Nr. 46$ ♦ 41. Jahrgang
1. Heilage öes vorwärts
Sonnabenö, 4. Oktober 1424
Sonntägliche wanöerziele.
Km Storkower See. Dom Görlitzer Bahnhof oder von der Stadtdahn(n Niederschöneweide umsteigen) fahren wir über Königswusterhausen l meist umsteigen) nach Storkow (SonntagskarteV Umfangreiche Seen breiten sich in der Nähe der Stadt aus. Im Süden liegt ein großer See, dessen einzelne Teile verschiedene Nomen führen, Schaplowsee, Groß-Schauener See, Großer Wochowsee und Großer Selchower See. Gen Südost erstreckt sich der Große Storkower See oder Dolgens?«, der wiederum mit dem Scharmützels«« in Ver- dindung steht. Vom Bahnhos wandern wir in die Stadt. Dos Land Storkow kam. ebenso wie die Landesteile Beeskow , Teupitz und Zossen , erst im 16. Jahrhundert zur Mark Brandenburg. 1SS6 wurde die Herrschaft dem damaligen Markgrafen von Brandenburg über- geben. Vorher gehörten Storkow und die Lausitz zu Böhmen . Die älteste Uukunde, in der Storkow erwähnt wird, stammt aus dem Jahre 1209. Di« Stadt hat im Laufe der Jahrhunderte ihren Nomen nicht geändert wenn auch zu manchen Zeiten klein« Abweichungen von der heutigen Schreibweise vorkamen. In einer Urkunde vom Jahr« 1346 ist der Name Storkow genau so geschrieben wie heute. Gin freundliches Städtchen ist Storkow , dessen Stadtwappen einen Storch führt.' Helle, lichte Straßen, saubere Häuschen geben sin schmuckes friedliches Stadtbild. Am Markt steht das Rathaus, ein > Bau aus dem Jahre 1860. Don der Pfiffigkeit der guten Storkower gibt ein« kleine Erzählung ein« Probe, die einem wirklichen Er- eigms seinen Ursprung verdanken soll. Als die Eisenbahn angelegt wurde, hatten die Storkower die Verpflichtung übernommen, die Zufahrtsstraße und den Bahnhofsplatz zu pflastern. Di« Eisenbahn und der Bahnhos wurden gebaut, ober die Storkower machten keine Anstalten, ihrer Verpflichtung nachzukommen: sie glaubten, Straße und Platz würden ihr Pflaster schon erhalten, auch ohne ihr Zutun. Die Bahnoerwaltung dachte jedoch anders. Sie nahm den Bahn- Hof nicht in Betrieb; die Züge hielten in Storkow nicht an, sondern sausten durch. Wollten die braven Storkower verreisen, so mußten sie mehrere Kilometer weit zum nächsten Dahnhos wandern; Storkow hatte wohl«ine Eisenbahn und Bahnhofsgebäude, aber doch keinen Bahnhof. Einige Monate blieb es so," dann besannen sich die Storkower und erfüllten ihre Verpflichtung. Nun hielten auch die Eisenbahnzüge in Storkow an. Durch den nördlichen Teil der Stadt zieht sich der Storkower Kanal. Er geht vom Großen Storkower See zum Wolziger See, der wiederum durch den Langen See bei Prieros mit der Dahme in Verbindung steht. Hierdurch'ist es möglich, von Berlin aus auf dem Wasserweg« bis zum Scharmützel- se« zu gelangen, ein? Wasserstraße, die allen Berliner Wasserfreunden gut bekannt ist. Wir überschreiten den Kanal und verlassen die Stadt. Von der Bismorckhöhe. 52 Meter über dem Meeresspiegel oder 15 Meter über dem Großen Storkower See gelegen, genießen wir«inen prächtigen Rundblick über Stadt, Wasser und Wald. Am Weinberg ivandern wir von der Chaussee rechts ab; gen Südost, auf dem Wege nach Dahmsdorf kommen wir wieder zum See, in dessen Nähe wir einig« Zeit bleiben. Der Kiefernwald, von Hügeln durchzogen, trist bis dicht an den See heran. Nachdem wir Dahmsdorf verlassen haben, wandern wir wieder zum See. Dicht am Ufer führt der Weg hm; links der Wald, rechts das Wasser. Wir kommen zum Ende des Sees; hier beginnt die Niederung, die sich zum Scharmützelsee erstreckt und die vom Storkower Kanal durchflössen wird. Bald haben wir Wendisch-Rietz erreicht, wir sind am S ch a r m ü tz e l s e e. Vom Südende dieses Sees, am gleichnamigen Bahnhof, überblicken wir die weite Wasserfläche in ihrer gesamten Ausdehnung. Weit im Norden tauchen die Rauenschen Berg« und die Soldatenberge südlich von Fürstenwald« auf. Einen Blick noch über„das brandenburgisch« Meer"", wie Fontane den Scharmützelsee nennt, dann geht es weiter gen Nordwest. Zuerst auf der Chaussee, dann links ab durch die große Storkower Stadtforst. Durch hügeliges Gelände führt der Weg, am Nordend« des Kleinen Griesensees vorüber, zum Forsthaus Storkow , am Alten Wochow- se« gelegen. Von hier wandern wir gen Nord. Bald haben wir das Ostufer des Schaplowsees erreicht; vom gegenüberliegenden Ufer grüßt Groß-Schauei. Wir bleiben am See bis zu seinem Nord- ende; hier veriassen wir ihn und wandern rechts ab, nach Storkow zurück. Ruhiger Abendfriede liegt auf dem Städtchen, wenn wir uns zum Bahnhof wenden, um die Rückreise anzutreten. Weglänge etwa 22 Kilometer.
