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Die Durchführung der Amnestie.

Eine französische Mitteilung.

Paris , 19. September. ( Gigener Drahtbericht.) Offiziös wird mitgeteilt: Die im Londoner Schlußprotokoll vorgesehenen Gna­den und Amnestiemaßnahmen sind ordnungsgemäß von den französischen Besatzungsbehörden ausgeführt worden. Was die Wieder zulassung von Ausgewiesenen und die Wieder einfegung von Beamten in ihre Dienststellen anbelangt, so muß man unterscheiden zwischen den Beamten im Kölner und Duisburger bzw. Düsseldorfer Brüdenkopf. In dem Düsseldorfer Gebiet sind alle Bersonen, die feit dem 11. Januar 1923 ausgewiesen worden waren

nach einer augemeinen 25 prozentigen Tarifermäßi| ist jedoch, daß der Zusammenbruch der Tschefiangfront eine demo­gung. Sie verlangt die Schaffung von Seehafen ausnahme- ralisierende Wirkung auf die Front der mandschurischen Truppen tarifen, besonders für Kohlen zum Wasserumschlag, und eine haben muß. Wiedereinführung des Ausnahmetarifes für Schiffsbaueifen angeb­lich, um die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Industrie im Auslande zu ermöglichen. Ferner wird die Einrichtung eines selbständigen Wagenamies für den gesamten Industriebezirk sowie die Schaffung eines besonderen Sammelbedens für Spezialwagen, die Einlegung von Ferngüterzügen, Aenderung der Bedingungen der Fracht stundung u. a. gefordert.

Erleichterungen im Warenverkehr. und von den Gnadenmaßnahmen nach der Programmrede des Kabi- teilung der Interalliierten Rheinschiffahrtskommission besagt, daß die Dortmund , 19. September. ( Eigener Drahtbericht.) Eine Mit­netts Herriot nicht berührt wurden, am 6. September 1924 ermäch- Verfügung des Kommandierenden Generals, nach der die Ausfahrt tigt worden, in ihre Heimat zurückzukehren. Ausgenommen wurden sechs Persönlichkeiten. Diese Ausnahme erfolgte im Einvernehmen der Schlepper und des Leerrau ms nach Holland verboten war, in Auswirkung der Londoner Beschlüsse aufgehoben wor mit den deutschen Behörden. den ist. Es firdet fomit bei Emmerich feine unterschiedliche Behand­lung für beladene oder leere Fahrzeuge mehr statt.

In dem gleichen Gebiet sind alle Beamten und öffentlichen Angestellten, die entlassen oder dispensiert waren, vom 12. Septem­

ber 1924 ab mit Ausnahme der 6 Persönlichkeiten und 6 weiterer Beamten wieder eingefegt worden. Ein volles Einvernehmen ist hierüber zwischen den französischen Besagungsbehörden und der in Düsseldorf tätigen deutschen Delegation erzielt worden. Letztere hat den Dank der preußischen Regierung hierfür zum Ausdrud ge­bracht.

In den altbefehten Gebieten und des Rheinlandes ver­handelt gegenwärtig eine weitere deutsche Delegation, und zwar in Roblenz mit den interalliierten Besatzungsbehörden über die Biedereinsehung der Beamten und der Zurücknahme der Auswei­fungsbefehle. Diese Verhandlungen nehmen einen günstigen Verlauf. Was andererseits die Erledigung der Gerichtsverfahren und den Nachlaß von Strafen des gesamten alt besetzten Gebietes ( Rheinland und Ruhr) anbelangt, so ist am 12. September 760 auf freiem Fuß befindlichen Angeschuldigten die Einstellung der eingeleiteten Verfahren zugute gekommen und 145 Verurteilten oder in Untersuchungshaft Befindlichen ist Freilassung gewährt worden. Die Anwendung der gerichtlichen Amnestie nimmt jeden­falls einen normalen Verlauf. Die Reichsregierung hat den französischen Behörden ihren Dank für die Beschleuni gung zum Ausdruck gebracht, die bei der Anwendung dieser Maß­nahmen des Wohlwollens erwiesen wurde.

