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Das Urteil im Kommunistenprozeß.

Schwere Zuchthausstrafen.

Ceipzig, 13. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die Ur­teilsverfündung im Elberfelder Kommunistenprozeß erfolgte am Sonnabend abend 7 Uhr 30 nach fast dreistündiger Beratung des Staatsgerichtshofes. Senatspräsident Dr. Richter begründete das Urteil wie folgt: Die Verurteilung der Angeklagten erfolgte wegen Vorbereitung zum Hochverrat, Raub bzw. Beihilfe dazu und Vergehens gegen die Republitschuhgesehe. Be­züglich der vorhandenen Waffen und Muniflon tonnte der Staats­gerichtshof nicht zur Ueberzeugung gelangen, daß es sich bei den vorgefundenen Mengen von Waffen und Munifion um ein Waffen. lager im Sinne des Gefeßes handele, vielmehr war es lediglich un­befugter Waffenbesih, der den Berordnungen entsprechend hätte an­gemeldet werden müffen. Der Staatsgerichtshof nahm außerdem bei den vier Ueberfällen nicht Tateinheit an, weil vor jedem Ueberfall eine genaue Besprechung und Inffruffion der einzelnen Täter statt­gefunden hatte. Die Strafen lauteten: Michels erhielt 12 Jahre Zucht­haus, Blemm 12 Jahre Zuchthaus und 300 Goldmart Geld­ffrafe, Groß 11 Jahre Zuchthaus und 300 Goldmark Geld­ftrafe, Schurff 7 Jahre 3uchthaus und 200 Goldmart Geld­ftrafe, Becker 5 Jahre Zuchthaus, Rusch 10 Jahre 3ucht­haus, Salewski 4 Jahre Gefängnis und 200 Goldmart Geldstrafe, 3ins 4 Jahre Gefängnis und 22 Goldmart Geld­ficafe, Giffing 1% Jahre Gefängnis und 100 Goldmart Geld flrafe, Elbers 10 Jahre 3uchthaus. Die Angeklagten haben fämtliche Kosten des Berfahrens zu tragen. Jedem wurden 5 mo­nate Untersuchungshaft angerechnet.

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Die eff Kommunisten, die in Leipzig vor dem Staats­gerichtshof standen, haben nach der Aufgabe des passiven Widerstandes in der Zeit der rechtsreat tionären Butsch versuche mit dem Gedanken eines Linksputsches gespielt. Sie haben versucht, sich zu diesem Behuf Waffen zu verschaffen und im Zusammenhang damit in mehreren Fällen Doppelstreifen der Schupo gewaltfam entwaffnet. Einer der Angeklagten er gehört zu der Gruppe, die zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt wurde hat dabei einen Beamten ge­tötet. Ohne Zweifel ist das Bergehen der Kommunisten schwer. Rein Staat tann es sich gefallen laffen, daß Teile der Bürger­schaft zu einer gewaltsamen Attion schreiten; fein Staat fann dulden, daß einzelne Banden einen bewaffneten Kleinfrieg gegen die Sicherheitsorgane führen. Wenn das Urteil des Leipziger Staatsgerichtshofes troßdem als außerordent lich hart empfunden wird, so geschieht das aus zweierlei Gründen.

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Die verurteilten Kommunisten sind nicht Führer; sie sind auch weniger Geführte als Verführte. Wären sie sich der Tragweite ihrer Handlungsweise bewußt gewesen, so hätten fie ihre Atiionen unterlassen. Sie waren von vornherein zum Mißerfolg verurteilt, fie mußten zu dem Ende führen, das sie tatsächlich genommen haben. Die An­griffe waren Wahnsinnstaten Verblendeter und die eigent lichen Angeklagten in diesem Prozeß find wie in so vielen anderen Kommunistenprozessen der legten Zeit- die Moskauer 3entrale der Kommunisten und ihr gelutivorgan in Deutschland , das willenlos die Methoden eines Sawinfo w nach Deutschland ver­pflanzt, obwohl es genau wissen muß, daß sie in Deutschland noch weniger Aussicht auf Erfolg haben als in Rußland . Ein Sawinfow wird in Rußland zum Tode verurteilt, die Georgier werden auf das grausamste niederge mehelt. An den Mostauer Bluturteilen gemessen, ist das Urteil des Staatsgerichtshofs milde und man wird sich mit Etel von der Roten Fahne" abwenden müssen, wenn sie das tragische Schicksal der elf verurteilten Kommunisten zu ihrem

Nachtarbeit.

