Nr. 44$ ♦ 41. Jcfytgang
1« Heilage öes vorwärts
Sotmabenö, 34. August 1924
Sonntägliche wanöerziele.
ZNüncheberg-Hoppegarten. Mit den Fernzügen der Ostbahn fahren wir bis Dahmsdorf. Müncheberg fSonntagskarte) und dann mit der Kleinbahn nach Müncheber g. Di« Stadt war einst ein wichtiger Ort an der Poststraße nach Frankfurt a. d. Oder und Küstrin . Die Stadtmauer ist zum größten Teil erhallen, auch zwei Tortürme, der Berliner (siehe Abbildung) und der Küstriner, stehen noch. Am Kllstriner Torturm befindet sich eine Keule mit der Unterschrift: „Wer giebt seinen Kindern Brot und leidet selber Roth, den soll man schlagen mit dieser Keule tobt." Etwas östlich, an der Gabelung der Chaussee, eine alle Post- säule, wie sie an den allen Poststraßen in bestimmten Entfernungen errichtet waren. Müncheberg ist einer der wenigen märkischen Orte, die ein gut gelestetes Heimatmuseum besißen. Ein besonders wertvolles Stück des Museums ist eine germanische Speerspitze, die beim Lau des Bahnhofs Dahmsdorf-Müncheberg in den sechziger Jahren de» vergangenen Jahrhundert» gefunden wurde. Der Speer trägt eine Inschrift in Runenzeichen, die die ältesten bekannt gewor- denen Schristzeichen aus der Mark Brandenburg darstellen. Auf der Rückseite des Fundstücks befindet sich ein Hakenkreuz, jenes Symbol, von besten Ursprung und Bedeutung die Völkischen, die sich das Zeichen als Firmenstempel erwählten, natürlich keine Ahnung haben. Wir wandern zum Berliner Tor hinaus und auf der Ber - liner Chaussee, neben der schöne Promenadenwege hinführen, zur Müncheberger Stadtforst. Bis zur Siedlung Neuboden- grün bleiben wir auf der Chaussee: dann wenden wir uns auf dem gen Südost abzweigenden Wege zurück, ösllich um«ine Niederung herum noch Forsthaus V o r h« i d e und Bienenwerder. Halbrechts voraus zieht sich ein Dergzug hin, der Stallberg, an besten westlichem Abhang ein Quellbach der Löcknitz seinen Ursprung nimmt. In dem Wald zu beiden Sellen der Straße sehen wir allent- halben die bleichen Stengel des Fichtenspargels. Dieses Pflänzchcn ist ein Schmarotzer, der auf den Wurzeln der Kiefern wächst. Wir kommen an die gepflasterte Straße von Schönfeld« nach Hoppegarten . Bor uns steigt der Bergzug auf, den wir vorhin schon sahen. Auf seinem Kamm wandern wir gen Südwest. Der Berg- zug ist nur schmal: wie ein Eisenbahndamm zieht er sich durch das Gelände, das er um 8 bis 10 Meter überragt. Und doch ist dieser Höhenzug kein Gebilde von Menschenhand, sondern die Natur hat es hervorgebracht. Es gehört zu den auffallendsten und merkwür- digsten Erscheinungen ehemals vergletscherter Gebiete: es ist einer der Zeugen der Eis, zeit, deren Eispanzer auch unsere Gegend über- zog. Diese Wall berge, nach dem schwedischen O ser genannt, da fie zuerst in Schweden aufgefunden wurden, ziehen sich oft meilenlang durch das Land. Sie bestehen vorwiegend aus stark abgerollten Geschieben. Die svchwissenschaftlichen Untersuchungen haben ergeben, daß die Oser nach Gestalt und Inhalt zweifellos von fließendem Wasser ausgebaut worden sind, welchem es durch an- grenzende Eismassen ermöglicht worden ist, 10, 20 ja 30 und mehr Meter hoch über den heute angrenzenden, fast ebenen Sandflächen Gerölle, Kies oder Sand aufzubauen. Wir haben uns die Eni- stehung der Oser in Kanälen unter dem Eis« zu denken, also sub- glazial. Di« Schmelzwasser flössen m diesen tunnelartigen Kanälen entlang und schufen durch ihre Ablagerungen die Oser, die oft einen an Flußläufe erinnernden, reich gewundenen Verlauf nehmen. Wir folgen dem Oser