654 Ausweisungen zurückgenommen. Koblenz , 19. Sptember.( WIB.) Die in der Sigung vom 18. September von der Rheinlandtommiffion befchloffene Lifte über die Zurücdnahme von Ausweisungen, die 654 Na­men für die französische Zone enthält, wurde der deutschen Abord­nung übergeben. Die Verhandlungen zwischen den Dienststellen der Alliierten und den Vertretern der deutschen Regierung, auch 14züglich der Ausweifungsfrage, werden fortgesetzt. In Kürze werden noch weitere Erleichterungsmaßnahmen durch die Rhein­landkommission getroffen werden.

Vor dem Ende der Regie. Bochum , 19. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die bisherigen Berhandlungen zwischen den Vertretern der Regic und den Ver­tretern der Reich seisenbahn führten zu dem Ergebnis, daß die Uebergabe der Regiebahnen nicht unmittelbar an die neue Eisen­bahngesellschaft erfolgen wird, sondern zunächst an das sogenannte Organisationsfomitee. Dieses Organisationskomitee wird in Busammenarbeit mit der Regie und Reichsbahngesellschaft die Uebergabe der Regie Schritt für Schritt etappenweise vornehmen. Die Hevergabe soll in sechs Wochen vollendet sein. Die Industrie des besetzten Gebietes hat ihre Wünsche programmatisch zusammen gestellt und den beteiligten Reichsbahndirettionen sowie dem Reichs verkehrsministerium unterbreitet. Die Frage der Tarifermä Bigung ist besonders ausführlich behandelt. Die in Aussicht ge­nommene Frachtermäßigung um 10 Proz., der angeblich beabsichtigte 15prozentige Abbau in den Klassen I, II A bis D und ein 10 prozen­tiger Abbau in ben unteren Klassen werden als unzureichend be­zeichnet. Die rheinisch- westfälische Wirtschaft erhebt die Forderung

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Paris , 19. September. ( WTB.) Wie dem Journal" aus Mainz gemeldet wird, hat die belgische Regierung die Verminderung der die Stadt Wesel besezt haltenden Truppen angeordnet. Die Kontingente, die zurückgezogen werden, sollen an der deutsch­belgischen Grenze garnisoniert werden.

Das gleiche Blatt meldet, daß die französischen Truppen die Räumung des Flaschenhalses von Duisburg begonnen hätten.

Politischer Abbau.

Ein Zentrumsmann das Opfer. Dresden , 19. September. ( Eigener Drahtbericht.) Der Stadt Dresden , 19. September. ( Eigener Drahtbericht.) Der Stadt gemeinderat von Schirgis malde beschloß in einer stürmisch verlaufenen Sigung die Abberufung des Bürgermeisters Heßlein mit 7 gegen 6 Stimmen. Heßlein, der als Vorsitzender der neuen Christlichsozialen Partei eine wesentliche politische Rolle spielte, war bei der Ronfursaffäre in Schirgiswalde , in die die Girofasse mitver­wickelt war, auf Betreiben der Staatsanwaltschaft bereits vom Dienst suspendiert worden. Die Konkurssache benutzten die Gegner, um ihn endgültig aus dem Amte zu drängen. Nach der Abstimmung beantragten die Sozialdemokraten mit Rücksicht darauf, daß die Stadt Mittel habe, zwei Bürgermeister zu befolden, Beschaffung mit derselben Mehrheit von 7 zu 6 Stimmen abgelehnt. Es entstand von Kartoffeln für die Armen durch die Stadt. Dieser Antrag wurde infolgebessen eine derartige Unruhe, daß die Sitzung geschlossen werden mußte. Eine große Anzahl Einwohner zog vor die Wohnung des Bürgermeisters Heßlein, um ihm Sympathiekundgebungen zu bereiten. Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen erhält er noch vier Jahre sein volles Gehalt und weitere vier Jahre sein halbes

Gehalt.

Völkisches Gesindel.

