Str. 448 41.Jahrgang Ausgabe A nr. 228
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Dienstag, den 23. September 1924
Vor den Toren des Völkerbundes.
Aufnahmegesuch noch in dieser Woche?
Genf , 22. September. ( Eigener Drahtbericht.) In Böller- Friedensbedingungen einschließlich der territorialen Grenzen, andfreifen hat man mit Ueberraschung davon Kenntnis genommen, führen müffe. Im Jn transigeant" wird unter scharfen Anaß die deutsche Regierung ein Eintrittsgesuch vor- griffen auf Macdonald, der die Einladung Deutschlands betrieben bereitet. Dieses Gesuch soll in einer umfangreichen Dentschrift dem habe, die französische Regierung eindringlich davor gewarnt, fich auf Bölferbund vorgelegt werden. Es heißt, daß in ihr ein Ratssitz irgend eine Diskussion der Kriegsschuldfrage einzulaffen. gefordert und dem Verlangen Ausdruck gegeben wird, daß Deutsch land fein neues Kriegsschuldbekenntnis abzulegen braucht und zahlreiche Vorbehalte für den Versailler Vertrag gemacht werden. Da der Abschluß der jetzigen Bölferbundstagung für den 28. September geplant ist, dürfte ein Gesuch in der angeblichen Form faum noch angenommen werden. Es verlautet jedoch zuverläffig, daß bereits in zwei Monaten eine außerordentliche Völkerbundsversammlung in Genf geplant ist, nachdem die diplo matischen Verhandlungen über technische Einzelheiten erledigt sind.
Der„ Soz. Parlamentsdienst" bemerkt hierzu: Es ist richtig, daß Deutschland noch in dieser Woche einen Schritt unter nehmen wird, der auf den Eintritt Deutschlands in den Bölkerbund hmausläuft. In welcher Weise dieser Schritt jedoch unternommen und ob das deutsche Aufnahmegesuch in Form einer Denkschrift an den Völkerbund gerichtet wird, ist bisher noch zweifelhaft. Darüber dürfte am Dienstag das Reichskabinett entscheiden. Richtig ist, daß der Reichskanzler Marr für den sofortigen Eintritt Deutschlands in den Bölkerbund ist. Es verlautet übrigens, baß
Stresemann der gleichen Ansicht sei.
Der Temps" berichtet ohne Quellenangabe, daß eine her. vorragende Bersönlichkeit der englischen Delegation in Genf erklärt habe, die engllische Delegation sei entschlossen, Deutschland zu veranfaffen, in den Völkerbund einzutreten. Die Rede Maccdonalds, habe diese Persönlichkeit ausgeführt, sei ein Wint gewesen. England will, das Deutschland in seiner Eigenschaft als Großmacht in den Völkerbund eintrete. Durch ein Zögern erwecke Deutschland den Eindruck, daß es seine Zulaffung nur ungern betreibe und daß es sich mit Rußland verbünden wolle.
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des Pattes."
Genf , 22. September. ( Eigener Drahtbericht.) Der Lyon er Brogrès", das frühere Organ Herriots, jetzt in guten Beziehungen zum Quai d'Orsay stehend, zitiert in seinem Leitartikel in seiner Sonntagsnummer Herriots Worte in Genf an die Liga für Freiheit und Menschenrechte wie folgt:„ Wir verlangen nicht, daß Deutschland bei seinem Eintritt nochmals seine Schuld am Kriege anerkennt, und wir verlangen auch nicht eine nochmalige Ratifikafion des Versailler Vertrages. Eine einzige Bedingung nur stellt ihm ber Bölkerbund: die Annahme des Bölkerbundgesetzes, Dieser Wortlaut, der von dem von der Liga selbst gegebenen Tert Genf , 22. September. ( Eca.) Ueber das Ergebnis der Reife bedeutend abweicht, dürfte nicht ohne Fühlungnahme mit den zu Nansens steht fest, daß er vom Reichstanzler sichere Buständigen Pariser Stellen veröffentlicht worden sein. Der Leitartikel, fagen wegen des Eintritts Deutschlands in den Bölkerbund noch im der nochmals Herriots Zusicherung betont, daß Deutschland jeder Laufe diefer Togung erhalten hat, allerdings unter der Bedingung, anderen Großmacht gleichgestellt werden solle, schließt: daß Frankreich erklärt, daß es feine Einwendung Deutschland sich um diesen Preis nicht mit uns verbinden will, dann gegen einen ständigen Ratssitz für Deutschland erhebe. Nanfen hat mag es allein bleiben." den Inhalt feiner Unterhaltung mit Reichstanzier Marg dem englifchen Premierminister Mac bonald gedrahtet und ihm um entsprechende Beeinflussung der französischen Regierung gebeten; denn ein Teil der französischen Delegation mache Einwendungen gegen die deutsche Forderung.
