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Allmählich erwachte Berlin . Die Bürger waren erstaunt, auf den Regierungsgebäuden die Kriegsflagge oder die reinen alten Farben Schwarz- Weiß- Rot zu sehen. Ueberall Unter den Linden , am Reichswehrministerium und vor den anderen Res gierungsgebäuden staute sich neugieriges Bolk. Die Straßen mußten also von meinen Leuten rücksichtslos abgesperrt werden. Es ging aber friedlich und gemütlich zu, da die Bevölfe= rung für das Unternehmen war. Ueberall famen aus den Fenstern schwarzweißrote Flaggen zum Vorschein."

Kurz vor dieser Erzählung, die noch nachträglich den Anschein ermeden will, als ob das ganze Kapp- Unternehmen irgendwelche Sympathie in weiteren Kreisen genoß, hat derfelbe Ehrhardt festgestellt, daß der Widerstand der Bevölkerung gegen seine Truppen unverkennbar und äußerst hart nädig war. Er lügt also auch hier, wie es ihm gerade in den Kram paßt!

Der Wahrheit fommt er erst näher, als er von dem Verfagen der politischen Führung" spricht. Er versichert, daß der General streit der Arbeiter, Angestellten und Beamten in den Stuben der Regierungen Nervosität auslöste". Ein Beweis für die geringe Autorität der Kappisten war für ihn die wagte, einen seiner Tatsache, daß der Reichsbantpräsident es wagte, einen seiner Offiziere, der von der Reichsbank zehn Millionen Mark für Kapp Eine Sigung" in der holen sollte, einfach abzuweisen. Reichskanzlei, die später in Leipzig vor Gericht als eine Juden­

und Schieberbörse" bezeichnet wurde, schildert Ehrhardt so:

Um dritten Toge ging ich auf die Reichskanzlei, weil ich den Eindruck hatte: der Laden läuft nicht. Im Borzimmer äußerte ich diese Meinung zu einem mir gänzlich unbekannten Herrn. Er führte mich ohne weiteres in eine Kabinettsfigung. Hier zeigte fich mir ein erschredendes Bild. Auf den ersten Blid fah ich: Rapp war törperlich und seelisch völlig zusammenge­brochen. Er hatte den Borsiz am runden Tisch. Seine Augen waren verschwollen. Seine Stimme war belegt, wenn er mechanisch Jagte: Ich erteile Ihnen das Wort." Er war gar nicht mehr in der Lage, etwas zu entscheiden. Er wußte gar nicht, was geredet wurde. Ich ging fofort wieder weg und war sehr niederge schlagen.

Aber trotzdem er sehr niedergeschlagen" war, hoffte er immer noch auf einen, der den Butsch retten würde: ,, Ludendorff , so dachte ich, würde ein 3usammen­Plappen der Erhebung nicht zulassen... Noch vertraute ich auf ein Eingreifen Ludendorffs." Aber der Morgenspaziergänger", der sich so zufällig morgens um 6 Uhr im Gehrock und Zylinder zu den Rapp- Ministern gesellt hatte, war bekanntlich an dem ganzen Unternehmen unbeteiligt", wie er mit Ehrhardtscher Wahrheitsliebe vor dem Reichsgericht eidlich befundet hat. Gr fonnte seine Hände in Unschuld waschen, nach München gehen und dort abwarten, bis er wieder zufällig" ins Bürgerbräu gerufen wurde. Da sogar das Münchener Boltsgericht feine Un­fähigkeit erkannt hat, sprach es ihn frei. Dieser Ludendorff hat die Heffnungen Ehrhardts enttäuscht und die Hoffnungen seiner baŋe­rischen Butschkollegen nicht minder.

Die Veröffentlichung der ganzen Briganten- Erinnerungen ist aber nichtsdestoweniger eine glatte Verherrlichung des Hoch­verrats! Die Scherl- Preffe weiß, was sie ihren Lesern und der Republit bieten darf!

Die Münchener Verhaftungen. Auslieferung nach Leipzig ?

