Nr. 488+41. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Sozialdemokratie Arbeiterwohlfahrt
und
Ein Werk sozialdemokratischer Frauen.
Die vornehmste Aufgabe der Sozialdemokratischen Partei ist die nung vor. Der Kreisousschuß Neukölln hat bereits einen von einem | Durchsehung des öffentlichen Lebens mit ihrem Sozialidealismus. parteigenössischen Dezernenten geleiteten Kursus begonnen. Ganz Lange vor dem Kriege hat die Sozialdemokratie den Rechtsanspruch der besonders fördernd find die regelmäßig stattfindenden ArbeitsbeStactsbürger auf umfassende Sozialfürsorge in Reich, Staat und sprechungen der Kreisausschüsse, an denen die zuständigen DezernenGemeinde vertreten. Es gelang, nur einen begrenzten Schutz der ben, Stadt- und Bezirksverordneten und Bürgerdeputierten teil Arbeitskraft durch Kranten, Invaliden- und Unfallversicherung und tätigen Parteigenossen und Genoffinnen herangezogen, die ein te nehmen. Zu diesen Besprechungen werden auch solche noch nicht eine ganz bescheidene, um nicht zu sagen völlig unzureichende Alters- fonderes Interesse für die Wohlfahrtspflege befunden, wodurch für versicherung gesetzlich zu sichern. Zu der grundsäglichen Anerken- Nachwuchs gesorgt wird. Die Arbeiterwohlfahrtsausschüsse arbeiten nung einer umfassenden Wohlfahrtspflege vermochte die Sozialdemo- in ständiger Gemeinschaft mit den Kinderfreunden und dem Jugendfratie die bürgerliche Gesellschaft nicht mit fortzureißen. Es braucht schutzverband. Es sind der Arbeiterwohlfahrt außerdem angeschlossen ja nur daran erinnert zu werden, daß es im Jahre 1911 bei der die Berliner Gewerkschaftskommission, der Verband der Krankenkassen Schaffung der Reichsversicherungsordnung nicht möglich war, den Berlins , der Verband sozialistischer Aerzte und der ArbeiterfamariterWiderstand der bürgerlichen Parteien gegen die Einführung der bund. Die Konsumgenossenschaft stellt ihren Dienst von Fall zu Fall Mutterschaftsfürsorge zu brechen. Erst als der Krieg mit seinem zur Verfügung. Todesschrecken der bürgerlichen Gesellschaft im Naden saß, als man Mit dem Anschluß der Sonderaufgaben der Wohlfahrtspflege erangesichts ger Verluste auf den Schlachtfeldern ein bevölkerungspoli- ist die umfassende Wohlfahrtsorganisation der Arbeiterschaft geschaf füllenden Arbeiterorganisationen und der ärztlichen Fachorganisation tisches Interesse an der Erhaltung des Nachwuchses zu haben glaubte, fen worden, deren Auswirkung heute noch nicht abzusehen ist, die wurde die Reichswochenhilfe eingeführt, die später auf Betreiben der aber heute schon als Spikenorganisation der Arbeiterschaft anerkannt Sozialdemokratic zur Wöchnerinnenfürsorge ausgebaut wurde. wird. Durch den Anschluß der Gewerkschaften und die Verbindung mit der Partei ist ihre internationale Auswirkung gesichert. Sie hat im vergangenen Winter sich bereits bei der Ausübung der von uns aufgenommenen Arbeiternothilfe wirksam gemacht. Nicht zuletzt der Hilfe ausländischer Gesinnungsfreunde war es zu danken, wenn wir im vergangenen Winter durch Speisungsaktionen, Hergabe von Lebensmittel und Kleidungsstücken in sehr vielen Fällen helfen konnten. Es war uns ferner möglich, im Laufe des vergangenen Sommers 500 Kinder, die unter der Inflation und ArLeitslosigkeit besonders gelitten hatten, in Erholungsstätten zu senden.
Wohlfahrtsarbeit nach dem Kriege.
