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41.�akrgang Ausgabe A Nr. 2S2 Bezugspreis: Wöchentlich 7l) Gokdpfennig. monatlich L, Goldmark voran» zahlbar. Umer Kreuzband für Deutschland . Danzig . Saar - und Memelgebiet. Oesterreich, Litauen , Luxemburg 4ch<) Doldmarl, sjir das übrige Ausland SdZ0 Goldmarl pro Monat. Her..Borwirts* mit der Sonntags* beilageBoll und Zeit* mitSied* lung und Kleingarten* sowie der UnterhaltungsbeilageHtimrvelt* und ssrauenbeilageFrauenstimme* erscheint wochentäglich zweimal, Sonntags und Monwg, einmal. Telegramm-Adresse: Sozialdewolrat Berlin*

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Dienstag, den 31. Oktober 1934

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Aufgelöst!

Der Bürgerblock in Scherben. Die Entscheidnng beim Volk.

Amklich wird 8 Uhr tl Mnuken mitgekeilt: Der Reichs- Präsident hat nachstehende Verordnung erlassen:.p arla- menlarische Schwierigkeiten machen die Lei- beHaltung der gegenwärtigen Reichsregierung und gleich- zeilig die Bildung einer neuen Regierung auf der Grundlage der bisher befolgten Innen- und Außenpolitik unmöglich. Auf Grund des Art. 25 der Reichsverfassung löse ich deshalb den Reichstag auf." v erlin. den 20. Oktober 1924. Der Reichspräsident, gez. E b e r t. Der Reichskanzler, gez. Marx. Die Cntscheiüung öes Kabinetts. Das Reichskabinett trat um S Uhr in der Reichskanzlei zu der entscheidenden Sitzung zusammen. Vach kurzer Sitzung be- schloß es. beim Reichspräsidenten die Auslösung des Reichs- tags zu beantragen, nachdem zuvor der Abgeordnete Koch dem Reichskanzler die ablehnende Antwortder Demokraten mitgeteilt hatte. Die Reichsregierung teilte ihren Leschluh der vesienllichkeil in folgender amtlichen Kundgebung mit: »Die Bemühungen des Reichskanzler«, die jetzige Reichsregie- rung zu erweitern, um ihr eine sichere Mehrheit Im Reichstag zur Fortführung der bisherigen Politik zu verschaffen, sind endgültig gescheitert. Daraufhin hat der Reichskanzler, da sich ein anderer gangbarer weg nicht zeigte, in Uebereinstimmung mit dem gesamten ReKlsskabinett beim Reichspräsidenten die Auslösung des Reichstag, beantragt, um dem Volke Gelegenheit zu geben, eine solche Mehrheit zu schaffen. Der Reichspräsident hat dem Antrag des Reichskanzlers entsprochen." Drauf und dran! Es lebe die Sozialdemokratie! Die Kunde von der endlich vollzogenen Auflösung des un- möglichen Reichstags vom 