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Genf , 22. September. ( Eigener Drahtbericht.) Nansen hatte am Montag mit den einzelnen Bölkerbundsdelegierten, besonders mit Loucheur Frankreich , eine längere Aussprache über das Ergeb. nis feiner Unterredung mit Marg, über die er sich optimistisch äußerte. Er lehnte es aber entschieden ab, irgendeine Erklärung für die Deffentlichkeit abzugeben.
Rechts- und Mandatsfragen.
Wenn
Genf , 22. September. ( TB.) In der Sigung der Bötterbundsversammlung wurde ein schwedischer Antrag an genommen. Er verlangt vom Völferbundsrat die Einberufung eines Sachverständigenausschusses zwed's Aufstellung einer Liſte von Rechtsmaterien, die alsdann vom Völkerbunds jefretariat allen Staaten, auch den Nichtmitgliedsstaaten, zugestellt und deren Regelung eventuell durch internationale Ron ferenzen erstrebt werden soll.
Ueber den zweiten Punkt der Tagesordnung, die Mandatsfragen, berichtete Nansen ( Norwegen ), der auf die Wichtig Benesch über die technischen Schwierigkeiten. teit der Mandatsfragen im gesamten Aufgabenkreis des Völker bundes hinwies. Die von Nansen begründete und von der BerGenf, 22. September. ( Eigener Drahtbericht.) Der Korresponsammlung genehmigte Resolution billigt die Arbeiten der Ständigen dent des„ Soz. Parlamentsdienst" in Genf hatte am Sonnabend Mandatskommission, weist auf das Kapitalsbedürfnis cine Unterredung mit dem tschechoslowakischen Außenminister der Mandatsgebiete hin, deren Entwicklung sonst ernstlich Benesch, der als Vorsitzender des Zwölferausschusses die Arbeiten gefährdet sei und fordert die Veröffentlichung der Berichte der Man der Abrüstungskonferenz leitete. Benesch äußerte sich über einige tatsmächte, fowie die Verhinderung des Handels mit geistigen politische Fragen folgendermaßen:
Nach meiner Ansicht muß der Völkerbund vervoll=
ständigt werden. Dafür ist der Eintritt Deutschlands unerläß
Getränken.
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Die Sihung der Minister.
Notifizierung.- Bölkerbund.- Zölle.- Bürgerblock.
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Heute um 11 Uhr vormittags tritt unter dem Borsiz des Reichspräsidenten der Kabinettsrat zusammen. Er wird manche Dinge ruhiger sehn, als sie noch vor zwei Wochen betrachtet worden wären, und so hat in diesem Fall der Grundfatz Gile mit Weile" einen gewissen Erfolg zu verzeichnen. Es ist nicht anzunehmen wir sagen das aus Respekt vor der Intelligenz der Herren Minister, daß sich heute im Kabinettsrat auch nur eine einzige Stimme erheben könnte, um die sofortige Notifizierung der Kriegsunschulderklärung vorzuschlagen. Selbst die„ Deutsche Tageszeitung" hat sich bereits zu dem Geständnis durchgerungen, daß in der Frage der Notifizierung der psychologische Augenblic" verpaßt worden sei. In der Kreuzzeitung " freilich wir sprechen an anderer Stelle ausführlich darüber verficht ein Geheimer Justizrat das erworbene Recht der Deutschnationalen , deutschabträglich zu wirken, auch jetzt noch auf das allerentschiedenste. Doch auch dies ist nur ein Rückzugsgefecht. Wir zweifeln nicht daran, daß die Deutschnationale Bartei in diefem Fall zur Taktik des wohlerzogenen Säuglings entschlossen ist, daß er nichts kriegt, den Finger in den Mund steckt und sich der zwar zunächst ein wenig schreit, dann aber, wenn er sieht, zufrieden gibt.