Die Kriegsnot bereitete nicht nur die Wohlfahrtsgesetzgebung vor, sondern sie war auch Antriebshebel für praktische, tommunale Wohlfahrtsarbeit. Besonders in den Vorortgemeinden Berlins , in benen die Arbeiterschaft Einfluß auf die Gemeindeverwaltung hatte, wurde unter Mitwirkung der Arbeiterschaft eine noch obwaltenden Verhältnissen ziemlich umfassende Wohlfahrtsarbeit der Gemeinden eingeleitet. Eine Anzahl unserer Säuglingsfürsorgestellen ist tamals entstanden. Ais im Jahre 1918 der Genosse Sassenbach das Berliner Jugendamt gründete, waren ähnliche Einrichtungen in verschiedenen Arbeitervororten bereits vorhanden bzw. im Entstehen begriffen. Als dann die Stadtgemeinde Berlin geschaffen wurde, wurde das Berliner Jugendamt Zentraljugendamt für die bei den 20 Bezirksämtern bestehenden bzw. eingerichteten Bezirksjugendämter. Unsere Pragis ist also nicht so jungen Datums. Sie liegt weit hinter dem Gründungsdatum der Arbeiterwohlfahrt zurück. In der Berliner Kriegswohlfahrt im nationalen Frauendienst waren fozialdemokratische Frauen in hervorragendem Maße tätig. Von den über 4000 Wohlfahrtspflegern, die eine kürzlich abgeschlossene Er hebung in der Parteimitgliedschaft ergab, üben sehr viele bereits mehrere Jahrzehnte diese Funktion aus. Die Verdienste der Kinderschuttommiffion um die Betreuung des durch Arbeit oder Vernach lässigung gefährdeten Kindes haben sich allseitig Anerkennung erworben. Die Jugendgerichtshilfe wurde schon in früheren Jahren in weitestgehendem Maße von Mitgliedern der Gewerkschaften und der Rinderschutzkommissionen geleistet. Auf diesem Gebiet betätigen sich heute rund 500 Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt.
Die Arbeiterwohlfahrt.
Die Arbeiterwohlfahrt fand nach dem vorher Bejagten bei ihrer Gründung einen großen Kreis auf den verschiedensten Gebieten bereits tätiger Genossen und Genossinnen vor, deren Arbeitsgebiete fich feit 1918 bedeutend erweitert haben und deren Zusammenfassung im Jutereffe planvoller Gejamtarbeit notwendig war und mit jedem Tage notwendiger wird. Im Intereffe gegenseitiger Ergänzung und Beratung arbeiten unsere Fachbezernenten im öffentlichen Dicest als geistige Förderer der Arbeit in allen Ausschüssen mit. Ebenso arbeiten mit: Borsteher und Mitglieder der Wohlfahrtskommis fionen, deren Arbeit durch die freiwilligen Helfer einschließlich der Jugendgerichtsschöffen und Jugendgerichtshelfer ergänzt wird. Die Arbeiterwohlfahrt sieht eine ihrer Hauptaufgaben in der Ausbildung und Hranziehung amtlich und ehrenamtlich tätiger Kräfte. Sie hat wiederholt die Ausbildung von Genoffen und Genossinnen auf sozialer Frauenſchulen ermöglicht. Von besonderem Wert für die ehrenamtliche Tätigkeit sind die sowohl vom Bezirksausschuß als auch von den Kreisausschüssen veranstalteten Schulungsfurje. Das Winterprogramm 1924/25 sieht Kurse über die neue Fürsorgepflichtverord
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Die Familie Frank.
Roman von Martin Andersen Nero. ( Schluß.)
