Jubilierenüe Reaktionäre. Das Wahlprogramm der Schwerindustrie. Der Verein Dsutscher Eisen- und Stahl- i n d u st r i e l l e r, der 1874 dcm Kampf um die Schutzzölle sein Entstehen verdankte, konnte gestern sein fünfzigjähriges Bestehen feiern. Der Festredner Dr. Reichert nutzte den Augenblick, um ein großes Wahlprogra mm zu entwerfen. Er forderte die Privilegierung des Besitzes gegen direkte Steuern, wandte sich gegen die Ratifizierung des Washingtoner Abkommens, befürwortete den Aus- bau der Elsenkartclle und den Abschluß internationaler Konventionen, mit denen die Eisenpreise hochgehalten werden 'ollten. Selbstverständlich oerlangte der bekannte deutschnatio- mle Abgeordnete auch bei dieser Gelegenheit ch o ch s ch u tz- ölle für die deutsche Schwerindustrie. Dabei entschlüpfte hm das neckische Wort, daß der Zoll nicht nur als ein Unter- nehmer-, sondern auch als ein A r b e i t e r s ch u tz aufzufassen sei. Was bringt nun der Zoll den Unternehmern? Ihnen bedeutet er die Sicherstellung ihrer Monopolpreise, die Erhöhung der deutschen Eisenpreise um den Betrag des Zolls über den Weltmarkt st and hinaus, und zwar auf Kosten der verarbeitenden Industrie. Diese Uebersteiaerung der Preise, die mit der Konkurrenzfähigkeit vieler eisenver- arbeitenden Gewerbezweige gezahlt wird, ermöglicht es der Sck'werindustrie, einen Teil ihrer Produktion nach dem Aus- lande unter den Weltmarktpreisen zu ver- schleudern und so die anderen Staaten zu Gegenmaß- nahmen gegen die Einfuhr deutscher Waren direkt herauszu- fordern. Der Arbeiterschaft aber bringt der Schutzzoll die Verteuerung ihres täglichen Bedarfs und die Benachteiligung der Beschäftigung in den metallverarbeiten- den Gewerben. Erhöhte Arbeitslosigkeit ist also die Folge. So sieht der„Schutz der Arbeit" für diejenigen In- dustrien aus, die nicht das Glück haben, ihre Rohstoffe selbst erzeugen zu können. Für die Schwerindustrie aber hat ja Dr. Reichert deutlich genug gezeigt, w i e man sich den Schutz der Arbeitskraft unter dem Schutzzoll vorstellt. Zwölf Stunden Arbeitszeit, Löhne, die weit unter dem Weltmarktnioeau liegen, Durchkreuzung des Washingtoner Ab- Bommens— kurz soviele Knechtung auf der ganzen Linie. Diese Tendenz wird noch verschärft, daß es gerade die Arbeitgeber der Schwer indu st rie gewesen sind, die ungeachtet der großen Opfer der Arbeiterschaft im Ruhr- kamvf die ersten waren, welche Lohnkürzung und Arbeitszeit- Verlängerung diktierten Die wirtschaftliche Krise oerhalf diesem einseitigen Diktat der schwerindustriellen Scharfmacher zum Siege. Was in den Krisenzeiten erreicht wurde, soll setzt durch die reaktionäre Wirtschaftspolitik der Schwerindustrie, deren Schildhalter die Deutschnationalen und die Deutsche Volkspartei sind, verewigt werden. Dagegen muß man mit der aräßten Entschiedenheit ankäw'üen. Die Wahlen stehen bevor. Die Arbeiterschaft wird die Forderungen der Sozial- reaktionäre zu durchkreuzen wissen.