Bon Mar Barthel

Die Stadt schläft schon. Nur aus den schimmernden Cafés tommt noch Mufit. Die legtne Bahnen fahren vollbeladen durch verödete Straßen. Im Licht der Bogenlampen schreien die bunten Bitfaßsäulen den letzten Mord und den neuesten Operettenschlager bem verspäteten Heimkehrer ins Gesicht alles ist tot und grau. Zwei fleine, geschminkte Mädchen reden leise in einem dunklen Flur. Dann gehen auch sie unter. Menn sie das Licht der Bogen­lampe trifft, fieht man unter der Schminke müde Gesichter,

Da dröhnen Hammerschläge durch die Nacht. Dort brennen offene Feuer. Die Straße ist aufgeriffen und man fieht erstaunt, daß unter den Steinen, dem glatten Asphalt Erde ist, richtige, fan­dige gelbe Erde, aus der Bäume und Blumen wachsen, Erbe, die fich begrünt, Erde, die sich erneuert. Im Licht der Feuer schimmert dieser Sand golden. Die Männer aber in nächtlicher Stunde denken bei der Arbeit nicht an ferne Wiesen und Wälder. Sie heben die großen Hämmer und schlagen fie flirrend cuf Steine, Pfähle, Betonflöge. Die neue Bahnlinie wird gebaut. Die Arbeiter sind herrlich bei der nächtlichen Arbeit. Im Schwung und Niederfall der großen Hämmer ist Har­monie. Der lekte Heimtehrer sieht verwundert auf die Männer, die im Licht der roten Feuer arbeiten. In der Stadt gibt es teine Arbeit. Die Arbeiter sind in den lauten Fabriten eingesperrt, alles andere iſt nur Geschäft und Beschäftigung: die Unraft ber große Warenhäuser, ble Bienenemsigteit ber Bureaus, die wichtigtuerei in den Behörden und Aemtern, hier aber ist Schwung und Rhyth mus und die freie herrliche Bewegung freisender Arme, nom Feuer gerötete Gefichter, greifbare, sichtbare Arbeit: die Straße wird auf

geriffen, bie neue Bahnlinie wird gebaut. Laut dröhnen die Häm­rer durch die verfiafterte Stadt. Es flammen die offenen Feuer. Der steigende Bierfonfum". Der Arbeiter- Abstinenten- Bund bittet uns um die Aufnahme folgender Notiz: Die vom Deutschen Brauerbund angeführten Zahlen über den Bierverbrauch in Deutsch­ land ( Borwärts" Nr. 219) fönnen leicht zu einer Unterschägung der Alkoholgefahr führen. Wohl ist der Bierkonsum gegenwärtig noch beträchtlich geringer als in der Borfriegszeit. Aber er ist seit dem Kriegsende in faft ununterbrochenem Steigen begriffen. Nur in der fahlimmsten Inflationszeit hat der Bierverbrauch nachgelassen. Die Biererzeugungsziffern seit dem Jahre 1918 bis 1923 lauten: 24,8; 25,6; 23,3; 33,8; 31,2; 29,0( durch Schäßung ergänzt) Millionen Hettoliter Bier. Daß feit der Stabilisierung der Bierverbrauch wieber ansteigt, beweisen die amtlichen Zahlen für bas erste Biertel bes Rechnungsjahres 1924. Danach find in der Zeit vom April bis Juni 1924 rund 1,7 Millionen hektoliter mehr erzeugt worden als in dem gleichen Zeitraum des Borjahres. Der Berliner Parteitag hat mit vollem Recht darauf hingewiesen, daß diese Zunahme des Altoholfonfums für die unmittelbare Bolfsernährung sowohl wie für die durch den Krieg geschwächte Bolksgesundheit verderbliche Folgen zeitigt.