Ungern gibt das Meer das einmal Eroberte zurück, und vom Morgen bis zum Abend, Sommer und Winter, jahr aus jahrein, stehen seine Invaliden hier, starren auf die See, fassen die geringste Veränderung in ihrem immer wechseln Den Mienenspiel als Vorzeichen auf und erörtern die fleinsten Geringfügigkeiten der Beschäftigung, der sie nicht mehr gewachsen sind. Hier und da wird einer dem Schwarme untreu, um seine gichtgekrümmten Glieder tief in der Erde zu verbergen, ein neuer Gichtbrüchiger nimmt seinen Blaz ein, und der Schwarm steht da, unverändert, starrend und schwazend.
Drüben in der Nähe der Räuchereien hatte sich eine Schar Frauen auf Heringsfästen niedergelassen, um gleich bei der Hand zu sein, wenn die Arbeit beginnen sollte. Eine von ihnen war lang und hager und hatte ein bleiches und etwas fcheues, aber freundliches Gesicht. Sie war offenbar zum erstenmal hier, denn sie hatte eine Schürze aus Sadkleinwand unterm Arm und ein rostiges Messer in der Hand.
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Wie geht es dir, Madam Frank," fragte eine der Frauen ,,, bist du wieder ganz gefund?"
Ach ja, es geht an," erwiderte die Angeredete milde. Jezt müßte man ja wieder ein paar Groschen verdienen wenn man nur Arbeit friegen fann."
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,, D, du wirst schon zu tun friegen," meinte eine andere. ,, Es soll heut nacht gut gefischt worden sein und du hast ja ein paar tüchtige Fäuste.
Ja, sie ist die richtige Arbeitsmaschine." sagte eine be leibte fleine Witwe, die nicht gern arbeitete und darum auch nicht viel verdiente. Aber wartet ein bißchen, bis sie an die Heringe fommt, dann wird sie's schon müde werden." Sie mißgönnte der Madam Frant im voraus ihren Verdienst. Ja, in der Erde ist für faule Schweine nicht leicht wühlen," entgegnete Madam Frant scharf. Sie stockte, als das gesagt mar. Doch die anderen Frauen lachten, und sie entdeckte zu ihrer Verwunderung, daß sie die Stimmung auf
ihrer Seite hatte.
Eine jüngere Frau tam zu ihnen herunter, gleichfalls mit Schürze und Messer.
,, Die sieht ja so blaß aus," sagte Madam Frant. Fie frant?"
War
Sie ist eben aus den Wochenbett aufgeftanden
es
Ein Arbeitsgebiet der Frauen.
Die Wohlfahrtspflege bedarf unendlich vieler helfender Hände, die leidende Bevölkerung sehr oft der fachkundigen Vermittler zu, den in Betracht kommenden Amtsstellen, die weitere Entwicklung der Gesamtarbeit sozialbegabte und geschulte Menschen. Sie bietet insbesondere den Frauen ein weites Gebiet, auf dem sich ihr Gefühlsreichtum auswirken kann. Die Frauen feien noch besonders hingewiesen auf die Polizeifürsorge. Die Wohlfahrtsstelle beim Polizei präsidium ist zwar in ihrer Wirksamkeit durch polizeiliche Befugnisse eingeengt. Sie ist jedoch gegenüber dem Zustand früherer Zeit, in der man aufgegriffene Mädchen faft ausnahmslos in Fürsorgeerziehung steckte, ein Fortschritt. Die Arbeit, die hier geleistet werden soll, ist tein einfacher Ermittlungsdienst, sondern sie soll nachgehende Fürsorge, Freundschaftsdienst in weitestgehender Weise sein. Viele Mädchen sind vor der Prostitution zu temehren. Die meisten, besonders die aus der Proving tommenden Mädchen übersehen die Gefahren, in die sie sich begeben, gar nicht. Sie sind dankbar, wenn ein starter und zugleich gütiger Mensch sie von dem Abgrund zurüd reißt, vor dem fie stehen. Den meisten tut sich dieser Abgrund erst auf, sobald sie mit der Polizei und damit mit der von fern drohenben Kontrolle in Berührung fommen. Der Einfluß reifer Frauen fann manches wieder gut mochen, was polizeilicher Eingriff verdirbt.
