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Str.440 41.Jahrgang Ausgabe A nr.

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Donnerstag, den 18. September 1924

Abgewiesen!

Die Deutschnationalen kriegen nichts.

Wie Betrunkene vor der verschlossenen Wirtshaustür stehen die Deutschnationalen an der Pforte zur Regierung und fordern brüllend Einlaß. Aber die Zeit", das volks­parteiliche Regierungsorgan, erklärt ihnen in Antwort an die Deutschnationale Korrespondenz" daß es vorläufig nichts gibt. Sie sagt:

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Die Zusage der Deutschen Volkspartei   geht von der Bereitschaft der Deutschnationalen aus, die Berantwortung für die Lon­ doner   Abmachungen mit zu übernehmen. Es ist ganz selbstverständ­doner Abmachungen mit zu übernehmen. Es ist ganz selbstverständ­lich, daß diese Uebernahme der Verantwortung nun auch die Grund­lage sein muß, auf der allein die Anteilnahme der Deutschnatio­lage sein muß, auf der allein die Anteilnahme der Deutschnatio­nalen an der Regierung zustande kommen tann. Mit der An­nahme der Londoner   Libmachung hat der Reichstag   und haben die Deutschnationalen selbst anerkannt, daß die Durchführung des Gut achtens nunmehr die Richtschnur unserer Politik sein soll. Die Deutschnationalen werden sich also zu diesem Kurs befennen müssen, wenn sie an der Regierung Anteil haben wollen. Ob es richtig ist, zu diesem Zweck die Parole auszugeben, den Londoner Batt, seine Unmöglichkeiten, seine unerträglichen Bestimmungen abzuändern, zu verbessern und zu revidieren", ist die Frage. Ueber diesen Punkt werden sich die Deutschnationalen noch mit voller Bestimmts heit äußern müssen. Es ist selbstverständlich, daß wir auch im Rahmen der Londoner   Abmachungen uns das Recht nicht neh­men lassen, für Milderungen und Abänderungen zu fämpfen, aber ebenso felbstverständlich ist es auch, daß eine Bar­tei, die an der Regierungsverantwortung teil. nehmen will, grundsäßlich diejenige Regierungs­politit anerkennen muß, die sich aus der unter zeichnung der Londoner   Abmachungen und der 3ustimmung des Reichstags von selbst ergibt. An einer solchen flaren Zustimmung haben es die Deutschnationalen als Gesamtpartei bisher fehlen lassen. Der Versuch, durch Drohungen einzuschüchtern, wird fehlschlagen."

Das Zentrumsblatt. die ,, Germania  ", bezweifelt die Ver­handlungsfähigkeit der Deutschnationalen Partei und schreibt: Statt der fürchterlichen Drohungen, neue Männer der schärf­sten Opposition" an die Spike zu stellen, möge uns die korrefpon­denz der Deutschnationalen Volkspartei   zunächst einmal fagen, welchen Einfluß heute noch die alten Männer" auf die eigene Partei haben und welche Garantie fie bieten fönnen für Ab­machungen, die man gegebenenfalls mit ihnen eingeht.

Die Situation, die aus diesen Absagen für die Deutsch­nationale Partei entsteht, ist um so peinlicher, als diese ihren Anhängern gestern noch in der ,, Deutschnationalen Korrespon­denz" versicherte:

Aus Erklärungen der Deutschen Volkspartei   und des Zentrums entnehmen wir aber auch die Berechtigung für die Ueber zeugung, daß auch bei diesen Parteien, wie bei der Reichsregie. rung selbst nicht nur die Erkenntnis von der Notwendigkeit unserer Beteiligung an der Verantwortung, sondern auch der feste Wille dazu bestehen.

Die Industrieobligationenbank. Wahl des Verwaltungsrats.

