Nr. 48041.Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Gegen den politischen Personalabbau.
Der Urantrag auf Abänderung der Abbanverordnung.
Der Landtag nahm gestem zunächst in zweiter und dritter Lesung den vom Zentrum vorgelegten Gefetentwurf zur Alenderung der Tarifstelle 58 des Stempelsteuergesetes an und verweist den von den Demokraten beantragten Gefeßentwurf zur Aenderung des Landeswahlgefetzes an den Verfassungsausschuß.
Abg. Hirsch( S03.)
begründet darauf den von Sozialdemokraten, Demokraten und Zentrum eingebrachten Urartrag auf Annahme eines Gefeßes zur Aenderung der Personalabbauverordnung dahin, daß zum Abbau eines Wahibeamten die Zustimmung der Aufsichtsbehörde erforderlich sein soll. Das Gefez soll mit Wirkung vom 1. September 1924 in Kraft treten. Rebner polemisiert gegen die beamten und voltsfeindliche Haltung der Deutsch = nationalen in dieser Frage und hält ihnen abermals besonders die Tatsache vor, daß lediglich, um den politisch mißliebigen Berliner Stadtschulrat Paulsen zu beseitigen, die bürgerliche Mehrheit der Berliner Stadtverordnetenversammlung die Person, nicht aber die Stelle abzubauen beschloffen habe. Man fönne wirklich fragen, ob man in Preußen noch in einem Rechtsstaat lebe,( Lachen und Unruhe rechts.) Wenn noch halbwegs geordnete Zustände in Preußen herrschten, so verdante man das in erster Linie den Sozialdemo fraten( großer Lärm rechts); die Herren von der Rechten waren cerschwunden.( Lachen rechts; Buruf: Wo waren Sie denn?) An erster Stelle!( Lebhafter Beifall links.) Im Volte werde man die standalöse Haltung der früheren Konservativen gegenüber dem Be amtentum nicht vergessen.( Andauernder lärmender Widerspruch rechts.) Mit dem System des Absolutismus einer herrsch. süchtigen Ra ste müsse endlich Schluß gemacht, die Achtung vor dem Gesez endlich verwirklicht werden.( Beifall.)
Abg. Lüdide( dnatl.): Der Vorredner hat uns vorgeworfen, wir hätten den ersten zur Abbauverordnung eingebrachten Gefeßentwurf zu Falle gebracht. Das ist nicht richtig; wir haben ihn in wesentlichen Teilen angenommen. Jeßt rufen Sie( zu den Sozialdemokraten) nach der Aufsichtsbehörde, die im Widerspruch zu den bestehenden gesetzlichen Vorschriften einseitig Beschlüsse von Stadtverordnetenversammlungen außer Kraft seizen foll! Und noch dazu soll dieser Bruch mit dem Bestehenden rüdwirtende Kraft haben; man will also auch schon erledigte Fälle noch einmal zur Erörterung bringen!
Abg. Baumhoff( 3.): Es hat sich leider als notwendig heraus. gestellt, Schutzbestimmungen gegen den Abbau von Wahlbeamten aus politschen Motiven in die Personalabbauverordnung aufzunehmen. Tatsächlich ist auch in Neukölln schlimmster Mißbrauch mit der politisen Macht getrieben worden. Der einzige bürgerliche Stadtrat dort ist abgebaut worden. Diesen Machine. tionen, gleichviel von welcher Seite fie in Szene gesezt wurden, muß ein Riegel vorgeschoben werden. Da die Rechte durch ihre Dbstruktion die Verabschiedung des ersten Gesezentwurfs verhinderte, hoben wir uns entschlossen, auf diesem Wege Remedur zu schaffen. Jedem Abgebauten muß ein Rechtsmittel zur Seite stehen.
Abg. Meyer- Herford ( D. Vp.): Wir haben unsererseits„ Ob. firuttion getrieben, weil wir den Rechtsboden aufrechterholten do wollen, den der sozialdemokratische Antrag völlig verschoben hatte, indem seine Annahme jeden weiteren Abbau von Wahl. beamben bis zum 1. Januar 1925 verhindert hätte. Wir wünschen beldigen Abschluß des Abbaues, aber aus politischen Gründen einen Stein aus dem Gebäude herauszunehmen, dazu sind wir nicht zu haben. Zur Verhinderung des politischen Mißbrauchs find ge nügende Grundlagen vorhanden; die Abbauverordnung ist fein Disziplinargesez, sondern sie soll Ersparnisfe herbeiführen. Der Antrag wird ja wohl einem Ausschuß überwiesen werden; bort mag man seine rechtliche und politische Tragweite gründlich prüfen. Rückwirkende Kraft muß auf jeden Fall aus geschlossen sein.( Beifall bei der D. Bolfsp.)
