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Nr.414 41.Jahrgang

Ausgabe A e. 211

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Redaktion: Dönhoff 292-295 Verlag: Dönhoff 2506-2507

Mittwoch, den 3. September 1924

An die Partei!

Am 29. Auguft hat der Reichstag die Gesetze zur Aus­führung des Londoner Bertrages angenommen. Der Vertrag ist in Kraft getreten. Das ist ein Wendepunkt in der Geschichte Deutschlands   und Europas  .

Die Sozialdemokratische Partei   hat sich für den Londoner   Vertrag von Anfang an mit aller Energie ein­gesetzt; denn dieser Vertrag foll den Frieden' festigen, die bejezten Gebiete von ihrer Sonderlast befreien, die militärische Räumung anbahnen, die Zahlungs- und Kontrollvorschriften unter das Maß des Ultimatums vom Mai 1921 herabsehen und Deutschland   eine Ruhe­pause sowie eine Anleihe gewähren. Sollten sich seine immer noch schweren Lasten als unerträglich erweisen, so bleibt der Weg zur Aenderung durch neue Berhandlungen offen.

Der Bertrag eröffnet dem arbeitenden Bolfe Aussicht auf ftabilere Wirtschaftsverhältnisse und bannt das Gespenst einer neuen Inflation. Er beruht auf der Anerkennung des Grundsages, daß die Lebenshaltung des deutschen  arbeitenden Boltes nicht unter die der anderen Kulturvölfer herabgedrüct werden darf.

Jetzt kommt alles darauf an, diesem Grundsah Geltung zu verschaffen und der Maffe des arbeitenden Bolles in Stadt und Land, Arbeitern, Angestellten und Be­amten, die Kraft zu verleihen, die sie brauchen, um ihre fraurige Lage zu verbessern.

Diese Aufgabe tann nur von der Sozialdemofra­fischen Bartel in Berbindung mit den gewertschaftlichen Organisationen gelöst werden. Stärkung der Partei und der Gewerkschaften ist mehr denn je die Forderung der Stunde.

In dem Augenblic, in dem es gelungen ist, durch den Londoner   Vertrag die außenpolitische Bedrängnis zu mildern, drohen dem arbeitenden Bolf von innen her schwere Ge­fahren. Seine klaffengegner find am Wert, um durch Ver­längerung der Arbeitszeit und Berfeuerung der Lebensmittel, durch neue Bedrückung und Entrechtung, alle Casten auf seine Schultern zu wälzen. Sie wollen herrschen, um sich zu bereichern.

3n Abwehr dieser volts- und arbeiterfeindlichen Beftre­bungen fämpft die Sozialdemokratie für die Wiederherstellung des Achtstundentages, die Ratifikation des Abfom­mens von Washington, und gegen den neuen Hochschuh­3011, der den Aermsten das Brof nimmt, aber nur den Großen der Landwirtschaft nüht.

Um ihre gefährlichen Pläne zu verwirklichen, drängen die Deutschnationalen in die Regierung. Sie haben den Londoner   Vertrag mit allen Mitteln bekämpft, alle Gesetze abgelehnt und nur bei einem, das Zweidriffel­mehrheit erforderte, dem Eisenbahngefeß, die Hälfte ihrer Fraktion auf die Jaseite abkommandiert. Für diesen Dienst haben sie sich von der Deutschen Volkspartei   eine An­zahl von Ministerseifeln als aufpreis ausbe­dungen. Sie haben damit das unsauberste Geschäft abgeschlossen, das die politische Geschichte kennt, ein Geschäft, über das im ganzen Bolf bis weit in die Reihen ihrer eigenen Partei hinein die hellste Entrüftung herrscht.

Abbau der Binnenzollinie ab 9. September. Deutsche   Zollhoheit wahrscheinlich vor Ablauf der Höchstfrist.

