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Ist von der einen Seit« t e i l w e i s« geleistet worden, so tonn die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden als die Ver- Weigerung nach den Uinständen, insbesondere wegen Verhältnis- mäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Tei- l e s gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung will mir indessen Zweifelhaft erscheinen. Denn unter den Neinsagern war Herr Hergt selbst. Die Bescheidenheit dieses hervorragenden Mannes ist bekannt. Man sagt, sie sei der Grund, weshalb er sich unter seinen außer in Revolutionszeiten sehr anmaßen- den Freunden nur geringer Beliebtheit erfreut. Und hier geht sie in der Tat zu weit.'Ein Teil der Fraktion, dem Herr Hergt angehört hat, darf unter keinen Umständen als ver- hältnismäßig geringfügig, also als geringwertig bezeichnet werden. Verstößt das Abkommen gegen die guten Sitten? Un- leugbar wird man bei seiner Lektüre sofort daran erinnert, daß das Bürgerliche Gesetzbuch es abgelehnt hat, die Gültig- keit der Provisionsanfprüche der Heiratsver- mi t t l e r anzuerkennen, weil sie ihm unsittlich erschienen. Es wäre schmerzlich, wenn die juristische Objektivität zur Be- jahung der aufgeworfenen Frage nötigen würde. Man ver- gegenwärtige sich nur, welchen erhabenen Zwecken der Ver- trag dienen soll. Hergt, Graf Westarp, Tirpitz sollen Minister werden, und Siresemann soll es ewig bleiben.Blüh' im Glänze dieses Glückes!" würde man dem deutschen   Volke nach der Erreichung dieses Zieles der hohen vertragschließen- den Teile zurufen können. Herr Hergt, der durch die Un- trüglichkeit seiner Kriegsprophezeiungen jede mit ihm konkurrierende Wahrsagerin, ganz gleich, ob sie die Zukunft aus den Karten oder aus Kaffeegrund las, zur Verzweiflung gebracht hat, Herr Graf Westarp  , der seine hohe siaats- inännifche Begabimg während des Krieges durch die Bekun- dung seines Herzenswunsches bewiesen hat, daß Oesterreich einen Sonderfrieden schließen möge, damit Deutschland   von der Notwendigkeit befreit werde, auf den Bundesgenossen Rücksicht zu nehmen, und der dann in den Revolutionstagen sich als das Urbild deutscher   Tapferkeit gezeigt hat. m der Reichsregierung I Wie rasch würde dann alle Not vorüber sein! Und wie würde es im Gebälk der Entente krachen, wenn Herr Tirpitz feine staatsmännische Tätigkeit wieder auf- nehmen könnte! Vor allem aber: Stresemann   soll uns durch die Versöhnung mit den Deutschnationalen erhalten bleiben! Die überragende Bedeutung dieses Mannes wird in Deutschland  immer noch nicht genügend gewürdigt. Ein französisches ' Sprichwort sagt, daß nur die Dummköpfe niemals ihre An- ficht wechseln. Wenn hieraus im Wege des..rx-umentum * oäwtrario(der Folgerung aus dem Gegenteil) zu schließen ist, daß häufiger Gesinnungswechsel das Kennzeichen großer Klugheit ist, so muß Herr Stresemann   genial sein. Während der Kriegszeit war er begeisterter Annexionist und Vater- landsparteiler. Seine nationalsoziale Vergangenheit hatte er völlig vergessen. Nach dem Zusammenbruch suchte er seine, die Nationalliberale Partei  , mit der Fortschrittlichen Volkspartei   zu einer großen Demokratischen Partei zu- sammenzuschweiße». Bei den Gründungsverhandlungen er- klärte er bescheiden, er sehe ein, daß er vielzu sehr kom- p r o m i t t i e r t sei, um in der neuen Partei schon in den ersten Jahren eine führende Rolle spielen zu können. Nur estie sichere Kandidatur erbat er für sich. Dagegen erhob der verstorbene Max Weber   mit Erfolg Widerspruch, und so kam e< daß Herr Stresemann nicht Demokrat wurde, sondern die Deutsche Volkspartei   gründete. Seine Abkehr von der Demo- kratie war so vollständig, daß er der jungen Republik   das Budget verweigerte und die Weimarer Verfassung   ablehnte. Selbstverständlich war er auch wütender Gegner der Erfllllungspolitik. Nach einigen Jahren aber er- kannte er, daß ein besiegtes Volk, das sich von Ketten befreien will, den Weg der Erfüllung beschreiten muß und wurde der Kanzler des Kabinetts der Großen Koalition. Als die sozial- demokratischen Mitglieder seines Ministeriums dieses ver- ließen, versicherte ihnen Herr Stresemann, daß er dem Ge-