Baris, 17. September.  ( WTB.) In der gestrigen Sitzung der Reparationsfommission sind zu Mitgliedern des Ber. waltungsrats der Bank für die deutschen Industries obligationen ernannt worden der französische   Staatsangehörige de Benster und der belgische Staatsangehörige Frerichs, die beide bis jetzt dem Finanzdienst der Reparationsfommission ange= hörten, sowie der englische   Staatsangehörige Dudly Ward. Der Agent der Reparationstommiffion Owen Young.   der Kommissar für die zu Reparationszweden vorbehaltenen Einnahmen Mac Fadyean, der Treuhänder für die Eisenbahnobligationen De I acroig und der Treuhänder für die Industrieobligationen No gara hatten heute, wie" Temps" meldet, mit dem noch nicht offiziell ernannten Kommissar für die Reichsemiffionsbank Brujns( Hoi land) und dem Kommissar für die Reichseisenbahngesellschaft es Dervel( Frankreich  ) eine neue Konferenz abgehalten. Sie haben sich mit Organisationsfragen beschäftigt und den Belgier Denys, der bis jetzt im Generalfefretariat der Reparationskommission be­schäftigt war, zum Generalsekretär bei dem Agenten für die Re: parationszahlungen, Owen Young  , ernannt. Denys reist heute noch

nach Berlin   ab.

Paris  , 17. September.  ( WTB.) Nach dem New York Herald  " hat Owen Young   von der Reparationsfommission gefordert, daß das Personal der verschiedenen vorgesehenen Kommisstonen auf den geringsten Umfang beschränkt werde. Er erklärte, diefe Maßnahme empfehle sich nicht nur aus Sparsamkeitsgründen, son­dern auch weil dadurch die Riebungsmöglichkeiten eingeschränkt

werden könnten.

Inzwischen wird klar, daß die deutschnationale Partei­leitung in eine Falle gegangen ist. Sie wollte die ande­ren betrügen und ist nun selber die Betrogene. Sie hat nichts erreicht als den Zusammenbruch der von ihr mit tölpelhafter Ungeschicklichkeit geführten Partei.

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Jswolfky Poincaré- Wilhelm.

Wie sie einander halfen.

Bon einem russischen Gelehrten, der sich mit dem Studium der Aften zur Kriegsschuldfrage eingehend befaßt hat, wird uns geschrieben:

Wie zutreffend es auch sein mag, daß die missenschaftliche Erforschung der Kriegsursachen heute noch nicht abgeschlossen ist, so fönnen doch schon jetzt, auf Grund des vorhandenen zu verlässigen Materials einige unbestreitbare Feststellungen ge­macht werden, die für eine richtige Stellung der Frage der Was wird die Deutschnationale Partei nun tun? Sie Kriegsschuld von wesentlicher Bedeutung sind. So fann gegen­wird zur kommunistischen   Methode der Abfägung ganzer wärtig fein objektiver Geschichtsforscher von der ausschließ­Führergarnituren schreiten müssen und sich zur völkisch en lichen Verantwortlichkeit einer Regierung, einer Gruppe Dittatur" bekennen. Es bleibt nur die Frage, ob gerade non politischen Führern sprechen. Andererseits jedoch kann die Partei, die in der eigenen Führerwahl ein so eine bestimmte Schuld" gewisser Personen und Gruppen be­beklagenswertes Mißgeschick erfahren hat, aus ihrem Schos reits als festgestellt gelten. Soweit speziell Rußland   und Frank­den Diktator gebären wird, der Deutschland   zu neuen Siegen reich in Betracht kommen, sind die vom russischen Außenfom= führt. Daß Herr Hergt dieser Diktator nicht ist, hat man bei missariat veröffentlichten geheimen Berichte der russischen Bot­den Deutschnationalen eingesehen. Tirpit und der Bismarck- schaft in Paris   ohne Zweifel sehr belastend sowohl für Boin­Enkel sind als Jasager" tompromittiert. caré und seine Freunde wie für die leitenden Kreise in Peters­Es wird nichts anderes übrig bleiben, als den Posten burg  ( obwohl die Art und Weise, wie diese Berichte, bruchstück­auszuschreiben!