4. Mai wurde schon gestern abend durch ein Extrablatt desVorwärts" in der Bevölkerung Berlins verbreitet. Sie rief überall Genugtuung, in den Kreisen unserer Parteigenossen geradezu Jubel hervor. Man empfindet diese Auflösung als einen Sieg der Vernunft und des Rechts, wie sie während des ganzen Verlaufs dieser erbärmlichen Krise von der Sozialdemokratie unermüd- lich gepredigt wurden, und damit als einen Sieg derSo- zialdemokratie selbst. Schon längst war es klar, daß es nur zwei Möglichkeiten gab. Kam die Auflösung nicht, dann kam der Bürger- block. Der Bürgerblock, das war die Proklamierung des Klassen- kampfs von oben. Das war die Diktatur des Kapi- t a l s. Das war der Hochschutzzoll, die steuerliche Privilegie- rung des Besitzes und die schonungslose Belastung der breiten Massen durch Lohndruck, Lebensmittelverteuerung und Ber- längerung der Arbeitszeit. Der Bürgerblock, das war die Legitimierung, die Krönung des schmutzigen Handels vom 29. August, derTriumphderpolitischenUnmoral. Die Bildung einer Bürgerblockregierung wäre eine Schmach für das deutsche Volk gewesen. Dieser Schmach ist es entgangen, und nun ist es berufen, selbst zu urteilen! Die Wahlen müssen so ausfallen, daß den Vertretern des Besitzes ein für allemal die Lust vergeht, eine Regierung gegen die Republik und gegen die breiten Massen des arbeitenden Bolkes aufzurichten. Dazu ist vor allem notwendig, daß die Deutsch - nationalen entscheidend geschlagen werden. Man müßte an der Vernunft des Volkes verzweifeln, wenn man nicht glauben würde, daß dieses Ziel jetzt zu erreichen ist. Die D e u t sch n a t i o n a l e Partei hat sich vor den Augen des ganzen Volkes selbst gerichtet. Sie hat es in dem Augenblick getan, als die Hälfte ihrer Reichs- tagsfraktion am 29. August mit der roten Reinkarte in der einen Hand, mit der anderen Hand die weiße Iakarte für das Eisenbahngesetz abgab. Sie hat sich selbst gerichtet, als Herr Hergt, selber dem Scheine nach ein Neinsager, die 48 Ja- stimmen für vier Ministerportefeuilles auf das Dutzend eines an die Herren Zapf und E u rt i u s von der Volkspartei verhandelte. Sie hat sich obendrein durch ihr brutales Ein- treten für neue Brotzölle in einer Zeit, in der d»s deutsche Brot ohnehin schon schlechter und teurer ist als fast jedes andere vor den Massen der städtischen Verbraucher rück- sichtslos demaskiert. Die Frauen, die noch am 4. Mai den Deutschnatio-