bis zu seinem Ende am Maxsee. Besonders sein letztes Stück zeigt uns sehr deutlich die eigenartig« Gestalt dieses schön ausgeprägten Eiszeitgebildes. Auch ein prächtiges Landschaftsbild der Heimat lernen wir hier kennen. Vor uns liegt der Moxfee, den das Hoppegartener Fließ, ein Quellbach der Löcknitz , durchzieht. Auf dem Oftrand der Niederung führt uns der Weg nach Hoppegar- t e n, einem freundlichen Dorf. Wir verlassen es gen Nordost. Emige große Maulbeerbäume stehen an der Straße. Sie zeigen uns, daß auch Ner«inst die Seidenraupenzucht getrieben wurde. Das Laub der MaulbeerbäuTne bildet die einzige Nahrung der Sei- denraupen. Wir kreuzen die Müncheberger Chaussee. Im Norden steigen die Buckower Berge wie ein kleines Gebirg« auf. Sie ge- hören einem eiszeitlichen Endmoränenzug an. Gen West begren- zen die Schlote von Rüdersdorf und Umgebung den Gesichtskreis. Nach 15 Minuten biegen wir halbrechts ab, auf dem Weg« nach
Schlagenthin. Der Weg führt durch schönen Kiefernhochwald, der zum Schluß in einen prächtigen Virken- und Akazienhain übergeht, zum Dorf Schlagenthin. Nach wenigen Minuten haben wir den Bahnhof Dahmsdorf-Müncheberg erreicht und treten von hier aus die Heimfahrt an.(Weglänge etwa 22 Kilometer.) der Anhalter öahn. Ein landschaftlich schönes Gebiet, das von Wanderern verhält- nismäßig selten aufgesucht wird, werden wir auf der heutigen Wan- derung kennen lernen. Vom Potsdamer Ringbahnhof fahren wir mit den Zostener Vorortzügen bis Dahlewitz . Das Dorf, das
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Müncheberg, Berliner Tor. berests 1305 in einer Urkunde als„Dolwitz" erwähnt wird, liegt in einer Talsenk« südöstlich der Bahn. Wir wandern sogleich vom Bahnhof gen West, an der Nordspitze des Blankenfelder Sces vorüber, zur nächsten Wegkreuzung. Hier oerlassen wir den Weg nach Blankenfelde und folgen dem nach Jühnsdorf in südlicher Richtung bis zum Beginn des nahen Waldes. Hier wandern wir am Wald- rand nach links bis zu der Senk«, in der sich der Blankenfelder See erstreckt. Am Rand« der Niederung, später am Seeufer, führt der Weg gen Süd. Wir sind in einer Rinne, die in nordsüdlicher Rich- tung in das Land eingeschnitten ist, und die als Schmelzwasserrinne aus der letzten Eiszeit angesehen werden darf. Derartige Rinnen sind in den vereist gewesenen Gebieten sehr häufig anzutreffen: meist sind sie, wie hier, von Seen oder vertorsten Niederungen, das sind verlandete Seen, erfüllt. Wir halten uns möglichst nahe am See und dem Fließ, das die sumpfige Niederung zwischen dem Blankenfelder See und der in der gleichen Rinn« südlicher liegenden Krummen Lanks durchfließt und beide Seen verbindet. Di« Krumm«
Lank« ist der nördliche Zipfel des Großen Rangsdorfer Sees, der in einer Seitenbucht des Nuthetals liegt. Am jenseitigen Ufer sehen wir das Dorf Rangsdorf . Di« kleine Nebenrinne mündst hier in eine größere Rinne ein, die wiederum in eins der großen Urstrom- täler, das Warschau-Berliner, führt. Wir können so die Spuren verfolgen, die den Weg der Schmelzwasser zum Weltmeer bezeichnen. Am Rangsdorfer See endet der Wald. Wir wenden uns gen West nach Jühnsdorf. Dieser Ort hat, wie so mancher andere in der Mark Brandenburg, in« Laus« der Zeit seinen Namen vielfach ver- ändert. Die alten Urkunden nennen das Dorf Judensdorf, Gubens- dorp oder Joensdorff, während es in dem Landbuch Kaiser Karls IV. (von 1373 bis 1378 entstanden) als„Gudenstorff" geführt wird. Inmitten der von alten Bäumen beschatteten Dorfaue, von einer Kirchhofsmauer aus Feldsteinen