die VerhanSlungen in üer Metaüinöuftrie. Di« Arbeitnehmerorganisationen der Berliner Metallindustrie verhandelten gestern mit dem Aerband Ber- liner Metallindusirieller wegen einer Erhöhung der Löhn« für die Transportarbeiter. Anlaß dazu hatte die neuerdings wieder eingesetzte Bewegung unter den Transportarbeibrrn gegeben, die durch den Berkshrsbund e-ne angemessene Erhöhung ihrer erbärmlichen Stundenlöhn« beim BBMJ. beantragt hatten. Nachdem während der etwa sieben st ündigen Verhandlungen von den ver. handelnden Parteien die verschiedensten Vorschläge gemacht worden waren, wurden schließlich die Verhandlungen aus Freitag nach- mittag vertagt.
durch eine ernsthaft eingeleitete Untersuchung den Fall aufzuklären und wahrhaft zu entscheiden. Inzwischen hat nun cm ganz ähnlicher, wenn auch minder be- deutender Fall die Fachkreise beschäftigt— der Fall der angeb- lichen D o na tello-Pla kette mit dem Bildnis des Dogen Francesco. Foscori. Bode hatte sie angekauft und ein« ausfuhr- Hche Begründung ihrer Urheberschaft im Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen veröffentlicht. Bald darauf meldst« sich in einer italiemschon Zeitschrift ein venezianischer Bildhauer Licudis und erklärte, der Urheber der Plakette zu sein, von der er drei Zustände angefertigt und eine Reihe von Exemplaren abgesetzt hätte. Man sollte denken, daß damit auch dieser Fall erledigt gewesen wäre. Aber nein! Nachdem die Plakette ein« Zeitlang aus ihrer Vitrine entfernt worden war, ist sie numnchr cm ihren Platz zurückgekehrt. Freilich hat ihr Berfertiger in aller Ausführlichkeit die Urheber- schast an der Plakette für sich reklamiert. Allein Zerr von Bode weiß es bester: er war zwar nicht dabei, als die Plakette ent- stand,«der er erklärt nun m den„Berliner Museen", st«st 2, daß er trotz Licudis cra der Echtheit seiner Plakette festhakte, denn die rötliche Patina, die neben dem abgeschabten schwarzen Lack sich -eige, sei ein Beweis ihres Atters, sterr Licudis habe, ohne sich dessen zu erinnern, gewiß seine Plakette über einem Abguß des Originals nachgeformt. Man liest«s verblüfft. Als ob.Zirkel und Metermaß, die mit Sicherheit ein Original von dein stets. kleineren Nachguß zu unterscheiden aestatten, gar nicht existierten. und als ob es kein« Fälscher von Patina gäbe! Nunmehr steht nichts dem im Weg«, daß auch der Keine hübsche Merkur des ver- storbetK'n Bildhauers Georg Römer , der eine Zeitlang als altpadua- nischc Bronze im Kaiser-Fri«drich-Museum ausgestellt war, in seine Vitrine als Werk des 15. Jahrhunderts zurückkehre. Und da sage einer noch, daß die Kunstgeschichte keine„fröhliche Wissenschaft" wäre! Die Eröffnung der Diener„Galerie des IS. Jahrhunderts". Ein neues Museum ist beben in Wien eröffnet worden, wie im „Cieerone" berichtet wird. Es ist die von stofrat staberditzl geschaffen«„Galerie des IS. Jahrhunderts" in den Räumen der oberen Belvedere, die die Fortsetzung des„Barock-Mufeums" im unteren Beloedere bildet. Der Schwerpunkt dieses neuen Museums liegt in der Sammlung auserlesener Meisterwerke altösterreichischer Kunst; es reicht bis zu den großen deutschen Impressionisten Liebermonn und Cormth. Die Expre'sionisten sollen in der..Modernen Galerie" Aufnahme finden, deren Eröffnung für das nächste Jahr geplant ist. Aillflk. streltaa Tl, Ubr findet das erste JuvilSimiSkonzcrt der Bruckner- Vereinigung in der Philbnrmonie Natt. Zur Aulkübrung gelangen der 1. Zatz aus der S. Slnlonie und die»roß« Messe w S'-moH. Musikalische Leitung: Dr. Felix M.<!>at. Die«unsthaadlung Fritz«vursitt lZivelsgischast: Dudapester Straße 7) eröffnet am 24. eine Ausstellung peruani scher Ausgrabungen. in der Töpfereien und Handwebcreien au» dem alten Peru gezeigt werden. Ziaiiaxischer Sinostreik. Wie-u» Rom gemeldet wird, hat die Ver- einigung der Klnodeffher ibre Leitung beanfiragt, angesichts der lZ'.böhung der Autorengebühr ebellens die Sperrung sämtlicher italienischen Kinos an- zuordnen al« Demonstration gegen die Regierung. Reu« Sowieimarien. Das PoNkommIssariai de» Sowsetbnnde» wird ein» neue Briefmarlenserie herausgeben. Die Postwertzeichen tragen das Porträt Lenins .
