gefängnis gesessen, bis ih n die Verschwörer seiner Geheimorganisation daraus gewaltsam be- freiten.— ein solcher Reichsanwalt ist wirklich wert, im Zeichen des Bürgerblocks gegen die Patrioten der Kapp- brigade plädieren zu dürfen. Man sollte aber meinen, daß er wenigstens die fo demonstrativ in der deutschnationalen Presse veröffentlichten Erinnerungen� des meineidigen Hochverräters gelesen und vor dem Staatsgerichtshof zur Sprache gebracht hätte. Aber weder er noch der Gerichts- Vorsitzende hielten es für notwendig, auf diese f r e ch e n A u f- Zeichnungen Ehrhardts zurückzukommen. Das wäre ja auch gar zu peinlich! Denn aus ihnen wäre hervorgegangen. daß die Ehrhardt-Leute wochen-undmonatelangdie Befreiung ihres Confuls aus den Händen der Justiz betrieben, daß sie wochenlang nach Einbrecher- manier an der H e r st e l l u n g falscher Schlüssel ge- arbeitet haben, daß sie sich rühmten, ein Automobil gestohlen und den Diebstahl der französischen Besatzungs- truppe in die Schuhe geschoben zu haben. Kurz, schon aus diesen gedruckten Aufzeichnungen wäre das verbrecherische Treiben der O. 0 ganz klar zu erweisen gewesen. Statt aber diese Aufzeichnungen vor Gericht zur Sprache zu. bringen, hüllt sich der Reichsanwalt in Schweigen. Und auch der Vorsitzende weiß von ihnen nichts. So kann es kom- men, daß die Verteidigung sich aufs hohe Pf'erd fetzt und an das patriotische Herz zu rühren sucht, um die ein- zelnen Angeklagten, die— trotz Geheimschrift, trotz Deck- odressen, trotz klaren Wortlautes der Femesatzungen—„nie von nichts nichts gewußt" hoben, als verfolgte Unschuldsengel hinzustellen. So. konnte es kommen, daß die Tätigkeit der Organi- sarion C. mit der Tragödie der politischen Morde begann und mit der P r o z e ß k o m ö d i e vor dem Staats- gerichishof endet! Das Vertrauen in die Justiz der Republik wird freilich durch diesen Prozeß nicht erhöht. Man wird vergleichen die S ch n e i d i g k e i t, mit der gegen Kommunisten vorgegangen wird, und die liebevolle Langmut, die den Verschwörern der ehemaligen Kapp- Brigade zuteil wird, wobei wir nur bedauern, daß sozial- demokratische Beisitzer beim Staatsgerichtshos genötigt sind, einer solchen Verhandlung beizuwohnen, ohne in der Lage zu sein, selbst die Beweisaufnahme in irgendeiner Richtung beeinflussen zu können. Aber man soll sich vergewissert halten, daß in den Wahlen vom 7. Dezember auch abgeurteilt wird über die Verschwörer- gcsellschaften und über eine Justiz, die ihrer Aufgabe fiir die Republik nicht gerecht wird! verteiüigunysreüe des Neichsanwalts. Zu Beginn des heutigen Verhand'ungs'ages oerkündte der Präsi- dsnt, daß Anträge der Verteidigung, Zeugen darüber zu oernehmen daß die Statuten der 0. C. vor dem IS. September 1920 nur provisorisch gcrne'en seien, abgelehnt seien, da der Staatsgerichtshof dies als wahr unterstell«. Darauf gab die Gesamtverteidigung eine Erklärung ab, wonach sie anaesich s der schon vom Vorsitzenden ge'roffer-en„Feststellungen über den Charakter der O.<L aus weitere Vewcisantroq« verzichte. Srdann nahm der Rcichzanwalt Niethammer das Wort zu seiner Ant'aaere-de: Das gesamte Bild der Verhandlung, so führte er aus. ist so, wi« die Anklag« es aufgefaßt hat. Was im März 1920 sich ergab ist bekannt. Es ist die Beteiligung Ehr» liardts am Un'ernebmsn Sepps. Nach der Aufläsung der Brigade Ehrhardt bildeten sich dann die Offi-iersvereine, deren Mitgsieder sich nicht scheuten, mit dem Mann einen Verein zu gründen, der wegSll Hochoerrats verfolgt war. Ist dadurch nun ein« Ber- schörfuna dcs Strafmaßes gegeben? Dagegen wen.de ich ein: Wir haben hiernichtzuentfcheiden.obSapitänEhrhardt • in Hochverräter war. Ich spreche nicht für und nicht gegey Ehrhardt. Die Bestrebungen ehemaliger Truppenführer, für ihr« Leute im Frieden zu sorgen, können nicht straffällig sein. Man blieb verbunden und als die Polenaufftände kamen, stellte man sich zur Verfügung. Ä illinger und Hoffmann hatten Grund zur Annahm«, daß sie berechtigt waren, ein Regiment gegen den Polenaufslaod zu bilden. Sie mußten in aller Stille arbeiten und zur Zeit bereit- stehen. So mußten st« eine Organisation schaffen, mit Hoffmann an