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Der Aufbau unserer Organisation ermöglicht jedem hilfsbereiten Menschen die Mitarbeit im engsten Kreise. Neben dem Bezirksausschuß als Spize bestehen in den 20 Stadtbezirken Berlins Kreisausschüsse, die sich wiederum in Abteilungen gliedern. Alle Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt find gleichzeitig auch Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei.
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Gegen Bürgerblod und Brofverfeuerung. Der DRRB.( Deutsch Repub tanische Reichs- Bund) Geschäftsstelle W 10, Bendlerstr. 12( Fernrufe Surf. 5865) leitet seine Winterveranstaltungen mit einer großen öffentlichen Sundgebung am 17. Otober, abends 8 Uhr. in der Stadtund Brotberteuerung Herr Chefredakteur Nusch te, M. d. L., halle, Klosterstraße, ein, wo zum Thema Gegen Bürgerblod und Herr Dr. Ver§, M. D. 2., sprechen werden, wozu alle Républikaner Stürze weitere folgen, die sich mit außenpolitischen und Tagesfragen befreundlichst eingeladen sind. Dieser ersten großen Rundgebung werden in schäftigen werden.
find Zwillinge.' s ist wahrhaftig hart, auf Arbeit gehen müssen, wenn das Nest zu Hause voller Kruppzeug ist. Jeht hat sie sechs, außer dem Mann."
Trintt er?" fragte Madam Frank interessiert. ,, Trinkt! Herrgott, wie wenig du weißt! Nein, er ist Idiot, jawohl, seitdem er den Block an den Kopf bekommen hat. Er fann nichts als essen und Kinder in die Welt setzen."
,, Ja, darein teilen sie sich," fiel eine andere Frau ein ,,, in der Arbeit, ist sie ebenso tüchtig wie er. Jetzt haben sie sechs in fünf Jahren."
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,, Bon der Sorte gibt's genug. Rönnte man bloß von seinen Kindern leben, dann hätte es feine Not," sagte eine alte Frau, die das Dugend voll gemacht hatte. Wenn sie wenigstens an ihre Mutter denken wollten, sobald sie heranwachsen. Aber wenn die Zeit gekommen ist, haben sie Vermendung für ihre eigenen. So ift es."
,, Eine Mutter fann zwölf Kinder versorgen, aber zwölf Kinder fönnen feine Mutter versorgen, heißt es in einem alten Wort, und das ist auch wahr," marf eine andere ein. ,, Nein, aber Sorgen fönnen sie ihr machen, wenn sie heranwachsen," fuhr die alte Frau fort.
Ach ja, die kleinen Kinder treten der Mutter auf den Schoß, die großen treten ihr aufs Herz, fo fagt man ja; und so das trifft wohl auch zu. Oder was meinst du, Madam Frant? Du kannst doch auch mitreden; dein Sohn tommt noch nicht mal bei der Konfirmation mit durch, erzählt man sich." Ja, fie hat ihr Kreuz zu tragen," sagte die Alte. Erst so ein Mann, und dann der Sohn!"
,, Thorvald hat mich die ganze Zeit, als ich lag, versorgt. Das können deine zwölf nicht, wie du ja selbst fagst und sie sind sogar erwachsen. Er ist der beste Sohn in der Stadt." Jösses! Jösses!" riefen die Frauen im Chor und schlugen die Hände vor Entsetzen über ihre Frechheit zusammen. Ja, er artet eben großen Leuten nach," bemerkte eine.
,, Das tut er, und ich danke Gott , daß er dem ähnlich wird, von dem er stammt. Lieber gut mit Schande als schlecht in Ehren- das is nu mal meine Ansicht."
Die Frauen gaben ihr im stillen recht. Aber das ist doch jämmerlich, wenn einer herumgehen muß und nicht auf feinen Bater zeigen darf," wandte eine ein.