nalen in hellen Haufen nachgelaufen sind, müssen jetzt gefragt werden, ob sie noch einmal denen ihre Stimme geben wollen, die nach dem vergänglichenSieg" am 4. Mai drauf und dran waren, ihren Kindern das Brot zu nehmen. Die Deutschnationalen gehen in diesen Wahlkampf mit ge- brochener Front und mit gebrochenem Rückgrat. Sie werden in ihrer Angst und ihrer Verzweiflung einen Wahlkampf führen, der an schmutziger Demagogie alles bisher Erlebte in den Schatten stellen wird. Es wird ihnen nichts nützen. Darüber darf man sich freilich nicht täuschen: Es gibt breite Gefilde des platten Landes, in denen der Kampf für die

Reichstagsfraktion uns Parteiausschuß. Tagung am Mittwoch Vormittag. wegen der Auflösung des Reichstags findet die Sitzung der sozialdemokratischen Fraktion am Mittwoch, den 2 2. Okkober. vormittags IvAhr, im Fraktionszimmer 25 des Reichstages statt. Gleichzeitig tagt der Parteiausschuß, dessen Mitglieder ohne besondere Einladung ebenfalls zu dieser Sitzung erscheinen müssen

Wahrheit schwer sein wird. Dort werden sich die Deutschnatio- nalen zum Teil noch halten können. Desto notwendiger wird es sein, sie aus den übrigen Teilen des Reiches, vor allem aus den industriellen und städtischen Gebieten so gründlich wie möglich hinauszufegen. Aber auch dieB o l k s p a r t e i" der Herren S t r e s e- mann, Curtius und Zapf verdient keine bessere Be- Handlung als die Deutschnationale Partei. Für sie muß es heißen: Mitgefangen, mitgehangen! Sie war es, die das schmutzige Geschäft am 29. August entrierte; sie war es, die frivolerweise die ganze Regierungskrise herbeiführte, indem sie die erpresserische Erklärung abgab, ohne die Deutschnatio- nalen werde sie nicht mehr als Regierungspartei vor den Reichstag treten, sondern ihre Mitglieder aus der Regierung zurückziehen und damit das Kabinett Marx spren- gen. Auch in allen Fragen der inneren Lastenver- t e i l u n g hat sie sich als die getreue Helferin der Deutsch - nationalen erwiesen. Soll der Bürgerblock ein für allemal zerschlagen werden, dann darf die Volkspartei nicht gewinnen, was die Deutschnationalen verlieren werden. Die Demokraten waren die einzige bürgerliche Partei, die den Bürgerblock klar und entschieden ablehnte. Das Zentrum hat dagegen eine viel weniger klare Haltung ge- zeigt. Wie scharf die Gegensätze in seinem Innern sind und wie stark sich reaktionäre und kapitalistische Einflüsse auch hier geltend machen, ist in den unerquicklichen Verhandlungen der letzten Tage deutlich in Erscheinung getreten. Die Parteien der äußersten Rechten und der äußersten Linken befinden sich in Zersetzung. Es mag sein, daß den Nationalsozialisten manche nationalistische Stimmen zugute kommen werden, die sich von den Deutschnationalen ab- wenden: nur dieser Konjunkturgewinn kann die Ludendorff- Partei vor der Vernichtung retten, aber ihren Zerfall wird er nicht aufhalten können. Was die Kommunisten noch zu melden haben, wird sich zeigen. Auch ihnen stehen zweifellos st a r k e Verluste bevor. Auch bisher unaufgeklärte Arbeiterschichten beginnen iu begreifen, daß Kindertrompetenkonzerte im Reichstag und �evolutionsprophezeiungen. die niemals eintreffen,, nicht ge- eignet sind, ihre Lage auch nur im geringsten zu verbessern. Die Kapitalisten auch darüber geht allmählich auch schon dem Dümmsten ein Licht auf sehen zehnmal lieber Kommunisten im Reichstag als Sozialdemokraten, denn sie wissen, daß die Kommunisten ihnen ganz ungefährlich sind. Indem siedieArbeiterfrontzersplittern, betreiben die Kommunisten nur die Geschäfte des Kapitals. Das einzige, was die Scharfmacher und Herren im Hause fürchten, das ist eine große starke sozialdemokratische Partei. Weil die besitzenden Klassen wissen, daß bei den Wahlen die Sozialdemokraten gewinnen, die Kommunisten verlieren werden, darum haben sie sich solange gegen die Auflösung gesträubt. Die Sozialdemokratie tritt mit scharfem Schwert und reinem Schild in diesen großen Kampf ein. Zwischen ihr und den reaktionären Bürgerblockpolitikern steht die Entscheidung. Das ganze deutsche Volk hat über dieewigenRegic- r u n g s k r i s e n, über die nie endenden Verhandlungen zwischen den Parteiführern, den schmutzigen Handel um Mi- nisterplätze geflucht und gestöhnt. Aber das Volk hat an diesen Zuständen selbst schuld, weil es bisher nicht verstanden hat, daß