der Spitze, ntit Gruppen- und Unterführern, ganz militärisch. Aber Satzungen waren nicht nötig, ja eigentlich unmilitärisch. Doch brauchte man die feste Zusicherung des Gehorsams und des Schweigens. Heber Strafen verfügte man nicht und so wählte man die Fem «. Daß die Angeklagten damit etwas anderes meinten, ist nicht anzunehmen. Ihre Erklärungen hierüber sind vollkommen glaubwürdig.(!!!) Aber«un bestand die Verordnung vom 24. Mai 1921, die die Bildung militärischer Verbünde verbiete!. Di« Bezirke der O. T. waren groß und selbständig geworden und die einzelnen Verbände haben die ihnen gestellten, der Regie- rung dekannren Ausgaben einer Bildung des Regi- m e n t s Süd überschritte m Sie verfolgten Ziel« darüber hinaus, und das zeigen ja auch die Satzungen. Hoffmamr sagt ja selbst, man wollte«inen vaterländisch-politischen Verein bilde», und Kautter als geistiger Schöpfer der Satzungen gab zu diesem Zweck«ine befonders eingestellte Zuschrift heraus. Diese Ziele durste die Regierung nicht kennen lernen, da diese Bestrebungen doch dem Staat gefähr. l i ch werden konnten. Am Schlüsse seines Plädoyers beantragte Reichsanroalt Niet- Hammer folgend« Strafen: Gegen H o f f m a n n wegen Geheim- bündelet unter erschwerenden Umständen zwei Mcnat« 15 Tage Gefängnis, umzuwandeln in 750 Ist. Gcldstrase. Die Straf« sei als durch die erlitten« Untersuchungshaft verbüßt zu betrachten. Gegen Killinger wegen Geheimbündelei zwei Monate Gefängnis, umzu- wandeln in S00 IN. Geldstrafe. Die Straf« fei ebenfalls durch die erlittene Untersuchungshaft verbüßt. Gegen Kautter zwei Monate Gefängnis gleich S00 TO. Geldstrafe. Gegen fünf wertere Angeklagten Strafen von 0 Wochen bis ein Monat oder 450 AI. bis ZOo lN. Geldstrafe, die ebenfalls verbüßt lein sollen. Gegen Weg«- l i n beantragt der Reichsanwall F r e i s p r u ch von der Anklage der Geheimbündelei, aber drei Monate Gefängnis wegen unerlaubten Waffenbesitzes unter Zubilligung mildern- der Umstände.(Arbeiter, die nur einen Teil der Patronen haben, die Wegelin verheimlichte, kamen auf Jahre ins Zuchthaus! Red. d.„V.") Gegen alle übrigen Angeklagten beantragte der Anklagevertreter Freisprechung._ Söst Sckutzzol! unü Srotwucher! Der Wahlaufruf des Reickislandbunds. Die Präsidenten des Reichslandbundes veröffentlichen folgenden Wahlaufruf an die Mitglieder des Reichslandbundes: „Die Neuwahlen zum Reichstag und zu verschiedenen Land- tagen am 7. Dezember 1924 stellen das deutsche Landvolk vor ernste Entscheidungen. Durch das Gewirr der Ausrufe der einzelnen politischen Parteien und der widersprechenden Darlegungen der Parteipress« hindurch gill es für die deutsche Landwirtschaft klar zu erkennen, um was es bei den kommenden Wahlen geht. Di« deutsche Landwirtschaft kann ihr hohes vaterländisches Ziel, dos deutsche Volk aus dem deutschen Boden zu ernähren, nur dann er- reichen, wenn die n a t i on a l p o l i t i s ch« Bedeutung des Schutzes und der Intensivierung der londwirt- schaftlichen Produttion von der Reg'erung anerkannt und gefördert wird. Das deutsch « Landvolt kann sein« tultur- und rafsepolitifche Aufgab« ein steter Quell der Erhaltung und Erneuerung deutschen Volkstums zu fein, nur kann verwirk- lichen, wenn es in seiner E genart auch in der Staatslei- tung selbst gebührend zur Geltung kommt Es handelt sich also am 7. Dezember für uns darum, die Voraussetzungen zu schaffen. daß der Staatswill«, der künftighin im Reich und in den Ländern herrscht, maßgebend in national- tultur- uitd wirtschaftspolitischer Hinsicht durch das deutsche Landvolk m tbsstimmt wird. Wir hallen es d?h-r für unser« Pflicht, unsere Mitglieder aufzufordern, sich von Anfang an mit ollem Nachdruck dafür«mzusetzen, daß nur solche Persönlichteiten«ruf die