Abg. König- Weißenfels ( Komm.): Wir sind auch durchaus für Abbau, das heißt für den Abbau aller reattionären, aller antirepublitanischen Beamten. Aber wie steht es in Wirklichkeit? Wir hören, daß noch 90 Prozent aller Beamten des Ministeriums des Innern Reaktionäre sind. In Wirklichkeit wird auch bei dem Abbau, wie er betrieben worden ist, nights gefpart; den Abgebauten stehen ebensoviel und mehr Neuangeftellte gegenüber man hat batsächlich bloß mißliebige Beamte, Angestellte und Arbeiter entfernt. Die Ler Beinert" bedeutet eine grundfäßliche Aendering bes Standpunttes der Sozialdemokraten. Wir, unsererseits, erheben den unbedingten Anspruch auf Bertretung unferer Partei nach ihrer Stärke auch unter den Wahlbeamten. Wir stimmen dem An. trag zu und find mit Ausschußberatung einverstanden.
Abg. Barfeld- Hannover( Dem.) findet es merkwürdig, daß der Borrebner sich auf den Boden der Demokratie stelle; was werde Moskau dazu sagen? Der Abg. Hirsch sei etwas zu weit gegangen, wenn er das Verdienst daran, daß die Beamten heute das Koalitionsrecht haben, ellein für seine Partei reflamiere; Demofraten und Zentrum feien stets ebenfalls dafür eingetreten. Die alten Parteien der Rechten und die Nationaliiberalen hätten ja den Beamten nicht einmal die Einsicht in die Personalatten zugeftanden; noch heute spielten Deutschnationale und die Deutsche Bolkspartei mit dem Gedaufen, den Beamten das Wahlrecht zu nehmen. Auch die heutigen bedeutsamen Erörterungen zeigen, mie sehr die Deutschnationalen auf dem Holzwege find.( Bachen rechts.) Auch in Hannover haben die Rechtsparteien die durch die Ges feze gezogenen Schranken nicht respektiert. Sie sind aus politischen Gründen gegen Leinert vorgegangen.
Der Antrag wird darauf dem zuständigen Ausschuß über wiesen. Die zweite Lesung des
wird darauf fortgesetzt.
Forstetats
Abg. Brandenburg( S03.) fordert, daß der Bertauf des Holzes durch die Bildung einer nach faufmännischen Grund äzen arbeitenden Betriebsgesellschaft möglichst einträglich für die Etaatstaffe gestaltet werde. Wir haben deutsche Arbeitslose im Bande genug, die sich für diese Arbeit durchaus eignen. Die Berwaltung hat einem Herrn Buhold die Ausbeutung eines großen Areals überlassen. Dieser Unternehmer schafft sich riesige Einnahmen auf Kosten der elend entlohnten und übermäßig ange. ftrengten Forsterbeiter; er hat fein Vermögen, und es heißt, bie Löhne für die Arbeiter schieße ihm die Forstverwaltung vor. Es ift ein unwürdiger Zustand, einem folchen Mann so riesige Unter nehmergeminne zuzulchanzen. Traut sich die Forstverwaltung nicht zu, diese Arbeit des Einschlags in eigener Regie auszuführen? Stellt die Forstverwaltung diesen Mßstand nicht ab, so behaltet wir us den Antrag vor, eine Untersuchung stattfinden zu lassen. Die Wohnungsverhältnisse der staatlichen Forstarbeiter sind nach wie vor fast durchweg höchst mangelhaft.
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Abg. Schmelzer( 3.): Im besetzten Gebiet haben die Franzofen durch ihre Ausholzungen leider einen fehr fühlbaren Ausfall in den Einnahmen herbeigeführt. Den durch die Franzosen geschädigten privaten Waldbesigern sollte wenigstens eine fleine Entschädigung gemährt werden. Die Forstabteilungen bei den Regierungen sollten in fellegialer Verfaffung beibehalten werden; man darf die Forst nicht ihrer bisherigen Selbständigteit berauben. follte auf eine einfachste Formel gebracht
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werden und darf den Beamtenapparat nicht vermehren. Der Holzeinschlag hat sich in den Staatsforsten in letzter Zeit durchaus nach dem ft en verschoben, was volkswirtschaftlich angesichts der Höhe der Bahnfrachten für den Westen fehr nachhaltig wirft. Preußen muß unbedingt im Borstand der Reichsbahn- Gesellschaft einen Vertreter haben, der die preußischen Interessen wahrnimmt. Der Brandenburgsche Vorschlag geht zu weit, ob sich mit dem Herrn Buhold alles so verhält, wie vorgetragen, ist doch zu bezweifeln.