Zur Nömerschanze. Um jenes ehrwürdige Denkmal aus vorgeschichtlicher Zeit, die Römerschanze, kennenzulernen, fahren wir vom Potsdamer Hauptbahnhof oder von der Stadtbahn nach Potsdam . Wir wandern vom Bahnhof über die Lange Brücke und durch die Stadt zum Nauener Tor und zur russischen Kolonie Alexandrowka. Von hier wenden wir uns rechts durch die Alleestroße zum Neuen Garten. Schöne Spaziergänge bietet dieser Park, den wir an seinem Nordausgang, bei der Meierei, wieder verlassen. Wir sind jetzt am Jungsernsee. Durch die Bertinistraße, wo sich die städtischen Wasser- werke befinden, wandern wir weiter; der Weg führt um eine Villa
wcgs abseits von allen menschlichen Siedlungen in der Wildnis, sondern in ihrer näheren und weiteren Umgebung sind viele Funde gemacht worden, die den Beweis erbringen, daß die Gegend in jener Zeit verhältnismäßig reich besiedelt gewesen sein muß. Bei der vor«inigen Jahren angestellten Untersuchung der Römerschanze zeigten sich die Spuren der Holzbauten— Steinmaterial war nicht vorhanden— so deutlich erhalten, sie zeigten eine so sorgfältig und regelrechte Bauart, wie sie selbst bei römischen Anlagen im Westen Deutschlands kaum vorhanden ist. Man konnte den Wallbau miederherstellen, zwei Tor« im Grundriß erkennen und«in Haus völlig übersehen. Vor allem konnte man überall zwei Bau- und Ansiedlungsabschnill« unterscheiden. Der älteste Abschisitt entstammt dem Ausgang der Bronzezeit, ist also etwa 690 Jahr« v. Chr. eist- standen: der zweit«(jüngere) Abschnitt ist frühwendisch, also aus der Zeit um 699 n. Chr. Aus den dazwischen liegenden tausend Jahren sind Spuren nicht gesunden worden, so daß wohl angenommen werden darf, die Römerschanze sei in dieser Zeit nicht benutzt worden. Wir sehen hier eine Anlage, die von germanischen Völkern errichtet und nach langer Zeit von Wenden weiter benutzt wurde. Wir verlassen diese Stätte ehrwürdigen vorgeschichtlichen Lebens und wandern am Ufer des Jungfernsees nach Sakrow . Hier lassen wir uns mit der Fähre über die Havel setzen und wenden uns dann gen Süd zur Glienicker Brücke . Die Straß« siihrt unmittel- bar neben dem Fluß hin. Bon der Brücke überschauen wir noch einmal die schön« Havellandschaft. Die breiten Wasserflächen, die waldgekrönten Höhen, si« grüßen uns zum Abschied; dann wandern wir durch die Berliner Vorstadt zum Bahnhos Potsdam zurück, um die Heimsahrt nach Berlin anzutreten. Weglänge etwa 23 Kilometer.
