GeiverDhastsbswegung «.Das Gift ües Marxismus�. Eine recht dankbare Aufgab« wär« eine Untersuchung darüber, wie weit der Prozeh der Abhängigkeit der Vertreter der Wissen- schasten von der Industrie in Deutschland vorgeschritten ist. Dabei würde natürlich zu unterscheiden sein zwischen der fach Wissenschaft- lichen Tätigkeit im Dienste der Industrie und der literarischen Tätigkeit der„freien",„unabhängigen" Gelehrten zur 2er. fechtung der Unternehmerinteressen in dem Kampfe zwischen Kapital und Arbeit. Es liegt uns fern, daraus einen Vor- wurf zu konstruieren Die Verhältnisse der Nachkriegszeit haben meht denn je auch die Wissenschaft gezwungen, nach Brot zugehen. Es ist jedoch ein wesentlicher Unterschied, ob ein materiell unabhängiger Vertreter der Wissenschast die Resultate feiner Forschungen und Untersuchungen publiziert oder ein Ab- gebauter sich irgendwie seinen Lebensunterhalt erwerben muh. „Im Freistaat Sachse:, geht der geisüiche Herr in die Hand- und Bergwerke, in der syauprstadt schaufett der Geheime Rat seine Kohle, selbst Hand anlegend, in den Keller des Hauses, und Schriftsteller und Gelehrte haiädhoben die Werkzeuge in eigener Regie— all dies wegen eigener finanzieller Nöt« oder wegen Versagens der Hilfe m Haus und Hof." Gerade aus unserer materialistischen Beurteilung der Dinge kommen wir zum rechten Verständnis für sie imb finden es daher euch begreislich, wenn Doktoren und Professoren ihre Federn in Dienste stellen, die sie unter anderen Verhältnissen verschmäht hätten. Allein die Betreffenden müssen dann schou gestatten, daß wir bei der iritischen Würdigung ihrer Publikationen diesen wesentlichen Unterschied von vornherein in Betracht ziehen, selbst auf die Gefahr hin, zu verallgemeinern, die nur bei der Per- fonenkenniais in jedem einzelnen Falle zu vermeiden wäre. Abge» sehen von der Tendenz bietet die Art derartiger Auslassungen in der Regel jedoch einen gewissen Anhaltspunkt für die notwendige Unterscheidung. Nach dieser allgemeinen Betrachtung kommen wir zu einem Artikel, den Profeffor Dr. H. Lehmann- Aachen über„Unser Verhältnis zur Arbeit" für die Zeitschrist der Bereinigung der deut- scheu Arbeilgeberverbände,„Der Arbeitgeber", schrieb.„Die auf Arbeit eingestellte deutsche Volksseele ist ge- radezu verwüstet worden," klagt der Verfasser. Er führt dafür ein« ganze Reihe von Erklärungen an, vermeidet es aber, sie als das zu bezeichnen, was sie sind, als Kriegsfolgen. Zweifellos müssen wir einmal darüber hinwegkommen. Daß es sich hierbei in der Hauptsache darum handelt, ausreichende Arbeits- gelegenheit zu beschaffen, ist richtig. Daß noch weit«, unkultivierte Brachländereien zu kultivieren sind, hat der Marxist August Bebel schon zu ei\er Zeit betont, da die nötigen Mittel dazu verfügbar gewesen wären, wenn damals der Militarismus nicht olles verschlungen hätte. Der Herr Professor schlägt nun vor,„im Rahmen der produktiven Er- werbslosenfürsorge" das Problem zu lösen. Ein Hindernis erblickt er in dem mangelnden„guten Willen unserer stadtgewohnten Arbeiterschaft zu solcher Umstellung" und auch von Zwangsmah- nahmen verspricht er sich keinen Erfolg. Er versucht es daher n.it Zureden unter Hinweis daraus, daß der geistliche Herr ins Berg- werk ging und der Geheime Rat seiire Kohlen in den Keller schauftln half. So dürfe auch der Tagelöhner und gewerbliche Facharbeiter vor ungewohnter Beschäftigung nicht haltmachen,„selbst wenn sie schwer ist". „Er darf nicht erst abwarten, bis die Arbeit von selbst kommt, in dem Gedanken, lieber die bequemere Erwerbs- j losenunterstützung zu genießen." Damit zeigt unser Professor, daß er leicht fertig ist mit dem Wort über Dinge, die