,, Aber das darf er. Brauer Dam hat selber gesagt, er bereue, daß er den Jungen nicht längst anerkannt hat, und ihr könnt mir's glauben, er wird fonfirmiert, dafür wird der Brauer schon sorgen. Er will obendrein selber in seiner großen Scheune den Festschmaus geben."
Donnerstag, 16. Oktober 1924
Erkenntnis in der Sonne.
Wer Monate und Jahre zwischen den Mauern der eng bebauten Häuserblocks fizen und seine Zeit in fleinsten Wohnräumen und in Fabrikräumen verbringen muß, der ahnt es taum, wie schön die Umgebung Berlins auch dort noch sein fann, wo sie dicht an die fann. Die Grunewaldseen sind so ein wunderbares Juwel, das all Bebauung herangeht und von den Massen leicht erreicht werden denen, die es täglich oder oft sehen, kaum noch als etwas Befonderes erscheint. Wer aber etwa im dicksten Osten oder Norden wohnt und in Jahren nicht hinauskommt, der geht, besonders wenn unerhört schönen Oktobertagen die Seentette abzuwandern, wie durch er einmal das Glück hat, am Wochentag und dazu in diesen letzten ein verzaubertes Land.
das Ihrige beiträgt, bereits am Brunewaldsee wird es anders. JagdMag es am Hundekehlensee noch etwas laut sein, wozu die Bahn schloß Grunewald liegt wie im Dornröschenschlaf. In üppigen kraftvollen Farben blüht das Herbstlaub. Die Mittagsluft ist warm und trocken und würzig. Dann kommt das botanisch berühmte Grunewaldmoor zwischen Grunewaldsee und Krumme Lanke. Landschaftlich aber ist hier vieles einzigartig. Wer dann mit einer alten Karte kommen verlandet und üppig grüner Wiesenplan überdeckt die alte den Riemeistersee sucht, der fann lange suchen. Der See ist vollGeefläche. Drüben in Onfel Toms Hütte wird fleißig geklopft und gehämmert. Neugierig geht man hinüber und sieht mit nicht geringem Staunen einen großen Zaun: Familienluftbad! Eintritt frei! Also hinein. Von Familien keine Spur. Aber mitten im vollen Sonnenlicht steht ein bronzebrauner Mann von edlem Gliedermaß und schleudert eine schwere Eisenkugel. Unwillkürlich verhält man den Atem vor diesem wunderbaren Bild. Nach einem Weilchen wendet er sich, erspäht den Besucher und kommt auf ihn zu. Ein Gespräch entspinnt sich und erst Stunden später verspürt man, daß Dieser Tag wirklich ein Sonnen, ein Glüdstdg, war, denn was man von diesem klugen energisch blidenden und sprechenden Menschen, dem Leiter des Bades, hört, das erfreut und erfrischt. Halb zaghaft äußert man den Wunsch, sich auch einmal entkleiden zu dürfen. Natürlich. Und dann wird geübt und die Sonne scheint dazu und es ist rings eine große reine Stille. Man hüpft und springt, feucht und schwißt, wälzt sich im Sand und lacht. Und plöglich besinnt man sich und fragt sich: Bist du denn eigentlich wieder ein Kind geworden? In dem Augenblick kommt der schöne Bronzemann und sagt:„ Bei mir soll der Mensch wieder das Kind in sich entdecken. Das heißt nicht etwa, daß er kindisch werden soll. Aber er soll wieder spielen und sich freuen können. Das Rousseausche Zurück zur Natur! ist für uns unverwendbar geworden. Wohl aber müssen wir uns zu der Ansicht befehren, daß wahre Kultur ohne ein Anschmiegen an die Natur nicht möglich ist." Die Einstellung dieses Mannes ist auch sonst sehr vernünftig. Er möchte die Menschen im mittleren Lebensalter, die den Krieg mitgemacht haben und körperlich und seelisch noch Bades find datach getroffen und weisen interessante Neuerungen darunter leiden, erfassen und ihnen helfen. Die Einrichtungen des auf. Im nächsten Jahr wird hier Hochbetrieb sein....