Gefängnisstrafen für bayerischen Grenzschuh. München , 19. September. ( Eigener Drahtbericht.) Vor dem Schandtat des Bayerischen Grenzschuhes aus dem Herbst Schöffengericht in Bamberg wurde in diesei Tagen eine neue 1923 verhandelt. Wiederum hatten fich 15 Mitglieder des jung deutschen Regiments wegen Landfriedensbruch , schwerer Kör= perverlegung, Raub, Plünderung und Diebstahls unter erschwerenden Umständen zu verantworten, an ihrer Spike der 20jährige Bulkaniseur Göße aus Koburg . Nach der Auffor derung ihres Regimentsführers Johnsen, protestantischer Pfarrer und jebt völfischer Landtagsabgeordneter Holt. Euch Eure Sachen bei den Juden!" sammelte Göße am 3. November abends etwa 20 Mann der ihm unterstellten Leute und befahl ihnen einen Requi rierungszug in das Dorf Autenhausen, um die beiden jüdi­fchen Landwirte und Bichhändler Emanuel und Adolf Gut mann zu verbauen. Der Zug wurde in der Nacht ausgeführt, die Gutmanns und ihre Angehörigen aus den Betten geriffen und unter Vorhaltung von Pistolen zur Auslieferung ihres Geldes gezwungen. Die Räuber betamen etwa 80 Milliarden Papiermart, 200 m. Silbergeld, eine goldene Uhr und sonstige Wertfachen in die Hände. Die beiden Brüder Gutmann wurden auf die Straße geschleppt und dort mit Gummifnüppeln geschlagen, bis sie blutüberströmt lichen Worten für die Genehmigung zu danken. Sein Dant wäre und schwerverlegt zusammenbrachen. In der Nacht zum gewiß reservierter ausgefallen, wenn er die Begründung gelesen 7. November wurde der Raubzug noch einmal wiederholt. Dabei hätte, mit der Metternich Goethes Bittschrift beim Kaiser befür wurden, da die Wohnungen leer standen, sämtliche Kleider wortet hat. Es heißt in dieser Immediat- Eingabe Metternichs: Der und das Bettzeug gestohlen, ferner 2 Pferde, 2 Kühe, 1 Ochse Staatskanzler fáhlägt dem Souverän vor, Goethe das erbetene Pri- und eine Anzahl Federvieh. Dieser Raub wurde an das Regiment vilegium um so eher zu gewähren, als sich Preußen und andere abgeliefert. Beide Raubzüge standen unter dem Kommando des verbündete Staaten nach dieser Richtung bereits bemüht haben. Der Götze, der wegen Paßvergehens und Getreideschiebungen vorbe genannte Schriftsteller hat es verstanden, sich mit seinen Arbeiten, ftraft ist. Von seiner Mannschaft wurden 14 ausfindig gemacht, insbesondere auf dem Gebiet der Poesie, und feinen anderen lite- von denen ebenfalls mehrere ich were Borstrafen aufweisen. rarischen Erzeugniffen einen Ruf zu erwerben, den man füglich euro­Bei seiner Vernehmung gab Göße an, daß er immer schon völ= päisch nennen tarf. Als deutscher Dichter und Gelehrter nimmt er fisch eingestellt gewesen sei und eine urdeutsche Gesinnung in der literarischen Welt eine Vorzugsstellung ein, und die öffent habe. Daher auch sein Haß gegen die Juden. Im übrigen sei er liche Meirung hat sich bei dieser Gelegenheit und bei allen Parteien sehr nervös, besonders, wenn er unter Alkohol stehe, was am zu feinen Gunſten ausgesprochen. Demzufolge ist mit Gewißheit an- Abend des 3. Novembers der Fall gewefen fei. Der Angeklagte zunehmen, daß feine verbündete deutsche Regierung die Anerken­Bedmann gab an, daß in seinem Regiment auch der Prinz Leo­nung verjagen werde, und eine Verweigerung von feiten Defter pold von Roburg eingestellt gewesen sei. Bei dem Marsch nach reichs würde den denkbar schlechtesten Eindruck machen, so daß es an- Autenhausen habe er aus Angst mitgetan, da Göße zwei Leuten gezeigt erscheint, hier eine Ausnahme von der Regel zu machen. am Schluß des Zuges befohlen hatte, jeden niederzufchießen, der Im übrigen ist auch darauf hinzuweisen, daß die Arbeiten dieses zurückbleibe. Im Laufe der Verhandlung wurde verschiedene Male Schriftstellers, von denen sich gegenwärtig eine neue Ausgabe in die Deffentlichkeit ausgeschlossen, um, wie die Berteidiger verlangten, Borbereitung befindet, stets von der in den Staaten Eurer Majestät den national gesinnten Männern Gelegenheit zu geben, sich ohne eingesetzten Zensur unbeanstandet geblieben und für den öffentlichen Rücksicht auf die Sicherheit des Staates von der Antiage zu reini­Berkauf freigegeben worden sind. Auch wenn man zugeben will, gen. Das scheint ihnen aber nicht gelungen zu sein, denn Göße daß diese Erzeugniffe nicht einer literarischen wurde wegen eines Verbrechens des schweren Raubes in Tat­Gattung angehören, die ihre Verbreitung empeinheit mit Körperverlegung zu 3 Jahren Gefängnis ver. fehlenswert erscheinen läßt, so muß man sich doch ver- urteilt, fieben weitere Angeflagte wegen Beihilfe zu 2 bis gegenwärtigen, daß gerade diese unerwünschte Weiterverbreitung 9 Monaten, die übrigen Angeklagten freigesprochen gegen Sicher durch die Gewährung des erwähnten Privilegiums gegen den Neu- ftellung des Eigentums der Familie Gutmann. brud gehemmt werden wird, da der durch den Urheberschutz be­dingte höhere Preis der Bücher auf den Abfah hemmend wirken muß."

