Nr. 400 41. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Die
Die Klage über die unerträgliche Rauchplage, die die tohlenverfeuernde Industrie mit sich bringt, ist nicht nur so alt wie diese Industrie selber, sondern sogar noch viel älter. Schon zu Beginn der geschichtlichen Neuzeit fannte man in England, das zuerst Steinfohlenlager ausbeutete, diesen Uebelstand und zeitweilig war darum sogar der Gebrauch der Steinkohle verboten. Pfaffen eiferten gegen das Teufelszeug und die englischen Könige, denen das Parlament noch nicht viel Knüppel zwischen die Beine warf außer wenn sie
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Geld haben wollten erließen Verbote. Freilich war solch ein wirtschaftlich widersinniges Verbot nicht zu halten, England hätte sich sonst seiner wertvollsten Naturschäge beraubt. So setzte sich die Steintohle wieder durch und sogar in London fingen die Schlote davon an zu qualmen.
Kohle in der Luft.
Die Folgen konnten nicht ausbleiben, die berühmten Londoner Nebel, von denen ein guter Beobachter sagt, daß sie sich wie eine dicke Erbsensuppe über die Stadt legten, find sozusagen eine Kreuzung des natürlichen Nebels mit dem Steinkohlenqualm. Freilich, hatte diefe Plage auch gute Folgen; die englische Sauberkeit, von der frühere Jahrhunderte noch nicht so viel wußten, ist von diesen Rauch nebeln erzogen worden, die alle faubere Wäsche in fürzester Zeit schwärzten. Ein bekannter Berliner Schriftsteller fand London unnemütlich, weil man da aus et saubere Hemde jarnich rausfäme". Daran ist der sich über die Stadt niederfenfende Qualm schuld, der alles verschmutzt und zu stetem Wäschewechsel zwingt. Nach und nach drang die Kohle auch in die anderen Länder Europas vor, obwohl recht langsam, denn da die meisten Länder des Festlandes über einen großen Waldbestand verfügten, blieb die häusliche Heizung dem Holze vorbehalten, nur die Industrie gebrauchte die Kohlen, aber die war so gering, daß fie feine Rolle spielte. Noch im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts war Westfalen ein frisches, grünes Land, in dem zwar eine große Anzahl von Schmiedehämmern und kleinen Fabriken gingen, das aber noch ganz und gar ein Bild bot, wie heute nur ein von der Industrie noch gar nicht berührtes, rein landwirt. schaftlich tätiges Gebiet, etwa Ostpreußen oder Holstein. Das änderte sich erst, als die Eisenbahnen nicht nur den Verkehr förderten, sondern auch einen großen Bedarf an Eisen- und Stahlerzeugnissen hervorriefen, so daß sich die Industrie in schnellem Tempo vermehrte. Vor allen Dingen fonnte sie sich jetzt in ganz anderem Maße in den großen Städten konzentrieren, die durch die Verkehrslage günstige Versendungsmöglichkeiten boten. Damit begann denn auch die Verqualmung dieser Städte, die besonders übel dort wurde, wo etwa ein Bahnhof mitten in der Stadt lag, oder eine Bahn durch die Stadt führte, denn Lokomotiven hatten von jeher recht minderwertige Feuerungen. Wir Berliner wiffen ein Liedchen davon zu singen. Auch die Anwohner des Landwehrfanals werden oft genug über die qualmenden Dampfer gestöhnt haben, die recht idyllisch gelegene Wohnungen ganz unbewohnbar machen können. Ein Wunder ist es, daß folange nichts oder sehr wenig gegen die Rauchplage geschah, daß selbst die Industrie sich wenig darum fümmerte, obwohl doch der ganze Rauch weiter nichts ist, als unverbrannte Kohle. Wieviel wertvoller Brennstoff hätte da gerettet werden können, der so in die Luft geblasen wurde? Die Zeit vor dem Kriege war in vielen Dingen großzügig, der Begriff der Wärmewirtschaft", der größten Sparfamkeit mit den in den Brennstoffen und dem. Dampfe steckenden Wärmemengen, ist ein Kind des Krieges. Und hier handelt es sich
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Stadtohne Raud
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Dienstag, 26. August 1924
um die Rückgewinnung der großen Werte, die die Gafe mit sich führen.
