bolfchewifiert".
Reichstagsabgeordneter Ludendorff hat in einer deutschvölkischen Versammlung in Königsberg eine Rede gehalten, in der er nach dem Bericht einer Berliner Mittagszeitung wörtlich sagte:
,, Solange wir eine Regierung haben, deren Reichspräsident das Heerentwaffnet, dessen Kanzler der Zentrums partei angehört, einer Partei, deren flares Ziel es ist, das Reich zu zerschlagen, ein Malhan 5ols chewistische Ziele im Schoße der Regierung fördert, und solange ein Strefemann Reichsaußenminister ist, solange ist an deutsche Freiheit nicht zu denken."
Obwohl bekannt ist, daß die politische Einsicht des Reichstagsabgeordneten Ludendorff den Gesichtskreis eines früheren preußischen Durchschnittsfeldwebels nicht übersteigt, muß man annehmen, daß er an die Wahrheit feiner blöden Behauptungen selbst nicht glaubt, sondern daß er den Reichspräsidenten| und die Reichsregierung bewußt verleumdet, um seine Meute gegen sie zu heben. Vor dem 4. Mai wurde diefes ehrenwerte Gewerbe von denen um Ludendorff mit dem Erfolg in Bayern ausgeübt, daß die Entfremdung zwischen Bayern und dem Reich an die Schwelle des Bürgerfrieges führte. Nach dem Auftakt in Weimar fann es nicht zweifelhaft sein, daß Reichstagsabgeordneter Ludendorff sein Gewerbe mit seinen Agenten in Norddeutschland fortzusetzen beabsichtigt. Der Reichstags: abgeordnete Ludendorff wird sich täuschen! Preußen ist nicht das Pflaster für sein Nachkriegsgewerbe und er wird, wenn er es darauf anlegt, noch einmal zur blauen Brille greifen müffen.
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Zwei Urteile.
Der beleidigte Reichspräsident und der beleidigte General Der frühere Hauptschriftleiter der inzwischen eingegangenen deutschvölkischen Großdeutschen Zeitung", Dr. Tafel, wurde von dem Münchener Schwurgericht am 26. Auguft wegen Beleidigung des Generals v. Seedt zu 1000 M. Geldstrafe oder 20 Lagen Gefängnis verurteilt. In der„ Großdeutschen Zeitung" war im November vorigen Jahres ein Dank Seedts an die Reichswehr mit den Worten apostrophiert worden:" Und da gibt sich
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ein früherer Monarchist her und spricht diesem zusam mengeleimten Söldnerheer für die Erschießung
echt deutscher Leute seinen Dant aus."
Am 25. August standen vor dem Schöffengericht in Greifswald die Herren v. Malzahn, Graf hardenberg und Forsteleve Pätzold wegen Beleidigung des Reichspräsiden= ten. Sie hatten im Juli vorigen Jahres öffentlich das„ Lied" ge= gröhlt:„ Ein Taler ist mir zu wenig, wir wollen einen König, vor Ebert, diesem Scheißer, präsentieren wir nicht." Das Urs teil: 100 M. Geldstrafe für den Grafen Hardenberg, 75 M. Geldstrafe für Herrn v. Malzahn, Freispruch für den Forsteleven, der behauptete, gesungen zu haben für 25 Pfennige präsentieren wir nicht", obwohl die Zeugen, zwei Schupobeamte aus Berlin , das Gegenteil festgestellt hatten.
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Die beiden Fälle sind lehrreich. Vor dem Novemberputsch mimmelte es in der deutschvölkischen
Beleidigungen, Berle umbungen une Bayerns von
Herabsehungen des Reichspräsidenten und der Reichsregierung, ohne daß den Verleumdern und Ehrabschneidern ein Haar gekrümmt wurde. Im Gegenteil, die Herrschaften, die sich in dieser Weise vergingen, erfreuten sich der besonderen Gunst hoher und höchster Stellen. Dr. Tafel ist heute ein erledigter Mann. Er war einer der wenigen Anständigen in der Hitler- Bewegung und hat inzwischen den Dank der Ludendorff- Partei dadurch erfahren, daß man ihn nach Eingehen des Blattes brotlos auf die Straße fezte. Er wird nachträglich wegen Beleidigung des Reichswehrministers zu 1000 M. Geldstrafe verurteilt. Bayerisches Recht"!