Abg. Held( D. Vp.) bebauert die Abholzung großer Wald. flächen, die vielerorts geschehen sei. Man müsse hier sehr vorsichtig fein. Der Redner wendet sich dann gegen verschiedene Erlasse, die vom Ministerium für die Forstbeamten ergangen sind. Er bringt
O. KOESTER
Ich finde, daß mir dieser Volksgemeinschaftsfrac ausgezeichnet steht. Die Richtlinien müßten allerdings erheblich geändert werden, besonders an der rechten Schulter."
ferner eine Anzahl Beschwerden vor, unter anderem auch darüber, daß Beschüsse des Landtages vom Ministerium nicht ausgeführt worden feien.
das Bertrauen seiner Freunde habe. Abg. Dr. v. Winterfeldt( Dnat.) erklärt, daß der Minister nicht
Landwirtschaftsminister Dr. Wendorff erklärt, daß der Haushalt durch die finanziellen Möte bebingt morden jei. Gerade die Einnahmen aus den Staatsforsten feien es gewesen, bie uns über die schwere Beit hinweggeholfen hätten. Daher seien die Einnahmen im Haushalt höher veranschlagt. Menn die Ausgaben beschränkt werden müßten, so fönne man hoffen, daß das in den nächsten Jahren wieder eingeholt werden fönne. Wie groß der durch den Forleulensraß entstandene Schaden ist, sei noch nicht festgestellt. Etwa 200 000 Heftar dürften allerdings vernichtet worden sein. Mit der Niederlegung der geschä digten Bestände müsse sehr vorsichtig verfahren werden, da eine Wiedergefundung vielfach möglich fei. Der Mehreinschlag werde etwa 600 000 Festmeter betragen. Die größte Steigerung habe der Bezirk Frankfurt a. d. Oder aufzuweisen, aber auch in Stet tin werde der doppelte Einschlag vorzunehmen sein. Mit dem Gewina des Unternehmers, dem die Verwertung des eingeschlagenen Holzes übertragen fei, sei es nicht so schlimm wie man annehme. Aufgabe einer Staatsforstverwaltung müffe es sein, den größt möglichen Reinertrag zu erzielen. Diesen Weg habe die preußische Verwaltung beschritten. Die sozialen Maßnahmen werde bas ministerium auch im kommenden Jahre fortsetzen. Außer an Schulen und für Bedürftige werde auch für Siedlungs3mede Holz zur Berfügung gestellt werden. Was die Stundungspolitik an gebe, so fonnte die Staatsforstverwaltung feine Maßnahmen treffen, Die gegen die Finanzpolitit des Reiches gerichtet waren. Die Staatsvermattung habe nicht fo wie die Brivatindustrie oorgehen können. Abg. Stiellerup( Romm.): Auch im Forsthaushalt fallen wir von einer Ratastrophe in die andere. Der Minister hat sich zu rechtfertigen versucht, aber ohne Erfolg. Seine Stundungspolitik hat den Staat in einem Jahre um 26 Millionen Goldmark gebracht. Die Lumpe von Holzhändlern haben auf Kosten des Staates unsinnige Riefengewinne gemacht. Gewisse ost preußische Oberförster haben mit fleinen Kolonnen einjährige Bachtverträge abgeschlossen, die man geradezu als Schanddokumente bezeichnen muß. Die fertdauernden Kahlschläge üben einen unheilvollen Einfluß auf die Ertragsfähigkeit. bes Bodens und machen schließlich Mißernten zur Regel.
Abg. Barteld( Dem.): Die Rede des Abg. Held war doch recht wenig foalitionsfreundlich gegen den Minister. Herr Held ist ein mal beim Landwirtschaftsminister nicht angenommen, mir ist das bei feinem Fraktionsgenossen, den Kultusminister Boelik, öfter passiert. Der deutschvolksparteiliche Minister hat auch den Beschluß, in jeder Schulflaffe eine Tafel mit den Abbildungen der Reichsfahnen anbringen zu laffen, nicht durchgeführt. Warum fezt sich Herr Held nicht mit Herrn Boeliz darüber auseinander, statt daß er mit der ganzen Wucht seiner Autorität den demofras tischen Koalitionsminister Wendorff in so demagogischer Weise vor sein Forum und zur Verantwortung zieht? Würden die Deutsch nationalen bem Minister Dr. Wendorff ihr Vertrauen befunden, so würde ich seiner Amtsführung fehr ffeptisch gegenüber. stehen. Die weiten Flächen Deblandes, die volkswirtschaftlich nußbar gemacht werden können, dürfen nicht länger brachliegen. Darauf wird die Beratung abgebrochen. Nächste Sigung: Mittwoch, 15. Oktober, 1 Uhr: Weiterberatung und An trag der Kommunisten auf Amtsentsegung des Brafibenten Beinert- Schluß: 5 Uhr,
Sonnabend, 11. Oktober 1924
Tagung der pazifistischen Studenten.