Da der Elektrizitätsverbrauch einer solchen Anlage minimal ist, ist ihre Wirtschaftlichkeit außer Zweifel, so daß wohl damit gerechnet werden kann, daß bald die meisten Kohle verbrennenden Fabriken, vor allem die Elektrizitätswerke, damit versehen sind, dann würden die Großstädte wirklich einmal rauchfrei werden und die Stadtkinder würden wohl nicht mehr so bleich aussehen wie jetzt noch recht oft. Freilich den Lokomotivrauch und den Qualm der Schleppdampfer würden wir Berliner nicht so schnell los, denn dafür eignet sich eine solche Anlage nicht. Da bleibt eben weiter nichts übrig, als zu hoffen, daß die Elektrisierung der Stadtbahn nicht mehr zu lange auf fich warten läßt, damit die See- und Waldluft unserer schönen Umgebung ganz unverfälscht durch die Straßen zieht.
Die Hungerwüste.
um ganz gewaltige Beträge. Die Schlote eines großen Wertes fenden tagtäglich viele hundert Tonnen( zu 1000 Kilogramm!) Flugafche in Leuchtgas verübte..."," In die Spree gesprungen ist.... Täglich die Luft. Da steckt ein riesiger Geldwert drin.
Elektrizität als Rettung.
Problems, nachdem alle früheren Bersuche, durch Vervollkommnung Nun machte sich denn die Technik energisch an die Lösung des der Verbrennung die Entstehung des Rauches zu verhindern, fein Ergebnis gehabt hatten. Und zwar war es eine altbekannte, phyfitalische Erscheinung, die schließlich zur Lösung führte. Es ist ein ganz einfacher physikalischer Versuch, der im Unterricht mit Sicherheit vortommt, den aber jeder auch für sich allein feststellen kann, daß elettrisch geladene Körper fleine geladene, oder auch nicht geladene Rörperchen je nachdem anziehen oder abstoßen. Gleichnamige Elektrizitäten stoßen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an. Wenn man fleine Papierschnigel durch Berühren mit einem durch Reiben elef trisch gemachten Siegellackstab elektrisch lädt und ihnen dann einen geladenen Glasstab nähert, so werden fie angezogen. Erinnern wir uns, daß der Rauch aus unendlich vielen, unendlich kleinen Teilchen besteht, so liegt die Schlußfolgerung nahe. Noch eine andere, wohl bekannte Erscheinung aus den elementaren physikalischen Versuchen zur Elektrizitätslehre fonnte ausgenutzt werden. Es ist dies der elektrische Wind, der entsteht, wenn die Elektrizität aus scharfen Spigen oder Kanten ausströmt. Er ist so start, daß der Gegenstand, der die Spigen oder Kanten aufweist, in Bewegung gefeht werden kann, wenn er genügend leicht ist. Wenn man diese beiden Borgänge passend verbindet, gelingt es leicht, der Rauchplage Herr zu werden. Zunächst ist dazu eine sehr hochgespannte Elektrizität nötig, und zwar in Form von Gleichstrom , nicht Wechselstrom, weil bei diesem die ungleichnamigen Elektrizitäten, die sich anziehen, nicht geschieden werden fönnen. Hochgespannten Gleichstrom fann man aber leicht aus hoch gespanntem Wechselstrom gewinnen, wenn man ihn durch einen Gleichrichter schickt, die Herstellung der Hochspannung selbst gelingt leichter in Form von Wechselstrom. Der hochgespannte Gleichstrom wird dann zu zwei Elektroden geführt, die im Wege des Rauches liegen. Die mit dem negativen Pol verbundene Elektrode hat scharfe Ranten , aus denen die Elektrizität hervorsprüht, dadurch werden die im Rauche enthaltenen fleinen Rohlepartikelchen negativ geladen, gleichzeitig werden sie durch den elektrischen Wind in die Richtung der positiven Elektrode getrieben. Im selben Sinne wirkt die elet trische Anziehung, die die pofitive Elektrode auf die negativ geladenen Teilchen ausübt, so daß diese mit verdoppelter Kraft zur pofitiven Elektrode, einem zylindrischen Bleche, hingetrieben werden. Die Anordnung ist so einfach, daß man sich sagen muß, daß ein Apparat wohl kaum einfacher sein könne und ist dabei äußerst wirkungsvoll. Wenn der schwerste, dicke Qualm durch den Apparat zieht und man schaltet die Elektrizität ein, ist der Schornstein im Nu ganz frei und flar, feine Spur von Rauch mehr zu sehen. Die an der positiven Elektrode niedergeschlagenen Kohleteilchen fönnen natürlich wiedergewonnen werden, ein Motor hebt von Zeit zu Zeit die Elektrode an und läßt sie niederfallen, dadurch wird der ganze Niederschlag abge= schüttelt und fällt in einen darunter gespannten Sac, so kann er gleich verfeuert werden. Ganz dieselbe Anordnung dient auch zur Reinigung von beliebigen Gasen von festen Bestandteilen, wie sie sehr häufig vorkommen, beispielsweise in Karbidfabriken, Zementfabriken, metallurgischen Betrieben usw. Auch hier handelt es sich nicht nur um die Befreiung der Umgebung von der Rauchplage, sondern auch