In Greifswald stehen die hochvermögenden Herren v. Malzahn und Graf Hardenberg wegen unflätigster Beschimpfung des Reichs.
Vom Volkslied zum Gaffenhauer.
Von Hans Breyer.
Hinaus in Feld und Wald zieht es den erholungsbedürftigen Großstädter, und in der schönen Natur erwacht auch die Lust zu fröhlichem Gefang. Die paar Lieder, die ihm aus der Schulzeit noch im Gedächtnis sind, werden mehr laut als schön, jedoch recht gefühlvoll gesungen. Doch schon bei dem zweiten oder dritten Bers ist Der Text des Liedes so ziemlich aus dem Gedächtnis entschwunden. Ist kein Liederbuch zur Hand, summt man die Melodie noch ein Weilchen, fängt ein anderes Lied an, um zu demselben Ergebnis zu tommen. Das wiederholt sich in jedem Jahre, und nur selten wird das Gedächtnis aufgefrischt. Das Volkslied verstummt mehr und mehr. Wie erklärt sich das? Aus jedem Volksliederbuch läßt sich die Ursache leicht feststellen. Der weitaus größte Teil unserer Lieder entstammt einer Zeitepoche, in der Deutschland noch reiner Agrarstaat war und die Bevölkerung mit der Natur noch in stänAgrarstaat war und die Bevölkerung mit der Natur noch in ständigem Zusammenhang lebte. Das Lied selbst verförperte ein vom Dichter empfundenes Erlebnis. Dieses Erlebnis war dem im Häusermeer der Großstadt lebenden Menschen fremd geworden, und erst in den kurzen Stunden der Rückkehr zur Natur werden des
Dichters Gedanken wieder belebt, um ebenso schnell im Haften und Jagen des städtischen Lebens zu verfliegen. Ueberhaupt ist mit der fortschreitenden Industriealisierung Deutschlands die Zahl der gangbaren Volksliederdichter auf ein Minimum zusammengefchrumpft. Der harte Kampf ums Dasein nahm dem Volke die Poeste, entriß dem Dichter das Erlebnis. Wie eng aber das Erlebnis mit der Sangesfreude verbunden war, beweisen die Studenten-, Wander-, Turner usw. Lieder, die ein immer wieder neu empfundenes Erlebnis besingen.
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Wie poesielos unser Zeitalter ist, läßt sich auch aus der Kriegszeif nachweisen. Aus allen Kriegen, die die Menschheit zerfleisch ten, brachten die Soldaten ihre Lieder mit. Von den Landsknecht liedern des 30jährigen Krieges, von den Kampfgefängen der sogenannten Befreiungstriege bis zum„ Gedämpften Trommelflang" und Ich hat einen Kameraden der Bismarckschen Kriege. Alle diese Lieder ließen trotz aller Kriegsgreuel noch auf persönliche Erlebnisse schließen. Jedoch der Materialfrieg über und unter der Erde mit seinem graufigen Massenmorden, den wir miterleben mußten, ficß keine Erlebnisse aufkommen, die in Liedern verherrlicht werden fonnten. Doch, um bei der Wahrheit zu bleiben, ein Lied ist mir in Erinnerung, dessen Refrain lautete: Batete gibt's so viele Für die Offiziere, Aber feins für mich: Rohldampf fürchterlich!
präsidenten vor Gericht. Gie werden mit einer Geldstrafe ab-| geht. Das mußte Graf Westarp nur zu genau, als er sich seiner
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getan, die die Kumpane überhaupt nicht an ihrem Geldbeutel spüren zeit als Landrat des Kreises Bomst hilfefuchend an die Juden dürften. Der dritte Schmutzfink wird freigesprochen, weil er auf die wandte. Ausrede verfällt, ausgerechnet einen anderen Tegt gesungen zu haben als die Verurteilten! Die Zeugenaussagen von zwei Schupobeamten gelten nichts! Wenn man sich daran erinnert, wie die Aussagen von Polizeibeamten in Breußen gegen Arbeiter bewertet werden, hat man auch hier ein Bild von unserer Rechtsprechung.