er nicht kennt. Mit diesem«inen Beweis begnügt er sich jedoch nicht. Er verfährt gründlich. Die Widerstände, die sich seinein Plan entgegenstellen, erblickt er in der Schematisie- rung der Arbeitsbedingungen, in der ganzen konstitutionellen Ar- beitsversassung. Er wendet sich gegen die angeblich öfsentlichrechtliche Schematisierung der Arbeitszeit und der Lohntarif«. Der kostspielige Apparat verfehle seinen Zweck, denn: „Ein zuverlässig wirkendes System zur Beseitigung von Streiks hat der menschliche Geist noch nicht zu entdecken vermocht. In dem äußerlich ansehnlichen Prachtbau der nachkriegszeitlichen Sozialpolitik, dem„Haus« der Arbeit", fühlt sich eigentlich keiner der Eintretenden recht wohl, die Nächstbeteiligten, Arbeiter und Unteruehmer am allerwenigsten, denn es ist keine Stätte des inneren Ausgleichs sozialer Anschauungen, sondern der Kampfplatz zwischen den realen Wirtschastsmächten Kapital und Arbeit ge- worden." Ttem Herrn Professor Lehmann fehlt es an dem rechten Maß-
stab bei dieser Betrachtung. Er, der einleitend selber die Ursache angedeutet hat für di« hinter uns liegende Periode einer geringeren Arbeitsintensität, behauptet, „daß unter dem Achtstundentag und dem Lohntarif das Der- hältnis zur Arbeit kein positives, aktives mehr geblieben ist: es ist ein negatives, passives geworden." Daß schon in der Vorkriegszeit Tarifverträge bestanden mit Lohnregelung und einer Regelung der Arbeitszeit, die vom Acht- stundentag teilweise nur wenig entfernt war, braucht kein Professor zu wissen, wenn er darüber schreibt. „Richtig gesehen, ist die mathematische Formel des drei- geteilten Tages überhaupt nicht zutreffend, sie heißt doch tatsächlich acht Stunden Arbeit und 16 Stunden Ruhe." Eine ander« Brille. Herr Professor, Sie sehen falsch!— Bei dem Geistesarbeiter und in der Landwirtschast habe ein solches Gesetz (wie es Prof. Lehmann hier mit 16 Stunden Ruh« konstruierte) niemals gegolten. Im Handwerk der guten alten Zeit habe sich das „Tagwerk" vollzogen, solange die Sonne am Himmel stand, d. h. solange bei Tageslicht gearbeitet werden konnte. Dieser halben Wahrheit aus der gmen alten Zeit stellt Lenmann gegenüber: „Nur der gewerbliche Betrieb soll nach marxistischer Lehre dazu verurteilt sein, diese Fesiel(der 16 Stunden Ruhe!) zu tragen." Auch die„Tariffessel" sei untragbar, weil das Risiko neuer Der- fahren, Methodsn usw. von vornherein nicht emtalkuliert werden könne.„Der Zwang des Tarifes drängt überhaupt den freien Willen vorwärtsgerichieter Menschen zurück"— die für die gute alte Zeit schwärmen. Letzten Endes ist aber an den„Fesseln" nur der Sozia- lismus schuld. „Heute aber frißt das Gift des Marxismus weiter, und dem zwanzigsten Jahrhundert scheint di« besonder« Aufgabe gestellt zu sein, hiermit ins reine zu kom.ikien, oder die bereits betretene schiefe Ebene weiter zu rollen." Daß der Marxismus den Krieg oerschuldet habe, behauptet auch Professor Lehmann mcht. Dennoch sucht er den Marxismus indirekt für die Kriegsfolgen verantwortlich zu machen. Er müßte sich immerhin fragen, wie es nur möglich ist, daß trotz der vielen Lehmänner, die den Marxismus schon bekämpft, ihr Gegengift gegen 'ihn verspritzt haben, sein„Gift" immer weiter„um sich frißt". Leider wirkte da?„Gift' des Marxismus" nicht stark genug vor dem Kriege. Sonst ließe sich auch für manche Professoren heute deutlicher erkennen, daß das, was sie gedankenlos nachplappernd als „Gift" bezeichnen, ein« wissenschaftliche Erken-.vtnis ist, obwohl sie dem Unternehmertum nicht in den Kram paßt und sie deshalb von seinen literarischen Klopffechtern mit weit mehr Eifer als Erfolg bekämpft wird, zumal man di« Absicht merkt.