danken der Großen Koalition treu bleibe.Ich würde gewissenlos handeln, wenn ich mich dazu hergäbe, den Bürgerblock zu förder n", rief er pathetisch aus. Und auch an der Erfüllungsbereitschaft und der Fortsetzung der Versuche, zu einer Verständigung mit dem damals noch poincaristifchen Frankreich   zu gelangen, hielt er fest. Seine deutschnationalen Freunde von heute würden staunen, wenn sie wüßten, wie weit Herr Stresemann hierin gegangen ist. Wenige Monate später schloß er seinen Pakt mit den Deutschnationalen, der zum Bürgerblock führen soll. Herr Stresemann weiß genau, daß der Londoner   Vertrag durch ein Kabinett mit deutfchnationalem Einschlag sabotiert werden würde, er weiß, daß ein solches Kabinett die Politik der Be- freiung durch Erfüllung, die er bisher für richtig hielt, weder führen kann noch will. Gleichwohl hält er den Deutschnatio- nalest den Steigbügel. Als guter Christ vergißt er dqbei, daß einer ihrer Führer vor kurzem ihm den hanebüchenen Vorwurf gemacht hat, er lasse sich bei seinem volitischen Han- deln von der Rücksicht auf den Geldbeutel seines jüdischen Schwiegervaters leiten, und daß die Deutschnationale Partei den Verleumder, der ihm die persönliche Ehre zu rauben suchte, mit einem Reichstagsmandat belohnt hat. Wer wollte also leugnen, daß das Heil Deutschlands   es erfordert, daß neben Hergt, Westarp und Tirpitz auch Strese- mann, dieser bisher noch jeder seiner wechselnden Ueberzeu- gungen treu gebliebene Mann, als Reichsminister wirkt! Und doch darf der Jurist sich bei seinem Urteilsspruch über den Pakt Stresemann-Hergt von den glänzenden politischen Aus- sichten nicht blenden lassen, die die Erfüllung dieses Paktes eröffnen würde. Der Vertrag verstößt, ich sage es mit Kummer, gegen die guten Sitten. Nicht die Konsequenzen, sondern der Inhalt eines Vertrages find für die Frage maßgebend, ob er mit der Sittlichkeit vereinbar ist. Das Abkommen vom 29. August legt den Deutschnationalen nicht die Verpflichtung auf, in Zukunft Erfüllungspolitik zu treiben. Sie dürfen sie nach wie vor bekämpfen, sie dürfen sie sogar unmöglich machen. Die einzige Leistung, die sie zu übernehmen hatten, war, daß sie zur Sicherung der ver- fassungsmäßig nötigen Zweidrittelmehrheit 49 Abgeordnete abkommandierten, die sämtlich Gegner des Eisenbahngesetzes waren, aber für dasselbe stimmten gegen das Versprechen. einigen ihrer Führer Ministerportefeuilles anzuvertrauen. Wahrlich, die Verträge, durch die einst deutsche   Fürsten   ihre Lande skinder als Sol- daten an England verkauften, sind ein Muster von Sittlichkeit gegen diesen Patt, für den es im Strafgesetzbuch sicher nur deshalb an einer Strafbestimmung fehlt, weil die Phantasie des Gesetzgebers nicht dazu ausgereicht hat, an die Möglichkeit eines solchen Vertragsschlufses unter Parteiführern zu denken. Der Pqkt ist also nichtig. Man könnte auch daran denken, dem Anspruch der Herren Hergt und Graf Westarp auf Ernennung zu Ministern der Republik   den speziellen, den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches   im Abschnitt Bedingungen" entnommenen Einwand entgegenzustellen, daß sie selbst durch ihre Neinabstimmung gegen das Eisen- bahngefetz alles getan haben, um die Erfüllung der Bedin- gung, unter der der Bertrag geschlossen war, zu vereiteln. Gegen diesen Einwand würden sie aber schlagend replizieren, daß es ihrer Zustimmung zur Durchdringung des Gesetzes nicht bedurft habe, und daß sie anderenfalls gern das geringe Opfer ihrer Ueberzeugung gebracht haben würden. Die Deutsche   Bolkspartei würde also die Erfüllung des Paktes mit den Deutschnationalen aus guten Rechtsgründen verweigern können. Tatsächlich denkt sie ober nicht daran, den unsauberen Handel zu zerreißen. Sie ist von dem Wunsch erfüllt, in der Republik   die ehrenvolle Stellung wieder zu er- langen, die die Nationalliberale Partei   unter Bismarck be- hauptet hat. Der Kultus der Ahnen erfordert es ihrer An- ficht nach, daß auch sie, sich an die Wand drücken läßt. A jeder Mensch hat halt a Sehnsucht", heißt es bei Anzen- gruber.