Dortmund  , 2. September.  ( Eigener Drahtbericht.) Die fran­zöfifch- belgische Zollbehörde hat bereits angekündigt, daß fie am 9. September die Erhebung von Abgaben an der Binnenzollinie ein­fteilen wird. Sie ist augenblicklich im Begriff, die notwendigen Abbaumaßnahmen zu treffen, so daß fie voraussichtlich in der Lage ist, bereits vor der in den Londoner Ber­einbarungen vorgesehenen Frist auch die Binnen­30llinie vollständig aufzuheben. Diese Frist beträgt 20 Tage, während die Frist für die Erhebung von Abgaben an der Binnenzollinie auf 8 Tage begrenzt war. Es kann infolgebeffen damit gerechnet werden, daß die deutschen   Vorschriften und Tarife für die Zölle und Abgaben sowie die Vorschriften für den Außen­handel noch vor dem 20. Oktober, dem spätesten Termin, in Kraft gefeht werden. Außerdem müßte mit der Inkraftsetzung der deutschen   Zolltarife usw. die mit dem Rheinlandabkommen unver­einbarenden Beschränkungen für den Personen-, Güter- und Wagen­verkehr aufgehoben werden.

Eine Partei, die das eigene Bolt nach ihren eigenen Worten in die Sklaverei verkauft", um dafür Ministerposten und wirtschaftliche Vorteile einzuhandeln, verdient die Ver­achtung aller anständig Denkenden. Unter der Last dieser Verachtung müßte eine durch solchen Handel zustande­gekommene Bürgerblodregierung sehr rasch wieder zu­sammenbrechen.

Die Bürgerblodregierung bedeutet Rückkehr des ent­waffneten Deutschland   in die Jfolierung, Aufpeitschung aller nationalistischen Instinkte des Auslandes, neue außenpolitische Unruhe und wirtschaftliche Zerrüttung. Sie bedeutet Ent­feffelung der furchtbarsten sozialen Stämpfe und schwerste Bedrohung der Republit.

Gegen solche Gefahr muß das arbeitende Bolt einig zufammenstehen.

Die kommunisten, die diese Einigkeit hinter­treiben, haben der Reaktion im Kampf um den Londoner Bertrag bis zur letzten Stunde Zutreiberdienste geleistet. Sie haben den Vertrag bekämpft und im Bund mit den Hafen­freuzlern die wahnsinnige Idee des russisch- deutschen Revanchetrieges gegen den Westen gepredigt. Sie haben als Arbeitervertreter, die zu sein sie vorgeben, durch Entfejjelung wüfter Standal- und Prügelszenen das Ansehen der Arbeiterschaft in den Schmuh getreten.

Die Machtstellung der Deutschnationalen im Reichstag beruht auf der Stärke der fommunistischen Fraktion. Das ist von den Deutschnationalen felbft mit aller Offenheit ausgesprochen worden.

Heute geht durch die Maffen des arbeitenden Bolles ein Schrei: Fort mit Nationalisten und kommu­nisten!

Millionen und aber Millionen begrüßten die Aussicht auf eine Reichstagsauflösung als Erlösung. Alles, was jozial­demokratisch fühlt und denkt, brannte darauf, zu kämpfen und Abrechnung zu halten. Weit über die Kreise der Sozial­demokratie hinaus fordert das Bolt das Verschwinden eines Parlaments, das durch deutschnationale Schachergeschäfte und kommunistische Kaschemmenszenen ge­schändet worden ist wie feines vor ihm.

Gemeinsam mit diesen ungeheuren Maffen fordert die Sozialdemokratie: Auflösung des Reichstages! Das Bolt foll gefragt werden, ob es den Das Bolt foll gefragt werden, ob es den Bürgerblod und den Hochschuhzoll will!

Beruft überall Versammlungen ein! Drückt den deutsch­nationalen Beutepolitikern, den völkischen Brandstiftern und ihren fommunistischen Zutreibern den Stempel ihrer Schande auf die Stirn!