Stimmen de« im Reichslandbund organisierten Landvolks zählen können, die rückhallslos persönlich dnfür eintreten, daß bei den kommenden Regierungsbildungen w Reich und Ländern Landvolk und Landwirtschaft ihrer Bedeutung und Stärk« entsprechend in den Kabinetten selbst vertreten sind. Die Losung des Wahlkampfts ist:„Für nationale und christlich« Volksgemeinschaft, gegen International« und Klassen- kämpf!" Hinter dem allen Schlagwort von der nationalpolllischen Bedeutung des Schutzes der landwirtschaftlichen Produktion verbirgt sich der Wille zum Hochschutzzoll, zum Brot» wucher. Mit aller Deutlichkeit wird ausgesprochen, daß die Agrarier die alle politische Vormachtstellung der
Die Goethe-öühne. In der Klcsterstraße, wenige Schritt« nur von dem lörmendei Getriebe des Alexanderplatz «», von dem großstädtischen Gedränge, de? Unruhe, der Eil«, de» Hast geschäftiger Menschen, in einem stillen Winkel, ka wo das Glockenspiel der Parochialkirche klimpernd anheimelnd klingt, haben sich in dieser Woche die Pforten der Goethe-Vühne aufgetan. Machet die Tore well und die Türen der Welt hoch, daß die Kunst«nll Ehren eiiziehel Eine kleine Gemeinde will sich aus dem Theatersumpf Verlins auf diese abgeschiedene Insel retten, um sich zu„innerer Sammlung und geistrer Vertiefung" zusammenzufi iden. Der Deutsch -Russe OUv Peterson hat hier das vom Großen Kurfürsten für die Hugenotten errichtete Gemeindehaus zu einem kleinen Theater umgebaut, in würdigem Geschmack, mit freundlich-heller Feierlichkell. Die Bühne ist nach altem griechischen Muster dreiteilig, ein Trypttlchon. Ein« Hauptbühne in der Mitte, zu beiden Seiten zwei kleinere Bühnchen. Wahrend auf der einen eine Szene gespielt wird, kann für die nächsten auf der anderen der Umbau in Ruhe vor sich gehen. Zell - sparender antiker Ersatz für die modern« Drehbühne. Nun wirbt Herr Pcterson für seine„Kunstgemeinde der Goethe- Bühne". Er oerspricht nur solche dichterischen Schöpfunzen aller Zeiten in den Spielplan aufzunehmen, die von bleibendem Wert sind und dem Zuschauer zum Erlebnis werden und verspricht sich «was davon Werden sich sein« Ideal« verwirtlichen lassen? In Berlin , in diesem Berlin ? Di« gestrige Aufführung fand vor halbleerem Haus« stall. Es war die zweit« nach der Eröffnungsoor- ftellung. Goeihez„Natürliche Tochter" heut« aufzuführen, bleibt ein gewagtes Experiment. In diesem Trauerstück tritt un» nicht der Goethe entgegen, den wir lieben: fremd stehen mir vor dem Wert eines Dichters, dessen erhaben« Wortemusik wir verehrend bewundern, befremdet stehen wir vor der Anschauung eines Dichters und Hofmanns, d:« uns in weit« Fern« gerückt ist. Goethe wollte den bewegenden Ideen der französischen Revolution in einer Trilogie dramatische Gestalt geben. Nur der erste Teil ist fertig geworden: „Die natürlich« Tochter". Die Tragödie de» unehe'ichen Herzogs- lindes das lein höchstes Glück darin sieht, durch di« Huld des Königs den Makel der Geburt zu löschen und als gleichberechtigt i n höfische Kreis« aufgeno.nn:«.l zu werden, und dos dadurch zum Spielball hoiiick-er Inirige wird, diese Tragödie, in der Staizdesbewnßtset» und Stondesdünk«.' ein? Haupt- und Staatsaktion darstellen, hat Goethe in einem Gefühl der Angewidertheft geschrieben, die er vor dem Treiben der französischen Revolutionäre empfand. Das drama- tisch unbewegt« Trouersp.el käme un» nicht näher, auch wenn di« Chorakrer« weniger verwaschen gezeichnet wären. An dieser Tat- fach« S ldern nichts die hohen Wort«, mft denen Herr Peterlon die „Natürliche Tochter" osrteidizt. Er sogt:„Fichte stellt d!« Natur- lieh« Tochter über Tusso und Iphigenie. Er nannte das Wert das höchst« Messterstuck des Meisters. Klar wij! das Licht und ebenso unergründlich, in jedem seiner Teile lebendig sich znGnnmenziehenö, zur absoluten Einheit und zugleich in die Unendlichkeit zerfließend wie fene»" So tonnte ein Fichte sprechen. Wir Jungen haben inzwischen anderes gesehen und erlebt.