Peter Purzel bei Sollmann& Co, von ihm selbst erzählt. Mitgeteilt von Carl Dantz  . Weil Vater bloß drei Tag« in der Woche arbeitet, und weil wir zu Hause mit Sechsen sind, und weil Mutter sagt, daß wir sonst ver- hungern müssen, habe ich«in Stelle angenommen. Drei Geschäft« standen den Morgen im Blatt. Aber bei Lahmann u. Sohn wollten sie keinen Schuljungen, und in der Hansa-Drogerie die scharfen und giftigen Sachen anfassen, das war nichts Genaues. Zuletzt habe ich bei Bollmmm u. Co. angenommen, wo ich Kaffee austragen soll. Herr Bollmann ist mächtig genau und streng«. Ich muß jeden Nach- mittag drei Stunden mit dem Tragkorb los, aber dafür soll ich auch einen ganzen Dollar die Woche verdienen. Ich habe auch Lust zum Austragen. Das ganze Haus riecht nach frischgebranntem Kaffee. Da habe ich gedacht, hier müssen Tante Sophie und Tante Anna nial her, da kriegen sie gleich das Schnacken und essen einen ganzen Topfkuchen dabei, auf. Mein Korb stand schon gepackt, und eine neu« Mütze lag dabei, daran steht: Trinkt Kaffee von Bollmann u. Co. Herr Bollmann sagte, ich muß sie scuber halten, damit die Leute es immer lesen können.' Wenn der Korb einmal zu schwer ist, soll ich mit dem Handwagen los. Diesmal konnte ich ihn noch eben tragen. Ich kriegte ein kleines Buch mit, darin steht die Kundschaft und wo sie wohnt. Es war heiß, und mir ist der Schweiß nur so vom Gesicht her- untergelaufen. Ich habe aber gedacht, in jedem neuen Haus« wird der Korb leichter. Wie schon ungefähr 20 Tüten raus waren, hat eine Frau den Korb aufgehoben und gesagt: Jung«, das ist ja eisie Last für einen Erwachsenen! Was die wohl denkt, als ob ich leine Muskeh, hätte! Beim LichtspielhausNordstern" habe ich mich«st mal ver- schnauft und das Programm gelesen. Wenn man Geld verdiant, kann man doch auch mal ins Kino gehen. Da kam gerade Hermann Frccfe heraus Er ist Radfahrer für denNordstern" und bringt immer die abgelausenen Filmrollen nach den anderen Theatern. Er hat eine rotlackierte Mütze mit einem Stern darauf und spielt sich mächtig damit auf. Du mit deiner Kaffeemütze, sagte er gleich zu mir, und warum ich auf dem Saumstein sitze. Bullenhitze, sagte ich, und dann die Schleppereil Hitze? sagte er, das ist noch gar nichts. Das»ist nur der Vorbot« von der großen 5)itzwelle, die gerade über New Vork steht. Im Film haben wir sie schon. Er spricht gerade so, wie es auf den Anschlagzetteln steht. Heb' den Rucksack nial auf, sagte er, SZO Meter ungelogen. 13 Pferde kriegen den Hitzschlag, und ein« ganze Familie muß mit dem Krankenwag:n weggeschafft werden. Mach' dir'n Bild! Das Haus ist jeden Tag voll. Wie ist es mit'ner Freikarte, Hermann?
