Nr. 494•> 41. �ahrgasg
7. Seilage ües vorwärts
Sonntag, 19. Oktober 1924
Die traurige Theaterftaöt.
Dcr Zusammenbruch des„Aida"-Unternehm«ns am Kaiserdamm lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit auf die B e r l i n e r T h e a t c r- Verhältnisse im allgemeinen, die von jeher eines der traurigsten Kap'tel in der sozialen Geschichte unserer Reichshaupt- stadt gewesen sind. Der Masse der Bühnenkünstler und-künstlerinnen ist es bekanntlich schon immer schlecht gegangen, von einigen„pro- minen ten" Ausnahmen abgesehen. Weniger, wie behauptet wird, ihren Direktoren. Gerade in der Kriegszeit, als der unerwartete Aufschwung des Theaters kam, sind seine Unternehmer reich ge- wordm: später, zur Inflationszeit, mag es manchmal schwierig ge- wesen sein, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Aber daß die Theater- leiter sich von keiner Schwierigkeit entmutigen ließen, beweist, daß bis zum heutigen Tage noch sämtliche Bühnen Berlins vorhanden sind. Unsere Bühnen haben sich im Gegenteil vermehrt, und wir hören sogar von der Eröffnung weiterer Theater. Die Konjunktur niuß also eine immerhin günstige sein. Braucht Berlin neue Theater! Die wirtschaftlichen Berhältnisse, ungünstig wie nie. berechtigen uns zu der Frage: Wie ist es möglich, daß sich jetzt Männer finden, de den Mut haben, ein Thevterunternehmsn zu gründen? Jedem logisch denkenden Menschen erscheint eine solche Spekulation Wahn- sinn oder Verbrechen. Handelt es sich doch nicht allein um den Existenzkampf eines einzelnen Direktors, sondern vor allem um das Wohl und Wehe vieler Mitglieder, die ewig der Gefahr ausgesetzt sind, eines Tages plötzlich auf der Straße zu liegen. Der Plan, heute noch in Berlin ein neues Theater zu eröffnen, muß zum min- desten als unvorsichtig bezeichnet werden. Das„Ai da"-Gast spiel liefert uns«in typisches Beispiel. Tausende von Menschen gehörten zu diesem imgeheuren Apparat, der von vornherein unsicher erschemen mußte. Der Name Mascagm allein genügte nicht. Aber die Mitwirkenden wollten pünktlich be- zahlt fein: angeblich sind auch alle Gagen gezahlt worden. Daß sich überhaupt fmanzielle Schwierigkeiten ergaben, läßt jedenfalls auf «nie mangelhafte p:kun ärc Organisation schließen. Noch eine zweite Frage drängt sich uns auf: Besteht wirk- lich für Berlin die Notwendigkeit, neue Theater zu eröffnen? Sie dürfte eher zu verneinen als zu bejahen fein. Sollten die vorhandenen nicht genügen? Halbleere Häuser bestätigen des« Annahme zur Genüge, lind ein Teil der Besucher jetzt sich obendrein aus Freikärtlsrn zusammen. Neue Bühnen, wie das Dramatische Theater, Goethe- und Schaubühne lad-n von Anfang an zu bedeutend ermäßigten Abonnements«in, um über eine sichere E nnahmequells verfügen zu können. Privattheater müssen ohne fremde Zuschüsse arbeiten, haben es also doppelt schwer. Die Große Volksoper ist das einzige Unternehmen, dem eine Unterstützung, unh zwar von der Stadt Berl n, gewährt wird. Di« Höhe der Subventionen ist ganz beträchllich und sehr verschieden, H a in b u r g verlangt beispielsweise für sein Stadttheatcr eine halbe Million Zuschuß. Köln sogar sechshunderttausend, Leipzig nur dre hunderUausend Mark. Diese Summen zeigen uns, wie kost- f p i« l i g ein T h e a t e r a p p a r a t ist: sie wollen aufgebracht fein. Bei der heutigen Geldknappheit ist das ein« höchst schwierig« Aufgabe, besonders in Berlin , der konkurrenzreichsten Stadt. Denn das chsaterl ebende Publikum ist verarmt, muß auf Theaterbesuch verzichten oder von den Vergünstigungen Gebrauch machen, jenen Gurscheinen, die in Geschäftsläden dutzendweis« zu haben sind. Wenn Max Reinhardt neben dem Kurfürstendammtheater eine neue Bühne eröfsner, kann man das gellen lassen, weil es sich uin einen lüchtigen Geschäftsmann und hervorragenden �Künstler handelt. Und wahr- scheinlich wird sich sein Ensemble in der Hauptsache aus Prominenten zusammensetzen, d. h. aus Darstellern mit Riesengagen, die von der frz alen Not kaum betroffen werden dürften. Ohne vertrag und ohne Gage. Es gibt tatsächlich Schauspieler, die niemals einen Ver- trag in die Hand bekommen, infolgedessen bei leicht mög- lichen Differenzen mit ihrer Direktion recht- und schutzlos sind. Mancher Mime ist froh, irgendwo Beschäftigung zu finden, ohne lange nach einem Kontrakt zu fragen. Das kann gut ausgehen, doch