München , 20. September. ( Eigener Drahtbericht.). Auf Grund der nunmehr abgeschlossenen polizeilichen Untersuchung gegen die Berhafteten des Frontbanns" ist Dr. Meiding aus der Haft entlassen, dagegen sind auf Anordnung des Gerichts die Berhafteten dem Untersuchungsrichter vorgeführt worden. Unter ihnen befindet sich auch der am 16. September auf freien Fuß ge­jezte Dr. Schramm und außerdem noch ein Major Faber bzw. ein Hauptmann Geibel, die ebenfalls früher in Hitlers Kampf­bund tätig waren. Der Untersuchungsrichter führt seine Erhebungen im Namen des Staatsgerichtshofes in Leipzig , vor dem sich die Ver­hafteten, insgesamt nunmehr 7 Personen, wegen Fortführung ver­botener Verbände verantworten follen.

Gräfin Mariza.( Metropol Theater.) Emmerich Kal. man hat mufitalisch etwas von den Reizen feiner Czardasfürstin dazu. Der Czardas , auf dem sich die Partitur des ganzen ersten für diese Mariza gerettet; das ungarische Milieu verpflichtet beinahe Aftes aufbaut, und aus dem sogar richtige Ensembles erwachsen, ist von einer natürlichen und temperamentvollen Erfindung, und der Walzer des zweiten Aftes wäre, wenn man in Deutschland noch Walzer spielen und tanzen tönnte, vielleicht auch ein Schlager ge­worden. Im ganzen stört mirgendwo bei Kalman eine vulgäre Note, nirgendwo allerdings auch ist die Erfindungskraft geradezu hypertrophisch. Sein Rapellmeister Guttmann brachte Schwung auch in die Massen, während er sich felbst in einem Zwischenspiel als außerordentlich schlechter Kopellmeister decouvrierte. Neue Themata einer Operette fann man faum noch verlangen, nachdem das ganze Genre abgespielt, öbe und fast ein Schlag ins Gesicht des verarmten deutschen Boltes ist. Diese Leute auf der Operetten bühne haben keine anderen Sorgen als den Geschmack der Schnei­der vor das Publikum zu zerren, Ronflitte an den Haaren herbei zuziehen und mit einem Schnitt à la Bubenkopf zu lösen, unzählige Diener zu zitieren, unmögliche Begegnungen möglich, das Natür fiche unnatürlich zu machen, im Frad, Mantel und Zylinder im Zimmer zu tanzen usw. Gott , welche geschwollenen Aktionen! Der Uebermut der Gräfin Mariza, die sich, um die Freier loszuwerden, durch Annonce verlobt, der antanzende Blödian von Bräutigam, der Verwalter, alias Graf, der sich unerkannt einschleicht, der fürst liche Trottel wie oft war das alles schon da! Und wie verlogen von Anbegin! Das Spiel ist diesmal ausgezeichnet. Hubert Marishta geht über das Temperament eines durchschnittlichen Darstellers weit hin­Seine Czardas - Szene ist menschlich padend. Und Emmy Rosary, die sogar ingen fann, hat heißes Blut in ihren Adern, echteste, verführerische Ungarin. Dazu Hansen und Eily Hoff: Erfolg auf der ganzen Linie. Da capos in Hülle und R. S.

aus.

mann

Fülle.

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Tod und Leben. Unter diesem Titel bereitet die International Frauenliga für Friede und Freiheit" in sämtlichen Ausstellungsräumen de Stünstlerhauses eine Ausstellung bor, in der unter anderem die Herbor ragendsten Arbeiten gezeigt werden von Baluschet, Birtle, Dir. Groß Jaedel, Georg Kolbe , State Rollwig, Kurt Kroner , Masarel, Blaczet, Krain , Segal uft. Die Ausstellung steht in Verbindung mit dem vom 1. bis 10. Ditober in Berlin tagenden Weltfongreß und wird vom 3. bis 25. Dt tober geöffnet sein.

Eine Reichstunstwoche veranstalten die großen Stünstlerorganisationen der bilbenben, redenden und spielenden Stunft im Februar 1925. Mit dieser Woche werden Darbietungen aller Zweige der Stunst und eine Werttunit fhaut verbunden sein. Die Geschäftsstelle ist die Werkhilfe bildender Stünstler Berlin- Schöneberg, Neues Rathaus.