Das Unrecht bleibt.
Unerhörte Beschlüsse des Rechtsausschusses des Reichstags In der heutigen Sigung des Rechtsausschusses des Reichstages sollte endlich der Antrag der sozialdemokra= tischen Fraktion verabschiedet werden, durch den ein Wie deraufnahmeverfahren gegen die Urteile der bayerischen Boltsgerichte eingeführt werden solle. Der Abgeordnete Kempkes von der Deutschen Volkspartei beantragte aber Bertagung, weil der Reichstag diese Vorlage jetzt doch nicht mehr verabschieden könne. Vergeblich erhob Genosse Dr. Rosenfeld gegen den Bertagungsantrag Einspruch. Er wies darauf hin, daß die Vorlage bereits den Rechtsausschuß und auch einen Unterausschuß einmal beschäftigt habe, daß der Ausschuß sie taft einstimmig angenommen habe, daß auch im Plenum gegen die Annahme in zweiter Lesung kein Widerspruch erfolgt sei, und daß lediglich der Widerspruch des Abg. Dr. Bredt von der Wirtschaftspartei die sofortige Verabschiedung der Vorlage verhindert habe; die Sache sei längst spruchreif, mit dieser Borlage würde endlich denen Hilfe gebracht, die infolge der furchtbaren Urteile vieler bayerischer Volksgerichte in Gefängnissen und Zuchthäusern fäßen. Es half alles nichts. Gegen die Stimmen unserer Genossen, der Demokraten und Kommunisten wurde die Vertagung beschlossen. Ein Reichstag, der im Ausschuß fo versagt, daß er nicht einmal die einfachsten Gebote der Menschlichkeit beachtet, ist wirklich reif zum Sterben.
Zahlen!
Eine Unterredung mit Präsident Calles.
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Der neugewählte Präsident von Merito, General Calles, empfing einen Vertreter der Telegraphen- Union zu einer Be sprechung. Ich glaube," so führte General Calles einleitend aus, ,, daß die Londoner Konferenz einen Erfolg hatte, wie er unter den gegenwärtigen Umständen nicht günstiger sein fonnte. Meiner Ansicht nach wird der Dawes- Plan zum wirtschaftlichen Wiederaufbau beitragen."
Befragt über seine Eindrücke von Deutschland und dem deutschen Bolte, antwortete der Präsident:„ Ich fönnte feinen befferen Eindruck von Deutschland haben. Meiner Ansicht nach befindet es fich in einer Periode des pollen Wiederaufbaues, und ich glaube, daß bei der Energie und dem Arbeitseifer des deutschen Bolkes die durch den Weltkrieg geschlagenen Wunden bald geheilt fein werden. Seit ich in Hamburg das Institut für tropische Wissen fhaften gesehen habe, das Deutschland zur hohen Ehre gereicht um der Vorteile willen, die es den tropischen Ländern gewährt, seit dem Augenblick beschäftige ich mich mit der Frage, einen Kulturaustausch zwischen den Aerzten Deutschlands und Meritos zu schaffen, und nicht nur für die medizinische Wissenschaft, sondern auch für die anderen Fakultäten beabsichtige ich einen Austausch zwischen den beiden Ländern einzurichten, indem ich in denten und Wissenschaftler einrichte und, wie man es mir schon ange den Hospitälern und Universitäten Meritos Stellen für deutsche Stus boten hat, andererseits für Merikaner ähnliche Pläge in Deutschland erhalte."