Der Fall Stresemann- Parmoor. Eine neue Erklärung der Reichsregierung. Auf die von uns im gestrigen Abendblatt wiedergegebene Genfer   Meldung des Sozialdemokratischen Parlaments­dienstes" wird amtlich folgendes erwidert:

99

ガラ

weise aus dem Zusammenhang gerissen, in der deutschen  Presse ausgeschlachtet wurden, nicht nur den elementarsten Forderungen der wissenschaftlichen Objektivität Hohn spricht, sondern auch ein völlig schiefes Bild der wirklichen Rolle Boin­carés und Iswolffys geliefert hat). Aber gerade in diesem Falle zeigt sich mit besonderer Deutlichkeit, welch ein unge­heurer Anteil an Schuld auf jene deutschen   Kreise fällt, die jetzt mit einer faum zu überbietenden Heuchelei den Kampf gegen die Kriegsschuldlüge" fordern. Wer die oben erwähn ten Berichte, die in einem umfangreichen Sammelwert unter dem Titel Materialien zur Geschichte der franto- russischen Be­ständig fennt, wird feinen Zweifel darüber hegen fönnen, daß die Politit Poincarés und Iswolffys ohne Unterstügung Wilhelms II. und der deutschen   Nationalisten nie den Erfolg gehabt hätte, den sie erzielt hat.

Der Sozialdemokratische Parlamentsdienst veröffentlicht eine neue Erklärung Cord Parmoors, wonach Lord Parmoor am 10. August in feinem Candhause mit den deutschen   Delegierten, dem Botschafter Sthamer und Herrn Murray eine private Ausziehungen 1910-1914" in Moskau   erschienen find, voll= sprache über den Bölkerbund und die Bedingungen für Deutschlands  Eintritt gehabt habe. Gegenüber dieser Darlegung des Sozial­demokratischen Parlamentsdienstes" ftellen wir fest, daß unsere gestrige Veröffentlichung auf Grund der ein mütigen Er­klärungen des Reichstanzlers, des Reichsaußen­ministers und des Reichsfinanzministers gegeben wor­den ift. Keinem der Herren, die am 10. August be Lord Parmoor waren, ist von einer Unterhaltung über den Eintritt Deutschlands   in fchen Delegierten bereits am Abend des 11. August in London  den Bölkerbund etwas bekannt. 3m Gegenteil haben die deut­bei einer Aussprache ihrem Erstaunen darüber Ausdrud ge­geben, daß diese Frage von Parmoor nicht berührt worden ist. In einer Depesche, die am Abend des 11. Auguft an das Auswärtige Amt über die Londoner   Verhandlungen abgegangen ist, iff befonders ist betont worden, daß die Frage des Völkerbundes bei der Zusammen­funft mit Lord Parmoor nicht erwähnt worden ist.

tung.

Es steht also nach wie vor Behauptung gegen Behaup­

Genf, 17. September.  ( Eigener Drahtbericht.) In Völker bundsfreisen fommentiert man lebhaft die Etresemann Affäre. Die Schweizer   Presse beschäftigt sich eingehend mit der Angelegenheit. Allgemein herrscht die Ansicht vor, daß Strese­manns politische Glaubwürdigkeit schweren Schaden genommen hat. Man erwartet politische Konsequenzen daraus.

Die Rückkehr der Ausgewiesenen. Ueber die Rückkehr der Ausgewiesenen ins besetzte Gebiet erhält die TU. folgende zusammenfassende Darstellung:

Als die russische   Diplomatie in den Jahren 1910/11 bei ihrer neu einsehenden Attivität in der Ballanpolitik immer mehr mit der Möglichkeit eines afuten Ronfliktes mit Defter­reich- Ungarn rechnete, war sie feineswegs sicher, daß sie im ausreichende Unterstügung finden würde. Die russischen Diplo­kritischen Augenblick bei ihrem französischen Verbündeten eine maten stellten voll Besorgnis die zunehmende Frie­den sliebe Frankreichs   fest, das durch den Geist der Demokratie und des Pazifismus bemoralisiert" worden sei. Die Aufgabe des zum russischen Botschafter in Paris   ernann ten Is wolffy bestand mun darin, fich trotz der friedens­freundlichen Stimmung der Mehrheit des französischen   Volkes die volle Unterstüßung Frankreichs   zu sichern. Hier fand Iswolsky   den willigen Beistand Poincarés. Aber die Schwierigkeiten, die er in der französischen öffentlichen Mei­nung zu überwinden hatte, waren groß und ohne deutsche Hilfe unüberwindlich. Wie Iswolfky in seinem Ge­heimbericht an Ssafonom vom 5. Dezember 1912 schrieb, be­merkte Poincaré   in einem Gespräch mit ihm u. a.,