herum, dann sind wir wieder am User des Sees. Auf schönem, schattigem Wege kommen wir schließlich nach Nedlitz. Eine Brücke sührt über den Durchstich des Sokrvw-Paretzer Kanals. Dieser kürzt die von Potsdam über Werder führende Wasserstraße der Havel um ein beträchtliches Stück ab. Der Kanal verbindet den vor Potsdam von der Hovel abgehenden Jungfernjee mst dem Fahr- lander See, führt durch den von der Wublitz durchfloffenen Schänitz- see und mündet bei Ketzin in den Göstinsee, wo er die Havel wieder erreicht. Von der Nedlitzer Brück« wandern wir gen Nord durch Neu-Fahrland nach Krampnitz, am Nordend« des geichnamigsn Se?s gelegen. Dieser See liegt in einer der zahlreichen Rinnen, die die zwischen dem Havelländischen Luch und der Havel sich er- ssteckende Döberitzer Hochfläch durchziehen. Die Rinne beginnt im Ferbitzer Bruch nördlich von Ferbitz und nimmt ihren Lauf in südösstichr Richtung, anfangs vom Großen Graben durchflössen. Abwärts von Krampnitz erweitert sich die Rinn« und wird von S«en erfüllt, dem Krampnitz-, Lehnitz- und Jungfernjee. Mit diesen mündet die Rinn« in die Havel . Von Krampnitz wandern wir an- fangs in südöstlicher, dann in südlicher Richtung, östlich vom Reh- berg vorüber, zum Ostuser des Lehnitzscss. Der Weg führt unmittel- bar am See weiter. Am südlichen Ufer liegt eine natürlich Er- Hebung, die von der Römerschanze gekrönt ist. Diese Schanze ist ein alter vorgeschichtlichr Burgwall, ein Ringwall, einer der am besten erhaltenen in Norddeutschland. Der Name Römerschanze hat mit den Römern nichts zu schaffen, denn dies« waren niemals bis in die Mark Brandenburg vorgedrungen: er ist vielmehr ohne Zweifel entstellt worden aus Räuber- oder Röberfchanze. In alten Chroniken wird die Schanze auch als„K ö n i g s w a l l" bezeichnet; der Wald, in dem sie liegt, ist der„Königswald", und der Weg, der südlich an ihr vorübersührt, der„Königsweg". Der Berg, auf dem die Römerschanze angelegt ist, erhebt sich 29 Meter über den See- spiegel. Sein Gipfel bildet nahezu«in Viereck von 175; 125 Metern Seitenlänge. Diese Hochfläche brauchte nur mu einem Wallgürtel umgeben und der Sumpsssteifen im Westen, wie es geschehen ist, durch einen kurzen Durchstich mit dem See verbunden zu werden, um eine sehr starte Schutzwehr zu gewinnen. Die Burg lag keines-
Eine Kbbaukomöüie. In einem sozialisienreinen Bezirksamt. Die Bürgerlichen hatten gestern einen schweren Tag. Es galt abzubauen in einem Bezirksamt, wo es keine Sozialdemo- k raten zum 5ierausw«rs«n gab. Das sozialistenreine Bezirksamt sühlt sich unter sich so wohl, d-ch es ihm herzlich schwer wird, sich von einigest seiner Mitglieder zu trennen. Tiefe Trauer lag daher über dem völlig verwaisten Magistratstisch. Für die ganze Dauer der Beratung dieser erschütternden Angelegenheit wurde die Oeffent- lichtest ausgeschlossen. Der Ausschuß hatte den Stadtschulrat Dr. F c r b« r und den stellvertretenden Bürgermeister Dr. Bayer zum Abbau vorg«- schlagen. Ueber Herrn Dr. Ferber war sich die Versammlung sehr schnell einig, da selbst seine Parteifreunde zugeben mußten, daß kein Tätigkeitsfeld für ihn vorhanden ist. Um so heißer war der Kampf, der sich um den Volksparteilsr Dr. Bayer«nt- fpastn. Die Volkspartei bracht« den Antrag ein, statt Dr. Boyer den Demokraten Dr. Kuhlmann abzubauen. Ferier war dem Vorsteher der Versammlung bereits am Tag« nach der geheimen Sitzung des Ausschusses ein? von über 499 Beamten unterzeichnete Eingab« eingegangen, nach deren Lektüre man ganz überzeugt sein mußte, daß Dr. Bayer den ganzen Karren wirst und der arm« Be- zirk Tiergarten ohne ihn rettunglos verloren wäre. Trotzdem legte Genosse Pärsch in einem schlichten Berichte die Gründe dar, die die Mehrheit des Ausschusses bewogen hattest, Dr. Bayer für d«n Abbau in Aussicht zu nehmen. Vor allem war die Erwägung maß- gebend gewesen, daß Dr. B. als Jurist und Mann in den besten Jahren noch reichlich Gelegenheit