Nr.482 41.Jahrgang Ausgabe A nr. 245
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Sonntag, den 12. Oktober 1924
Keine Halbheiten mehr!
Die Halbierten gehen auf's Ganze.
Nach einer Meldung der Expreß- Korrespondenz" sollen zwischen den Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei zurzeit Verhandlungen schweben, die darauf hinausgehen, die Kabinettsumbildung bis Januar zu vertagen. In diesem Falle würde lediglich eine Besetzung der jetzt unbejezten Ministerien in Frage kommen, und zwar durch Persönlichfeiten, die als Fachminister gelten fönnten und den Deutsch nationalen genehm seien. Hierzu schreibt die„ Deutschnationale Korrespondenz" parteiamtlich:
Dieser Meldung jagte jedoch alsbald die folgende hinterdrein: Zu der Mitteilung, daß die Deutsche Volkspartei für den Fall des Scheiternis der Berhandlungen mit den Deutschnationalen den Küdtritt ihrer Minister angekündigt habe, wird der Telegraphen Union mitgeteilt, daß am Freitag keine Fraktionssihung der Deut schen Volkspartei stattgefunden hat, und infolgedessen auch kein Beschluß in dieser Richtung gefakt ist.
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Der von der Krisenmacherpartei Stresemann- Scholz erzwungene Streit um die Erweiterung der Reichsregierung nach rechts fand zunächst ein sturmfreies politisches Wochenende. Am Dienstag soll der Kampf um das fünftige Kabinett der deutfchen Republik fortgeführt werden. Die Entscheidung liegt bei den Demokraten und dem Zentrum. Man sollte meinen, letzten Tagen genügend klar herausgearbeitet wurde, als die daß das Für und Wider der Umbildung der Regierung in den Richtlinien des Reichskanzlers zum Eintritt in die Regierung der Volksgemeinschaft einluden. Ist es doch ein Verdienst der Die Redaktionen der Rechtspresse wurden gestern nachmittag zu haben, in aller Deffentlichkeit sich zu demaskieren. Die von. Sozialdemokratischen Partei, die Deutschnationalen gezwungen Diese Mitteilung ist unrichtig. Berhandlungen der er nur von der Meldung Nr. 1 erreicht. Die Deutsche Tagesden Hergt und Genossen aufgestellten Richtlinien haben gezeigt, wähnten Art schweben nicht. Die Deutschnationalen würden sich auf geitung" brachte sie unter der Ueberschrift:" Ein energi dag die Erbin der preußischen Krautjunterpartei innerpolitisch solche Verhandlungen nicht einlassen. Sie könnten in dieser Zwischen- icher Beschluß der Volkspartei ". Die Nachtaus- auf die Rückkehr zum klassen staat der wilhelminilösung, ganz abgesehen davon, daß sie wieder einmal auf vage Hoff- gabe des" Tag" schrieb:„ Einheitsfront der beiden schen Aera hinsteuert, den sie früher bereits ebenso unzutreffend nungen verwiesen werden würden, weder ein geeignetes Mittel Rechts parteien. Ultimative Forderung der Deutschen als unverfroren den Staat mit dem christlichen erblicken, um der Schwierigkeiten der hochgespannten außen- und Volkspartei." Man darf nun auf die Ueberschriften zur Mel- Kulturboden nannte, obwohl in ihm nicht nur die innenpolitischen Lage Herr zu werden, noch eine Einhaltung der von dung Nr. 2 gespannt sein. der Deutschen Volispartei und der Zentrumsfraktion gegebenen deren Rechtes waren. Sozialisten, sondern auch die Katholiken min. feierlichen Zusicherungen(!), die nunmehr endlich einmal erfüllt werden müssen. Die Deutschnationale Boltspartei wird selbst das ihrige tun, um eine alsbaldige Klärung der Situation herbeizuführen. Der Aeltestenausschuß des Reichstages ist auf Montag zusammenberufen, und die Deutschnationalen werden dabei auf eine beschleunigte Einberufung des Reichs tages dringen. Sollten ihre Vertreter in der Zwischenzeit nochmals zu dem Herrn Reichskanzler wegen Verhandlungen über die Regierungsumbildung berufen werden, so werden sie zum Ausdruck bringen, daß eine flare und endgültige Entscheidung von seiten des. Kabinets und der Regierungsparteien nicht länger hinausgeschoben werden fönne.
