Nr. 516 ❖ 41. Fahrgaag
1. Seilage ües vorwärts
SonnabenS, 1. November 1424
Sonntägliche wanöerziele.
Die Rauenschen Berge.
Bon den Bahnhöfen der Stadtbahn fahren wir über Erkner (umsteigen) nach Fürstenwalde. Dies« Stadt ist eine alte Sied- lung im Spreetal . Vom Bahnhof aus kommen wir zuerst durch die neueren Stadtviertel. Breit«, gutgepflastert« Straßen, großstädtische Häuser treffen wir hier an. Je näher wir aber der Spree kommen, desto älter erscheint das Stadtbild. Die Straßen werden schmal, alte Giebelhäuser geben ihr das Gepräge. Der älteste Teil der Stadt liegt auf den Inseln, die die Spree hier bildet. Da diese Inseln das Ueberschreiten des Flusses erleichterten, führt« hier eine alte Handelsstraße vom Norden nach dem Süden vorüber. So ist es denn leicht verständlich, daß hier ein Rastplatz entstand, an dem dann ein« Siedlung aufblühte. Wir sehen hier ähnlich« Verhältnisse wie bei Berlin -Kölln , wo es letzten Endes auch die geologischen Ver- hältnisse waren, die die Havplursach« für die Art und Weis « der ge- schichtlichen und wirtschaftlichen Entwicklung der Siedlung bildeten. Wir wandern über die neue Spreebrücke nach Ketschendorf. Von der Dorfftraße wenden wir uns jedoch alsbald rechts ab durch die Petcrsdorfer Straß«. Hinter dem Dorf schlagen wir den Weg nach Süden ein. Durch völlig ebenes Gelände führt er hin, wir durchqueren dos Warschau-Berliner Urstromtal. Vor uns ragen die Rauenschen Berg« auf. die wir schon von Fürstenwalde aus sehen konnten. Sie gehören dem Berging an, der sich auf dem Süd- rand des Urstromtals in oftwestlicher Richtung hinzieht. Oestrich von den Rauenschen Bergen liegeki die Soldatenberg« und die Dubrowberge. Diese Bergkette ist eine Endmoräne der Eiszeit, deren Kern aus tertiären Schichten besteht. vie tertiären Ablagerungen. Die dem Tertiär, d. h. der dritten großen Erdbildungs- Periode angehörenden Schichten des Kerns der Endmoräne sind durch den Druck des Inlandeises der Eiszeit aufgestaucht und häufig zerstört worden. Sie gehören dem Miocän, also dem mittleren Tertiär an. Di« Schichten bestehen aus Formsonden, Letten und Braun- kohlen. Das Vorkommen mehrerer Brauntohlenflöze führt« zur An- lag» von Bergwerken, die zum Teil noch in Betrieb, zum Teil bereits aufgelassen sind. Unser Weg bringt uns zu den Grubengebäuden der Braunkohlengrub«.konsolidiert Gnadenreich" am Fuß der Rouenschen Berg«. Von hier führt« der„Brohlstollen" in das Inner« des Berges bis unter sein« höchst« Kuppe, 63 Meter unter Tage. Jetzt ist der Stollen verfallen, wahrscheinlich ist dos Kohlenflöz abgebaut. Das Erdreich über dem S'ollen ist einge- funken— zu Bruch gegangen, wie der Bergmann lagt. Auf ein« lange Strecke hin können wir so den ehemaligen Gang verfolgen. Unmittelbar südlich der Braunkohlengrube beginnen die Form- s a n d g r u b e n, die sich westlich des Weges Ketschendorf— Peters- dorf hinziehen. Beide Gesteinsarten, Formsand und Braunkohl«, kommen stets zusammen vor, so daß man beim Aufichließen des Formsandes immer die Braunkohle in der Nähe vermuten darf. Der Formsand wird zur Herstellung der für die Metallgießereien nötigen Formen verwendet, daher sein lliam«. Er ist. je noch seinen Bei- mengungen, von verschiedener Farbe, schwarz, schokoladenbraun, grau oder weiß, aber immer äußerst sein, mehlartig. In den Gruben sehen wir die Aufstauchungen und Verwerfungen der Sandschichten. Haar- scharf und meist immer gut zu erkennen ist die Grenze zwischen den tertiären Ablagerungen und denen der Eiszeit, die darüber liegen. In den Formsanden kommen mitunter schwache Braunkohlen- f l ö z« vor, die den Abbau der Sand« hindern. Si» werden deshalb angezündet und glimmen allmählich sott. Die verbleibenden Alchenrückständ« lassen sich leichter entfernen als die gewachsene Braunkohle. Die Kohlenflöze in den Bergwerken entzünden sich öfter selbst: der in der Kohle enthalten» Schwefelties entwickelt bei seiner Zerl-�ung soviel Wärme, daß Flözbrände entstehen. Von der Ketschendorf— Petersdorfer Landstraße haben wir einen präch- tigen Ueberblick über die Landschaft. Zwischen den Rauenschen und den Soldaten- und Dubrowbergen befindet sich«in« Senk«, die bei Petersdorf von dem Petersdorfer See ausgefüllt wird. Nach Süden hin schließt sich e i n L u ch an, das sich bis zum Schar. mützelsee erstreckt: dieser fiillt weiterhin die Senke aus. Die Senk« ist eine Rinne, durch die die eiszeitlichen Schmelzwasser gen Süd abflössen. Di« Hügelkuppcn und Einschnitt« zaubern uns ein Bild
vor Augen, das uns an eine Gebirgslandschaft Mitteldeutschlands erinnert. Die Markgrafensteiae. Wir kommen nach Petersdorf, das wir jedoch nur in seinem nördlichen End« berühren. Gen Nordwest führt unser Weg zum Dorf hinaus. Das Gelände steigt an, geht es doch dem Gipfel der Rauenschen Berge zu. Im Walde sehen wir trichterförmige, kreisrunde oder langgestreckte Gruben. Es sind Erdfälle, die durch den Einsturz des Untergrundes infolg« des Bergbaues entstanden sind. Die Strecke ist zu Bruch gegangen, sagt der Bergmann . Durch
Der Treffpunkt.