hat, sich umzustellen und«in anderes Arbeitsfeld zu sinden. Dr. K l i n k h ar di(Volkspartei) vertrat dagegen den originellen Standpunkt, daß der 62jährig« Dr. K u h l m a n n. der früher mal Apotheker war, mit Leichtig- keit eisten Posten bekommen könnte und empfahl als besonders geeignet die Uebernahme von Nachtwache a. Genosse B u b l i tz ttat seinen Ausführungen sehr wirksam entgegen. Er wies besonders darauf hin, daß die vorgebrachten Bedenken nirgends maßgebend gewesen waren, wo Sozialdemokraien abzubauen waren. Da die Volkspartei sich auf den Standpunkt stellt«, daß ein« Einzel- stelle überhaupt nicht abgebaut werden kann, wurde ihr der Fall Kreuz berg und Tempelhof zu Gemüte geführt, wo sogar der Bürgermeister abgebaut werden konstte, weil er Sozialdemokrat war, und msbesostder« der Fall Paul- s e n, wo die Volkspartei doch gar keine Bedenken hatte, ein« Einzel- stelle fallen zu lassen. Die Demokraten schloffen sich unserem Stand- punkte an. Der Abbau Bayers schien gesichert, wenn nicht im letzten Moment die Kommuni st en wieder ihr Talent, Kon- fusion anzurichten, ist bewundernswerter Weise betätigt hätte». Herr Goß schoß den Pogel ab, indem er mit dem Anttng hereinplatzte,
Die Familie Frank. Roman von Martin Andersen Rexö. Madam Frank begann, ganz kostbar zu schlucken und den Kopf dazu im Takt hin und her zu schleudern. Thorvald brach in Gelächter aus, ein hartes, heftiges Knabenlachen, das ihn zu sprengen drohte. Sie glich einer Henne, die alle Halsfedern verloren hat und mit ihrem scharfen Kopf nach Fliegen in der Lust herumhackt. Und das Gesicht, das sie ausietzte, es sah unbändig komisch aus. Als sie aber gar nicht wieder aufhörte, wurde ihm un- heimlich zumut, und er starrte sie entsetzt an. Und als sie in einem fort weiter schluckte und den Kopf bewegte, brüllte er laut auf, wurde mitten in seinem Schluchzen von der Komik ihres Ausdrucks gepackt und lachte; doch dann brüllte er noch stärker, während'sie fortfuhr, zu schlucken und den Kopf hin und her zu werfen, regelmäßig wie eine Uhr. Endlich ließ jhp Anfall nach und ging vorüber, und die Tränen strömten ihr die Wangen hinab. Thorvald hatte den Wecken hervorgeholt und vor sie auf die Bettdecke geschoben. Und er nahm auf irgendeine Weise die Gelegenheit wahr, die Hand auf ihre Stirn zu legen, sah jedoch dabei aus wie ein Verbrecher, der auf frischer Tat er- tappt wird. Sie ergrist seine Hand: „Mach dir nur nichts draus, mein Junge, jetzt ist's vor- über.— Aber ich hatte mich für die Weste verbürgt, siehst du; die Leute haben ja Angst vor uns gekriegt feit der Ge- schichte mit dem Rock des Schornsteinfegers. Ich mußte ihn geradezu darum anbetteln, uns die Weste zum Reparieren zu geben, und schließlich sagte er:„Ja. Wenn Sie es versprechen, Madam Frank, dann weiß ich auch, daß Sie es halten.�— Und dann ist sie doch den Weg gewandert. Und woher kriegen wir jetzt Geld, sie einzulösen? Niemand vertraut uns mehr etwas an— nicht mal dreckige Sachen. Denn sie werden jagen— daß wir— es— versetzen." Wieder begann sie zu schlucken. Thorvald verschwand aus der Tür und kam bald wieder herein, die zusammengelegten Fäuste voll klirrenden, rasseln- den Geldes. Er warf die Geldstücke gegen die Decke, und sie regneten wieder über Tisch und Bett herab und weiter auf den Fußboden hin, rollten und klangen und verschwanden in den Winkeln und blieben still liegen. Eine einzelne größere