Gegen Republik , vc Der Wahlaufruf be Die Deutschnationalen erlassen einen Wahlausruf, der allen bürgerlichen Republikanern die Augen öffnen muß über die Gefahr, die eine Rechtsregierung unter deutschnationaler Führung für die deutsche Außenpolitik und für die innere Ent- Wicklung in Deutschland bedeuten würde. Während des Feilschens um die Ministerfitze haben die Deutschnationalen die Richtlinien der bisherigen Außenpolitik anerkannt— mit Worten I- Sie waren bereit, auf parlamentarischer Grundlage in eine Regierung einzutreten, sie waren bereit, aus der Hand des Reichspräjidenten Eberl die Bestallung als Minister der Republik entgegenzunehmen. Jetzt, wo es auf die Stimmen der Wähler ankommt, er- lasten sie einen Wahlaufruf, der in jedem Absatz sich gegen sie selbst wendet. Denn die demagogischen Kraftphasen, die niederträchtigen Beschimpfungen der Republik und ihrer Ber- fassung, mit denen sie die völkische Kokurrenz zu übertrumpfen versuchen, sprechen laut genug: wir haben gelogen seit dem 4. Mai! Wir haben gelogen am 29. August, wir haben ge- logen im Zuge der Verhandlungen um unseren Eintritt in die Regierung! Und jeder unbefangene Leser, der das deutsch- nationale Gebaren oerfolgt hat, weiß, daß auch dieser Wahl- aufrus nichts als eine einzige Lüge ist. Der Aufruf beginnt: „Am 4. Mai haben wir Deutsch rattioriclle dem Gegner eine schwere Niederlag« beigebracht. Aber wir haben keinen vollen Sieg des deutscheiotionalen Gedankens errungen. Darum muß noch einmal gekämpft werden." Die Wähler werden fragen: für welchen deutschnationalen Gedanken? Für den, der ihnen in der Wahlagitation vor- geredet wird, oder für den vom 29. August? Für den dieser Kundgebung oder für den der Anerkennung der Richtlinien des Reichskanzlers Marx ? Es tzeht weiter mit einer Beschimpfung derdeut- s ch e n Verfassung, wie sie selbst im völkischen Jargon selten ist: „Die vergangenen Monate haben genügt, den Parlamen- tarismus, besten Unfruchtbarkeit wir voraussagten, als Un- Möglichkeit zu erweisen. Mit Ekel wendet sich das deutsche Volk, das Ruhe zu eigener Arbeit verlangt und sachliche Arbeit von seiner Regierung, von einem System ab, das von der Demokratie auf Geheiß der Feinde eingeführt und von Erfüllungspolitikern zum Unglück des deutschen Volkes durchgeführt worden ist- Der Reichspräsident, dessen Platz noch imnrer nicht verfassungsmäßig nach dem Willen des Volkes besetzt ist, Hot kein Verständnis gezeigt für die überparteilich« Ausgabe: dem Volke eine arbeitsfähige Regierung zu verschaffen. Er Hai die von ihm bewirkt« Auflösung ausdrücklich mit„parlamentarischen Schwierigkeiten" begründet. Damit ist zugestanden, daß der Parlamentarismus nicht fähig war, zu regieren, und nicht einmal fähig, eine Regierung zu bilden." Am Eingang der deutschen Verfastung steht:„Das