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Deutschlands in den Völkerbund. Auch diese AnNicht ganz so einfach liegt es mit dem Eintritt Bank geschoben worden. Heute wird man auch das sagen gelegenheit ist, offenbar der Barität wegen, auf die lange in der Reichsregierung allgemein einsehen, daß das ein wir aus Respekt vor der Intelligenz der Herren Minister Fehler gewesen ist. Denn so richtig es ist, Dinge hinauszuschieben, die man vernünftigerweise am besten überhaupt nicht tut, so falsch ist es, sich gegen das zu sperren, was vernünftigerweise doch getan werden muß. Deutschland wird in den Bölkerbund eintreten, früher oder später, darum wäre. es beffer gewesen, die überflüssigen Zwischenspiele zu ersparen, die dieses kommende Ereignis begleitet haben.
Amt betroffen haben, verdient eine noch ein Nachwort. Wenn hier angenommen wurde, Herr Stresemann habe sich bezüglich der Unterhaltung von Henley zunächst durch ungeschick, dann durch Schlimmeres in Widerspruch mit der Wahrheit gesetzt, so sei gern festgestellt, daß sich diese Auffaffung nicht festhalten läßt. Freilich, wenn die Engländer behaupten, in Henley sei vom Bölkerbund die Rede gewesen, und die Deutschen das bestreiten, so liegt ein unlöslicher Widerspruch vor, der peinlich wirkt. Aber die Sache wird wohl so gewesen sein, daß die Engländer nur englisch geprochen, die Deutschen nur deutsch verstanden haben und bie Vermittlung nicht auf der Höhe gewesen ist. So erflärt sich manches, aber schön ist es so eben auch nicht.
Bon den Dementiertatastrophen, die dabei das Auswärtige
Deutsch - englische Wirtschaftsverhandlungen erteilen zu fönnen wie 1914 Kriegserklärungen. Zu leicht
England fordert Meistbegünstigung.
Itch. Ich glaube nicht, daß diesem Eintritt Deutschlands von dem Bölferbund ernsthafte Schwierigkeiten im Wege stehen. Wenn ich im vorigen Jahre davon sprach, daß die sachlichen Voraussetzungen London , 22. September. ( WTB.) Der diplomatische Bericht für den Eintritt noch nicht gegeben feien, fo läßt sich das heute nicht erstatter des„ Daily Telegraph " erfährt, die Vorbereitungen in demselben Maße jagen, nachdem in England wie in Frankreich die für einen englisch deutschen Handelsvertrag feien fo Schwierigkeiten beseitigt wurden und auch in Deutschland die Stim weit gefördert, daß ein voller Entwurf, der von den Sachverstänmung zum Eintritt in den Bölkerbund ebenfalls eine andere gewordigen des Handelsamies ausgearbeitet sei, bereits der deutschen den ist. In der Erklärung einiger Punkte bleiben allerdings noch Regierung mitgeteilt worden sei, und daß die SachZweifel bestehen. In der Frage des ständigen Ratssizes, auf den verständigen gegenwärtig die Bedingungen der Vorschläge einer geDeutschland als Großmacht Anspruch erhebt, find noch einige technauen Prüfung unterzögen. Die Ergebniffe diefer Prüfung würden nische Schwierigkeiten zu erledigen, da zurzeit kein mit der britischen Sondermission, welche diese Woche nach Berlin freier Ratssitz vorhanden ist und noch andere Mächte gleichfalls abreift, erörtert werden. Den Mittelpunkt des britischen Entwurfes Anspruch auf einen ständigen Ratssig erheben. Man wird im Laufe bilde fast ausschließlich die Forderung nach Behandlung als der jetzigen Tagung faum noch diese Frage erledigen, da die Zeit zumeist begünstigte Nation, ohne daß indessen detaillierte Inapp geworden ist. Nachdem in diesem Punkte Klarheit geschaffen Angaben gemacht würden. Die Tatsache, daß die britische Regierung ist, wird sich der Eintritt Deutschlands leicht gestalten. Eine weitere einen folden Entwurf hergestellt hat, ohne zuvor einen beratenden aswiffe Schwierigkeit liegt in der Frage der Militär kontrolle, Ausschuß zur Verteidigung der Interessen der britischen Industrie die an sich kein Hindernis für den Eintritt darstellt, deren Ergebnis einzuberufen und um Rat zu fragen, wird in Geschäftskreisen ausman aber doch abwarten sollte, um eventuell erhobenen Einwänden führlich fritisiert. Ein solcher Ausschuß werde vielleicht erst in entgegentreten zu können. Ich selbst wünsche nur baldige Ueber- Tätigkeit treten, wenn die Grundfäße, die den Vertrag beherrschen, nahme der Kontrolle durch den Völkerbund. Die allgemeine bereits zwischen den beiden Regierungen vereinbart worden seien. A brüstung ist unerläßlich. Sie muß von allen Staa. ten in gleicher foŋaler Weise durchgeführt werden. Dazu ist natürlich noch viel Arbeit nötig. Aber ich glaube, daß wir auf dieser Tagung einen tüchtigen Schritt vorwärts gefommen find.