sind solche Fälle oereinzell. DervonderDeutschenBühnen- genossenschaft ausgearbeitete Bühnenvertrag, der sogenannte Normaloertrag, auch für den Bühnenverein, dessen Mitglieder die Theaterdirektorcn sind, rechtsverbindlich, ist die Waffe des Schauspielers, zugleich natürlich die berechtigten Jnter- esfen� der Theoterleitung schützend. Der wicht gste Punkt darin ist zweifelsohne die Gagensragc, die wiederum ein heikles Thema bildet. Die finanzielle Lage des Berliner Theaters gestattet es den Direk- tionen nur, eine bescheidene Gag? zu zahlen. Eine Mafsary oder ein Jannings kommen natürlich hierfür nicht in Frag«. Es ist hier wie
m allen Berufen: das Gros der Schauspieler, das die Lasten des Berufes zu tragen hat, am Theater vielleicht in erhöhtem Maße. Man hat sich auf eine M i n d e st g a g e ge- einigt, um die Künstler vor Ausbeutung zu schützen. Leider finden sich noch genug Bühnenangehärig«, die sich von ihrer Not bewegen lassen, ein niedrigeres Angebot anzunehmen, und es ist eins bedauerliche Tatsach«, daß dieses Angebot oft von den Künst- lern selbst ausgeht. So unglaublich es klingt, spielen manche Darsteller gelegentlich ohne Honorar, nur um bekannt zu werde». Dadurch sind die Kollegen selbstverständlich in ihren Interessen schwer geschädigt. Berlin kennt keine Dauerver- träge(Iahresverträge) mehr, von den Staatstheatern und der Volksbühne abgesehen: der Schauspieler wird nur noch für irgendeine Rolle in einem bestimmten Stück engagiert. Daraus er- gibt sich, daß eine Schauspielerin heut« hier und morgen da auftritt, mitunter am Abend an mehreren Bühnen. Berlin ist die deutsche Theaterstadt: der Wunsch eines jeden Schauspielers, hier wirken zu können, ist demnach verständlich. In der Provinz bieten sich verhältnismäßig weniger Möglichkeiten. Hier hat der Künstler Gelegenheit, zu filmen oder im Kabarett aufzu- treten. Das find Nebcneinnahmen, auf die er letzten Endes cur- gewiesen ist. Deshalb drängt sich aus Theaterkreisen alles nach Berlin , hoff>?nd,„entdeckt" zu werden. Lieber verzichtet pian auf
ein« höhere Provinzgage. Dann gibt es Schauspieler, die aus familiären oder sonstigen Gründen gezwungen sind, in der Reichs- Hauptstadt zu bleiben, ehrlich sich durchhungernd, während ein aus wärtiges Engagement vorteilhafter für sie wäre. >!-» Bei näherer Beleuchtung der hiesigen Theaierzustiinde erkennen wir, daß es in Berlin genug Bühnenkünstler und-künstlerinnen gibt. die die Eröffnung neuer Theater rechtfertigen könnten. Theoretisch niüßte das soziale Elend dadurch gemildert werden, was sich leider als falsche Annahme erweist, da die Theaternot gerade deshalb täglich eine größere wird. Jede Bühne ist nämlich aus Sparsamkeit-- gründen genötigt, ihr Personal auf das allemotwendigste zu beschränken: auch ist nicht zu vergessen, daß viele Kräfte aus anderen Hauptstädten herbeigeholt werden. Jedes neue Theater bringt darum neuen Zuwachs, ohne den Stamm der hiesigen Schauspielerschast befriedigen zu können. Der Mangel an Verträgen tut denn das übrige, um die Lage der großen Menge der Schauspieler und Schau- spielerinnen zu einer vollkommen trost- und hilflosen zu gestalten, und es bedarf des täglichen Aufwandes aller geistig-sittlichen Kräfte. um nicht zugrunde zu gehen.