Ferdinand Buiffon, der lange Zeit das franzöfifche Bolts. 1nImefen geleitet und am Aufbau der weltlichen Schule Frant­reichs wesentlichen Anteil hatte, wird am 3. Oftober auf der Inter. nationalen Gesichtstagung" im Schöneberger Rathaus neben zahlreichen anderen Franzosen zum Thema; Frankreich und Deutschland eine Ansprache halten. Die Tagung ist öffentlich. Theaterfälen, Alte Salobitr. 37, unter Zeitung des Bühnentechnikers George Eine technische Theaterausstellung findet vom 10. bis 14. Dttober in den

Piet Patrit statt.

Annahme des Garantiepaktes.

Die Resolution Herriot- Macdonald als Grundlage.

Genf , 20. September. ( Eigener Drahtbericht.) Das Profotoll| falles, die heute vor den Völkerbundsrat gelangte, geht auf den über den Garantiepaft ist von England und Frankreich ange- Lausanner Friedensvertrag zurüd, der festgesetzt hatte, daß die Grenze nommen. Das Projekt Benesch bildete nur eine Disfuffionsgrund- zwischen der Türkei und dem Jrak durch direkte Verhandlungen lage ohne entscheidende Bedeutung. Eigentliche Grundlage ist die binnen neun Monaten geregelt und im Falle eines Scheiterns durch Friedensresolution Herriot- Macdonald. Der erste Teil be- den Völkerbundsrat entschieden werden soll. Da die Verhandlungen trifft die obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit. Alle juristischen Streit- ergebnislos blieben, gelangte also die Frage vor den Ra.. fälle tommen nach dem Haag, politische Streitfälle vor den Bölker- Als erster Redner legte Lord Barmoor ausführlich den bundraf. In juristischen Fragen ist Einstimmigkeit erforderlich. Der englischen Standpunkt dar, nachdem er Fethi Ben mit liebenswürdigen zweite Teil enthält Bestimmungen über Santtionen und nimmt Worten begrüßt hatte. Sein Antrag lautet dahin, die Grenzfest­grundsätzlich die sofortige Mobilmachung moralischer, wirt- fegung folgendermaßen zu regeln: Entsendung einer Rom­schaftlicher, Land-, Seeftreitkräfte an. Boraussetzung für die Gülfig. mission durch den Völkerbundsrat, die sich aus nicht interessierten feit des Paties ist ein pofitives Ergebnis der Abrüftungskonferenz. Persönlichkeiten zusammensetzt, die die Grenzfrage an Ort und Stelle prüfen und selbst ihr Verfahren festlegen sollen.

Genf , 20. September. ( WTB.) In der heutigen Vormittags­figung der Völkerbundsversammlung, die nach 9 Tagen zum ersten­mal wieder zusammengetreten ist, machte Präsident Motta ver­schiedene Vorschläge zur Beschleunigung der Arbeiten, da der Wunsch schiedene Vorschläge zur Beschleunigung der Arbeiten, da der Wunsch nach Beendigung der diesjährigen Tagung am 27. Sep tember allen gemeinsam sei, wies aber andererseits darauf hin, daß angesichts der wichtigen noch nicht abgeschloffenen Arbeiten des Abrüftungsausschusses der Versammlung über das Schieds­und Sanktionsprotokoll eine leberstürzung vermieden werden müsse. Man schließt daraus, daß eventuell mit einer geringen Ber längerung der Versammlungstagung zu rechnen ist.

Die Mosulfrage vor dem Völkerbund. Genf , 20. September. ( WTB.) Der Völkerbundsrat trat heute nachmittag in die Beratung der Mosfuffrage, b. h. ber Grenzfestsetzung zwischen dem Irat und der Türkei ein. Lord Par. moor vertrat die englische Regierung. Die Borgeschichte des Streit.

Deutschnationaler Pazifismus der Tat".

Eine lehrreiche Statistik.