Immer tiefer finft die Sonne. Die Erdkühle pridel in den nadien Sohlen. Schnell schlüpft man in Kleider und Schuhe. Noch ein Händedruck und man eilt schnurstrads zum Thielplatz und in einer Stunde fikt man wieder hinter hohen Mauern wie in einem Gefängnis und denkt zurück an das Erlebnis in der Sonne.
Der Richter und., S. M."
Man erlebt heute noch im Gerichtssaal Dinge, die mitunter an Hauptmanns Biberpelz" erinnern: Der Herr Amtsrichter reißt sich da bekanntlich jedesmal ehrfurchtsvoll in die Höhe, sobald Seine Majestät erwähnt wird. Als bor nicht allzu langer Zeit der Prozeß gegen den Grafen Pfeil verhandelt wurde, erinnerte der Vertreter der Nebenklägerin der Gräfin v. Roma, Rechtsanwalt Bahn, daran, daß der Graf Pfeil durch ehrengerichtliches Verfahren aus dem Heere ausgestoßen worden sei. Darauf meinte der Landgerichtsdirektor Siegmann, daß der Graf Pfeil doch im Kriege Offizier gewesen sei, und daß er selbst als Offizier wisie, daß Seine Majestät der Kaiser und König den Grafen unter solchen Umständen im Heere nicht geduldet hätte.
Die Frauen saßen sprachlos da. Dann wird er ihn wohl auch mal beerben?" fragte eine etwas spöttisch." ,, Das ist sehr möglich. Da fommt er, du fannst ihn ja fragen.
Der Brauer und Ackerbürger Dam tam über den Hafenplag auf sie zu. Er grüßte Madam Frank vertraulich. ,, Wo steckt heut der Junge?" fragte er.
,, Das weiß ich wirklich nicht," erwiderte Madam Frank und betrachtete die Frauen mit vor Genugtuung glänzenden Augen. Er plantscht wohl draußen herum."
Der Brauer schlenderte zum Waffer hinunter. Eine Anzahl Menschen hatte sich an der Anlegebrücke versammelt, fie alle reckten sich vor und starrten ins Wasser hinab. Die Frauen gingen langsam hin.
Madam Frant, die nicht besonders neugierig war, hatte zuerst feine Lust, stand dann aber gleichfalls auf und folgte
den anderen.
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Was konnte es sein? Sie schlugen mit den Armen und recten die Hälse übereinander. Jetzt drehte jemand sich um, winkte und rief. Schneider Frank," hörte sie sagen. Es durchfröstelte sie, und bange Gedanken jagten einander in Glüd schon vorbei? Jezt, wo sie und der Junge einander ihrem Gehirn: War er wirklich zurückgekehrt? War das endlich gefunden hatten als Mutter und Kind
Bars und ein paar Fischer im Begriff, ein Segel unter den Als sie sich an das Bollwerk vordrängte, waren Thorvald, Leichnam zu ziehen, um ihn einigermaßen unversehrt ans Land zu bringen.
,, Da tommen die Jungen mit deinem Mann, Anna," sagte einer der Fischer.
Es durchzuckte Madam Franks Gesicht und ihren ganzen Körper, der Schreck ließ von ihr ab und machte dem Gefühl der Erleichterung Plaz, einer Erleichterung, die so groß war, daß ihr selbst unheimlich zumute wurde. Berworrene Empfindungen bekämpffen einander in ihr, sie konnte zugleich weinen und lachen.
Da fiel ihr Auge auf die Frauen, die sie gespannt betrachteten. Da standen sie und warteten darauf, daß sie anfangen würde zu heulen. Zu heulen! Ueber den da, den Trunkenbold, der aufgelöst und garstig vor ihr lag, von zu viel Feuchtigkeit triefend. Er mußte ja jetzt in feinem Element fein.
Sie wandte sich, um wegzugehen, und sagte mit eisiger Ruhe zu den Frauen:
Also endlich hat er genug zu trinten gekriegt