malerisch eingefriedet, liegt die Dorfkirchc, dessen ältester Teil ein Granitguaderbau aus dem Mittel- aller ist. Südlich vom Dorf erhebt sich der Lindenberg, eine Wind- mühle steht auf der Höl>e. Der Berg steigt 57 Meter über den Meeresspiegel oder 21 Meter über den Spiegel des Rangsdorfer Sees auf. Am Lindenberg fand am 22. August 1813 eine Schlacht stall. Auf der Chaussee, die östlich vom Lindenberg vorübersührt, wandern wir gen Süd. Am Südrand der durchquerten Niederung. wo die Chaussee den scharfen Knick nach rechts macht, wenden wir uns scharf nach links: wir bleiben am Südrand der Niederung. Am Waldrand verlassen wir den Weg, der landeinwärts nach Glienick führt, und bleiben auf dem linksabzweigenden Wege. Er hält sich immer in der Nähe der Niederung. Der Weg führt uns schließlich aus«in« Chaussee , der wir gen Ost nach Dabendorf folgen. Auch dieses Dorf ist wohl schon im 13. Jahrhundert entstanden. Im Dreißigjährigen Kriege hotte es sehr gelitten, so daß am Ende des Krieges mehrere Hofstellcn wüst blieben, weil ihre Besitzer umgekom- inen waren. Vom alten Dorf erstreckt sich die Siedlung Neu-Dabcn- dors bis zum Bahnhof der Zosiener Bahn. Wir können von hier aus nach Berlin zurückkehren. Haben wir jedoch noch Zell übrig. dann besuchen wir das Städtchen Zossen . Wir überschreiten die Bahn und kommen zur Zossener Chausse«, der wir nach rechts fol- gen. Ehemals war Zossen ein« starke Feste in der Notteniedemng, die zu Böhmen gehörte. Erst im 15. Jahrhundert kamen Stadt und Amt Zossen an Brandenburg . Von mittelalterlichen Bauten ist in Zossen nichts mehr erhalten: auch von den Wohnhäusern ist kaum eins über 100 Jahr« alt. Zwischen Stadt und Bahnhof zieht der Nollekanol vorüber: er mündet bei Königswusterhausen in die Dahme.(Länge der Wanderung bis Dabendorf etwa 17 Kilometer. bis Zossen etwa 21 Kilometer.)
Das Martyrium einer Zwölfjährigen. Aufhebung eines Knppelquartiers. Die Berliner Kriminalpolizei hat gestern«inen Fall von Kindes- Verführung und Kindcsmißbrauch aufgedeckt, wie er an Scheußlich- keit und Rafjinemenl in der Geschichte der Berliner Kriminalität einzig dastehen dürfte. Die geradezu bestialischen Urheber der enl- setzlichen Quälereien an einem zwölfjährigen Mädchen, der Schneider- meister Böhler und seine Frau aus der Blumenthalstraße 3, konnten verhaftet werden. Im Herbst des Jahres 1323 wurde die damals zwölfjährige Hilde I. von ihrem Vater zu einer Besorgung nach der Blumen- thalstraße 3 fortgeschickt. Da das Mädchen den Mieter nicht antraf, wartete es auf dem Hofe auf seine Rückkehr. Der Schneidermeister Böhler und seine Frau erblickten das Kind und forderten es auf, doch lieber in der warmen Stube auf den Misier zu warten. eine Aufforderung, die das Mädchen, da es ein kühler Tag war, gern annahm. Kaum hatte das Kind jedoch die Wohnung des Böhlerschen Ehepaares betreten, als es van dem Manne liin-i rot)«st er Weise überfallen vud in Gegenwart seiner Frau mißbraucht wurde. Der Vater des Mädchens, der als ein sehr strenger Mann gilt, erfuhr nichts von diesem Vorkommnis, weil Hilde aus Furcht vor Strafe ihm alles verschwieg. Sie ging aber am anderen Tage zu Frau Böhler und klagte ihr. daß sie heftige Schmerzen habe und fragie, was sie denn nun anfangen solle. Frau Vöhler führte das Kind zu dem Vater und erzählte, daß sie großes Interesse an dem Kind nehme. Hilde fei offenbar krank. sie erbiete sich, mit dem Kinde zum Arzt Z» gehen und für Hilfe zu sorgen. Da die Frau einen durchaus vertrauenswürdigen Eindruck mochte, war Hildes Vater mit dem Vorschlage um so mehr ein- verstanden, als ihm fein anstrengender Beruf wenig Zeit ließ, sich