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Von den gewählten Abgeordneten des deutschen Boltes find im Weltkrieg zwei gefallen. Beide waren fie Reichsfeinde", der eine Sozialbemo frat, der andere Welfe. Zwei Abgeordnete wurden verwundet, der eine von ihnen, den die Kugel zweimal traf, war Sozialdemokrat, der andere deutschkonservativ. All die zahllosen Abgeordneten der Reichstagsrechten, die fast wäh­rend des ganzen Krieges in feldgrauer Uniform umherliefen, bis der Zusammenbruch und die Revolution bei ihnen eine überraschende Vorliebe für den Bürgerrod erzeugte, haben den Krieg ohne Schaden überstanden.

Die Deutschvölkischen und Deutschnationalen find bei uns die Erbpächter nationaler Gesinnung. Für den waschechten Faschisten gilt überhaupt nur der Mann, der mit der Waffe in der Hand sein Land verteidigt. So heißt es wenigstens in den Programmen und in den Wahlversammlungen. In der Tat aber stößt man bei den berufenen Vertretern dieser nationalen Gesinnung auf einen vers dächtigen, man möchte beinahe sagen, jüdisch- sozialistischen" Pazi­fismus.

Von den Abgeordneten der bisherigen deutschsozialen Gruppe des Herrn Kunze war ein einziger Teilnehmer om Kriege, von den sieben Abgeordneten der Wirtschaftspartei ist einer, Professor Bredt, im Rampfe übel zugerichtet worden, die fechs an­deren aber haben nicht den gleichen Ehrgeiz gehabt wie ihr Frat tionsfollege und find zu Hause geblieben. Bon den 82 männlichen deutschnationalen Abgeordneten in militärfähigem Alter haben sich nicht weniger als vterzig der Teilnahme am Krieg enthalten. Wir sehen hier also eine Spaltung ge. nau wie beim Eisenbahngefeg. Die Abstinenten find: Wormit( Hauptmann a. D.), Krüger Hoppenrade, Budjuhn, Wege, Schlange Schöningen( Offizier a. D.), Otto Schmidt, Hergt, Manzte, Wolf, Schiele, Rieseberg, Mar: tin, Hemeter, Graef , Oberfohren, hart, Boge­mann, Schent v. Stauffenberg ( Rittmeister der Reserve a. mann, Schen! v. Stauffenberg ( Rittmeifter der Reserve a D.), Mumm, Rippel, Koch- Düsseldorf, Neuhaus, v. Stiller, Got( Hauptmann a. D.), Everling, Lambach, Dryander, Sachs, Reichert, Domsch, Hoesch, Barth, erner Gießen , Spahn, Quaaz, Baeder, Marezfy, Hartwig, Strathmann, Glaser.

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D.

Der eine oder andere von ihnen mag dienstuntauglich sein, daß alle vierzig es gewesen sind, ist nicht anzunehmen. Herr Domsch z. B., der von sich stolz erzählt, daß er Bezirksvorsitzender des Feuerwehrverbandes der Amishauptmannschaft Löbau ist, würde, wenn er Invalide wäre, diesen ebenso gefährlichen wie verant­wortungsvollen Bosten nicht versehen können. Auch den Einwand, daß einige der pazifistischen Abgeordneten Religionsdierer feien, lassen wir nicht gelten. Denn die Herren Mumm, Martin, Wolf, Strathmann werden in ihren Predigten recht oft den Kriegsdienst als das Gott wohlgefällige Wert bezeichnet haben. Warum sollten sie also an diesem Werf nicht persönlich teilnehmen?

Auf diese Darlegungen Lord Parmoors antwortete der Delegierte

und Präsident der Nationalversammlung, Fethi Bey, indem er zunächst dafür dankte, daß die Türkei im Völkerbund gleichberechtigt por den Rat zugelassen wurde. Er erklärbe dann, eine Grenzfest­fegung sei niemals ohne eine Wolks befragung durchzuführen. Fethi Ben erinnerte an das Beispiel Oberschlesiens , Ostpreußens und Schleswigs . Versage man eine Voltsabstimmung, so würde die dortige Bevölkferung niemals eine derartige ungerechtigkeit verstehen. Die Türkei fönne daher nicht den Vorschlag einer Untersuchungs tommiffion annehmen, sondern müsse auf einer Boltsbefragung be­stehen.