Die verbotene Bluffünde". Seit einigen Tagen batten fich völlische Streife Münchens auf einer tieinen Brivaibühne in Schwabing ein anti­femitisches Tendenzitüd in bayerischer Mundart Blutsünde" vorspielen lassen. Runmehr bat die Münchener Polizei die weitere Aufführung des Stückes mit der Begründung verboten, daß seine Tendens und seine Blutrünftigkeit ein unzulässiges Maß von Bolksverhegung darstelle.

üblichen unaufrichtigen Theater mißbrauchen sollte. Die Hauptschuld an dem Geschick der Verurteilten trägt die Parteileitung der KPD . und die Zen­trale in Moskau , die ihre Mitglieder zu derartigen Wahnsinns­taten aufstachelt.

abgebunden und durch die unselige Inflation völlig aufgezehrt war. Icht dagegen wird Deutschland nach dem Londoner Abkommen nach und nach wieder in den Besitz seiner eigenen Wirtschafts­traft kommen,

soweit sie durch den Vertrag von Versailles ihm belaffen ist. Das Verschwinden der Binnen- Zollinie im Westen ist der erste Schritt

Auf der anderen Seite ist es allerdings ein ganz un= haltbarer Zustand, daß die Berichte überall da, wo es nach dieser Richtung. Die Rüdübertragung der ganzen Zollverwal sich um fommunistische Empörer handelt, mit voller Strenge tung des besetzten Gebietes an die deutsche Regierung wird folgen, zum Strafvollzug schreiten, während man dem Empörer aus dem rechtsraditalen, monarchistischen Lager wiederherstellungsmaßnahmen. Bon besonderer Wichtigkeit wird die ebenso die Wiedervereinigung des Eisenbahnnehes und andere eine Vorzugsstellung einräumt. Während selbst ein so vor- Wiederzulassung der vertriebenen Beamten und damit die Wieder­fichtiges Forum wie der Heidelberger Juristentag die bayerische errichtung einer unabhängigen deutschen Verwaltung auch im be Gerichtsbarkeit als vollkommen unmöglich bezeichnet, trägt man setzten Gebiet sein. Außerdem aber wird Deutschland jetzt wieder fich nach unwidersprochenen Meldungen im Staatsgerichtshof eine ährung erhalten, die, um mich so auszudrücken, die inter­mit dem Gedanken, den Prozeß gegen die Organisation Conful, der nun schon seit Jahr und Tag der Erledigung währung, weil es seine Bevölkerung nicht aus dem eigenen nationale Währungssprache spricht. Deutschland braucht die Gold. harrt, eben diesen bayerischen Gerichten zu überantworten. Mit Boden ernähren kann, und deshalb auf den internationalen Birt­welch unverantwortlicher Milde auch sonst rechtsradikale Bor bereitungen zum Hochverrat und Putschversuche behandelt wur- faftsverkehr angewiesen ist. Auf der Grundlage dieser Währung, den, ist bekannt. Durch dieses zweierlei maß, mit dem als die Rentenmart, wird es für bie Wirtschaft möglich sein, Kre­die wegen ihrer international anerkannten Form in sich stärker ist die Hochverräter behandelt werden, je nach dem Lager, aus bite in größerem Umfange zu erhalten als bisher. Die Renten­dem sie stammen, muß im Volk der Glaube erweckt werden, mart war für die Zwischenzeit die denkbar beste Lösung und wird daß die Republit vor den Gerichten feinen hinreichenden daß die Republif vor den Gerichten feinen hinreichenden Schuh findet, wenn sie von Monarchisten angegriffen or jedem abjektiven geschichtlichen Urteil bestehen. Für den eigent wird. Daß dieses Gefühl revoltierend wirft und viele in das lichen Wiederaufbau aber brauchen wir die Goldgrundlage." infsraditale Lager treibt, ist nur zu verständlich. In­sofern ist auch die Justiz nicht schuldfrei an tragischen Geschicken, wie sie den Staatsgerichtshof im Elberfelder Kommunisten prozeß beschäftigt haben.