Sachlich ist folgendes zu bemerken: Die Deutsche Boltspartei hat die von der Regierung unter Einschluß von Strese mann und Jarres angeblich einmütig aufgestellten Richtlinien für eine fünftige Politik gebilligt. Würde sie jetzt durch ihren Austritt aus der Arbeitsgemeinschaft der Mitte" die Regierung Marr fprengen, so würde sie nach ihrem eigenen Geständnis aus unsachlichen Gründen und frivolerweise eine schmere innenpolitische Krise heraufbeschwören.
Die Bundesgenoffen.
Was sich so christlich zufammentut.
Der politische Beauftragte" der Deutschnationalen Partei, v. Lindeiner, hat eine große Freude erlebt. Auf Grund seiner Anweisung ist die Rechtspresse so gelehrig wie ein Pudel über das Christentumbergefallen, das sie dem Zentrum apportieren sollte. Er 30g an der Strippe und prompt sprangen die Wotansanbeter los von der Deutschen Tageszeitung" über den„ Reichsboten" und die Scherlpresse bis zur Kreuzzeitung". Alle stimmten den gleichen Chorus an; Christentum! Christentum!
tatoren im ganzen Lande denen, die nicht alle werden, den Biel schlimmer ist jedoch, daß die deutschnationalen Agi= Glauben an ein Bismardsches Kanonenchristentum predigen, aber dabei ganz vergessen, daß der oberste Kriegsherr seine Kanonen im Stich ließ und daß bei den Deutschnationalen von heute kein Bismard sitzt. Denn der Entel zählt ja nicht einmal mehr in ihren Reihen, nachdem ihm selbst seine deutschnationalen Wähler das Mißtrauen aussprachen, weil er durch Hochhalten einer roten und Abgabe einer weißen Karte das zweite Versailles " mit beschließen half.
Das Ausland fennt die Deutschnationalen. Essiehtin
ihnen die Revanche partei!. Es hat genügend Belege dafür. Sie werden wöchentlich neu geliefert. 3. B. durch die Regimentsfeiern und Denkmalseinweihungen, für die unsere Patentpatrioten stets Geld genug haben, während die Krieger= witwen und-maisen und die Kriegskrüppel bitterstem Elend preisgegeben sind und, wenn es nach den Deutschnationalen geht, noch stärkere Stockschläge auf den Magen bekommen nationalen Agrarier die Zölle auf jene Höhe zurückzuführen, sollen, wenn es nämlich gelingen sollte, zugunsten der deutschmit der das kaiserliche Deutschland die Armen belastete. mit der das faiserliche Deutschland die Armen belastete.
Zu theoretischen Balavern ist jetzt kein Raum mehr. Nach dem der Plan des Herrn Reichskanzlers, die sogenannte Volksgemeinschaft mit Einschluß der Sozialdemokraten herzustellen, an deren vigener Weigerung zur Anerkennung der Grundbedingungen für eine folche Boltsgemeinschaft gescheitert ist, fommt nur noch eine Regierungsumbildung nach rechts in Frage. Die Deutschnationalen haben ihre Bereitschaft zum Eintritt in eine solche Koalition durch offizielle Beschlüsse ihrer zuständigen Organisationen flar befundet. Ihre Auffassung zu den Richtlinien, die der Herr Reichskanzler ursprünglich zu Zwecken der von ihm betriebenen Boltsgemeinschaft ausgearbeitet hatte, ist der Regierung durch die Aussprache, die zu den einzelnen Punkten der Richtlinien stattgefunden hat, bekanntge geben worden, und es hat festgestellt werden können, daß diese Aussprache immerhin eine geeignete Grundlage für weitere Verhandlungen über die Regierungsbildung geschaffen habe. Nun hat die Regierung im Berein mit den Regierungsparteien das Wort. Die Deutschnationalen erwarten entweder ein be. stimmtes, endgültiges Angebot, gedeckt durch die Schon der Präsident dieser Tagung, der frühere Zentrums nünftiger Mensch im In- und Ausland auf solche Lippen
Regierung, und förmliche Erklärungen derjenigen
Parteien, die sich hinter sie stellen wollen- oder Parteien, die sich hinter sie stellen wollen- oder
aber die Weigerung!