Ein Sonntag bei öen Stillen. Von einem eigenarttgen Zauber ist es, durch die lMbstlichcn Wälder zu streifen, wenn, wie in diesen trockenen Oktobertagen, die Sonne am Mittag hell und warm scheint und die vor den Bäumen gefallenen Blätter gleich großen, goldenen Plättchen auf dem Moosboden liegen. Unaufhaltsam rieseln die braunen, und gelben Blätter von den Bäumen, fallen wie kleine, tote Vögel zur Erde und rauschen unter den Füßen des Wanderers. Die zur Rüst« gehende und zum Winterschlaf sich neigende Natur löst noch einmal olle Liebe der Morschen aus. Zauberhaftes und etwas Geheim- nisvolles zugleich liegt in dieser Liebe der Merschen zu einer Sterbenden, ein Geheimnisvolles, das gewiß nicht Aufklärung und Entschleierung dadurch findet, daß man behauptet hat, nur kranke und dekadente Menschen liebten den Herbst im Walde. Es ist beinahe so, als wenn der Wald im Herbst sich verändert hat, stiller und ernster geworden ist. Der Großstadt.nensch aber, der geplagte und gehetzte, der in der Woche in ewiger 5)ast und Unruhe lebt, das menschliche Lasttier wie er einmal an dieser Stelle genannt worden ist, empfindet /un Sonntag besonders an- genehm und wohltuend die Stille und Erhabenheit zugleich des sterbenden Waldes im Herbst. Und er braucht nur kurze Zeit mit der Eisenbahn zu fahren, um bei den ganz Stillen im stillen Wald zu sein. Der große Friedhof in Stahnsdorf ist, namentlich an den Sonntagvornlittagen, so recht ein Ort des Aufatmens von der Last und Haft der verflossenen Woche und des Sichsammelns zu neuer Arbeit, neuer Anstrengung und neuer— Enttäuschung. Hier bei den Toten ist man im Wald und wie in einem großen Garten zugleich, und es ist so, als ob von den Stillen, die hier schlafen, nicht nur Ruhe, fondern auch neuer Mut in die Seele strömt, neuer Mut, weiter mitzuspielen im Leben, das für den Proletarier immer nur eine Tragödie gewesen ist. Und auf dem Wege nach Stahnsdorf liegt noch so ein Platz, geeignet zum Ausruhen vom dornigen Lebensweg, zum Aufatmen und auf Sichselbstbesinnen. Da ist noch ein Stiller, der geflüchtet ist aus der Welt, die ihm nur Enttäuschung und Aergernis war. Hoch über dem kleinen Wannsee liegt das Grab Heinrich von Kleists , dessen Todestag sich demnächst jährt. Er war zwar aus alter und adliger�Familie, aber Adelsstolz und dummer Dünkel einer Kaste haben ihm das Leben verbittert und Leiden geschaffen, von denen er sich schließlich durch den selbst gewählten Tod löste. Und so ist es ja auch immer gewesen bis auf den heutigen Tag, daß mit Ver- ständnislofigkeit nicht nur, fondern mit Verachtung«ine große, dünkelhafte Kaste herabblickt auf den Proletarier, sein Denken und Empfinden. Indessen, diese Borniertheit Uebelwollcnder und geistig Beschränkter wird die verachteten Proletarier nicht niederdrücken und betrübt sein lasien bis zum Tode, sondern sie stark machen zur Abwehr und zum Kampf, zum Kampf, an dessen Ausgang der Sieg steht. Und auch dieses lehrt ein Sonntag bei den Stillen im stillen Wald!