Am nächsten Morgen flaubte Willi Invaliden und Nichtstuer von den Straßen auf und wählte unter ihnen die zuver läffigsten mit fundigem Blid und unerbittlicher Strenge. Da er nur wenig geeignetes Material fand, scheute er den weiten Weg zum Altersversorgungsheim auch nicht. Dort lebten die anständigsten Greise und Greifinnen. Er schrieb Zettel aus, gab jedem ein geringes Angeld, lief in die Toilettegeschäfte, bestellte Seifen, Nagelfeilen, Zahnpulver, Schwämme und Bürsten für die großen Kaffeehäuser und entdeckte, als er draußen war, daß er, fast ohne es zu wissen, ein paar Flaschen Kölnisch Wasser mitgenommen hatte. Diese brachte er zuerst in Sicherheit und nach Hause und stellte sie in Byramidenform auf dem Brett über seinem Lager auf. Dann teilte er den Kaffeehausverwaltungen mit, daß er die ,, Organisation sämtlicher Garderoben, Herren- und Damentoiletten" übernommen habe. Und nach drei Tagen sammelte er seine ersten Einfünfte. In jedem Kaffeehaus saßen feine Leute. Hatte er die Toiletten schon besetzt gefunden, so errichtete er Garderoben. Er ging in seinem hellfarierten Anzug zur Behörde, fuchtelte mit dem Stöckchen, lud Wachtmeister zu einem Glas Bier und ließ Schnaps folgen und bekam eine Konzession auf den schönen Namen: Wilhelm Klindowström, der eigentlich einem gefallenen Soldaten gehörte, dessen Militärpapiere fich Willi gesichert hatte. Von nun an hieß er: Herr Klindow ström und manchmal setzte er noch ein bescheidenes pon" vor diesen ohnehin sehr anmutigen und noblen Namen. Er mietete ein herrschaftlich möbliertes Zimmer" im vornehmsten Biertel der Stadt, faufte eine Schreibmaschine und Klara wurde seine„ Sefretärin". Sie tam jeden Tag aus ihrer alten Wohnung in die neue und lernte mühsam Maschine schreiben. Willi diffierte gleichgültige Briefe mit erhobener Stimme und schrie von Zeit zu Zeit. Seine wirtin bezahlte er pünktlich, dafür verlangte er äußerste Sauberkeit unter der Devise: Ordnung muß sein. Klara gab ihre Stellung und ihren nächtlichen Beruf auf. Willi erwies fich als ein treuer und sorgfältiger Kavalier. Sie wollten im Mai heiraten. Willi faufte Kleider, Sommerhüte, Goldkäferschuhe und feidene Strümpfe, Pyjamas und Busenhalter aus den feinsten Geweben. In jedem seiner" Lokale war Willi ein gern gefehener und freigiebig bedienter Stammgaft. Er war sehr nüglich. Mit der Polizei wußte er zu reden, Musikanten und Kapellmeister billig zu verschaffen. Nachdem ihm eines Tages
„ Durch Erhängen nahm sich das Leben..."," Selbstmord durch mehrere folcher Meldungen. Und der Refrain ist bei fast allen der gleiche: Nahrungssorgen." Man lieft leicht über diesen Satz hinweg. Nahrungsforgen? Es ist eine milde Umschreibung für: Hunger. schnelles Ende. Wir leben nicht in der Wüste, wo es keine LebensTäglich verhungern Menschen, machen ihrem elenden Leben ein mittel gibt, nein, mitten in der Viermillionenstadt mit ihren ungeheuren Borräten an Nahrungsmitteln aller Art verhungern täglich Menschen. Menschen, mit denen wir vielleicht täglich zusammen treffen, die neben uns durch die Straßen gehen, die wie wir hinter ben Schaufensterscheiben große Mengen von Lebensmitteln aufgehäuft sehen, sterben, weil ihnen die Mittel fehlen, zu diesen Herrlichfeiten zu gelangen. Vielleicht leidet unser Flurnachbar, der seiner Familie nicht mehr die notwendigste Nahrung beschaffen kann, die größten Qualen, wenn aus unserer Küche verlockende Düfte hinüberziehen. Vielleicht zwingt sich der alte Mann, der im Bark neben dir auf der Bank sizt, nur unter Aufbietung aller Kräfte dazu, dir nicht die Schrippe zu entreißen, welche du behaglich verzehrst. Gar mancher Hungrige wird durch die Not zum Dieb, zum Verbrecher. nicht jeder hat die Kraft, der Versuchung zu widerstehen, sich von dem Ueberfluß der anderen etwas anzueignen. Ich beobachtete einen jungen Burschen von meinem Fenster aus. Er sah völlig ausgehungert aus, ohne Haltung schlich er die menschenleere Straße hinab. Bor meinem Fenster stand ein kleines Mädchen und aß an einer großen Butterftulle. Der Bursche blieb stehen und blickte das Kind an; denn sah er links und rechts die Straße hinunter. Niemand war zu sehen. Er macht einige Schritte auf das Kind zu, schon streckt er die Hand aus, da ein kurzes Besinnen, ein lautes, nein!", das bis zu mir hineinschallt, und fort eilte er in schnellem Lauf, als ob er sich vor sich selbst retten wollte. Die Achtung vor fremdem Eigentum hatte noch einmal über den Hunger gefiegt.