Genoffinnen und Genoffen! Einig ist Deutschlands  Arbeitsvolf unüberwindlich. Einig fann es nur sein unter den alten Fahnen der deutschen   Sozialdemokratie! Ihr habt gezeigt, daß Ihr unter diesen Fahnen fämpfen wollt! Ihr werdet zeigen, daß Ihr unter ihnen siegen könnt!

Berlin  , den 2. September 1924.

Der Parteivorstand.

bon bem Borfizenden der Interallierten Rheinlandkommiffion, Tirard, mit einer Begrüßungsansprache eröffnet. Der erste Führer der deutschen   Delegation, Ministerialdirektor Dilthey  , erwiderte. Beide Ansprachen waren von dem Gedanken getragen, daß der Geist der Verständigung, der in den Londoner Berhandlungen Ausbruck gefunden habe, auch die Arbeiten dieser Sonferenz beseelen und zu einem raschen und gedeihlichen Abschluß führen möge. Anschließend fand die erste geschäftliche Sigung statt, in der ein Arbeitsplan aufgestellt wurde.

Uebereinstimmung mit der Micum.

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Boftschecktkonto: Berlin   375 36- Banffonto: Direktion der Diskonto- Gesellschaft, Depofitenkasse Lindenstraße 3

Ludwig Frank.

Zur zehnten Wiederkehr seines Todestags. Bon Friedrich Stampfer  .

Am 3. September 1914 fiel der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Ludwig Frank Ludwig Frank als Kriegss freiwilliger in einem Gefecht bei Baccarat. Als vier Lage später die Kunde von seinem Tod nach Deutschland   fam, zog feltene politische Begabung mit einer hohen Reinheit seines in ungezählte Herzen tiefe Trauer ein. Ein Mann, der eine Wefens und einer wundervollen Beredtsamkeit verband, war der Arbeiterbewegung, Deutschland   und der ganzen Welt für immer verloren.

Aber in die Trauer mischte sich damals für manche Sozia­liften auch ein Gefühl der Bitterfeit. Bitterkeit über den Gefallenen. War nicht er, einer der glühendsten Apo fte der Völkerversöhnung, jählings der Kriegspsychose verfallen, hatte er sich nicht hinreißen lassen von der Massen= stimmung des Augenblicks und den Sozialisten, die den Krieg als finnlose Barbarei verurteilten, ein schlechtes Beispiel ge­geben?

Ferdinand Laffalle opferte sein kostbares Leben in einem Duell einem zufälligen Liebeshandel. Dennoch emp­findet niemand diesen jähen Abschluß als einen inneren Bruch. Die Liebe der Arbeiterschaft hat dieser genialen von Leiden­schaften durchwühlten Persönlichkeit ihren selbstgewollten dramatischen Abgang von der Welt verziehen, ja ihr Bild schien ihr nun erst recht durch einen Schein von Romantik

verklärt.

Wenn es manchem schwer geworden ist, Ludwig Frank  zu verstehen, so erklärt sich das vielleicht gerade daraus, daß Frant auch bei der letzten Tat feines Lebens durchaus nicht als Privatmann, sondern ganz als Politifer, als Sozialdemokrat gehandelt hat.

Daß Frank einer Stimmung unterlegen und dadurch der Grundrichtung seines Wesens und Wirkens untreu geworden fei, ist eine Legende.. Gewiß stand er bis zu seinem letzten Augenblid zu den Worten, die er sieben Jahre zuvor in der " Jungen Garde" geschrieben hatte:

der Kriegervereinler. Dasjenige Land ist am sichersten nach außen, deffen innere Berhältnisse am freiheitlichsten find. Dasjenige Bolt ist patriotisch, dessen Massen wissen, wofür sie kämpfen. Durch den Achtstundentag, durch einen gesetzlichen Mindestlohn, durch die Abschaffung der Heimarbeit würde Deutschland   besser geschützt als durch hundert neue Regimenter und Schiffe.