Der Kaiser ließ sich denn auch, nachdem die Zensur und die Polizei teine Einwendungen zu erheben hatten, durch die Gründe féines Ranglers bestimmen, das Privilegium zu gewähren.

Die Gemeinschaft Proletarischer Mufiffreunde veranstaltet am 21. d. M, nachmittags 4 Uhr, in der Philharmonie, Bernburger Straße, unter Zeitung von Jascha Horenstein ihr erstes Chorkonzert in der Saison 1924/25. Karten im Borverkauf sind zu haben bei Bothe u. Bod, Leipziger Straße, und A. Wertheim, Leipziger Straße und Königstraße.

Der Bürgerkrieg in China . Plötzliche Wendung zugunsten der Zentralregierung.

London , 19. September. ( Eigener Drahtbericht.) Auf dem süd lichen Schauplatz des chinesischen Bürgerkrieges ist eine plögliche Wendung zugunsten der für die Sache der Zentralregierung fämpfenden Klangfu- Truppen eingetreten. Die Tichefiang- Truppen, die noch vor zwei Tagen dem großen Generalangriff standhalten fonnten, durch den fie endgültig aus dem Gebiet von Schanghai ver­Die Juryfreie Kunstschau Berlin 1924 wird zur Zeit im staatlichen Landes- trieben werden sollten, find plöglich in hellen Haufen zum Gegner ausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhof vorbereitet. Reben ben zahlreichen übergelaufen, und damit war das Schicksal des füdlichen Kampfes Einsendungen aus Berlin werden diesmal junge, aufstrebende Künstler aus dem Reiche fowie. aus Desterreich, Holland , Italien und der Schweiz zahlentschieden. Der Militärgouverneur von Tschefiang ist geflüchtet. reich in der Ausstellung vertreten feint. Sunjatsen, der Präsident der südchinesischen Republit tommt alfo mit feinen Hilfstruppen, die sich bereits auf dem Marsch be­finden, zu spät. Die Ursache des Uebertritts der Tschefiang- Truppen zur Riangfu- Armee ist in der Aussehung großer Belohnungen zu suchen. Den Soldaten wurden wörtlich zu nehmende goldene Brücken ins Lager der Truppen der Zentralregierung gebaut. Das Hauptgewicht der Kämpfe liegt jetzt im Norden von Pefing, wo der Marschall Wupeifu im Auftrage der 3entral regierung starte Truppenverbände gegen Tschangtfolin, dem Heer führer der mandschurischen Truppen, dirigiert hat. Ueber den Aus gang der Kämpfe läßt sich natürlich noch nichts vorausfagen, ficher

Die Euphorion- Kunstausstellung, Fafanenftr. 85, eröffnet am Sonntag, den 21. Sept., eine Ausstellung von Wilhelm Lehmbrud, Hand zeichnungen und Driginalgraphit.

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Einen neuen Roman von Gerhart Hauptmann bringt der Berlag S. Fischer, Berlin , im Laufe der nächsten Wochen heraus: Die Insel der Großen Mutter oder das wunder von Jle des Dames", eine Geschichte aus dem utopischen Archipelagus, die auf einer Südseeinfel spielt.