Münze schnurrte eine Zeitlang herum und wiegte sich, bis sie zur Ruhe kam. Madam Franks Gesicht erhellte sich merkwürdig schnell. Sie reckte den Kopf über den Betttand vor und oerfolgte eifrig, wie Thorvald auf allen vieren nach dem Geld« jagte. „Woher hast du denn all das schöne Geld. Junge?" „Verdient." „Verdient? Du?" „Ja. Lars und ich haben heute beim dicken Mads bedient, und wir beide haben allein für fünfhundert Kronen verkauft." „Und da gab er jedem von euch fünf Kronen?" „Das könnt' er gut tun." „Ja, da hast du recht!— Denn fünfhundert Kronen, das war wahrhaftig eine schöne Einnahme. Aber er hat sich doch auch angestrengt!— 0, du lügst, du Spitzbube, es sieht so einem gierigen Ungeheuer nicht ähnlich, anderen etwas zu gönnen. Ihr habt euch selber das Geld genommen, jawohl." Thorvald knist das eine Auge zu. „Ra, ich halte zu euch. Er hat dir und mir viel Belag vom Brot heruntergeholt, das hat er getan. Es geschieht ihm recht, dem Ungeheuer, der selber nicht nachläßt, eh' er den armen Mann bis auf die Haut ausgezogen hat. Hat er mir nicht neulich eine Rechnung über mehr als hundert Kronen geschickt für„Zeche des Herrn Schneidermeisters Frank", mit der Bitte um baldigste Bezahlung— der Esel! Das ist das einzigemal, wo ich ein bißchen Vergnügen davon gehabt habe, daß Frank trinkt. Es tat einem geradezu gut. Wenn man ihn nur ins Armenhaus bringen möchte, dann stiftete man wenigstens noch ein wenig Nutzen mit der Pichelei." Madam Franks Laune war nach und nach immer besser geworden. Sie lag da, spieste mit dem Gelde und ließ es zwischen den Fingern auf die Bettdecke fließen. „Wenn es nur ausreicht, bis ich aufstehn kann!" „Ach was, ich werd' schon mehr verdienen," sagte Thor- vald und kroch unter die Decke. „Ach, Herrgott, Junge, fabelst du nun auch wie dein Vater?" „Er ist nicht mein Vater," brummte Thorvald. „Rein, Gott sei Dank, also brauchst du ihm nicht nachzu- arten.— Aber nicht jeden Tag ist Waldfest, und was willst du dann anstellen?" „Ich kann doch wohl arbeiten!" „Jösses, ja, es donnert in den Hosen und schlägt in die Holzschuhabsätze ein!— Nein, es ist nicht so einfach, zuzu-
springen, mein Junge, wenn man nie seine Hand gerührt hat, um für ein paar Groschen Nutzen zu tun." Thorvald kannte die Auffassung, die seine Mutter von ihm hatte; er mochte keine Worte verlieren, um sie zu ändern, und fing an zu schnarchen. 16. Als Meister Frank sich selbst überlassen und ermahnt wurde, ruhig nach Hause zu gehen, war sein Kopf nicht in allerbester Ordnung. Es wirbelte und brauste da drinnen wie in einem Bienenkorb, und er bemühte sich vergebens, bloß einen vernünftigen Gedanken durch alle die wirren Vorstellun- gen zu retten, die sich ausgelassen um jeden aufkeimenden Ver- nunftschluß tummelten und gleich auf Abwege führten. Aber so viel war ihm doch klar, daß der Weg zur Glückseligkeit nicht nach Hause führte. Und die Glückseligkeit winkte mit einer Stärke, daß die Verwirrung in seinem Gehirn selbst auf ihrem Höhepunkt ihr keinen Abbruch tun konnte. Als er heut morgen erwachte, hatte er sie in seinem alkoholhaltigen Körper wie eine Der- heißung verspürt, noch bevor er daran dachte, daß heute Ver- fassungsfest war und also der Tag des großen Klubgelages. Doch marternd war der Tag allein durch seine Länge ge- wesen, da jede Minute sich zu einer kleinen Ewigkeit aus- dehnte und den Weg für den Abend verschloß. Und die Menschen legten alle möglichen Versuchungen auf seinen Weg, sperrten ihn mit reinen Jungfrauen ein und ließen Frank durch Schutzleute nach Hause bringen. Aber Frank war nicht so dumm! Er setzte den ihm angewiesenen Kurs in aller Ehrbarkeit fort, bis der Schutzmann außer Sicht war, dann ging er mit glucksendem Lachen schräg über die Wiese auf eine alie Heu- miete zu.„Nee, abgewinkt," rief er und schlug in die Luft, wo der Teufel auf semer Frau herumritt und ihr eine Rute auf dem Rücken festgebunden hatte, so daß es aussah wie ein starrender Schwanz.„Darauf fallen wir doch nicht rein, wir sind nicht eifersüchtig!" Er beschrieb große Bogen, wegen seines kranken Kopfes, doch er selbst war überzeugt davon, daß es geschah, um die Verfolger irrezuführen. An einer Stelle hatte man einen ganze» Bach von Trink- waren angelegt, um ihn in Versuchung zu führen, aber Frank war auf dem Posten. Zuerst legte er sich hin und kostete; und als er fand, daß es nichts für ihn war, watete er resolut hin- durch.(Fortsetzung folgt.)