Die Pensionierung von Hannover . Eine Erklärung des Oberbürgermeisters Leinert. Der Oberbürgermeister von Hannover , Genosse Beinert, tam auf der Rückkehr von der Vorstandssitzung des preußischen Städte tages in Gleiwitz durch Berlin . Ein Redakteur des Sozialbemo fratischen Parlamentsdienst" hatte Gelegenheit, mit ihm über den fratischen Parlamentsdienst" hatte Gelegenheit, mit ihm über den jogenannten Fall Beinert" eingehend zu sprechen.

Genosse Leinert erklärte, er habe vom ersten Augenblid an auf das bekannte Abbauangebot durch den zweiten Bürgermeister Fint betont, daß das Angebot nur dann in Kraft treten fönne, wenn der Vertrag in allen feinen Teilen genehmigt werde. Werde der Bertrag auch nur in einem Teil nicht genehmigt, dann sei er nichtig. nichtig. Ein Antrag Beinerts auf Ausscheiden fönne erst er. folgen, wenn eine Genehmigung in allen Teilen erfolgt sei. Eine folche Genehmigung sei natürlich für jeden denkenden Menschen folche Genehmigung sei natürlich für jeden denkenden Menschen Don vornherein ausgeschlossen. Ein Antrag auf Aus scheiden, der nur an den Magistrat hätte gerichtet werden können, scheiden, der nur an den Magistrat hätte gerichtet werden können, ist von Leinert nie gestellt worden.

Bei den ganzen Borgängen hat es sich, so betont Leinert, nur um Borverhandlungen gehandelt zu dem alleinigen 3 wed, die ganze efelhafte und nervenzerstörende Heße bis zu dem Bunfte gehen zu lassen, wo der Wille der Intriganten vor aller Welt feststand, daß sie auch vor einer finanziellen Schädi gung der Stadt, lediglich zum Zwede seiner Beseitigung, nicht zurückschrecken würden. Das rechts ungültige Manöver habe fich felbftt ad absurdum führen müssen. Die Erwägung darüber, ob ein rechtsgültiger Antrag auf Ausscheiden gestellt werden follte, war der Entschließung der Partei durchaus vorbe. halten geblieben.

Mie bestand, betonte Leinert welter, auch nur die leiseste Absicht, irgendeine Entscheidung ohne Fühlungnahme mit der Bartei zu treffen. Ein bloßes Angebot zu einem Bertrag hätte zur Demastierung des Intrigenspiels nicht genügt. Man hätte ein solches Angebot nachträglich als nicht ernst gemeint gedeutet. Der in sich unmögliche und rechts ungültige Bertrag dagegen ist jetzt zum erstenmal ein vollgültiger Be wets für den Mißbrauch der Abbaubestimmungen, und als solcher eine wert volle politische Waffe für die Sozialdemokratie. Daß der Vertrag, zu dessen Abschluß ein gewiß nicht ganz ungefährlicher Weg be schritten werden mußte, dem Unterzeichner nie einen Pfennig einbringen fonnte, verstände sich von selbst. Es sei lächer lich, auch nur ein Wort darüber zu verlieren.

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Frage: Wenn Sie von diesen allgemeinen Gesichtspunkten ausgehen, so tönnen die Maßnahmen, die die Reichsregierung foeben befannt gegeben hat, doch nur erste Schritte auf der Bahn des Wiederaufbaus darstellen, doch nur sozusagen einen her ins Keil, der ins Wirtschaftsleben hineingetrieben wird?"

Reichsminister:" Diese Bemerkung ist völlig richtig. Aus der Bekanntmachung der Reichsregierung flingt deutlich heraus, wieviel davon abhängt, daß der Geist, in dem diese Echritte ber Reichsregierung getan sind, nun recht schnell Allgemeingut des beutschen Bolles wird. Die ganze Wirtchaft muß im gleichen Sinne handeln. Im ganzen öffentlichen Leben muß der Grundsah größter Sparsamkeit gelten. Wir müssen den Zahlentaumel der Inflation run endgültig hinter uns laffen.