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stehen. Sie leben unter uns, sie sehen uns effen, sehen allerorts Es sind Tantalusqualen, die diese Aermsten der Armen ausNahrung, fie sehen ringsum Menschen, die für Nichtigkeiten Geld verschwenden und hungern. Viele benutzen die Mildtätigkeit ihrer Mitmenschen, die öffentlichen Fürsorgeeinrichtungen oder die private Wohltätigkeit. Viele aber, die durch Alter, Krankheit oder Arbeitslofigkeit nicht mehr ihre notwendigsten Lebensbedürfnisse befriedigen fönnen, bringen den Mut nicht auf, sich an ihre Mitmenschen zu wenden. Inmitten satter, fröhlicher Menschen sterben sie einen langsamen, qualvollen Tod, wenn sie ihrem elenden Leben nicht ein furzes gewaltsames Ende bereiten auf der Flucht vor dem Hunger.
In der Hochflut der Messen, die sich zurzeit über Berlin ergießt, gibt es jetzt eine Möbelmesse, die die Ausstellungshalle am Kaiserdamm in einer sehr übersichtlichen Ordnung erfüllt. Berlins Möbelindustrie hat ihre Kräfte in einem eindrucksvollen Rahmen zur Schau gestellt. Neben schlichtem Hausgerät von ein: fachen und auf 3weckmäßigkeit gerichteten Formen, die neuzeitliche
Leute und frischgeschminkte Mädchen, begann der Alten Bläge einzunehmen. Der Inhaber ließ eine Wand durchstoßen und machte aus zwei stillen Zimmern ein lautes. Willi kam auf die Idee, eine Estrade in halber Wandhöhe für die Musik einzurichten. Dazu bedurfte es einer Genehmigung der Baupolizei. Baupolizei? Es war für Willi eine Kleinigkeit. Er bekam die Erlaubnis, einen ganzen Balkon zu bauen. Auch das Geld verschaffte er zu guten Zinsen, er verdiente Provision von beiden Seiten. Für die Garderobe gewann er eine ältere Dame aus einer städtischen Bedürfnisanstalt, die bereits fünf Jahre ihrem traurigen Beruf oblag und gerade in jenes Alter gekommen war, in dem die weibliche Seele einen späten Frühling feiert und nach Abwechselung verlangt. Nun fehlte nur noch ein Greis für die Herrentoilette. Andreas Pum besaß, nach Willis Ansicht, für diesen Beruf hervorragende Qualitäten.