Wir sind weit entfernt von dem Radaupatriotismus

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man

Ludwig Frank   ging ins Feld, um sein Vaterland, das er liebte, für die Demokratie und den Sozialismus zu erobern. Wie soviele Sozialisten hatte auch er als Radikaler" begonnen. Aber schon der Reichstag von 1907 sah den drei­unddreißigjährigen Abgeordneten anders als der Dresdener  Parteitag von 1903 den neunundzwanzigjährigen Delegierten. Das heißt nicht, daß Frant von der Kraft seines sozialistischen Idealismus auch nur das geringste eingebüßt hätte fann viel eher sagen, daß das Gegenteil der Fall war. Er war so vom Glauben an die Zukunft der sozialistischen  Arbeiterbewegung durchglüht, daß ihm auch der kleinste An­fang einer Verwirklichung, der erste Schritt zur politischen Temperament drängte ihn nicht zu warten auf einen späteren Macht als wertvoll, ja geradezu als geheiligt erschien. Sein Tag, der die Erfüllung aller Hoffnungen bringen sollte, nichts war ihm mehr zuwider als jede Art von Quietismus. Es drängte ihn zu handeln. Ludwig Frank   war ein Mann der Lat.

Darum genügte es ihm nicht, für den Weltfrieden zu demonstrieren, er wollte ihn schaffen.

In ihrem Verhältnis zum Krieg hat die Sozialdemokra­ tische Partei   drei Stadien durchlaufen. Im ersten sah fie im Krieg mehr oder minder fatalistisch ein Verhängnis, bar verbunden war, das aber, wenn es eintrat, revolutionäre das mit dem Wesen der kapitalistischen   Gesellschaft untrenn= Fortschritte mit sich bringen konnte. Im zweiten wurde sie 3ur moralischen Anflägerin des Krieges und erhob sie propa­gandistisch die Forderung nach der Sicherung des Welt­friedens. Im dritten begann fie, mit Ueberlegung politisch zu handeln, um diese ihre Forderung zu verwirklichen. zu handeln, um diese ihre Forderung zu verwirklichen.

Dieses dritte Stadium wird charakterisiert durch die Arbeit Ludwig Frants. Sie mühte sich nicht, etwa irgendeinen utopischen Weltfriedensplan zu zimmern, sondern sie ging davon aus, daß es zunächst darauf ankomme, das Herz der europäischen   Kultur vor Rückfällen in die Barbarei zu sichern. Wenn die drei Hauptmächte Europas  , Deutschland  , Frankreich   und England, auf alle triegerischen Ab­fichten gegeneinander verzichtet hatten, dann blieb nicht nur der Kern Europas   vor friegerischen Erschütterungen bewahrt, sondern diese Mächte waren vereint start genug, der ganzen Welt Frieden zu gebieten.

Düffeldorf, 2. September.  ( WTB.) In der heutigen Ver­Handlung der Sechserlommission mit der Micum wurde auch über die noch ungeklärten Punkte Uebereinstimmung er zielt, der Ruhrbergban verpflichtet sich zur Fortsetzung der Repara­tionslieferungen an Kohlen und Nebenprodukten nach dem von der Reparationskommission aufgestellten Programm. Die Bezahlung erfolgt zu denjenigen Preisen, welche durch die Verhandlungen der Reparationsfommission mit der deutschen   Regierung demnächst So schälte Frant aus dem allgemeinen theoretischen festgelegt werden, es wurden angemessene Abschlagszahlungen Weltfriedensproblem das besondere, praktische der Verständi­vorgesehen, der Wegfall der Rohlensteuer und der Abgung zwischen Deutschland  , Frankreich   und England heraus. Koblenz  , 2. September.  ( WEB.) Die in dem Londoner   Abgaben auf Rebenprodukte wurde unter gewiffen Voraus Ihm galten alle feine Bemühungen. So wurde er der Lommen vorgesehene Koblenzer   Konferenz wurde heute fegungen vom 2. September ab in Aussicht gefiellt. geiftige Bater jener Berner Konferenzen, die deutsche