Es muß in der ganzen Wirtschaft wieder heißen: Großer Umjat, fleiner Nutzen."

Sollten etwa auch jetzt noch Zwischenglieder des Wirtschaftslebens die Preise festhalten, statt die Vorteile der Preissenkung dem Ber braucher zuzuführen, so würde das sehr bedenkliche Folgen zeitigen. Auch die Reichsregierung seibst wird, sobald nur irgend möglich, alle noch sonst erforderlichen Schritte tun. Besonders im Steuer­mesen wird der Reichsfinanzminister dem Reichstag Geseze vor logen, die eine neue Durchbildung des Steuerwesens in Reich, Ländern und Gemeinden bezwecken und versuchen, die schwere Steuerbelastung, die unser Volt trotz seiner Armut tragen muß, so gerecht und so wenig wirtschaftshemmend wie möglich zu verteilen und dadurch so leicht wie möglich zu machen. Die heute anges fündigten Schritte der Reichsregierung aber mußten sofort unter. nommen werden, wurden auch von der Wirtschaft lebhaft ersehnt. Go ungeheuer schwer die Lasten des Londoner Abkommens auch sind und so beharrlich und ernst wir auch fortgesetzt daran arbeiten müssen, die Durchführung des Sachverständigengutachtens für uns tragbar zu gestalten, so wollen wir doch ohne Zögern unsere volle Kraft an den Wiederaufbau Deutschlands und damit Europas sezen."

China gegen Großmächte- Intervention. New York , 13. September. ( Kabeldienst der Telunion.) Das chinesische& abinett hielt heute eine Stabinettssigung ab, in welcher es fich eingehend mit einer möglichen Intervention der Großmächte befaßte. Es wurde der Beschluß gefaßt, jede Einmischung. anderer Mächte in die Vorgänge in China aufs entschiedenste ab­zulehnen. Desgleichen wurde die Einberufung einer inter­nationalen China - Konferenz abgelehnt. Falls eine solche zusammentreten sollte, wird sie von der Regierung Chinas aufs schärfste bekämpft werden. Die nationale Bewegung im Lande hat dauernd an Umfang zugenommen. Es schließen sich immer neue Provinzen der Erhebung an. Die Gouverneure verschiedener Pro­vingen haben in den Bürgerkrieg affiv eingegriffen.

Nach der Ermordung Cafalinis. Faschistische Repressalien.

Rom , 13. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die Ermordung des fafchiffischen Abgeordneten Casalini hat eine Berschärfung der italienischen Krise ausgelöst. Die Jaschisten üben in der Pro­vinz Bergeltung. In Mailand haben sie die sozialistischen Bureaus und die sozialistische Zeitung Giustizia stürmt und dann verbrannt.

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Es ist erfreulich, daß Genosse Leinert hier endlich selbst das Wort nimmt, um die Deffentlichkeit über seine wirklichen An­fichten und Absichten aufzuklären. Wenn er das rechtzeitig, und zwar sofort nach Abschluß des Vertrages", im Han­noverschen Parteiorgan getan hätte, würde er sich selbst und der Partei eine überaus peinliche Situation erspart haben. Wahr scheinlich ist ihm die Tragweite seiner Entschlüsse nicht recht zum Bewußtsein gekommen, sonst hätte er sicher wenigstens einige vertraute Freunde unter den Parteigenoffen ins Ber­trauen gezogen. So aber ist er nach Gleiwiß zum Städtetag gefahren und während dieser Zeit hat ihm der örtliche Partei­vorstand schärfste Mißbilligung ausgesprochen, ein Beschluß, der dem in den nächsten Tagen zusammentretenden Großen Ausschuß der dortigen Parteiorganisation zur Nachprüfung gen aus Washington besagen, daß in der letzten Zeit zwischen dem unterliegt.

Luther über den Preisabbau.