... que l'opinion en France etait profondement pacifique ( daß die öffentliche Meinung in Frankreich   in ihrem Kern pazifistisch sei) und daß er dies stets im Auge behalten müsse. Um so mehr müssen wir, wie mir scheint, ihm seine feste Entschlossenheit als Ver­dienst anrechnen, sobald es notwendig sein sollte, in der loyalften Weise feine Bündnispflichten zu erfüllen".( Materialien G. 308.) Als Poincaré  , der damals noch Ministerpräsident war, im Sommer 1912 Rußland besuchte, schrieb der Vertreter Iswolffys, Sewastopulo, in feinem Bericht vom 16. August aus Paris  :

" Der allgemeine Lon der Presse ist sehr ruhig und legt Zeugnis ab von der außerordentlich friedliebenden Stim. mung des Landes. Indessen haben die tattlosen An griffe einiger deutscher   Zeitungen, ihre tendenz öje Auslegung der Reise des Herrn Poincaré   auf dem Sceweg usw. eine heftige Abwehr seitens der hiesigen Preffe gefunden, die in ein ge­wisses Extrem verfiel und Auszüge selbst aus solchen Zeitungen an­zuführen begann, die keine politische Bedeutung in Deutschland  haben."( Materialien S. 252.)

1. Altbesetztes Gebiet: 3m altbesezten Gebiet ist 1300 Privatpersonen und Beamten die Rückkehr ge= stattet worden. Die Beamten konnten sofort in ihre Aemter wieder eintreten. Weiteren 500 bis 600 Beamten ist die Rückkehr gestattet worden. Diese 500 bis 600 Beamten können aber erst wieder ihr Amt antreten nach Erfüllung der Ord. 29. Dies stellt jedoch nach Aussage der Rheinlandfommission nur eine Formalität dar. 2. Einbruchsgebiet: In der französischen   Zone des Ein bruchsgebietes ist sofort nach dem Amtsantritt Herriots allen Ausgewiesenen, außer den Schußpolizisten und 64 namentlich ge­nannten Beamten die Rückkehr gestattet worden. Neuerdings haben alle Beamte außer der Schupo und 6 namentlich aufgeschuf, daß ein Teil der französischen   Bresse  , ungeachtet der Es ist demnach flar, wer die Voraussetzungen dafür führten die Erlaubnis zur Rückkehr erhalten. Diese 6 Beamten, friedensfreundlichen Stimmung des Volkes, die öffentliche die nicht zurückkehren dürfen, find: Bürgermeister Schmidt, Meinung vergiften fonnte. Ohne entsprechende Unterstüßung Düsseldorf  , Regierungsrat Detzel, Düsseldorf  , Polizeipräsident von feiten der deutschen   Chauvinisten und Mili­Melcher, Effen, Stadtbaurat Diefenbach, Bochum  , Kriminal taristen hätten auch die Bestechungsgelder, die Iswolsty kommissar   Wahre, Herne  , Kriminalwachtmeister Sewenich, freigebig unter einem Teil der französischen   Presse ausstreute, Düsseldorf  . In der belgischen Zone steht über die Rückkehr der feinen Erfolg gehabt. Einen weiteren Hinweis auf diese Zu­ausgewiesenen Beamten eine entsprechende Regelung bevor. fammenhänge liefert ein Bericht Iswolffys über seine Unter­redung mit Jonnard. dem Außenminister im Kabinett Briand  , anläßlich der in der Kammer eingebrachten Vorlage über die Wiederherstellung der dreijährigen Dienstzeit. Iswolffy schreibt in seinem Bericht an Esasonow vom 13. März 1913:

Effen, 17. September.  ( WIB.) Wie wir erfahren, find die franzöfifchen Befagungstruppen aus Neviges   und Gruiten abgerückt. Zollbeamte und Gendarmerie haben angenberg verlaffen. Die militärische Räumung von Langenberg   ist auf un­bestimmte Zeit verschoben.

,, Unter dem Einfluß der Pazifisten( erklärte Jonnard) feien in Frankreich   eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt worden, so