,, Die Krise der Gegenwart".
Am Donnerstag vormittag wurde der pazifistische Stu dententongreß in der Hochschule für Politik in Berlin er öffnet. Nach Begrüßungsworten des Vorsitzenden des Bundes pazifistischer Stubenten Wolfgang Medding und einem furgen Vortrag von Horace Thivet über die von ihm gegründete Pazififtenschule in Paris , in der er Lehrer pazifiſtiſcher Gesinnung ausbildet, ergriff das Wort Dr. Paul Honigheim zu einem längeren Bortrag über„ Die Krise der Gegenwart". Er führte im wesentlichen aus: Die Forderung:
„ Krieg dem Kriege" berührt nur ein Teilproblem der Gegenwart. Wir müssen uns fragen, ob überhaupt unsere ganze heute übliche Einstellung zu den Dingen des Lebens richtig ist. Der Mensch von heute befindet sich in der Diktatur tatsächlicher und geistiger Bureaukratie. Zwischen Mensch und Mensch schiebt sich eine rationelle, verstandesmäßige Von Familie und Staat schwärmt man im allgemeinen nur desUeberlegung nach der Zweckmäßigkeit des Verkehrs untereinander. halb, weil die Zugehörigkeit zu ihnen für das eigene Wohlergehen Dorteilhaft ist." Die fanatische Ueberschäzung der Wissenschaft ist ein deutlicher Beweis für unsere feelische Berarmung. Durch die immer weiter fortschreitende Mechanifierung werden die Menschen zunehmend verapparatifiert. Diese Tatsache ist der Fall ins todenlose, sie weist tatsächlich auf den
Untergang des Abendlandes
hin. Bei der Suche nach dem Ausweg aus dem Chaos taucht zunächst die Frage auf, ist das Proletariat von heute fähig, eine neue Kultur hervorzubringen, ist die Jugend von heute anders als das Alter, daß Umsturz und Aufbau positiver Werte zu erwarten wäre? Andererseits erhebt sich die Frage, wer von uns könnte denn heute sein individuelles Wesen abstreifen und sich restlos einer Gemeinschaft" eingliedern? Die Antwort auf die heute zu lösenden Probleme fann nur lauten: Das Gemein schaftsleben unserer Lage als auch das Gemeinschaftsleben nergangener Zeiten fommen für uns als Löfung der Krise nicht in Frage; vor Berflachung oder Verzweifling schüßt nur Arbeit in gegenseitiger Ergänzung und Hilfe in der Erkenntnis, daß der andere anders ist als wir und dennoch das gleiche Recht zur vollen Persönlichkeitsentfaltung befigt wie wir. Ein Pazifismus, der nur ein Kriegsausschalten will, der nicht die restlose Umgestal tung der heutigen Ausbeutungswirtschaft erstrebt, ein Pazifismus, der nicht gleichzeitig Sozialismus ist, ist eine Halbheit. Mehr müssen wir aber auch tun, als 3. B. die Zertrümmerung der aften Schule aller Grode. Unsere Zeit verlangt von uns
Gestaltung des Lebens in einem pazififtisch- sozialistischen Dasein. Bir tommen nicht weiter, solange wir nicht selbst mit dem alten Menschen in uns gebrochen haben, doch wäre es falsch, dogmatische Formeln aufzustellen. Es gibt nur eine Prinzipienforderung: Jeder muß sich in dieser Zeit entscheiden, wie er in Zukunft sein Leben gestalten will Jeder entscheide sich für oder gegen und wähle dann den seinem Wesen entsprechenden Weg.
Die mit außerordentlicher Anteilnahme aufgenommenen Ausführungen Dr. Henigheims löften eine lebhafte Diskussion aus, Am Nachmittag sprach Pfarrer Frosenius. Effenhem über„ Neue Möglichkeiten internationaler Selbstabrüstung".