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Die Familie Frank. Roman von Martin Andersen Rexii. Uobersetzt von Hermann K�y. 1. „Thorvald, Thorvald! Willst du wohl kommen! Willst du wohl schleunigst herkommen! Ich werd' dich gehorchen lehren, du infamer Bengel! Du sollst so viel Prügel kriegen... o. ich will dich schlagen, daß das Wasser dir herausläuft, du Biest, du Negel, du— du— du--" Die Schneidermadam, Waschfrau Frank, mußte inne- halten, um Atem zu schöpfen. Sie stand mitten auf der Straße mit nackten Beinen, in Holzschuhen, die Röcke hoch über den dünnen Schienbeinen aufgeschürzt. Unter dem Tuch hing das Haar in schmalen, schweißigen Zotteln hervor, und ihr hageres, rotfleckiges Gesicht verzog sich in ohnmächtiger Wut. Dann schrie sie wieder eine Weile, noch lauter als vorher. Ihre Schreie gellten hin zwischen den niedrigen Häusern des Städtchens, und rings in Fenstern und Haustüren tauchten vorsichtig neugierige Gesichter auf. um zu sehen, was denn nun wieder mit der halbverrückten Schneidermadam los fei. Thorvald war der einzige im Biertel, der nichts zu hören schien. Er senkte bloß den Nacken und entfernte sich mehr und mehr. Die Schreie endigten in einem erbitterten, schrillen Kreischen. Rasend klatschte Madam Frank mit den ausge- waschenen Händen gegen den platschnassen Rock und begann zu schluchzen: „Ach, er gcht weg, er geht weg— und läßt sei re Mutter mit all der Rollwäsche allein zurück! O, der Dummkopf! Der Schandkerl!-- Thorvald!" Thorvald war bis an das Ends der Straße gelangt. Bei dem letzten, durchdringenden Schrei wandte er den Kopf. „Du altes Weib, gib acht: bist aus Salz, Ingwer und Pfeffer gemacht!" rief er ihr nach und verschwand dann schleunigst um die Ecke, während die Mutter die geballten Fäuste ohnmächtig schüttelte. Sommerlich weich und ohne Woltenslocke hing die Luft, die Häuser lachten mit ihrem weißen Kalk in den blauen Raum hinein, überm Grenzrain schnatterten die Gänse und versuchten ihre Flügel, drüben von der Steinbahn kamen die Hammerschläge gerieselt wie melodischer Regen. Selbst die
Laute schienen vom Sonnenlicht Glanz und Klangfarbe zu leihen und mit Luft und Landschaft zu verschmelzen. Das alles zerriß Madam Frank plötzlich mit einem neuen Geschrei. Es gellte wie eine Sägefeile, und Sonne, Land- schaft und alles ertrank in dem Kreischen, so zwang es sich allen Sinnen auf. Aber dann klang es fern und hinterließ im Ohr ein Gefühl von Linderung, wählend nach und nach die milde Umgebung wieder zu ihrem Recht kam. Madam Frank stand starr wie eine Säule. „O, o!" stöhnte sie gedehnt. Ihre Arme hingen schlaff an der Seite herab: mit leerem Blick schaute sie nach der Richtung hin, wo der Sohn ver- schwunden war, und es sah einen Augenblick aus, als würde sie in die Knie sinken. Aber plötzlich durchfuhr sie ein Stoß, sie straffte sich mit einem Ruck und wandte sich den Häuserreihen zu, wo sich Gesicht nach Gesicht eilig zurückzog. „Ja, gafft nur, ihr Fettdosen und Faultiere! Jetzt ist die Verrückte unterwegs, was? Das Ungetüm? Huhu, nun gibt es Spaß auf der Straße! Die meschugge Madam Frank ist unterwegs! Da bekommen die Klatschbasen zu tun.— O. ihr braucht euch nicht zu verstecken. Kommt nur heraus, ich seh' euch' wohl! Gib auf dein Maulwerk acht, Madam Petersen, daß es nicht in der Türspalte eingeklemmt wird! Du solltest lieber die Läuse aus deines Mannes Hemd suchen, ihm seine Strümpfe stopfen— und ihm seine Nachtruhe lassen. Und ihr auch, ihr Bruthennen!