deutsche Volk, einig in seinen Stämmen... hat sich diese Verfassung gegeben." Von dieser Verfassung sagt der Wahlaufruf, daß sie„auf Geheiß der Feinde eingeführt" sei. Das ist die schwerste Beschimpfung, die nicht nur der Verfassung, sondern dem ganzen Volke zugefügt werden kann! Die Partei, die die Verfassung und das parlamentarische System so schäm- los beschimpft, wollte in die Regierung aufgenommen werden! Dieser Aufruf zeigt klar: eine deutschnationale Regierung oder eine Regierung, in der die Deutschnationalen bestimmenden Einfluß haben, ist eine Regierung gegen die Ver- fassung! Die wirklichen Ziele der Deutschnationalen zeigt der folgende Absatz: „Unersetzliche Wochen wurden mit Verhandlungen versäumt. und unaufschiebbare Aufgaben— die Aufwertung. Beamtengesetzgebung, Sicherstellung der christlichen Schule, Reuordnung der Handelsbeziehungen zum Auslände. Schutz der nationalen Wirtschaft und die erträgliche Regelung gegenüber der Entente— mußten zurückstehen. Das neue Parlament wird die Aufgabe haben, einen solchen un- fähigen Parlamentarismus zu überwinden." Aufwertung— aber im Geist« der Spekulanten, die auf Kosten der Geschädigten verdienen wollen, nicht als Entfchädi- gung für die Opfer der Inflation: Schutz der nationalen Wirt- schast— aber durch Hochschutzzöll«, die. wie Prof. S e r s i n g
rfaffungi ftftäkiUu Deutschnationalen. erklärt, selbst ein alter Schutzzöllner, zum Ruin der deiu,.., Wirtschaft führen müssen; erlrägliche Regelung gegenüber de Entente— wohinter sich die Absicht verbirgt, die Ausführung des Dawes-Plcnes zu sabotieren— unbekümmert uni das Schicksal der besetzten Gebiete. Schließlich: Ueberwindung des unfähigen Parlamentarismus: das heißt: Sturz der Ver- fassung, deutschnationale Diktatur, Rückkehr zum Obrigkeits- staat der Vorkriegszeit. Kampf gegen die Sozialdemokratie, Kampf gegen die De mokratie ist die Parole dieses Aufrufes: „Der letzte Grund für die so entstandene Lage ist die u.rwür. dige Abhängigkeit von der Demokratischen Partei, in die man sich bei der Regierungsbildung begab, obwohl di« demokratische Beteiligung für ein« national Mehrheit weder notwendig, noch förderlich war. Man hat den Mut nicht ausgebracht, über eine j ü- disch geführte, vom Marxismus abhängige, dabei zahlenmäßig bedeutungslose Gruppe und ihren Plan, die national« Einig urg zu sabotieren, hinwegzugehe i. Wer die sechs Elendsjahre miterlebt hat, seitdem unsere schwarzweißroie Fahne ausgetauscht wurde gegen die schwarzrotgelbeTrikolorederDemokrati«, der weiß, daß wir recht hatten mit unserer Behauptung: Eine Regierung ist nur möglich ohne die Sozialdemokratie, ein Auf- stieg nur im Kampf« gegen die Sozwldemokratt«. Gerade weil man das hohe Ziel der Deutschnationalen Volks- partei, die Volksgemeinschaft, zu einer Parteiengemein- schast