Lohnbewegung üer Eisenbahner. Die Spitzenorganisotionen der Eisenbahner sind— wie die TU. berichtet— gestern nachmittag im Reichsfinanz. Ministerium vorstellig geworden, um eine Erhöhung der Löhne bei der Reichsbahn zu beantragen. In Vertretung des Reichsoer- kehrsministers, der verhindert war, empfing Ministerialdirektor H i tz l e r die Organisationen. Die Vertreter der Eisenbahner haben das vereinbarte Lohnabkommen nicht gekündigt. Vom Reichs- Verkehrsministerium wurde den Organisationen bedeutet, sie möchten zunächst einmal den Erfolg der von der Regierung eingeleiteten Preisabbauaktion abwarten. Die Entwicklung der nächsten Zeit werde ergeben, ob eine Erhöhung der Löhn« notwendig sei. In- folgödessen wurden von den Organisationen keine bestimmten For- derungen vorgebracht. Die Organisationen werden in den nächsten Tagen zusammentreten, um darüber zu entscheiden, ob sie sich mit der Stellungnahme der Reichsverkehrsverwolttmg einverstanden er- klären wollen.-__ Lohnabbau der Schuhfabrik E. Pinner Nachf. Die Firma Emil Pinner Nachfolger, Inhaber Leo Borinski, Berlin , Köpenicker Str . 127, versuchte bereits vor mehreren Wochen, einen Lohnabbau durchzusetzen. Der Anschlag fcheilerte damals an dem Widerstand der Belegschaft. Die Firma ging jetzt aufs Ganze. Am 13. September wurden dies? Arbeiterinnen in der Stepperei entlassen. Dem Betriebsrat, der sonst für die Firma nicht zu existieren scheint, wurde mitgeteilt, ebenso den entlasienen Arbeiterinnen, sie würden sämtliche wieder ein- gestellt, wenn sie sich eine Lohnkürzung gefallen ließen. Ueber das Maß der Lohnverschlechterung wollte man mit der Organi, sation verhandeln. Der Berfteter der Arbeitnehmer forderte in den Verhandlungen, daß zunächst die unter Bruch des Tarifoer- trags und Verletzung der Stillegungsverordnung erfolgte Enllassung der Arbeiterinnen rückgängig zu machen fei. Dann solle über di« strittigen Punkt« verhandelt werden mit der Maß- gäbe, daß all« Akkord, und Zeitlöhne nachgeprüft werden. Wo die Akkordlöhne zu hoch erscheinen, soll eine Kürzung erfolgen zugunsten der schlechtbezahltesten Arbeiterinnen. Die Verhandlungen scheiterten, da die Firma es ablehnte, ihren Gewaltakt rück- gängig zu machen, den Arbeiterinnen den ihnen dadurch entstandenen
Schaden zu ersetzen und unter dem Druck desselben die Zustimmung zu einem Lohnabbau bis zu 3S Proz. forderte. Da die Firma behauptete, sie zahle übermäßig hohe Löh ne, ist fest- zustellen, daß von den 57 Arbeiterinnen in der Stepperei 2 0 die M i n d« st s ü tz e des Reichstarifvertrags erhielten, zwei Akkord- arbeiterinnen 123� Proz. weniger als den erreichbaren Mindest- akkordlohn und di« übrigen 33 nur bei äußer st er Ausnutzung ihrer Arbeitskraft über die Mindestsätze des Tarifs teilweise weit hinauskommen. Der Durchschnittsverdienst aller Zeit- und Akkordlohn-Arbeiterinnen liegt um 24 Proz. über dem tariflichen Mindestlohn: ein Prozentsatz, wie er in den übrigen Berliner Schuh - sabriken üblich ist. Durch das tarff- und gesetzwidrige Vorgehen der Firma sind die übrigen Abteilungen des Betriebes bereits ins Stocken geraten, jo daß in der Woche vom 22. bis 27. September teilweis« nur ein Tag gearbeitet wurde und in kurzer Zeit der ganze Betrieb zum Erliegen kommt, wodurch etwa 300 Arbeitnehmer brotlos werden. Die gesamte Kollegenschast ist gewillt, den Abwehrkampf gegen den Lohnabbau zu führen, weiß sie doch, daß hinter der Firma Pinner der Fabrikantenverband steht, der für die Durchsetzung des Lohnabbaues die Kosten nicht scheut.