es sinnlos ist, die Stimmen auf zahllose kleine Parteien zu zersplittern, daß es gilt große Parteien zu schaffen und zwischen großen Parteien zu entscheiden. Wer den Deutschnätionalcn zur Herrschaft verhelfen will, mag deutschnational wählen! Aber wer v e r h i n d e r n will, daß die Deutschnationalen zur Herrschaft kommen, der muß sozialdemokratisch wählen! Diese Wahlen müssen eine Etappe sein zur Erringung einer sozialdemokratischen Mehrheit im Deutschen Reichstag. Das nächste Ziel, dessen Erreichung wir für ganz selbstverständlich halten, ist, daß die Sozialdemokratie wieder zur weitaus stärksten Fraktion wird. Wenn diesmal erreicht wird, daß die sozialdemokratische Fraktion etwa doppelt so stark wird wie die deutschnationale, dreimal so stark wie die kommunistische und ebenso stark wie die beiden nächst- stärksten Fraktionen zusammen und dies alles scheint uns nicht unmöglich dann dürfen wir mit unserem Erfolg zu- frieden sein. Nicht gleichgültig ist es aber auch für uns als Sozial- demokraten, wie es auf den übrigen Bänken des Reichstags, außerhalb der sozialdemokratischen aussehen wird. Denn es ibt keine Erlösung von der ewigen inneren und äußeren 'rise, wenn der Reichstag der Deutschen Republik nicht eine republikanische Mehrheit bekommt, die allen mon- archistischen und sozialreaktionären Umtrieben entschlossenen Widerstand leistet. Utid nun heißt es für uns alle an die Arbeit! Der elende Reichstag vom 4. Mai, diese im Fieberwahn der In- flation entstandene Mißgeburt, existiert nicht mehr. Der Bürgerblock liegt in Scherben, ein Alb ist von uns genommen! Alles, was m Deutschland frei gesinnt ist, hat das Ende dieses Reichstags herbeigesehnt. Unsere Parteigenossen im Lande haben seine Auflösung stürmisch gefordert. Nun ist sie da, der Weg ist frei, und es heißt: Vorwärts! Neuwahl auch in Preußen! Da der Geschästsordnungsousschuß des Pre«. ßischen Landtags in der vergangenen Woche einstimmig beschlossen hatte, im Falle einer Auslösung des Reichstags die an sich sättigen Preußenwahlen zusammen mit den Reichstags- mahlen stattfinden zu lassen, unterliegt es keinem Zweisel, daß, nachdem nunmehr die Würfel im Reiche gefallen sind, auch der p teu­flische Landtag ein vorzeitiges Ende erreicht. Alle Parteien des pren- ßischen Landtags sind sich einig, die Wahlen im Reich und in Preußen gemeinsam slaltsinden zu lassen, schon um die den Parteien entstehenden hohen kosten zu vermindern und einer Wahlmüdigkeil der Wühler vorzubeugen. Der Wahltermin. Der Wahltermin ist noch nicht festgesetzt. Das Reichsmiiiisterium des Innern hat festgestellt, daß zur technischen Vorberei- t u n g der Wahl vier Wochen erforderlich sind. Der späteste verfassurlgsmähige Termin ist der 14. Dezember. Als Wahltermin wird der IS. oder 2 3. November in Betracht kommen. Die letzten verhanölungen, Die demokratische Fraktion des Reichstages beendete ihre Besprechungen um S Uhr nachmittags. Nach der Sitzung begab sich der Borfitzende der Fraktion. Abg. Koch, zum Reichskanzler, uin diesem die Antwort der Fraktion auf die Anfrage des Reichskanzlers mitzuteilen. Di« deutschnationale Reichstagsfraktion ver- sammelte sich wieder um 6 Uhr. ging dann aber ohne weiter« Erörte- rung sofort wieder auseinander, da sie kein« Veranlassung Hab«, auf die Beichlllssz der demokratischen Fraktion oder sonst auf irgend- welche Beschlüsse zu warten. Die Fraktion tritt am Dienstag um 12 Uhr mittags wieder zusammen. Auf den Brief des Reichskanzlers ist insofern eine Antwort erfolgt, als noch eine Rückfrage an den Reichskanzler gsstellt wurde. Das Reichskabinett tagte ab S Uhr in der Reichskanzlei. Tie Ablehnung der Demokraten. Der entscheidende Beschluß der Demokraten hat folgenden Wort- taut: Die deutsche demokratische Fraktion hat wiederholt erklärt, daß nicht der geringste Grund für die Herbeiführung einer Regierungskrise vorgelegen hat. Wenn der Herr Reichskanzler sich entsprechend dem Geist der Der- fassung entschlösse, unbekümmert um die schwankende Haltung einiger Fraktionen, mit dem jetzigen Kabinett vor den Reichstag zu treten, so würde dies Kabinett vor dem Reichstag ein glattes Ber. trauensvotum erhalten. Die schchere außenpolitische Gefahr, die mit der Einbeziehung der Deutschnationalen in das