Bloß nachmittags, Peter, abends geben wir keine Kinderkarten aus. Dann hängte er seine Hitzwell« wieder um und fuhr los. Er tut immer so, als gehört.« mit zur Firma. Dabei kriegt er ober auch bloß 2v M. den Monat. Biellsicht fange ich aber auch noch mal beim Nordstern" an. Bei einer Herrschaft in der Graf-Moltke-Stroße traf ich Minna Thieß. Sie ist da in der Küche, und sie gab mir heimlich ein Glas Portwein und ein Stück Kuchen. Sie hatten den Tag große Gesell- schaft, sagt« sie, wohl dreißig Personen. Da kam auch Minnas Mutter und zwei andere Frauen, die brachten oll den Kuchen in die Küche zurück, der beim Kafseetrinten übriggeblieben war, vi« od« fünf Teller voll. Wenn man sich da doch mal richtig satt esien könnte! Ich mußte ab« gleich wieder raus, weil die Gnädige es nicht wissen durfte, daß ich was gekriegt habe, sagte Minna. Warum sie wohl bloß imnr« dieGnädige" sagen? Die langen Straßen in dein vornehmen Viertel wurden mir zuletzt langweilig. Man muß etwas zum Lesen bei sich haben. Lesen und Austragen geht fein zusammen. Hermann Freese kann beim Radfahren lesen und umschlagen. Er ist noch nie zusammengestoßen, sagt er. Ich will mit ihm Bücher tauschen. Solche Indianergeschichten kriegt man jeden Nachmittag drei durch. Am Kleinen Markt traf ich Klaus Rüte. Er hat fem« Stelle wieder aufgegeben. Wegen Ausbeutung, sagt er. Er hat mir ober den guten Rat gegeben, den Chef nicht�u verwöhnen. Ich soll ruhig «ine halbe Stunde hier auf der Bank sitzen bleiben. Wenn ich vor Sieben zurück bin,. muß ich ja hinterher gleich wieder los. Da haben wir zusammen gesessen und hoben gezählt, wieviele Brautpaar« sich am Kleinen Markt treffen. Es waren siebzehn in der halben Stunde. Klaus Rüte sagte, er will sich hi« auch treffen mit seiner Braut, wenn er aus d« Schule ist: er hat schon eine. Wie ich ins Geschäft zurückkam, sagte Herr Bollmann gleich, daß ich gebummelt habe. Ein Austräg«, der 4,20 M. verdient, muß ganz anders springen. Ich war aber totmüde und bin ganz langsam nach Haus« gegangen. Mutter sagt« die Arbeit ist zu schw« für mich, und Bater will es auch nur, solange er bloß drei Tage arbeitet. Man lernt bloß Dumml)eiten, und es macht kaputt, sagt er. Ich glaube,«s kommt vom Wein. Nachts habe ich vom Austragen geträumt. Ich habe einen leeren Korb mitgekriegt, und in jedem Haus« haben sie mir ein« Tüte hin- eingelegt, immer mehr, b« d« Korb übervoll war und ich zusammen- gebrochen bin. Am Morgen war ich aber wied« konizfidel. Ich freue niich schon auf Sonnabend, dann gibt es Geld. Dann komme ich nach Haust wie «in Arbeitsmann, werfe meine Geldscheine stolz auf den Tisch und sage: Hier, Mudder, hcst du den Arbeitslohn! Nimm man alles hen und schaff an, wat du kannst, dat de Kinner wat in de Knoten kriegt!
Joseph Cewlmch, der bekannte Berlwer Musikfchriftfteler, ist im LS. Lebensjahr an einem Schlagansall gestorben.