Das Lohnabkommen der Bauanschläger. Das Lohnabkommen für die Bauanschläger läuft am S.Oktober ab. Es sieht einen Stundenlohn von einer Mark vor. Wie uns mit- geteilt wird, haben die Unternehmer nach dem Streik im Mai, der von den Anschlägern mit großer Erbitterung geführt wurde und der mit einem vollen Erfolg für die Streikenden abschloß, nicht die Absicht, den Lohntaris zu kündigen. Für den Fall der Kündigung hat aber die BcrhandlungSkommission der Anschläger freie Hand für etwaige Verhandlungen._ Entlassungen bei Benz in Mannheim . � Blättermeldungen aus Mannheim zufolge beabsichtigt die Firma Benz u. Co. morgen Sonnabend 300 Arbeiter wegen Geldmangels und Absatzschwierigkeiten zu entlassen. In einer Belegschaftsoersammlung, die sich am Mittwoch mit der Sache be- faßte, wurde eine Entschließung angenommen, di« gegen die Entlassung protestierte und von der Direktion verlangt, daß alle Mittel, auch Kurzarbeit, angewandt werden, um die ganz« Belegschaft ohne Entlassung über den Winter zu beschäftigen. In jedem einzelnen Falle der Stillegung müßte gründlich nach- geprüft werden, ob sie irgendwie begründet ist, oder ob es sich nicht um absichtliche Manöver handelt zu naheliegenden Zwecken. Die Gemeingefährlichkeft der kapitalistischen Wirtschaftsordnung kommt so oder so in diesem üblen Spiel mit Arbeiterexistenzen zu sinn- fälligem Ausdruck. 4200 Bergarbeiter mit Familien brotlos: Aus Bochum meldet WTB., daß von der Generaldirek- t i o n der Deuisch-Luxemburgischen Bergwerks- und Hüttengesellschaft die vom Gesamtbetriebsrat verbreitet« Mitteilung über die beab- sichtigte Entlassung von 4200 Bergarbeitern der Gesell- schaft, die sich auf fünf Zechenanlagen oertellen, bestätigt. Der Grund sei in Absatzschwierigkeiten im Ruhrbergbau zu suchen.„Zu dem schon heute sich auf 200 000 Tonnen belaufenden Kohlen-, Koks- und Brikettlagerbestand müssen täglich bis zu 4000 Tonnen auf Lager genommen werden. Dies stellt ein« unerträgliche finanziell« Be- lastung der Gesellschaft dar. Daher ist die Entlassung leider nicht zu umgehen."
Aus Polnisch Oberschlefien. Ueber die Lohnforderungen der Berg- und Hüttenarbeiter wird einSchiedsgericht entscheiden, da« in den nächsten Tagen zusammen- treten und einen verbindlichen Sch iedsspruch fällen solk- Die Industriellen erkläre».. daß. eine. Lohnerhöhung die Erhöhung der Eisen» und Sohlenpreise notwendig mache, was zur Tchließuug einer ganzen Reihe von Betrieben führen müsse.— Seit 1. August sind die Lebensmittel um 6 Proz. gestiegen. Die Zeitungen in Krakau behandeln in ausführlichen Artikeln die Ernährung?- fchwierigkeiten in Polnifch-Oberfchlesien und fordern die Regierung zum Einschreiten gegen den offenbaren Lebens- m i t t« l w u ch e r auf, der sich dort breit mache. Es wird u. a. behauptet, daß die polnisch« Arbeiterbevölkerung OberschlefienS sich lediglich von Suppenwürfeln und von Makkaroni-Produkten nähre.
lta der vorislawer Raphthaindustrie kam es— wie aus Lemberg berichtet wird— zu einem Lohnabkommen, worin den Arbeitern Wohnungs« und Kleiderzulageu zugebilligt wurden. Der Streik ist damit beendet.
Verantwortlich für Politik: Ernst«enter; Wirtschaft:»rtnr Saternn«; Srwerkschaftsbcweguna: z. Steiner: Feuilleton: De. Zohn Schik»«,«: Lokale, und Sonstiges: Fritz«arftäM: Anzeigen: Zh«Uste; sämtlich in Berlin . Verlag: Borw-rt-.B-rlag 6. m. b. S. Berlin. Druck: Vorwärts. Buchdruckerei und Berlagsonstalt Paul Singer u. To.. Berlin S». 68. Lindenstra�e 8. Sieejn 1«eilagea.
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