarb eitervettbande» und des Masthi- nisten- und Heizerverbandes die sozialen Einrichtungen und die Ar- beitsverhältnisse besonders im Hamburger Hofen schildern. Beim Festmahl in Berlin hielt der Reichspräsident ein« Ansprache, in der es heißt: Es ist das erstemal, daß das Staatsoberhaupt von Mexiko Deutschland besucht. Di« Freundschaft unserer beiden Völker ist be- gründet auf der gegenseitigen Achtung und Wertschätzung für die alten und ehrwürdigen Kulturen beider Länder, bekräftigt durch die gemeinsamen demokratischen Prinzipien unserer
Sarrabas. Ein« kurze Predigt von Paul Gutman«. „Und da sie versammelt warsn, sprach Pilatus zu ihnen: Welchen wollt chr, daß ich euch freigebe? Barrabas oder Jesus , von dem gesagt ivird, er sei Christus? Denn er wußte wohl, daß sie ihn aus Neid überantwortet hatten. Da schrien sie allesamt und sprachen: Nicht diesen, sondern Barrabas . Barrabas aber war«in Mörder." So wie es hier die Evangelien in schlichter Sprach« mitteilen, sehen wir, daß Christus immer wieder ausgeliefert wird und daß «in Mörder statt seiner loskommt. In Ungarn erfreut sich Barrabas der Freiheit, und di« Hyänen, die Matteotti , den wahren Christen, zerfleischt haben, frohlocken unter der Gunst einer verbrecherischen Horde. Wer ist Barrabas ?.Das Tier , das über die Idee triumphiert. das in jedem Diener des Gemeinwohls seinen Feind erblickt und di« Zähne gegen ihn fletscht, der Anbeter des Mammons, der ewige Bluisauger. In tausend Masten schleicht er umher, nennt sich Anti- semit und ist Antichrist, rühmt sich national zu sein und ist Verräter an seinem Volk, begeht Meuchelmord und slucht auf den angeblichen Dolchstoß der zu Tode Gehetzten. Cr nimmt Geld vom Staat und unterwühlt seine Grundvesten, speit auf die Autorität und lobhudelt seinen Kumpanen, ist mutig bloß gegen Wehrlose. Ms Barrabas gesehen hatte, daß die verblendete Menge Iesum ans Kreuz haben wollt«, wuchs sein Selbstgefühl und er begann sein« Herrschaft durch all« Zeitalter zu begründen. Immer war er gegen die Geknechteten, di« ihn schonten, immer hielt«r es mit den Mächligen, den Schändern des Gottesgedankens. Wo das Volt in Fesseln lag, hetzte er es gegen seine Befreier und kniet« mit ihm vor seinen Peinigern. Seegras-�armen. Ein neuer Industriezweig ist an der kalifornischen Küste ge» gründet worden, dem man den Namen„Marikultur" gegeben hat. Dadurch tritt der„Anbau" des Meeres neben den Ackerbau. Es sind riesige Farmen von Seegras, die man in Kalifornien geschaffen hat. denn man hat hier den großen praktischen Wert des Seegrases erkannt. So ist in kaum fünf Iahren di« kalifornisch« Seegrasernt« zu einem der wichtigsten Erträg»iss« an der Küste des Süllen Ozeans geworden. Es werden jetzt jährlich mehr al» eln« halb- Million Tonnen von diesen Pflanzen geerntet, die man bis vor kurzem noch für fast nutzlos hielt. Durch neue Derbesserungen hofft man die Ernte bis auf 2 Millionen Tonnen tm Jahr zu steigern. Di« Wissenschaft hat' uns in den Stand gesetzt, eine Anzahl wichtiger Erzeugnisse aus dein Seegras zu gewinen, so z. B. Kali, Dünger, Viekifutter. Fasern, die zu Aeweben versponnen werden und al, Polstermaterial dienen, sowie schließlich„Lgar-agar, ein« aus See- gras gewonnene Haltkare Gallert, di« als Ersatz von Gelatine zu Arzneimitteln und auch als Nahrungsmittel verwendet wird. Agar» agar,«in färb-, geruch- und geschmackloser Stoff, gilt al» die beste Nahrung für Mikroben, die darauf gezüchtet werden können; aber auch sonst wird es für Medizinen verwendet und auch Suppen und Gelee» zugesetzt. Ein and««» Seegraserzeugnis ist«jj« art von Fischleim oder Hausenblase. Äi« für photographische Film« und Shn- liches benutzt wird. Di« wacht, gste Soegrasart für di« industrielle