Hinsichtlich der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und merito erklärte der Präsident, der merikanische Markt sowie die Produkte und die natürlichen Schäße des Landes ständen allen Kaufleuten und Kapitalisten zur Verfügung, die geneigt wären, nach Mexiko zu gehen, um wirtschaftliche Beziehungen anzufnüpfen, und sich dazu verständen, die Gesetze des Landes zu achten. Alsdann wandte sich das Gespräch der inneren Lage Merifos 31. Der Präsident erklärte, die Lage in Merito fei äußerst zrfrieden. stellend. Es besteht fein schwieriges politisches Problem, und die gegenwärtige Regierung sowie ich selbst rechne mit der absoluten Mehrheit des Kongresses. der am 12. September die Arbeiten be= Bei den Deutschnationalen hört der Patriotismus bekanntlich ginnen wird. Die Reaktion ist in Merifo fot, und die fortschriftlichen da auf, wo der Geldbeutel anfängt. Aber auch bei anderen Ge- und revolutionären Parteien beherrschen vollständig das Land. tegenheiten überlassen sie das Zahlen gern den anderen. So findet man in den Mitteilungen der Deutschnattonalen Bolkspartei" für die Kreise Züllichau- Schwiebus und Bomft folgenden herzzerreißenden Notschrei:
Ein deutschnationaler Notschrei.
Schluß?
Dieses Blatt ist ins Leben gerufen worden, um unaufhörlich Sen werbenden Gedanken für nationale Mitarbeit über Land zu tragen, um immer wieder zu hämmern auf den weichen Erzblod deutscher Seelen; damit endlich stahlharte Masse daraus werde.(!) Gerade in der jetzigen Zeit zunehmenden Erwachens aus dem Irrwahn(?) ist es nötig, daß diese Hämmerarbeit nicht aufhört. Leider ist aber das baldige Ende dieser Mitteilungen zu erwarten, wenn die ausstenden Beiträge nun nicht endlich eingehen. 10 Großbefizer( nicht die tleinften), 18 Ortsgruppen( nicht die ärmsten) haben sich froh vielfacher Bitten nicht ermannen fönnen, der nationalen Arbeit ihre Geldunterstügung zu geben. Den allgemeinen Nuhen unserer Werbetätigkeit ftreiden fie aber gern fostenlos ein. Nicht der Hinweis auf die Wahlunkosten, nichts hat geholfen. Namen wollen wir nicht veröffentlichen, denn es fann ja niemand gezwungen werden; wen es angeht, der wird es ja selbst wiffen. Wenn die für unseren Haushalt bedeutende Summe ausstehender Beiträge nicht schleunigst eingeht, müssen die Mitteilungen" eingestellt werden. Es ist diese Veröffentlichung das legte Mittel. Kreditnot und Forleule können als Entschuldigungen nicht mehr angenommen werden. Entweder man will oder man will eben- nicht! Der Vorfizzende.
Der deutschnationale Kreisvorsitzende hat die edle Seele seiner Parteigenossen richtig durchschaut. Den allgemeinen Nutzen aus der Arbeit anderer haben die Deutschnationalen noch immer gern fostenlos eingesteckt. Wenn es sich um die Futterfrippe handelt, will man, handelt es sich dagegen darum, Opfer zu bringen, dann mill man nicht, selbst wenn die eigene Partei darüber in die Brüche
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Also der Hunger war die einzige Triebfraft, die als ständiges| Erlebnis zum Liederdichten anreizte. Auch die Nachkriegszeit mit ihren Wirren und Röten zeigt den feelischen Zusammenbruch ge= rade im Liede. Anstatt unter Kampfesliedern aus der Zeit des
Sozialistengesetzes zogen die Demonstrationen der Arbeiterschaft ohne Gesang dahin, ihren Ansichten in Hoch- und Niederrufen Ausdruc gebend. Bergessen waren durch die lange Kriegszeit alle die schönen Profetarierleben verförperten. Bäre es da nicht angebracht, diefe Arbeiterlieder, die uns einst begeisterten und Erlebnisse aus dem noch heute so aftuellen Lieder bei jeder Parteizufammenfunft, auch den Zahlabenden, ins Gedächtnis zurüdzurufen?