Di« Darstellung steht auf anständigem Niveau, mehr nicht. Die Dichtung Hai Schönheiten genug, um sie in eigenem Sti! zu einem Erlebnis werden zu lassen. Was wir in der Goethe-Bühne sehen, ist wecheoolle Deklamation. Der leuchtendste Stern der Bühne. Frau Else Heim», besitzt zwar Routine, aber auch ihr« Leistung ist nichts mehr a's deklamatorisches Pathos. Di« Darsteller sind nicht unter die eindsilltche Ordnung einer Regi« zusammengefaßt. Der ein« spricht S�auspielcr-Teiitsch, der andere mit berlinischem Dialekt- klang. Der ein« hat große tragische Bewegungen, der ander« pendelt unruhig auf der Bühne umher. Am ausgeglichensten ist Adolf Klein als Mönch Ich fürchte, Herrn Petersons pietätvolle Tat wird ihm nicht lange Freude machen. Gewiß, man soll das Alle, auf dessen Boden das Heulige entstanden ist, verehren. Uederlieforung in liebender Sorgsamkeit ps'egen Aber die Zeit stürmt vorwärts____ Die Goeths-Bühn« ist an den Rundfunk angeschlossen und vor ihrem Tor führt di« Treppe hinab zur Untergrundbahn. Die Zeit stürmt rorwärts...____ Ernst D«gner.
palucca. Jeder Abend der Palucca zähst zu den Festabenden der Tanz- faison. Bor einem Jahre kannte kaum einer im Publikum ihren Namen, heute gibt es Bsgsisterts, die sie über di« Wigman stellen. Solch« Veraleiche sind stets vom Uebel. Di« Wigman verkörpert ein« Well, di« Palucca ist eine Persönlichkeit. Ein« Persönlichkeit von so ausgeprägter Eigenart, daß jeder ihrer Tänze den Simpel ureigensten Erlsbens trägt. Dieser jugendfrische Keine Kraftmensch mft dem kecken Gassenjungenprvfil ist«i?« Kämpfernatur, scheint mit dem Raum wie mft einem unsichtbaren Feinde zu ringen, marschiert mit festem, sicherem Paradeschritt zum Augriff auf. umkreist in wilden Sprüngen den Gegner, entzieht sich seinen Gezenstoßen durch über- rcschende Schwenkungen und Wendungen, stürmt, stampft, fliegt über die Bühne, fährt in kreiselnden Wirbels.ürmen durch di« Luft und lliumphiert schließlich über das befugte Chaos des Raumes, dos durch Schritte, Sprünge und Schwünge zum harmonisch geordneten Kosmos gebildet wurde. Kraftbewußflcin des Ueberwindcrs spricht aus den Triumphatorftellungen am Schluß einige? Tänze, frohlockender Sieges- Übermut au« dem leichtbeschwingten Laute a und auf jauchzenden th'üpten des kleinen Helden, der den ungestalren Goliath bezwanz, Der Zuschauer wird Zeug« eines Erlebsns, das ihn nicht zur Besinnung kommen läßt, doz ihm den Atem benimmt und dos er weder in Worte noch in Begriffe zu fassen vermag. Es stnd keine dramatischen Bilder und Szenen, es sind di« rhythmischen Spiel« abstrakter Linien. Formen und Farben, die auf ihn wirken. Und doch hat er das sichere Gefühl: hinter diesen naturfernen Bewegungen steht«in Etwas, ein Wesen, dos ich selber bin. Und der Rhythmus der Bewegung weckt ein Echo in feiner Seele Jeder Schrill, jeder Sprung, jeder Stoß, jede Wandung, jeder Wirbel schwingt in seinem Kärpergesühl mit. Im tiefsten Innern werden Saiten abgeschlagen, di« vielleicht noch nie erklangen. Der Tanzabend der Palucca im Blüthnersaal lftt an- fangs unter den hier leider üblichen Beleuchtungsstörungen, Aber mft der drillen Programmnummer, dem an tänzerischen Motiven