umzufäls.hen versucht hat, die auch der Marxismus umfassen sollte, stellen wir fest, daß die Volksgemeinschaft, die Ge- sinnungsgemeinschaft aller auf christtich-nationalem Boden stehenden Dolkskräfte nur durchgesetzt werden kann im Ganzen gegen die Auffassung der Sozialdemokratie, die dem Volte di« hohen Güter der Religion rauben will, die mit Klassenkampf und organisiert c�n Terror die Gemein- schast der zum Aufbau bereiten Kräfte zerschlagen n.id die sich bis heute weder an dem Kämpft gegen die Kriegsschuldlüge beieiligen will, weil sie die Schulddes S. November zu verbergen hat, noch an dem Kämpft gegen die Erfüllungspottiit, weil der Befreiungswille des Volkes ihre Macht zerbrechen würde." Volksgemeinschaft im Munde der Deutsch - nationalen heißt also Ausschluß von über einem Viertel des deutschen Volkes vom demokratischen Selbstbestimmungs- recht. Volksgemeinschaft heißt also Unterwerfung der Arbeiter- schast unter die Diktatur des Großbesitzes! Die Partei, die drauf und dran war, eine Klassenregierung zur Knechtung der Arbeiterschaft zu machen, zetert über Klassenkampf! Zum Schlüsse: „Unsere Ziele bei de? Regierungsbildung werden wir jetzt weiier verfechten: Die Reinigung des politischen Lebens von dem Ro- vembergeist, der damals Wort und Eid brach und bis heute nicht Wort zu halten gelernt hat. Die Reinigung von dem Cr- f ü l l u n g s g« i st, der sich dem Auslände in würdelosem Pazi- fismus unterwirft, aber den nationalen Kreisen mit Ausnahme- gefetzen und organisierer Gewalt entgegentritt. Unsere Partei bleibt, was sie war: monarchisch und völkisch, christ- lich und sozial; unsere Ziele bleiben wie unser Name: deutsch und national. Unsere ruhmreichen Farben bleiben schwarz- weiß rot, und unser Will« ist fester denn je: Ein Deutschland zu schaffen, frei v o n I uden herrs chaft und von Fran» zosenherrschaft, frei von parlamentaristlschor Klüngel, und demokratischer Kapitalsherrschaftz ein Deutschland , in dem wir und unsere Kinder wieder aufrecht und stolz unsere Pflicht tun wollen." „Reinigung vom Novembergeist", das heißt: fort mit der Republik.„Reinigung vom Erfüllungsgeist" be- deutet: SchlußmitderbtsherigenAußenpolitik. Wenn das noch nicht deutlich genug ist. so tut das Bekenntnis zur Monarchie und zum Antisemitismus in einem Atemzuge ein übriges. So sieht die Partei aus, die Deutschland regieren wollte! Ganz Deutschland aber wird nach diesem Wahlaufruf sagen: wo bleibt der 29. August? Wie verträgt sich diese Kundgebung mit der Absicht, sich auf Grund eines schmählichen Handels mit Gesinnung in eine parlamentarische Regierung der Re- publik einzuschleichen? Das find die Grundsätze der politischen und sozialen Re- aktion. Aber alles das. was in diesem Wahlaufruf steht, ist käuflich. Um vier Ministerfitze war alles zu haben!