— Kommt heraus, dann wird die verrückte Madam Frank euch was zu lachen geben!" Sie stand mitten auf der Straße, mit geballten Fäusten, und ließ den Blick an der Häuserreihe auf- und niedergleiten. Aber da keine der Frauen den Mut hatte, sich noch zu zeigen, geschweige denn die Herausforderung anzunehmen, zog sie sich mit einer verächtlichen Gebärde zurück. Scheltend eilte sie um das Haus herum und warf einen Stein nach den Stadtgänsen, obwohl diese ganz friedlich auf dem Dreieck Gras zupften und dabei ganz in ihrem guten Recht waren, während sie dort gar nichts zu sagen hatte. Denn das Dreieck gehörte zur Grenzmark des Städtchens, die alljährlich von der Gemeinde als gemeinschaftliche Weide verpachtet wurde. Weil aber Madam Frank keinen Ort hatte, um' ihre große Wäsche zu trocknen, so breitete sie sie dort auf der Meide aus und ließ nicht davon ab, trotz allen Protesten der Pächter und den wiederholten Drohungen des Stadt- kämmerers. Jetzt machte ihr niemand mehr das Recht streifig, auf dem Dreieck Wäsche zu trocknen— es lohnte sich nämlich nicht.
Aber Madam Frank ging einen Schritt weiter und ver- langte, die Ackerbauern sollten jemanden dafür anstellen, auf die Gänse und das Vieh achtzugeben, da ihr nicht damit gedient fein könne, wenn ihre Wäsche verdorben werde. Die Leute waren nicht sonderlich geneigt, darauf einzugehen, und sie hatte darum den Kampf von neuem aufgenommen. Für ihren Teil bestand er darin, daß sie den Gänsen Schaden tat, wo sie nur konnte: und mehr als ein junges Gänschen wurde am Abend halb oder ganz tot draußen auf der Grenzmark gefunden. Für die Bürger kam es darauf an, festzustellen, daß sie der Täter war, um sie auf Entschödi- gung verklagen zu können, und hierzu bedienten sie sich der Nachbarinnen, denen es weder an der Zeit noch an d>.r not- wendigen Gesinnung fehlte, die allgemein verhaßte Madam auszuspionieren. Heute lag übrigens keine Wäsche von ihr zum Trocknen draußen. Aber es gehörte zu ihrer Natur, die Galle in Fluß zu erhalten, und da sie nun einmal auf gespanntem Fuß mit den Gänsen stand, warf sie im Vorübereilen den kleinen Stein nach ihnen. Die zornigen Bürger hätten sich daran ergötzt, wenn sie gesehen hätten, mit welcher Hast die Madam Frank sich zurückzog, nachdem sie den Stein geworfen hatte und Deckung drinnen hinter dem niedrigen Pförtchcn suchte, das in den Gemüsegarten und nach dem Hosplatz führte. Aber sie war nicht schnell genug, und bevor sie ihre langen nackten Beine durch das Psartchen in Sicherheit brachte, hatte der große graue Gänserich sich für den heim- tückischen Steinwurf gerächt und ein großes Stück Haut aus ihrem magern Unterschenkel gehackt. Dieser Gänserich war das einzige männliche Wesen m der ganzen Stadt, das allein den Kampf mit der Madam Frank aufzunehmen wagte, und überhaupt das einzige Wesen, das zuweilen siegreich aus einem Strauß mit ihr hervorging und ihr deshalb Respekt einzuflößen vermochte. Madam Frank liebte ihn nicht. Kaum zeigte sie sich vor dem Pförtchen, so war er sofort mit vorgestrecktem 51opf da und hackte ihr nach den Beinen, und es war ihr unmöglich, in Ruhe vor ihm ihre Wäsche auszubreiten. Dann veranstaltete sie eine Jagd auf ihn, zum großen Vergnügen der Nachbarinnen, und der Gänserich schwebte ein kleines Ende vor ihr über die Grenzmark hin: aber sobald sie kehrt machte, war er ihr wieder auf den Fersen. Und manchmal flog er gerade draus zu und schlug sie mit ' � i Flüx"'
seinem harten Flügelknoten.
(Fortsetzung folgt.)