Vorkriegszeit wiedergewinnen wollen Sie wollen die städtische Bevölkerung, die Arbeiterschaft vor allen Dingen, wirtschaftlich ausbeulen und politisch unterdrücken. Die Auf- richtung der Klassenherrschaft des Groß- agrariertums ist das Ziel. Diese brutale Betonung des agrarischen Klassenwillens segelt unter der verlogenen Parole: „Gegen den Klassenkampf". Die Agrarier halten es damit wie die Großindustriellen. Unterdrückung von Mittelstand und Arbeiterschaft ist kein Klassenkampf, die Abwehr dieser Klassen aber, ihr Ringen um Freiheit und Existenz ist verwerflicher Klassenkampf.„Gegen den Klassenkampf"— das Heißt, für die Klassenherrschaft von Großindustrie und Großagrariertum. Für Brotwucher, aber gegen den Klassenkampf— deutlicher kann die stockreaktionäre Tendenz nicht gezeigt werden.
Nur für öie Wahlen. Der Fsührerersatz der Deutschnationale«. Die Absetzung von Herrn H e r g t wird von der deutsch - nationalen Presse sehr vorsichtig aufgenommen. Man scheint das Gefühl zu haben, daß man die klaffenden Risse in der Deutschnationalen Partei schon viel zu öffentlich gezeigt hat und nun etwas für das Auftreten nach außen in der Wah»- bewegung tun muß. Man spricht von Ueberbrückung der Meinungsverschiedenheiten, von Sicherstellung der unbedingt notwendigen Geschlossenheit. Herr W i n ck l e r soll diese Fassade zurecht schieben. Man wird trotzdem noch genug zu sehen bekommen. Bei der Kandidatenausstellung werden die Unentwegten, die„Vaterländischen" um den Hinauswurf der Jasager kämpfen. Es bleibt abzuwarten, ob Herr W i n ck l e n dabei den Exekutor oder den Bremser, oder nur den Mann am Vorhang spielen soll. Aber dieser Führerersatz selbst zeigt schon mehr Verwir- rung und Kläglichkeit, als er mit der schönsten Geschlossen- Heftsfassade verbergen kann. Die Deutschnationalen wechseln mitten im Wahlkamps den Führer— aber sie nehmen sich statt des angekündigten großen Führers ein Surrogat, dessen Zeitweiligkeft von vornherein festgestellt wird. Der Grund liegt darin, daß sie eben keinen Führer haben. Woher ihn nehmen? Die„Deutsche Zeitung" versichert ausdrücklich, daß, Herr W i n ck l e r ihr nicht genüge: „Sorgfalt, Umsicht und Pflichttreue ganüs-n eben nicht in einer vorwärts stürmen den Kampfzeit, d>p rück- fichtslofe Entschlossenheit und kühnen Wagemut von den Leitern politischer Geschick« verlangt. Nicht taktische Er- wägungen und fein« Diplematenkünst« des Wilhelminischen Zell - alters tun unserer Gegenwert nrt, sondern fester Will«, zähe Härte und unbeirrbare Zuversicht." Da hat Herr H e r g t seine Quittung und Herr W i n ck l e r einen gleichwertigen Willkommengruß. Aber woher den Führer nehmen, der dem Idealbild der„Deutschen Z e i- tung" entspricht? Wo ist der geheimnisvolle große Un' c- kannte, wer kennt Straße und Hausnummer, wo er zu finden ist? Die„Deutsche Zeitung" sedensalls nicht. Sie sieht nur eine Möglichkeft, ihn ausfindig zu machen: „Mäzen die nicht mehr lange auf sich warten lassenden Neuwahlen der Deut'chnationalen Volksvartll«inen Mann c'e. Nachfolger Exzellenz Hsrgts an die Spitz« stellen, tcr alle dies« seltenen Eigenschaften in sich oereinigt." Wir glaubten immer, durch demokratische Methoden würde das Hervortreten großer Führer verhindert, und ium siebt die„Deutsche Zeitung" nur noch die ein'ige Hoffming, daß in der Wahl der ideale Führer ans der anonnrnon Masse heraustreten werde. Die Führerkrisc in der 3cv'rdy nationalen Partei hat erwiesen, daß durch die Methoden der kastenmäßigen Abschließung, des Oberklassenprioilegs b'e Verachtung der Masse und ihrer lebendigen Kräfte nur verssockte Und verstumpsts Mittelmäßigkeit sich ergibt. Die Partei, die lärmend Anspruch auf die Führerrolle erbebt, fällt selbst von einem Führersurrogat ins andere, um am Ende ihre Hossnung auf die Führerauslese durch die Demokratie zu setzen. Erst H e r g t, nun W i n ck l e r— ein völliger Bankrott der Anhänger des Autoritätsglaubens!