Der Prozeß Martin- Barnowsky, der vor dem Bühnenoberschiedsgericht webt, in bur Vergleich erledigt. Barnowsky zablt Martin 6000 m. als Ersatz dafür, daß er ihn für Anszenierungen zwar engagierte, aber nicht berwandte.

Die

Die Niederlage des Militärgouverneurs von Tschefiang fommt nicht überraschend, denn sein Bundesgenosse Sun­jatsen hat schon seit längerer Zeit feinen festen Halt mehr in Canton. Sunjatsen hat es mit der befizenden Klasse infolge verschiedener rigoroser Steuermaßnahmen verdorben. Folge war, daß sich vor allem die Kaufmannschaft mit seinen politischen und militärischen Gegnern verbündete. Die Niederlage des Militärgouverneurs von Tschekiang bei Schanghai , das zur Provinz Kiangsu gehört, wird die Stellung schüttern müssen. Tschangtsolin sucht auf zwei Linien, im Tschangtsolins, des Führers der mandschurischen Armee, er­Innern und von der Küste her, nach Peking vorzustoßen und dabei seinen Hauptgegner Wupeifu, den Führer der Armeen zwischen der großen Mauer und dem Vangtsestrom zu treffen. Tschangtsolin steht in einem einigermaßen guten Verhält­nis mit den Japanern, während das Gebiet Wupeifus englische und amerikanische Einflußsphäre ist. Japan hat sich bis jeßt allen Interventionsgelüften europäischer Mächte mit Nachdruck widersetzt. Es treibt eine Politit auf weite Sicht, um den tiefgehenden Groll zwischen Japan und China aus der Welt zu schaffen. Tichangtfolin betrachtet auch die Mongolei als sein Einflußgebiet. Es gelang ihm bisher, auch die Russen, die bekanntlich mit China den Vertrag von Peking geschlossen haben und ebenfalls interventionslüstern sind, in 3aum zu halten. Wenn der Bürgerkrieg in China bis jetzt einen natürlich nur für chinesische Berhältnisse so ernsthaften und blutigen Charakter angenommen hat, so ist das nicht in letter Linie auf den geradezu ungeheuerlichen Waffen­transport zurückzuführen, den die europäische und ameri­tanische Rüstungsindustrie bisher betrieben hat und an dem so ziemlich alle Großmächte beteiligt sind. Wenn deshalb für den Frieden in Europa und für den Frieden der Welt etwas getan werden soll, dann ist es höchste Zeit, daß die führenden Staatsmänner der Industrie der Mordwerkzeuge energisch auf den Leib rücken.

Interventionsvorschläge der Mächte.

London , 19. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die Regies rungen Englands und der Vereinigten Staaten haben in Tokio dem japanischen Auswärtigen Amt Vorschläge für eine Intervention im chinesischen Bürgerkrieg überreicht. Wichtige Abstimmung im Prager Parlament.

Annahme der Sozialversicherungsvorlage.

Prag , 19. September. ( Eigener Drahtbericht.) Nach dreitägiger Debatte hat heute das Prager Abgeordnetenhaus in fast sieben­stündiger Abstimmung die Sozialversicherungsvorlage in erster Lesung angenommen. In letzter Stunde gelang es den tschechischen, Agrariern, noch eine Verschlechterung in die Vorlage einzuschmuggeln. Die Abstimmung war sehr fompliziert. Es mußte über 288 Paragraphen in der Fassung der Regierungsvorlage und über 527 Abänderungsanträge, von denen 200 von den deutschen Sozialdemokraten ftammten, abgestimmt werden. Die tschechischen Sozialdemokraten stimmten für die Fassung der Regie­extremistischen Anträge von rechts und links und im übrigen für die rungsvorlage, die deutschen für ihre Abänderungsanträge gegen die Fassung der Regierungsvorlage.

In der nächsten Zeit sollte im Parlament der Handelsser­trag mit Italien verhandelt werden. Da sich hierfür keine Mehrheit findet, weil die Agrarier ihre Zustimmung zu diesem Handelsperttag durch neue Konzeffionen in der Zollfrage erfaufen wollen, beabsichtigt der Handelsminister zu demissionieren.