vom englischen Wahlkampf. De? 18. Oktober wa? der Termin, bis zu dem die einzelnen Kandidaten nonnmert werden mußten, d. h. unter anderen For- niolitäten auch je 599 Pfund deponieren muhten, die nur denjenigen zurückerstattet werden, die ein Fünftel der abgegebenen Stimmen ans sich vereinigt haben werden. Diese hohe Kaution bildete früher in zahlreichen Wahlkreisen ein unüberwindliches Hindernis für di« Arbeiterorganisationen, die oft überhaupt auf die Aufstellung eines Kandidaten verzichten mußten. Di« Gesamtzahl der aufgestell- ten Kandidaten gitt stets als ein sicheres Symptom fÄ die Bereit- schuft und auch für die Aussichten der einzelnen Parteien. In diesem Jahre weist die Labour Party «ine weit höhere Kan- didat�nzahl auf als 1923, obwohl bereits im Vorjahr« der Fort- schritt gegenüber 1922 sehr betrachtlich war. Dagegen sind die Liberalen weit schlechte? vertreten als im Vorjahr«, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, daß sie in der Hauptsache die Kosten der lokalen Bürgerblock-Abkommen tragen mußten. Di« Kon- seroativen weisen etwa di« gleiche Zahl von Mandatsbewerbern wie in der Vergangenheit auf. Die offiziellen Ziffern der Kcmdidatenausstellung lauten: Arbeiterpartei... 508(im Borjahve 434) Konservative 589(,„ 538) Liberale........ 343<„, 454). Dazu kommen noch 15 Unabhängige(i, V. 16), 8 Kommunisten und 5 irische Republikaner. Unter den 539 Konservativen sind 7„Kon- stitutionalisien" gezälftt, die sich, wie zum Beispiel Churchill , vor allem zur Ausgabe gestellt haben, die Sozialisten zu bekämpfen und di« dabei von den Konservativen, zum Teil auch von den Libe» ralen unterstützt werden. Ohne Gegenkandidaten wurden am 18. Ottober 32 Abge- ordnete für gewählt erklärt, und zwar 9 Arbeiterparteiler, 6 Liberale, 16 Konservative und«in irischer Nationalist.(Ursprung- lich wurden 39 Konservative als bereits gewählt gemeldet.) Im Bor- jähr« hatten mir 4 Arbeiierparieiler kampflos gesiegt. In 36 Wahlkreisen haben Liberal « auf dl« Aufstellung von Kandidaten verzichtet, um den Sieg der Konservativen zu er-
leichtern, während nur in 19 Wohlkreisen Konservative«inen ähnlichen Liebesdienst den Liberalen geleistet haben— natürlich immer nur auf dem Rücken de? Arbeiterkandibaten Indessen werden Dreikämpfe(sogenannte„dreieckige" Wahlen) in mehr alz einem Drittel der Wahlkreise stattfinden. Das Gesamtbild der gegenwärtigen Wahlschlacht geht aus fol- gender Ausammenstellung hervor: „Dreieckige" Wahlkämpse 225 Konservat iv->s ozialistische Zweikämpfe,,», 216 Liberal- konservative Zweikämpfe 49 Liberal-sozialistische Zweikampf«...... 47 Im Vorjahre betrug dt« Zahl der„dreieckigen" Wahlen 254. Dieser verhältnismäßig klein« Zahlenunterschied ist daraus zurück- zuführen, daß die Arbetterparte, überraschenderweise Kandidaten in einer großen Anzahl von Kreisen aufgestellt hat, in denen früher ausschließlich die beiden bürgerlichen Parteien um den Steg rangen. Di« wechftlselttgen Verzichtserttärungev der beiden bürgerlichen Parteien sind vor allem in solchen Kreisen erfolgt, wo im Vorjahre Sozialisten mtt einer geringeren Stimmenzahl gewähll wurden als ihre liberalen und konseevattven Gegner zusammengerechnet hatten.
7» dezember Großwahltag. Wie die„Telegraphen-Union" erfährt, hat der Zweite Ausschuß des Hessischen Landtoges beschlossen, dem Landtag zu empfehlen, die hessischen Landtagswahlen, dt« urfprüng. lich auf den 18. November festgesetzt waren, auf den Tag der Reichstagswahle« zu vsrlegen. Es P anzunehmen, daß dos Plenum den Beschluß in setner heutigen Sitzung annehmen wird. Aller Voraussicht nach werden auch in Bayern die Reichs- tagswahlen mit ander« politischen Wahlen verbunden. Für Mit!« Dezember waren ursprünglich di« bayerischen Gemeinde- mahlen m Aussicht genommen. Es darf angenommen werden. daß st« nunmehr mtt den Reichstagswahien«n?. Dezember zu» fammengelogt werden.