Auf Halbheiten tann sich die Deutschnationale Bolkspartei nicht mehr einlaffen.
gonnen.
der Erwartung, daß das Zentrum bei solcher Anbiederung Und Lindeiner stand als Mephisto grinsend daneben in nicht falt bleiben würde. Dabei hat er sich zwar um einiges perrechnet, aber es tommt ihm doch wenigstens ein Bundesgenosse aus- Kahrbayern! Dort hat soeben die Landesversammlung der Bayerischen Volkspartei be Und diese katholisch- konservative Partikularistengruppe hielt es für nötig, den Helfershelfern des Hitler Putsches den Weg in die Regierung zu bahnen. abgeordnete Sped, versicherte, daß den deutschnationalen Wünschen Rechnung getragen werden müsse. Und Domtapitular Leicht, der Führer der Reichstagsfraktion der Baye rischen Volkspartei, bezeichnete es als eine Schande, daß ein Reichstag, der beinahe zu Zweidritteln aus Bertretern bürgerlicher Parteien zusammengesetzt ist, nicht den Bür gerblod zusammenbringe. Allerdings hätten sich die Deutschnationalen durch ihr rein oppofitio nelles Verhalten die Situation selbst erschwert! Schließlich zog Leicht gegen das Reichsbanner SchwarzRot- Gold" zu Felde. Er bedauerte, daß Dr. Wirth und der badische Staatspräsident Köhler ebenso wie andere Zentrumsanhänger sich daran beteiligten. Eine Organisation, die eine Bewaffnung von Mitgliedern zum Ziele" habe, dürfe nicht geduldet werden, weder rechts noch links! Das flingt schon g'spaßig, Herr Domfapitular! Besonders von dem Vertreter einer Partei, die die Hitler- Banden hat groß werden lassen und die Ehrhardt- Banden selbst auf päppelte. Woher fam euch aber die Wissenschaft, daß das ,, Reichsbanner" die Bewaffnung zum Ziel" habe? Fürchtet Beichen die Mittelparteien vor dieser lächerlichen Drohung etwa die Bayerische Volkspartei wie ihr protestantisch- preußizurück und unterwerfen sie sich dem deutschnationalen Ultischer Bruder, der sich deutschnational" nennt, daß das Reichsmatum, so werden sie die Auflösung damit nicht vermeiden, banner den Reichsgedanken auch gegen die Partikula. höchstens auf Wochen hinausschieben. Aber um die Situation, risten weißblauer Färbung verteidigen könnte? in die sie dann bei den Neuwahlen gerieten, würden sie nicht zu beneiden sein.
Durch die Quertreibereien der Demokraten und die inne ren 3erwürfnisse im 3entrum ist es allerdings dahin gekommen, daß heute der Gedanke der Regierungsumbildung unter Eintritt der Deutschnationalen feine große Wahrscheinlichkeit mehr für sich hat. Mag es dann zum Bruche tommen die Deutschnationalen find auf die Auflösung gerüstet und werden ihre Aufgabe als Oppositionspartei, wenn sie in diese Rolle wieder hineingedrängt
werden, zu erfüllen wissen.
Um die Auflösung zu vermeiden, vor der sie die gräßlichste Angst hatten, stimmten nach dem Geständnis des Er- Chefs der Deutschen Tageszeitung", Ba e der, am 29. August 49 Deutschnationale für ein„ Bersilavungsgeseh". Jezt er klären sie zur Auflösung gerüstet" zu sein. Welche Wendung durch Herrn v. Lindeiners Fühgung!
Halten sie aller stand und ergreifen sie die Offensive, dann
Die Räumung Dortmunds . Dortmund , 11. Oktober. ( WTB.) Cauf einer Mitteilung werdm die Bejahungstruppen die Stadt Dortmund im Laufe des 20. Oftober räumen.