Paris , 22. September. ( Eigener Drahtbericht.) Die Abend blätter des Nationalen Blods, Intransigeant" und berté", protestieren lebhaft gegen die bedingungslose Bu laffung Deutschlands in den Bölferbund und gegen die Gewährung eines Ratsfizes. In der ,, Liberté" heißt es, daß das der erste Schritt auf einem Bege fein werde, ber zur vollständigen Revifion der
Nie wieder Krieg!
Der Zwischenfall hat nicht verhindert, daß die Bemühungen, Deutschland für den Völkerbund zu gewinnen, fortgesetzt worden sind. Sie waren so herzlich, daß die Fortsegung des Widerstandes als eine gewollte Unfreundlichfeit empfunden werden müßte. Es wird zu überlegen sein, ob wir in der Lage sind, 1924 nach allen Seiten hin Körbe fönnte daraus der Eindruck entstehen, daß mit Deutschland überhaupt feine Politik zu treiben ist, und daß die Deutschen weder sich helfen lassen, noch sich selber helfen fönnen. Eine Entscheidung für die unfruchtbare Negation gegenüber Genf fönnte in gleicher Weise einen Wendepunkt der auswärtigen Politik bedeuten wie seinerzeit die unfruchtbare Negation gegenüber dem Haag.
Die Frage ist jetzt, ob Deutschland sofort in den Völkerbund aufgenommen werden und sofort den ihm zweifellos gebührenden Sitz im Rat erhalten kann. Die Beratungen der Völkerbundversammlung nähern sich ihrem Abschluß, das eingetretene Versäumnis fällt zweifellos der deutschen Zauderpolitit zur Laft. Die Völkerbundversammlung wird den deutschen Quertreibern das Handwerk legen, wenn sie sich die Beit nimmt, einen Antrag Deutschlands sofort positiv zu ers ledigen und den Deutschen einen Sig im Rat einzuräumen. Bestrebungen von seiten friegsneutraler Mächte sind unseres Wissens zurzeit wirksam, um alle Widerstände zu überwinden. Aber selbst wenn die Ansicht durchdringen sollte, daß die Entscheidung formell einer neuen Bersammlung im Des zember dieses Jahres zu überlassen sei, läge darin fein Grund, von einem Aufnahmeantrag abzusehen.
Erfolgt er, so werden die Deutsehnationalen diesen Vorgang mit einem weinenden und einem lachenden Auge betrachten. Sie hoffen, in längstens vierzehn Tagen in Große Kundgebungen in Australien . der Regierung zu sein, und da kann es ihnen ja nur passen, Melbourne , 22. September. ( WTB.) Die Arbeiterorga wenn diese peinliche Frage schon durch eine zuvor gefällte nisationen veranstalteten im Zusammenhang mit der Bewe- Entscheidung erledigt ist. Dadurch kommen die um die Ber gung gegen den Krieg große Kundgebungen in allen wichtigen legenheit herum, später als Regierungspartei den Eintritt in Städten Australiens . Bertreter religiöser, politischer und anderer den Völkerbund befürworten zu müssen, und Herr Hergt Störperschaften hielten dabei Ansprachen. In einer in Melbourne fann die für ihn wie für andere reizende Aussicht, Deutsch veranstalteten Rundgebung wurde eine Entschließung angenommen, land als Reichskanzler oder als Außenminister in Genf ver in der u. a. die vollständige Abrüstung und das Aufhören der Vertreten zu dürfen, ohne bitteren Nebengeschmack genießen. herrlichung von Kriegstaten in den Schulbüchern gefordert wird. Da sich die Beratungen des Kabinetts auf die politische