Am großen Mark graten stein. schönen Nadelwald bringt uns der Weg zuerst in nordwestlicher, dann in südwestlicher Richtung zu den Ma r k g ra f« nst e i ne n, zwei gewaltigen Findlingsblöcken, von Sagen reich umwvben. Der kleine Markgrafen st«in hat einen Umfang von 21,5 Metern und ist ö,7v Meter hoch, de von stecken jedoch 2 Meter in der Erde. Der große Markgrasen st«in hat ein« Höh« von 6,60 Metern, davon 4,70 Meter über der Erde. Der kleine Stein liegt noch unbe. rührt: dagegen wurde von dem großen im Jahr« 1826 ein 16<X> Zcnt- ner schweres Stück abgesprengt. Hieraus wurde unter Leitung des Baumeisters CantiandieScholevordemAltenMuseum im Berliner Lu st garten hergestellt. Auch die Friedens- fäule auf dem Belle-Alliance-Platz stammt von dem großen Markgrafenstein. Vor der Sprengung hatte dieser Stein 29,5 Meter Umfang und war 8,5 Meter hoch. Di« Markgrafenstein« sind wohl die größten Findlingsblöck« in der Mark Brandenburg. Sie zeugen von der gewaltigen Kraft des In- landeises. das sie aus der skandinavischen Heimat hierher geschleppt hat. Auf dem höchsten Gipfel der Rauenschen Berge. 148 Meter über dem Meeresspiegel oder lIVMeterüberderSpre«, steht«in Vermessungsgerüst, das gegen Entgelt bestiegen werden darf. Das Besteigen ist jedoch nur schwindelfreien Personen anzu- raten. Von oben genießen wir«ine prächtig« Rundsicht. Nahebei der dicht« Wold, im Norden das Warschau -Berliner Urstrom - tol mit Fürstenwalde und der Hochfläche des Barnim auf dem jen- seitigen User. Im Westen sind bei klarem Wetter die Türme aus den Kranichbergen bei Woltersdorf und auf den Mllggelbergen zu erkennen. Im Süden blitzt der Spiegel des Scharm iitzelsees auf. In der Näh« des Gerüstes steht der steinerne Tisch, aus Resten des von dein großen Markgrafenstein abgesprengten Stückes hergestellt. Auf steilen Stufen wandern wir jetzt vom Bergesgipfel herab. Bald sind wir in Nauen , dessen Kirche bemerkenswert ist. Sie muß schon «in hohes Alter(etwa 600 Jahr«) besitzen, denn sie ist aus unbe- arbeiteten Feldsteinen erbaut. Von Nauen wandern wir auf der Chaussee nach Fürstenwalde zurück. Ein Gang durch die Stadt im Abenddämmern bringt uns wieder zum Bahnhof. Weglänge etwa 17 Kilometer.