Freilich haben die Deutschnationalen in der vergangenen Woche sich schließlich mit den Marrschen Richtlinien zur Außenpolitik einverstanden erklärt. Sogar für den Eintritt in den Bölferbund sind sie jetzt zu haben, genau wie für die loyale Marg auch im ersteren Falle das Reich durch sein Völkerbunds= Durchführung der Dawes- Gefeße, weil angeblich das Kabinett
Aber wird ein ver
bekenntnisse etwas geben? Weiß man doch allgemein, daß folche Erklärungen nur platonischen Wert haben, weil die Deutschnationalen Wahlen scheuen. Sie fürchten, ihrem Heros Bismard ganz unähnlich, Gott und die Wähler, am meisten aber die deutschnationalen Wähler, denen sie bei der letzten Wahl das Gegenteil von dem gesagt haben, was sie Wähler läßt sie nur noch eine Politik für möglich halten: die jezt zu tun bereit sind. Die Angst vor der Abrechnung der des ungezähmten Drangs nach der Futterkrippe im Reich und in Preußen.
partei, die dieselbe Angst vor den Wahlen hat, was die„ Köl Unterstützt werden sie darin von der Deutschen Volks nische Zeitung" so schön offenbarte, als sie dieser Tage schrieb, partei, die dieselbe Angst vor den Wahlen hat, was die„ Köl daß die Auflösung des Reichstages aus innen- und aus außenpolitischen Gründen eine Katastrophe bedeuten würde. Katastrophe, fa! Aber nur für die Deutschnationalen, um deren Prestigeverlust die Volksparteiler, als die Anhänger der anderen Rechtspartei, dann mitweinen müßten.
Was aber wird das Zentrum tun? Die Kraft des
3entrums hat ihre Wurzeln im besetzten Gebiet. Die Bevölke rung des Rhein - und des Ruhrgebiets ist aus Ueberzeugung für Völkerbundspolitit. Sie weiß, was es bedeuten würde, wenn wieder ein Krieg zwischen Deutschland und Frankreich ausbrechen würde, viel schrecklicher noch als der letzte. Die Fluren an Rhein und Ruhr wären dann Kriegsgebiet für feindliche Flugzeuge und Heere. Die Rhein - und Ruhrbevölke rung will deshalb nur eine Politit der Verständi mieden haben, was dort zu einem Rückschlag führen könnte. gungsgebantens in Frankreich begrüßt. Sie will alles verEine Erweiterung der Regierung nach rechts durch Einbe ziehung der deutschnationalen Revanche partei, das wäre für Poincarés Anhänger ein gefundenes Fressen.
werden die Halbierten halbiert aus den Wahlen zurückkommen. des Generals Mathieu an den Oberbürgermeister von Dortmund gung, fie hat nach dem 11. Mai den Sieg des Berständi
( Siehe dazu auch 2. Beilage 1. Seite.)
Und was tun Stresemann- Jarres?
Zwei T.- Meldungen.
In den Nachmittagsstunden des geftrigen Tages gab die Telegraphen- Union folgende Meldung heraus:
Wie die Telegraphen- Union erfährt, hat die Deutsche Bolfspartei den Reichstanzler dahin verständigt, daß sie bei einer Ablehnung ihres Borschlages auf Einbeziehung der Deutschnationalen in die Regierung ihren Rüdtritt aus der gegenwärtigen Regierungs. foalition erklären würde.
Degouttes Nachfolger.
Kann sich Poincaré einen befferen Propagandisten für seine deutschfeindlichen Pläne wünschen, als den Abgeordneten Schlange Schöningen, den Führer wohlge= als ein auf den Kopf gestellter Gambetta laut verkündet: Wir alle glauben, hoffen und fämpfen für den Tag, wo unter den wehenden schwarzweißroten Fahnen unsere verlorenen Brüder
Paris , 11. Oktober. ( WTB.) Der Ministerrat hat in seiner heutigen Vormittagssigung beschlossen, General Guillaumet, der während des Strieges die Drientarmee vor Galoniti fomman diert hat und sich augenblicklich in Athen aufbält, zum Obermerft: der Mehrheit der deutschnationalen Fraktion, der befehlshaber der Rheinarmee an Stelle von General Degoutte , der auf seinen Wunsch eine andere Verwendung finden wird, zu ernennen.