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Wieder und wieder hatte es Streit gegeben(jetzt ver- fluchte er seine Laune), weil sie bis zum letzten Tage darauf bestanden hatte, ihre Freunde weiter um sich zu versammeln. Sie hatte kein Geheimnis aus ihrem Zustand gemacht, selbst nicht vor Kenneth Murleß, und Bertram litt unter dieser Frei- mütigkeit mit schmerzhafter Eifersucht. Es war ihm fürchter- lich, daß noch andere außer ihm selbst von ihrem heiligen Ge- heimnis wußten. „Es ist abscheulich," hatte er gesagt,„es ist genau ebenso, als ob du dich öffentlich auf dem Marktplatz zur Schau stelltest." „Wie lächerlich du bist," hatte Joyce geantwortet,„man muß ja denken, du seiest in der dunkelsten Provinz aufge- wachsen. In den ersten Regierungsjahren der guten alten Queen. Glaubst du etwa, daß Leute so etwas nicht sehen?" „Ja, natürlich— aber darüber mit Kenneth Murleß zu sprechen, mit diesem dekadenten Lebejüngling." „Mit einem guten� Freund von mir, den ich schon viel länger kenne, als dich," hotte Joyce zurückgegeben. Er hatte eine gräßliche Szene gemacht. Wie konnte er sich das je verzeihen, da Joyce nun da oben lag, zwischen Leben und Tod. Der höchste Augenblick seiner Furcht kam, als er zum mehr als zwanzigsten Male an seiner Tür lauschte und nur wieder nichts als die entsetzliche Stille hörte, die noch von den entsetzlicheren Geräuschen der Tätigkeit von Fremden, die um sein Weib beschäftigt waren, gestört wurde. Bedeutete diese Stille Leben oder Tod? Zwischen zwei fürchterlichen Hirn- schlügen stellte er sich diese Frage. Dann öffnete sich die Tür am Ende der Treppe, und er hörte das gestärkte Kleid der Pflegerin, als sie herunterkam, rauschen. Bertram ging in sein Zimmer zurück und drehte sich um, als die Frau nach einem Anklopfen hereinkam. Es war der Spruch über Tod oder Leben.,, „Geht es ihr gut? fragte er, ohne das Zittern seiner Stimme zu beherrschen. Seine Qual flößte der Pflegerin Mitleid ein. Solch weißes Gesicht und solche verfallenen Augen hatte sie schon bei vielen Männern gesehen. „Ihrer Frau geht es gut," sagte sie,„sie ist außer Gefahr." Dann zögerte sie einen Augenblick und fügte hastig hinzu: „Das Kind kam leider tot zur Melt,"
Sie verließ das Zimmer und sah nicht, wie Bertram Pollard sich auf den Kaminsims stützte und das Gesicht in den Händen verbarg. 2. Das Kind war ein Knabe. Es hatte die vollendeten Züge von Joyce. Aber nach einem Blick und einem Aufwimmern wollte es die Mutter nicht wieder ansehen. Bertram kniete neben ihrem Bett und bemühte sich, die Feuchtigkeit seiner Augen zu verbergen. Sie strich ihm mit ihren schlanken Fin- gern durch die Haare und streichelte ihn, aber nach kurzer Zeit sagte sie:„Du regst mich auf." so daß die Pflegerin ihm ein Zeichen machte, zu gehen. Als Bertram seine Frau nach so viel Schmerzen in Frieden liegen sah, war in ihm ein Gefühl der Erleichterung aufgestiegen. Ihre Wangen waren leicht gerötet, und all ihre Schönheit war wieder zu ihr zurück- gekehrt. Sie sah blühend jung, fast knabenhaft mit ihren abgeschnittenen Haaren aus. Er drehte sich in der Tür um und blickte auf sie zurück, und als sie wieder die Augen öffnete, warf er ihr mit einer Bewegung, in der seine ganze Liebe lag, eine Kußhand zu, sie aber schloß ihre Augen, ohne ihm zu danken. Während der ersten Entspannung, als er wußte, daß Joyce außer, Gefahr war, hatte er sich nicht um das totge- borene Kind gegrämt. Jetzt begann er erst daran zu denken. Etwas von ihm selbst lag dort im