Mit der Annahme der Sozialversicherungsvorlage ist ein Kampf zum vorläufigen Abschluß geführt worden, der bereits im alten Defter reich eingeleitet wurde. Unter dem Drud der Arbeiterschaft hatte die österreichische Regierung 1904 und 1908 Vorlagen zur Sozialversiche rung im Parlament eingebracht. Der Sozialversicherungsausschuß des Wiener Parlaments hatte gerade seine Arbeiten beendet, als hinderte. Nach dem Umsturz hat die Regierung der tschechoslowa der Weltkrieg ausbrach und die Verwirklichung der Vorlage ver­tischen Republik die Sozialversicherung in ihr Programm aufge­

nommen.

Der jetzt dem Prager Parlament vorgelegte und mit einigen Abänderungen angenommene Regierungsentwurf regelt nur die Ver­ficherung für den Fall der Krankheit, des Alters und der Invalidität. Die Pensionsversicherung der Privatangestellten, die Unfallversicherung und die Bergarbeiterversicherung werden in dem Gesetze nicht behandelt. Die Beiträge, die zur Hälfte vom Arbeitgeber, zur Hälfte vom Bersicherten zu tragen sind, werden nach Lohntlassen abgestuft. Nach den Lohntlassen, deren es 10 gibt, schnittslohnes erfolgt grundsäglich durch Teilung des Wochenver­richten sich natürlich auch die Leistungen. Die Ermittlung des Durch­dienstes durch 6. Hartnädig wurde um die Organisation der Sozial­versicherung gefämpft. Die Einheitstaffe als Grundlage der Sozial­persicherung wurde nicht erzielt. Es bleiben neben der Bezirks frankenversicherung landwirtschaftliche, genossenschaftliche und Ber­einstassen bestehen.

ficherung steht die 3entralfozialversicherungsanstalt An der Spitze des organisatorischen Aufbaues der Sozialver­in Brag, in der fich die Versicherten leider in der minder bett befinden. Ihre Leitung besteht aus 12 Vertretern der Versicherten, 12 der Arbeitgeber und 16 ernannten Fachleuten. Der Vorstand setzt sich zusammen aus drei Vertretern der Versicherten, drei Arbeit­gebern und vier ernannten Fachleuten. Als Leistungen der Ber­sicherung sind vorgesehen: Im Falle der Krankheit tägliches Kranken­gelb, das je nechy der Lohntlaffe 2,70 bis 24 Kronen täglich beträgt. Die Leistungen der Alters- und Invalidenversorgung bestehen in der Hauptsache aus einer Invalidenrente, die nach einer Wartezeit vont 150 Wochen einem Versicherten ausbezahlt wird, der infolge seiner Invalidität nicht ein Drittel des üblichen Verdienstes erwerben fann. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres wird die Rente nicht etwa wie in Deutschland auf jeden Fall, sondern nur im Falle nachweisbarer Invalidität gewährt. Anspruch auf Witwen­rente haben nur invalide Witwen. Die Renten bestehen aus einem Grundbetrag von 500 Kronen jährlich, einem Etatsbetrag in gleicher Höhe und einem von der Höhe der eingezahlten Prämie, abhängigen Steigerungsbeirag. Zur Illustration führen wir an, daß ein Voll­reniner der höchsten Klasse mit 3 Kindern Anspruch auf eine Ge­famtrente von 5909 Kronen( 738 Mart) haben wird. Ausführlich befaßt sich die Vorlage noch mit der Versicherungsgerichtsbarkeit. In jebem Kreisgerichtssprengel werben Bersicherungsgerichte eingesetzt. Die Bersicherten sind in den Gerichten aller Instanzen, in den obersten jedoch ungenügend, vertreten.

Der Kampf um die Sozialversicherungsvorlage hat natürlich das brennendste Interesse nicht nur der Arbeiterschaft, sondern der Ge­famtbevölkerung der Tschechoslowakei gewedt. An ihrer Verwirf lichung haben der tschechische Genosse Dr. Winter und der deutsche Genosse Taub das größte Verdienst. Wenn die Arbeiterschaft in der Tschechoslowakei nicht national zersplittert den Kampf um die Sozialversicherung geführt hätte, wäre allerdings das Ergebnis ein weit besseres gewesen.