Es war nichts! Alles einig! Keine Krise! MTB. meldet offiziös: In Erörterungen der Presse ist in der letzten Zeit wiederholt von Gegensätzen zwischen dem Reichskanzler Marx und dem Außenminister Dr. Stresemann gesprochen worden. Gegenüber diesen Behauptungen sind wir zu der Erklärung ermächtigt, daß beiden Persönlichkeiten von diesen Gegensätzen nichts bekannt ist. Di« von dem Außenminister stinerzeit mit den Führern der deutschnationolen Opposition geführten Verhandlungen wegen der Erklärung über die Kriegsschuld sind im Einverständnis mil dem Reichskanzler und dem Kabinett erfolgt. Di« heute sogleich nach der Rückkehr des Reichskanzlers erfolgt« Aussprache hat erneut ergeben, daß über die Gesamtpolitik sowie besonders in den Fragen der Notifizierung der Kriegsschuld und des Eintritts in den Völkerbund keinerlei M e i n u n g s o« r s ch i e de n» heil zwischen Reichskanzler und Außenminister besteht oder be- standen hat. In späterer Stunde meldet dasselbe Bureau: Am Schluß der heutigen Kabtnettssitzung fand eine Besprechung der außenpolitischen Lag« statt, die in der Sitzung vom 23. September ausführlich behandelt werden soll. Die vorläufige Aussprache, welche auch die beiden Fragen der deutschen   Kriegsschuldbelastung und des Völkerbundes betraf, ergab«in« vollkommene Uebereinstimmung der Anschauungen des Kabinetts. Die Nachricht von Meinungsverschiedenheiten im Kabinett und einer bevorstehenden Krise entsprang also nur der ab- gründigen Bosheit desVorwärts". Auch zwischen den Er- klärungen des Herrn Stresemann vom Freitag und denen des anderen Herrn Stresemann vom Sonnabend besteht volle Uebereinstimmung, wovon sich jeder überzeugen kann, der die beiden Texte nebeneinander hält, Die Rechtspresse hat denVorwärts" derKrisenmacherei" beschuldigt, zeigt sich aber jetzt, wo die Krise infolge des Rückzugs des Herrn Stresemann anscheinend doch vertagt ist, lebhaft enttäuscht. So schreibt derTag" in seiner Nacht- ausgäbe u. a. das folgende: Ueber Ber Handlungen mit den Deutschnatio- n a l« n zur Erweiterung der Regierungskoalition ist in der heutigen Kabinettssitzung nicht gesprochen worden. Die Frag« bleibt offen, ob Dr. Stresemann und die übrigen Minister der Deutschen Bolkspartei mit einer Verzögerung der Regierungs. u m b i ld u n g einverstanden sind oder nicht. In parlamentarischen Kreisen, die der Deutschen Volkspartei   nahestehen, wird über diese Verzögerung lebhafles Bedauern geäußert. Die vielen bevor- stehenden Regierungsmaßnahmen, welch« tief in das Wirtschaftsleben eingreifen, bedürfen der Mitarbeit jener Kreise, die in der Deutschnationalen Voltspartei ihre parlamentarisch« Vertretung fwden. Lebhaftes Bedenken erzeugt die Berfchlepppung b«» Notifizierung der Kriegsschutderklärung. DerTag" ist schließlich sehr unzufrieden mit dem Reichs- tanzler, weil er Berlin   wieder verläßt, um erst am 22. Sep- tember zurückzukehren und schlägt vor Nachtigall, ich hör dir laufen! einstweilen den Vizekanzler Iorres mit weit­gehenden Vollmachten zu betrauen. Die Deutschnationalen haben nämlich ani 39. September Vertretertag. Ist bis dahin nichts passiert, Marx nicht abgs- halftert, die Notifizierung nicht erfolgt, kein Deutschnatio- naler züm Minister ernannt, dann ist für die urme Partei­leitung Mathäi am Letzten. Wie soll sie den Zorn der Myrml- donen beschwichtigen, wenn diese sagen können, die Partei habe für den Verrat vom 29. August nicht einmal den ausbeduuge- nen Lohn bekommen? Schon grollt es bedenklich in Thu- ringen, schon rüsten die Ganzen zur entscheidenden Feld- schlacht gegen die Halben. Dann aber wird auf Hergt. der sich so gern mit Luther   vergleicht, wie angegossen das Wort passen:Mönchlein. Mönchlein, du gehst einen schweren Gang!" » Das Reichstabinett befaßt« sich am Montag in einer Sitzung unter dem Vorsitz des Reichskanzlers mit der Besetzung der Berwal,