Ankleidezimmer in der Wiege, in die die Pflegerin es getragen hatte. Wenn es am Leben geblieben wäre... Seine Gedanken wanderten in die Zukunft. Er hätte einen Gefährten gehabt, einen kleinen Kameraden. Er hätte ihn reiten gelehrt und Spiele zu spielen und dem Leben ins Gesicht zu sehen und ein Gentteman zu werden. Nicht ein Snob. Nein, er würde ihn gelehrt haben, mitfühlend und „demokratisch" zu sein, so wie es Christy war, mit Verständnis für das niedere Volk und feine Sorgen. Er hätte seinem Sohn etwas von den Leuten, die er im Krieg kommandiert hatte, erzählen können. Von diesen Cockneyburschen, die ganz Nerv und Schneid gewesen waren und dabei einen wundervollen Sinn für Humor gehabt hatten. Seinem Sohn! Dem jungen Berttam. Wie schön das hätte sein könnn! Das Leben wäre weniger einsam gewesen. O Gott, wie war es einsam gewesen, als Joyce dort oben lag und die Pflegerin regierte, und die beiden Mädchen auf den Gängen wisperten, während er in seinem Arbeitszimmer saß und unfruchtbaren Gedanken nachhing. Nachts schlich er sich auf Zehenspitzen ins Ankleidezimmer, drehte das Licht an und zog das Tuch von dem Gesicht des
totgeborenen Kindes. Sein Sohn. Was für ein seltsames Geschöpf. Wie eine Wachspuppe, die etwas Joyce und viel- leicht sogar etwas ihm ähnelte. Er küßte das kleine tote Gesicht und zuckte dann jäh vor seiner Kälte zurück. Nicht daß er sich vor dem Tode erschrak. Er hatte viel sterbende und tote Menschen gesehen. Aber dies kleine Ding hier war Joyces Baby. Es war. zu jämmerlich. Nach all ihren Schmerzen. O Gott... Vielleicht war es so das Beste? War Gott gut gewesen? Ein schreckliches Etwas schien jetzt das ganze Leben zu bedrohen. Eine Verwirrung, die immer neue Tragödien zu gebären verhieß. Christy hatte das auch immer gesagt. Die alten Mauern wankten. Der Krieg hatte ie zu sehr erschüttert. Die neue Generation würde noch chlimmere Dinge durchleiden müssen als ihre Väter. Diese Väter, die gute Soldaten gewesen waren, aber im Frieden zu nichts taugten und denen es schwer fiel, zu anständigen Bür- gern einer friedlichen Erde zu werden. Bertram Pöllard bedeckte das Gesicht seines totgeborenen Kindes wieder, drehte das Licht aus und ging hinunter. Cr wollte eine Anzeige für die„Times" aufsetzen— damit Joyces Freunde Bescheid wußten.— Er blieb stundenlang brütend an seinem Schreibtisch sitzen, bis er endlich einschlief und nur durch das erschrockene„Herjemineh!" des Hausmädchens Edith geweckt wurde, die am Morgen hereinkam, um sein Zimmer aufzuräumen, und sofort anfing, seinen Verlust in ihrer ge- schwätzigen gutmütigen Art zu beklagen. 3. Die Pflegerin sagte ihm, was er für die Beerdigung des Kindes zu unternehmen habe. Er ging zu einem Sarggeschäft in der Kirchstraße in Kensington, wo gerade zu dieser frühen Stunde eine Menge nett und vergnügt aussehender Frauen ihre Morgensinkäufe machte. Er haßte sie wegen ihrer Heiter- keit.— Der Sargmacher war zwar höflich, aber doch sehr er- staunt, als ihm Bertram den Auftrag mitteilte.„Eigentlich ist es gar nicht Sitte, ein totgeborenes Kind feierlich zu be- erdigen," sagte er. „Was denn sonst?" fragte Bertram erstaunt. Der Mann hustete verlegen:„Ach, gewöhnlich bringen wir es nur so beiseite."„Donnerwetter, das ist stark!", rief Bertram mit erstaunlicher Heftigkeit.„Ich möchte aber für mein Kind eine richtige Beerdigung haben." Er bestellte einen kleinen Eichensarg mit einer Bronze-- platte, auf der der Name„Bertram Pollard" eingraviert werden sollte. (Fortsetzung folgt.)