der Gedanke gekommen war, nach Südamerika auszuwandern,| in die ewigen Jagdgründe ab. Eine neue Kundschaft, junge begann er überall zu erzählen, daß er fünfzehn Jahre in Brafilien und malte das Land so wunderbar, daß er immer filien un dmalte das Land so wunderbar, daß er immer stärkere Sehnsucht verspürte, auszuwandern. Diesen Plan teilte er klara mit. Sie mar seit einigen Wochen sehr glücklich und mit allem einverstanden. Sie entfann sich sogar einer alten Tante und machte ihr einen Besuch mit Willi, den sie als ihren Gemahl, Herrn Klindowström, vorstellte. Die Tante bekam regelmäßige fleine Unterstützungen. Die Geschäfte florierten. Willi kaufte Puppen aus Stoff und Seide für die Damentoiletten. Sie fanden guten Absatz. Man beobachtete, daß seit kurzer Zeit alle Frauen, gesetzten und jüngeren Alters, aus den Toiletten mit großen Puppen zurüdfehrten. Es gab viel zu tun. Gelegentlich starb ein Greis, der mitten aus seiner trägen Altersstille herausgeholt, das geräuschvolle Nachtleben nicht vertrug. Ersaz mußte man schaffen. Einige waren unehrlich. Willi übergab sie der Polizei und kannte fein Mitleid. Ordnung mußte fein. So wunderbar hatte das Schicksal Willis Leben verändert. Er wurde ein wohlhabender Mann. Nur sehr selten stahl er noch, um seine Geschicklichkeit zu erproben. Meift faufte er, ohne lange zu überlegen ,,, das Beste an Qualität". Er liebte Südfrüchte. Er rauchte Brafilzigarren. Aus alter Gewohnheit trug er noch seinen Schlagring in der Tasche, mit dem er viele Abenteuer gemeinsam bestanden hatte. Er war sehr sorgfältig rasiert und gewann mit der Zeit Vergnügen an gutgeschnittenen und dunklen Anzügen von sanfter und vornehmer unauffälligkeit. Der teuerste Schneider nähte für ihn. Manchmal trug Willi auch ein Monofel und, wenn er schrieb, eine braungefaßte Hornbrille, die seinem Angesicht den Ausdruck unleugbarer Intelligenz verlieh. Weil ihm die Brille gefiel, schrieb er oft in Kaffeehäusern überflüssige Briefe und Rechnungen. Schließlich tam er auf die Idee, Artikel für Zeitungen zu schreiben. Er schrieb Erlebnisse in Verbrecherkreisen", die den Stempel der Aufrichtigkeit und der Sachkenntnis trugen und deren stilistische Unvollkommenheit in den Redaktionen forrigiert wurde. Willi besuchte die Redakteure. Als ein alter Brasilianer und Allermeltsterl brauchte er feinen fehlerlosen Stil zu schreiben. Das war ohne weiteres verständlich.
Willi beschloß, Andreas im Café Halali" einzustellen. Dieses Lofal war gerade dabei, seiner ursprünglichen Beftimmung untreu zu werden und das Geschäft auf eine neue Bafis zu stellen. Früher war es ein Stammlofal alter Jäger von Beruf und Jagdliebhaber gewesen. Jezt führte Willi eine Salonfapelle ein. Die alten Jäger wanderten allmählich
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Am Abend holte Willi Andreas in die neue Wohnung. Er ließ den Alten schwören, daß er nie etwas von der Vergangenheit verraten würde. Willi war von diesem Tage all als Herr von Klindowström anzusprechen. Andreas staunte über diese großartigen Beränderungen. Erschüttert von der neuen Herrlichkeit, begann er fast zu glauben, daß Willi ein So nannte er ihn wirklicher Herr von Klindowström war. bei diesem Namen, von dessen Glanz auch etwas auf den= jenigen fiel, der ihn aussprach. Zu Klara sagte er: gnädige Frau Klindowström. Willi leitete die geschäftliche Diskussion ein. Wo ist deine neue Uniform?" fragte er. Zu Hause. bei ihr," ſagte Andreas. Hol fie," befahl Willi. Aber Andreas hatte Furcht. Also beschloß Willi, auf der Stelle zu Frau Katharina im Auto zu fahren. Daraus Der Unterinspektor Vinzenz Topp öffnete. schloß Willi, daß Andreas eigentlich diesem jungen Mann sein ganzes Unglüd zu verdanken hatte. Er stellte sich als Herr von Klindowström vor und bemerkte freudig, daß ein kurzes Buden durch die sehnige Gestalt des Unterwachtmeisters lief und daß seine Brust sich leise mölbte. Hierauf forderte er die Kleider für Andreas und ,, überhaupt deffen Besiz". Es stellte sich heraus, daß Katharina den Leierkasten längst verkauft hatte. Die neue Uniform war noch vorhanden. Willi drohte mit einer Anzeige wegen des verkauften Leierkastens und erreichte, daß man ihm die Uniform sofort übergab. Er pfiff, und der Chauffeur, mit dem er dieses Zeichen rerabredet hatte,
fam.
Willi überreichte ihm den Anzug, sagte drohend Guten Abend" and ging. Der Unterinspektor war gewiß, foeben den Besuch eines großen Mannes erhalten zu haben. ( Fortsetzung folgt.)