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Sind die Volkslieder im Wandel der Zeiten zurückgebrängt, so ist doch ein Ersag entstanden; aber wie die meisten Erfahmittel ist auch dieser recht übler Art. Es sind die sogenannten Gaffenhauer. Als man noch so gemütlich auf der Pferdebahn fuhr, als man noch den Pankower Flieder" und" Die Kirschen aus Nachbars Garten" mit den Klängen des Leierkastens sang. war es ein harmloses Vergnügen. Jedoch die Operettendichter wußten sich dem veränderten Geschmack Neureich's anzupassen, und der Gaffenhauer wurde erotisch bis zur Perversität. Wo aber frohe Menschen beisammen find, wo ein Musikinstrument erklingt, wird dieses banale Zeug gefungen, trokdem der Inhalt für die meisten Großstädter kein Erlebnis ist. Gedankenlos singt es auch die Arbeiterschaft mit. Abhilfe ist dringend notwendig und nur zu erreichen, wenn Bolkslieder entstehen, die auch Erlebnisse behandeln, die dem Großstädter aus der Seele sprechen. Dann werden auch die Bolksgenossen gern vom Gaffenhauer zum Volkslied zurückkehren.
Ein ekstatisches Drama ohne Dramatik. Die gestrige Uraufführung des Dramas Ianja" von Ernst Weiß im Renaissance Theater ist ein rätfelhaftes Ereignis. Im Beginn des Stücks läßt lange qualvolle Minuten hindurch eine gelanglich unausgebildete Sängerin hinter der Szene ein schwermütiges Lied ertönen, während Tanja wortlos in einer Truhe herumframt. Sodann ergibt sich, daß diese Tanja die Frucht Kräften haßt und ihn maßlos quält. Warum sie zu einer Rabeneiner Liebesnacht, den achtjährigen Ilja, mit übermenschlichen mutter geworden ist, ergibt sich leider nicht. Ihren damaligen Geliebten Wladimir, der im ersten Att einen General tötet, um Millionen Menschen zu befreien, verrät sie gegen gutes Geld der Polizei, wird aber dann mit ihm zusammen selbst gefangengenommen. Die sem Wladimir, einen revolutionären Idealisten, raubt sie im Gefängnis alle Ideale, indem sie ihm mit Wolluft ihre schwarze Seele enthüllt, und er stirbt freiwillig, alles Selbstvertrauens bar, an Gift, das fie ihm freundlichst überreicht hat. Im nächsten Akt stürzt fich Tanja zum Erstaunen der übrigen Insassen aus dem Fenster eines Irrenhaufes, in das man sie endlich gebracht hat. Das dramatische Moment des Stückes scheint an dem Versäumnis der Um welt zu liegen, fie nicht schon vor dem ersten Aft in die Anstalt
Im weiteren Verlauf der Unterhaltung ftreifte der Präsident alsdann die merikanisch russischen Beziehungen. Befragt, ob in Merito befondere russische Einwanderer erwünscht wären, erklärte Präsident Calles: Augenblicklich ist für Merifo am wünschenswertesten die Einwanderung solcher Leute, die genügend Geld befizen, um in Meriko Land zu erwerben, sich landwirtschaftliche Maschinen zu faufen und sich bis zur Einbringung der ersten Ernte selbst unterhalten fönnen. Wegen der besonderen Bedingungen der meritanischen Landarbeiter ist eine Einwanderung europäischer Landbevölkerung, die bei uns als Landarbeiter tätig sein will, nicht wünschenswert. Ich beabsichtige, ein Einwanderungs- und Kolonisationsamt einzurichten, das den deutschen und russischen Kolonisatoren jede mögliche Erleichterung gewähren soll.
Deutschvölkische Zinsbrecher.
In Theorie und Praxis.
" Deutsch Denkenden und deutsch Fühlenden arischen Stammes" empfiehlt sich im Deutschen Tageblatt" eine deutschvöitische Bant, um durch deutsches Geld den wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands zu betreiben. Sie scheint aber von dem Idealismus der Völkischen nicht viel zu halten, denn sie bietet wie die Juden" banken auch für tägliches Geld 12 Broz., bei einmonatlicher Kün digung fogar 15-20 Proz. und mehr Verzinsung. Wo bleibt da der Kampf um die Brechung der Zinsknechtschaft", der von den völkischen Theoretikern in Wort und Schrift so eifrig ge, fordert wird? Theorie und Praris scheinen bei den Deutschvöllischen zweierlei zu sein.