Der zweite Tag des Kongresses brachte ein Referat von Rüstermeier Hagen über das Thema Pazifismus und Jugendbewegurg". In der Discussion führte Graf Harry Keßler u. a. aus, daß der Pazifismus die politisch- wiffenschaftliche Form sei, um Energie verschwendung in der Weltwirtschaft zu ver= meiden und daß er die einzig mögliche Basis fel. um alle por= handenen Kräfte zum beellen und materiellen Vorteil der Menschheit zu verwerten. Jeder Kampftag weniger sei ein gemaltiger Kräfiegewinn für die Menschheit und für jedes einzelne Bolk innerhalb der Menschheit. Es sei bezeichnend, daß selbst Rechtszu den Genfer Garantieverträgen stellen.
politiker wie die Professoren Hoesch und Kahl sich positiv
Rudolf Goldscheid Wien sprach über die nach seiner Ansicht viel zu wenig beachteten Wechselbeziehungen zwischen Bölkerund Raffengegenfäßen. Die pazifistischen Studentenbünde hätten cine sehr schwere Aufgabe zu erfüllen, da das Feld ihrer Tätigkeit Universitäten feien, an denen im allgemeinen eine nationa= listisch reattionäre, veraltete Wiffenfchaft gelehrt
würde. Sie müßten fich daher auf eine Wissenschaft berufen, die des Bundesvorsitzenden Wolfgang Medding über seine Beobachtun noch feine offizielle Geltung befäße. Ein Lichtbildervortrag gen im zerstörten Nordfrankreich fieferte eine gute Begründung der Forderung:„ Nie wieder Krieg!"
Wirtschaft
Umbildung des Reichswirtschaftsrates.
Die Umbildung des Reichswirtschaftsrats ist in fchter Zeit lebhaft erörtert worden, und zwar torante man es in weiten Kreisen der Wirtschaft schwer verstehen, daß, nachdem der vorfäufige Reichswirtschaftsrat bereits seine Gutachten über die Bildung von Bezitswirtschaftsräten, bes endgültigen Reichswirtschaftsrates usw. abgegeben hatte, der Regierungsentwurf für den ordentlichen RWR. nicht erschien. Die verschiedenen Befürchtungen, bie fich an die Verzögerung des Entwurfs knüpften, treffen aber faum zu, und die Erörterungen werden wahrscheinlich sehr bald nach der Borlage des Entwurfs in ein praktisches Stadium treten. Auch die Frage ber Bezittswirtschaftsräte wird faum den normalen Berg der Dinge rerzögern: das Gutachten des RWR., das ja die spä tere Eingiederung der Vertreter der Bezirkswirtschaftsräte vorsicht, hat darin einen gangbaren Weg gewiesen.
Der bisherige Reichswirtschaftsrat ist naturg näß nicht ohne Stritit geblieben. Der allgemeine Wunsch geht auf jeden Fall dahin, ibn starter als Gutachterorgan, dem vor allem das volle Initiativrecht erhalten bleibt, hervortreten zu laffen. Auf diefer Linie würden sich ohne Zweifel die Absichten der Regierung mit den Wünschen der Wirtschaft treffen. Sehr wahrscheinlich ist auch damit zu rechnen, daß der in Borbereitung befindliche Entwurf den oft erörterten Bedarfen aufgreift, den Referentenentwurf eines Ges fetes dem Reichswirtschaftsrat zuzuleiten, ehe er dem Kabinett vorgelegen hat. Im Interesse einer positiven Tätigkeit des Reichswirt fchaftsrats märe das nur zu wünschen und weiter, um die Beziehung zwischen dem Gutachterorgan und der gefeßgebenden Körperschaft herzustellen, die Ermöglichung einer Einwirtung auf den Ent wurf durch den Reichswirtschaftsrat, nachdem der Entwurf das Kabinett passiert hat und dem Reichstag usw. zugeleitet wird.
Der neue Reichswirtschaftsrat wird den an ihn gestellten Anfprüchen natürlich nur dann gerecht werden können, wenn er arbeitsfähig sein wird. Nach dieser Richtung wird sich dann auch der Entwurf in der Hauptfache bewegen müssen, und sicherlich werden seine entsprechenden Borschläge Gegenstand der kommenden Erörterungen fein. Allem Anschein noch werden diese Borschläge auf der Linie jener Maßnahmen liegen, durch welche die Berordnung Dom 4. Mai 1920, auf der sich der vorläufige Reichswirtschaftsrat ursprünglich aufbaute, infolge der durch die Inflation gebotenen Sparfamfeitsmaßregeln eingeschränkt wurde, d. h. das Plenum wird mehr in den Hintergrund treten, während die Arbeit in ben Ausschüssen mehr tonzentriert werden soll. In ber