Chinesische Näuber-Solöaten. Die Wirren des chinesischen Bürgerkrieges, die jetzt wieder«in- mal die Welt beunruhigen, lassen die ganze Unsicherheit der dortigen Berhältniss« erkennen. Di« Truppen, die hier gegeneinander kämpfen, sind aus den fragwürdigsten Elementen zufammengewürielt und rekrutieren sich zum Teil aus den Räuberbanden, die sonst auf eigene Faust das Land durchziehen und Dörfer wie Städte plündern. Es gibt gor keinen scharfen Unterschied zwischen Soldaten und Räubern. Di« Soldaten werden, wenn st« keinen Sold erhalten was sehr häufig vorkommt zu Räubern, und die Räuber lasten sich als Soldaten anwerben, wenn ihnen unter der Führung eines mäch.igen und reichen Generals Gewinn und Beute winken. Wie diese Räuber- Soldaten im inneren Ehina Hausen, davon erzählt der Brief eiir-r in China   lebenden Engländerin, den«in Londoner   Blatte veröffentlicht: Die Räuber-Soldaten machen weit« Gebiet« des inneren China  unsicher." schreibt sie,und richten mit ihren Flinten und Maschinen- gewehren«l Schreckensregiment auf. durch das die ganze Dezirk« in Angst versetzten. Kürzlich wurde uns berichtet, daß eine große Schar solcher räubernden Soldatei, gegen unsere Stadt marschiere. und man riet uns zu fliehen, ganz gleich wohm. Da es aber schwierig ist. bei Nacht mit kleinen Kindern zu flüchten, wenn man 30 Kilometer von der Eisenbahn entfernt wohnt und nur auf von Kulis gezogenen Wagen reisen kann, so blieben wir da. Die Be- wohner der E'tfdt. blieben die ganze Nacht über mit ihren Laternen auf den Maliern, um dem Feind schon von fern anzuzeigen, daß sie zur Verteidigung bereit seien. Da unsere Stadt von hohen Mauern umgeben ist und die Räuber über kein« Artillerie verfügen, so hätten die Verteidiger eine lang« Zeit Widerstand leisten können. Glück­licherweise zogen die Soldaten 6 Kilometer entfernt an uns vorüber; aber drei kleinere Stäb!« in der Nachbarschaft wurden vollständig ausgeplündert. Die Bevölkerung erträgt diese räuberischen Angriffe mit großer Geduld, denn sie ist gleichgültig gegen das Schicksal und außerordentlich bedürfnislos. Man kann sich schwer vorstellen, wie wenig noch die Chinesen des Inneren von der westlichen Zivilisation berührt sind. Es gibt Taufende von Dörfern, zu denen überhaupt keine Straße führt. Die wenigsten der Landleute können lesen, noch weniger schreiben. Das einzig«, was sie auf der Welt interessiert, ist. ob ihnen der Acker den kärglichen Lebensunterhalt und. noch etwas Tee gewähren wird."
Ueber d»e Enfflehung des Reichsbahnadlers macht der Reichs- kunstwart Dr. R e d s l o b in der neuesten Nummer der Monats» ichriftGebrauchsgraphik".(Verlag Phönix G. m. b. H.. Berlin  ) interessante Mitteilungen. Er schildert die zahlreichen Entwicklungs- stadien, die der erste Entidurs von Oito I i r l« hat durchlaufen müssen, eh« er seine endgültige Fosiung erhielt. Redslcbs Schil- derung zeigt, mit welcher minutiösen Sorgfalt im Bereich des Reichs. kunstmarts gearbeitet wird' und wie fruchtbar sich die Zusammen- arbeit von Künstler und Auftraggeber gestallen kann, wenn de? letztere die notwendige umfassend« Sacch- und Personenkerntnis besitzt und ihm der gut« Will« und die Fähigkeit eignet, sich in die Eigenart des Künstlers einzufühlen. Der neue Adler ist jetzt auf allen Personenwagen der deutschen Reichsbahn zu sehen leider aus Sparsamkeitsrücksichten nicht in Messma, sondern durch Abziehbilder ausgeführt.»Was dtejer Adler redet"_ jcgt Redv-