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Abschaffung der Todesstrafe in Australien . Wie die Agentur Fournier aus Viktoria meldet, hat die australische Regierung die Todesstrafe abgeschafft.
gebracht zu haben. Als Nefrolog entlockt dann eine Irrfinnige einer Mundharmonika wehmütige Töne. Tanja ist aber noch nicht tot, sondern wird auf ihrer Schmerzensbahre noch von einem Geistlichen eindringlich und vergeblich zur Buße aufgefordert. Endlich stirbt sie. Darauf standen die Zuschauer nachdenklich auf, um nach Hause zu gehen. Indessen hob sich der Vorhang noch einmal und
die Bühne zeigte eine Vision der toten Tanja, der quälende Gesichter erschienen.
Dann ist es dem Autor, deffen Name einen guten literarifdjen Klang besitzt, aber nicht gelungen, das Wesen dieser Kunst von morgen aufzuzeigen. Vorläufig fieht sie aus wie die Kunst von porgestern. Tanja ist eine efstatische Tragödie mit unzulänglichen dramatischen Mitteln. Eigentlich ist sie überhaupt kein Drama, sondern ein durch wenige Zwiegespräche unterbrochener Monolog der Tanja, in dem Dramatik durch die schreihaften Aeußerungen der Heldin vorgetäuscht wird.
Vielleicht stellt ,, Tanja" die kommende Kunst des Dramas dar.
Das Bestreben des Direktors Tagger, literarische Roft zu bieten, ist dankenswert. Wir wollen ihm bei der Auswahl seiner Stüde mehr Glüd wünschen. Der fünstlerische Wert darf nicht so tief verborgen bleiben, daß er nur ihm offenbar wird. Die Tanja ipielte eine in Berlin noch nicht bekannte Schauspielerin Rahel Sanzara . Für einen Theaterabend, den sie fast allein auszu füllen hat, ift fie nicht die geeignete Künstlerin. Dagegen mar Lat jana Sandt als der fleine ja erschütternd in ihrer Schlichtheit und Einfachheit. Eindringlich und menschennah auch Rudolf Essek Dgr.
als Wladimir.
Wie's gemacht wird. Die Agentur Arthur Hirsch versendet folgende Reklamenotiz an die Zeitungen: Mar Reinhardts. Wunsch zur Eröffnung seines neuen Theaters am Kurfürstendamm ist: Michael Bohnen als" Falstaff" für die Premiere und einige Gastspiele zu gewinnen. Mar Reinhardt, der Gelegenheit hatte, Michael Bohnen in Amerifa in seiner Bielseitigkeit zu bewundern, abgesehen von seiner unübertrefflichen Stimme, glaubt dem amerikanischen Presseurteil beiſtimmen zu können, daß Michael Bohnen zurzeit einer der größten Darsteller ist. Direktor Rosen von der Reinhardt- Bühnen hat bereits mit dem Manager des Künstlers Arthur Hirsch, Fühlung genommen. Da die Honorarfrage absolut feine Rolle spielt und Reinhardt unbedingt mit Bohnen zusammen arbeiten möchte, so sind es andere Schwierigkeiten, die zuerst zu beseitigen sind, usw.
Nun folgt eine Aufzählung all der Gastspiele, die Bohnen vor hat. Man sollte annehmen, daß ein Künstler wie Bohnen solche Anreißerei nicht nötig hat. Immerhin erfahren die Zeitungsleser einmal, wie's gemacht wird. Neugierig sind wir, wieviele Zeitungen diesen Unfug unterstützen werden.
Spielplan änderung. Infolge technischer Schwierigkeiten findet in der " Tribüne die Premiere" Der Gatte des Fräuleins", erst am Freitag statt.
Ein Prinz, der fich nüglich macht. Dem Theater in Gera wurde eine dramaturgische Abteilung angegliedert, der der Prinz Heinrich von Reuß vorsteht. Seit vielen Jahren beschäftigt fich der Erbpring fast ausschließlich mit theatergeschichtlichen und dramaturgischen Dingen.