Für zähe, mühsame Wiederaufbauarbeit- keine Illufionen. Berlin , 13. September. ( WTB.) Der Reichsfinanzminifter Dr. Luther gewährte einem Vertreter des MTB. eine Unter­redung über die Preisabbauottion. Die Unterredung ver­lief wie folgt:

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Frage: Welche Wirkungen versprechen Sie sich, Herr Reichs miniſter, von den heute morgen angekündigten Maßnahmen zur Erleichterung des Wirtschaftslebens?" Reichsminister: Darauf muß ich Ihnen zunächst ant­worten, daß ich mir

feine Wunderwirkungen

verspreche. Die Zeit der Illusionen ist vorbei. Jest muß die ähe, mühsame Wiederaufbauarbeit beginnen. Diese Wiederaufbauarbeit wird zweifellos allmählich Früchte tragen, und zwar dauerhafte Früchte. Die Leute freilich, die zu meiner schienen, nach Annahme der Gefeße über das Londoner Abkommen werde bei uns sozusagen über Nacht ein riesiger wirtschaftlicher Aufschwung einfegen, weren ebenso große Illusionisten, wie die anderen, die glaubten, wir hätten unser Leben als Wirtschaft und Volk aufrecht erhalten können, wenn wir das Londoner Abkommen ablehnten." Frage: Sind die Voraussetzungen für den allmählichen Wiederaufbau nicht aber schon durch die Mart stabilisierung im vorigen Herbst geschaffer worden?"

Reichsminister: Sa und nein! Ohne die Maßnahmen des vorigen Herbstes und Winters, also besonders ohne die Schaf fung der Rentenmart und ohne die harten finanzpolitischen Eingriffe durch Steuererhöhungen und Ausgaben- Drosselungen würde heute für den Wiederaufbau jede Grundlage fehlen. All das aber waren totmaßnahmen Deutschlands mit den letzten Resten feiner eigenen Kraft, die durch den Ruhreinbruch an der wichtigsten Stelle

Die interalliierten Schulden. Ein amerikanischer Vorschlag an Frankreich . Paris , 13. September. ( Eigener Drahtbericht.) Pressemeldun Mitglied der amerikanischen Schuldenkommission Eduard Hurley und französischen Amtsstellen gelegentlich einer Reise Hurleys nach Frankreich Verhandlungen über die Frage der Konsolidierung und Rückzahlung der französischen Schulden an Amerita stattgefunden haben. Hurley hat in dieser Frage einen Plan aus­gearbeitet und diesen nach seiner Rückkehr dem amerikanischen Schabfefretär Mellon und Hoover zur Prüfung vorgelegt. Dieser Plan sieht eine Rückzahlung der französischen Schuld in 63 bis 67 Jahren nach einem fünfjährigen vollkommenen Mora­abgesehen von den Zinssummen, wird mit 3 300 000 000 Dollar an­terium voraus. Die Gesamthöhe der französischen Rückzahlungen, gegeben. Die Berzinsung nach dem Hurleyschen Plan soll 2% Proz. betragen, die Jahreszahlungen für die Rückzahlungen, die nach fünf Jahren einsehen würden, werden in dem Hurlenschen Plan nach zwei verschiedenen Formen ins Auge gefaßt: Entweder feste Jahreszahlung von 100 millionen Dollar oder steigende Jahres­zahlungen, wobei nach dem zwanzigsten Jahre die Summe von 100 Millionen Dollar überschritten werden würde. " Temps" mitteilt, sieht der gleiche Plan voraus, daß die Ver. einigten Staaten evil. die Hälfte der franzöfifchen Jahreszahlungen, d. h. 50 Millionen Dollar jährlich, in Bons für die französische Industrie verwerten würden, die eine Elettrifizierung der französischen und belgischen Eisenbahnen ermöglichen sollen.

Wie der

Großer Diplomatenschub in Frankreich .

Paris , 13. September. ( WTB.) Wie Matin" ankündigt, wird sich die Veränderung in den diplomatischen Posten, die in nächster Beit vor sich gehen sollen, auf die Posten von Berlin , London , Rom , Madrid , Brüssel und Konstantinopel beziehen. An Stelle Peretti della Roccas, der, wie bereits gemeldet, Nachfolger Barrères in Rom werden soll, wird der Unter­direttor am Quai d'Orsay Laroche Ministerialdirektor am Quai d'Orsay werden.