Auf Antrag des Berichterstatters über die Moffulfrage, Bran. ting, beschloß der Rat, angesichts der Wichtigkeit des Problems und um den Ratsmitgliedern Gelegenheit zur Prüfung der Ange­legenheit zu geben, die Debatte heute nicht zu eröffnen, sondern auf eine weitere Sigung zu vertagen, worauf Präsident Hymans die Sigung aufhob.

Der Friedenstag in Paris .

Die bürgerlichen Radikalen mit dabei. Auch in Frankreich werden heute überall Rundgebungen gegen den Krieg stattfinden. In Paris selbst ruft der Gewerkschaftstund zu einer öffentlichen Demonstration auf, die vor dem Trocadéro stattfinden wird. Bemerkenswert ist, daß nicht nur die Sozialistische Partei ihre Mitglieder auffordert, an dieser Sundgebung teilzu­nehmen, fondern neben der Liga der Menschenrechte und den franzöfifchen Friedensgesellschaften auch die beiden großen Freimaurerorganisationen, beren geistiger und politischer Einfluß in Frankreich sehr start ist und außerdem noch die radikale Partet und deren Jugendorganisationen, die Partei, deren Führer der Ministerpräsident Herriot ist. Diese Tatsache ist wert, daß sie unterstrichen und als nachahmenswertes Beispiel hervorgehoben wird.

Friedenskundgebungen in der Schweiz .

Genf , 20. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die Schweiz demonstrierte schon heute abend für den Frieden. Genf sah einen pieltausendköpfigen Demonstrationszug. Die anschließende Bersamm. lung gewann durch Reben sozialistischer Bölferbundsdelegierter und anderer aus Anlaß der Völkerbundstagung hier weilenden Sozia­listen besondere Bedeutung. Es sprachen Paul Boncour Frank­ reich , de Broudere Belgien , Carlton Australien, Graber Schweiz , Mo degliani Italien und Breitscheid - Deutsch­ land . In allen Schweizer Städten gab es gewaltige Rundgebungen, an denen viele Bürgerliche teilnahmen.

Deutsch - französische Wirtschaftsfragen.

Paris , 20. September. ( Eigener Drahtbericht.) Im Journal Officiel" vom Sonnabend wird der angekündigte Erlaß veröffent­licht, nach dem eine 26 proz. Abgabe auf die eingeführten deutschen Waren nunmehr auch durch die französische Zoll­behörde erhoben werden wird. Der Temps" weist darauf hin, daß zur Höhe von 50 Proz. vorgesehen hatte. ein Gesetz vom 21. April 1921 bereits grundsäglich eine Abgabe bis

Der deutsche Geschäftsträger, Botschaftsrat Dr. Rieth, teilte am Sonnabend dem Ministerpräsidenten Herriot im Auftrage der Reichsregierung mit, daß zum Vorsitzenden der deutschen Dele­gation, die sich Anfang Oftober nach Paris begeben soll zweds Führung der deutsch - französischen Wirtschaftsver­handlungen, der Staatssekretär Trendelenburg ernannt

worden ist.

Eine Hilfsaktion für Georgien . Renaudel an Herriot .

Der sozialistische Abgeordnete P. Renaudel hat an Herriot folgenden Brief gerichtet:

Die große Anzahl der deutschnationalen Abgeordneten, die der Herr Ministerpräsident! Krieg nicht in die Ferne gelockt hat, berechtigt beinahe zu der Ver- Gegenwärtig, wo Sie beabsichtigen, Verhandlungen wegen der mutung, daß wir es hier mit einem Dolch stoß von deutsch de jure Anerkennung der Russischen Republit einzuleiten, spielen nationaler Seite zu tun haben. Selbst eine Reihe militä- sich in Georgien die erschütterndsten Ereignisse ab. Ich will hier risch ausgebildeter Märtner, selbst Herr Everling, der offenbar nicht auf die Tatsachen zurückgreifen, die Ihnen meine Partei­als Mann von besonderem Mute gewertet werden will, denn er freunde vorgetragen haben. Wir haben Ihnen erklärt, daß wir rühmt sich in seiner Selbstbiographie der Berweigerung des republi- darauf drängen, die fofortige Anerkennung der Russischen Republik tonischen Beamteneides, selbst Herr Werner Gießen zeigte feine herbeizuführen, aber wir haben Ihnen auch gesagt, daß wir hoffen, Werner- Gießen Frankreich werde sich die Beachtung der von ihm früher gefchloffenen Sehnsucht nach der Gelegenheit, friegerische Taten zu verrichten. Verträge vorbehalten. Aber in Georgien fließt Blut. Uebrigens möchten wir davor warnen, zu glauben, daß jeder Ein kleines Bolt hat sich erhoben, umbezwingbar in feinem Drang deutschtationale Abgeordnete, der am Kriege teilgenommen, fein nach Freiheit. Die Russische Republik hat das Selbstbestim Leben für das Baterland in die Schanze geschlagen hat. Es gab be- mungsrecht der Böller proflamiert und dieses Prinzip selbst fanntlich Drud posten, und wem wäre ihre Erlangung leichter in dem mit Georgien geschlossenen Vertrage anerkannt. Nun sollte gewesen als den Herren Deutschnationalen, die sich ausgezeichneter man annehmen, daß die Ruffische Republik die letzte sein würde, Beziehungen erfreuten? Zu den Kriegsteilnehmern gehört z. B. auch die die Klagen eines Volkes, das sich um seiner Freiheit willen er­der Professor v. Freytagh- Loringhoven, der als juristischer Berater hebt, fchroff abweisen würde. Sie haben den Gedanken des Schieds­gerichtes in den internationalen Fragen entwickelt. Ich flehe Sie am Stabe des Oberbefehlshabers Oft faum in die Lage gekommen nun an, bei der russischen Regierung persönliche Fühlung zu fein wird, Bulverdampf einzuatmen. Kriegsteilnehmer war auch Herrnehmen und sie bei den bevorstehenden Berhandlungen freundschaft­Bazille, dessen Tätigkeit in der Leitung der Zivilverwaltung der lich aufzufordern, dem Blutvergießen in Georgien ein Ende zu sehen. belgischen Provinz Limburg bestand. Wenn der Völferbund versagt, so fönnte Ihre Vermittlung eine heilbringende Versöhnung herbeiführen, einen Schiedsspruch, viel­leicht auch eine Befragung des georgischen Boltes und die Wieder­herstellung der Ruhe im Kaukasus . Ich glaube nicht, daß eine felche Aufforderung die Veranlassung zu dem ungerechten Vorwurf geben würde, Sie mischten sich in die innerpolitischen Angelegen­heiten eines fremden Landes ein. Diese Aufforderung wäre ja nur von der Sorge um den Frieden und die Menschheit dittiert. Die russische Regierung dürfte sich nicht getränkt fühlen. Bei den blutigen Zusammenstößen im Rautafus sterben Russen ebenso wie Georgier. Gestatten Sie mir die Hoffnung zu hegen, daß Sie meiner Bitte Beachtung schenken. Ich spreche fie aus in der lleber­zeugung, baß mir die Zustimmung meiner Parteigenoffen nicht fehlen würde, wenn die Umstände es mir erlaubten, sie zu befragen. gez. Pierre Renaudel

So hat der Pazifismus feine Anhänger in Kreifen, wo man sie faum vermutet. Wir glauben nur, die Pazifisten werden auf diese Sorte von Anhängern nicht gerade sehr stolz sein. Diese Art von Bekennermut überlassen wir gerne jenen Helden, die das Wort " National" so gerne im Munde führen und die doch nichts anderes betreiben, als ihre Gesinnung" für Ministersessel zu verkaufen.

Besatzungsabbau.

& oblenz, 20. September. ( WEB.) Die Befagungstruppen haben Flammersfeld , Neustadt a. d. Wied, puder­bach und Mandersbach geräumt.