überreichen„Crescendo" war die Hemmung überwunden. Wir sahen schon bekannt« Tänze in neuer Durcharbeitung und wir lernten«ine Reih« nsuer Schöpfungen kennen. Die Entwicklungstime geht auf klarer« und durchfichtigere Gliederung der Komposi ionen, deren Aufbau heute schon von fast klassischer Schlichtheft ist, und auf An«- merzen aller pantomimischen Antlänge und akrobatischen Effekte, die früher noch hie und ha störten. Die ans Wunderbare grenzende Technik sieht immer im Dienst rein künstierischer Wirkungen und die dekorativen Schnörkel sind aus ein Mindestmaß beschränkt. Dabei Ablehnen alles äußere» Klimbims: einfache Kostüm«, schlichteste Aus- machung. Wigman -Stil in höchster Dollendung, verkörpert mit dem hinreißenden Elan und dem liebenswürdig graziösen Charme einer einzigartigen Künsllerpersönlichkeft. Der Beifall des überfüllten Hauses wuchs mit seder neuen Darbietung. Die Begeisterung steigert« sich schließlich zu einem Orkan:«in Teil des Publikums brach aus den Reihen und schien das Podium stürmen zu wollen. Am 2. November werden wir Gelegenheit haben, die Pa- lucea auf der Bühne des Theater« amBülowplatz in her diesjährigen ersten Tanzmatinee de» Volksbühne zu sehen. _ John Schikowsti.
Marconi über Verbesserungen der dcahlloseu Telegraphic. Noch einer Londoner Mc dung aus Athen traf dort Marconi zu lurzem Aufenthalt eil, nachdem er mit seiner Jacht„Etektra" zufrieden- stellend« Versuche übex die Verbesserung der drahtlosen Telegraphic gemacht hat. Er erklärte:„Ich glaube das Problem der direkten drahtlosen Verbindung zwischen zwei Punkten des Erdballs ohne Benutzung von Zwischenstationen gelöst zu habet. Ich gelangte nicht nur zur völlig«» Isolation bei der Uebertragung von Nfichrichten, die als absolut privat angesehen werden müssen, sondern ich erz eile auch eine große Geschwindigkeit, die uns in die Lag« versetzen wird, die gegenwärtigen Gebühren auf den zwanzigste» Teck herabzusetzen." Eine tschechische Erfindung. Ein Mechaniker aus Königgrätz erfand ein« Maschine zur Herstellung von Hörnchen. Sie kann bei Bedienung durch drei Gehilfen mehr als 3000 Stück Hörnchen pro Stund? herstellen.— Diese Erfindung konnte nur in«inen: Vevk gemacht werden, von dem sein Wehrminister in öffentlicher Pariainentsred? sagt«:„Wir sind«ine Nation der Knödel und Golaschen." Die Hörnchenmaschine ist erst der Anfang. Bald folgt die Umstellung der Skoda werke auf Knödel- mitrailleusen und die Golaschenrotation. Und das ist oesser als Schwerartilleri« und M.-G»
.Zf1 die» ädrige Kobelpre!» für phnflotogk und Zlkedirw wurde dem Profrssvr 51, ßintaoven In Lehden uerllehen, l)ie Diener volksoper bat r.jft orojjeu niMitflellcn Schwierigkeiten zu tämpfeu, da ihre finanzielle!! Kittel völlig»rschivfl sind. Sie steht nun»or der Entscheidung, ob sie ihre Pforten schliezen toll oder nicht. Einen letzten Versuch hat Dr. Fritz Sliedrh, der Leiter des Unternehmen?, noch unier. nommen, indem er ein(Besuch an den Bürgennetster van Sie» richtete. um von der Stadt einen Zuschuß zu erhalte».