Irgendwo muß man sich doch, wenn man eine Verabredung hat, treffen. Da die alten Normaluhren verschwunden sind, so trifft man sich an anderer Stelle. Und wo könnte sich der moderne Ver- liner besser oerabreden und treffen als..., sagen wir mal am Ein- gang zu einem Untergrundbahnhof. Zum Beisp el an dem der König- grötzer Straße. Man glaubt gar n.cht, was das für ein ausgezeich- neter Treffpunkt ist. Hunderte lausen dort hinein, Hunderte kommen heraus. Alles drängt, eilt, läuft, schubst, jeder hat größte Eile und will vorwärts. Mitten in dem wilden Gewimmel liegt nun jener Treffpunkt. Und wenn der eine Partner eingetroffen ist, dann wird der Treffpunkt zum Standpunkt. Dort steht er oder sie und wartet und weicht nicht. Wild, aufgeregt trommell und knattert das Trampeln der vielen Menschen um den Wartenden. Das kümmert ihn nicht. Er steht im Mittelpunkt des Ganzen und wartet. Welch Glück aber, wenn der bzw. die Erwartete endlich gekommen und wohl gor noch einen oder zwei gute Freunde oder Freundinnen mitgebracht hat. Wo in oller Welt könnte in Berlin «ine bessere Gelegenheit sein, sich gegenseitig vorzustellen, zu plaudern, zu lachen und sich Anekdoten zu erzählen, als ganz genau in dem Eingang zur Untergrundbahn, wo Hunderte und aber Hunderte sich um die angeregt Plaudernden herumschlängeln müssen. Mitunter treffen sich an dem Eingang zwei oder drei verschiedene Parteien, und dann wird es überhaupt erst richtig gemütlich. Des Lachens und Scherzens ist— immer enn Eingang zur Untergrundbahn— gar kein Ende. Und die Leute, die hinunter- oder herauswollen, werfen wohl mißbilligende oder auch wütende Blicke auf die im Trefspunkt Stehenden, und dmm gehen sie um sie herum und verschwinden. Es hat ja niemand viel Zeit. .Hin und wieder aber kommt es doch vor, daß«in Mann von rauhen Sitten einen Durchbruchsversuch macht, etwa mit den Worten: „Möchten Se nich gefälligst Platz machen und den Eingang frei hallen!" Der aber kann was erleben.„Prolet" ist noch das Wenigst«, was er von den Leuten auf dem Treffpunkt zu hören bekommt. Auch ein Schupo läßt sich mal sehen. Aha, denkt man sreudig, jetzt macht er den Eingang frei. Aber auch der Schupo geht höflich um die Leute auf dem Treffpunkt herum und angelt sich ein armseliges Weiblein, das am Eingang, eng an die Wand gedrückt, leise uni eine Gabe jammert. Sie muß weg. S'e muß Platz machen. Di« Treppe ist für den Verkehr! Ordnung muß sein! Der Eingang zur Treppe aber ist für den geselligen Verkehr. Da hat der Schupo offenbar nichts zu sagen. Es wäre jedoch sehr out, wenn er was zu sagen hätte und wenn er es auch sagen würde. Denn rund heraus gesagt, die Leute von: Treffpunkt sind die Leute, die die ge- lassenc Dreistigkeit besitzen, sich mitten in den Weg zu stellen, wo der Verkehr am größten und dicksten ist, und da haben sie wirklich nichts zu suchen. Auf eine deutfchnationale Tasse Kaffee. Das folgende kleine Erlebnis teilt uns eine Leserin mit:„Früh- morgens 9 Uhr. An der Straßcnbahnhqltestelle. Warten, verzweifeltes Worten. Ein« Straßenbahn kommt nicht. Man trippelt auf, man trippelt ab. Auch ich. Hinter und manchmal auch neben mehr immer«in Herr mit einem Bäuchlein, aber sonst ziemlich statt- lich. Er beobachtet mich fortgesetzt. Schließlich findet er den Mut, mich anzusprechen.„Fräulein, gestatten Sie, daß ich Sie für heute Abend zu einer Taste Kaffee einlade?"„Danke recht sehr, tut mir leid, daß ich keine Zeit habe."„Schade."„Warum", ineine ich. „Nun, Sie haben so schön« Zähne!" Jetzt muß ich aber wirklich lachen.„Das hat doch mit Kaffeetrinken nichts zu tun."„Doch, doch", entgegnete er,„ich bin nämlich Zahnarzt." Und noch mal versucht «rs und findet wieder eine Ablehnung.„Muß das wirklich sein?" Da endlich kommt die Straßenbahn. Gott sei Dank. Zum Schluß meint er,„gelt Fräulein, aber einen Gefallen tun Sie mir noch, am 7. Dezember wählen Sie auch ohrne die Taste Kaffee die Deutsch - nationale Volkspartei, ja, bitte recht sehr!" Und ehe ich antworten kann, fährt die Straßenbahn weg." Der liebenswürdige Agitator ist sicher um eine s«hr unterhaltsame politisch« Kaffeestunde gekommen.
_ Ungarische Sozialdemokraten! Sonntag, den S. November, friib Sh'z Uhr. Lokal Eichler, Kollnomstr. 13: Zusammenkunft(nicht bei Schulz. Elisabethstr.).
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Und das britische Reich? Das kleine Alt-Cngland, ab- hängig vom Ueberseehandel , vom Weltmarkt, der es im Stich gelassen, von seiner Handelsmarine, die keine Fracht bekom- men konnte, würde am härtesten bedrängt werden. Und der Geist der Revolution unter Männern, die durch den Krieg verbittert, durch trügerische Versprechungen enttäuscht, auf eine niedrige Lebenshaltung herabgedrückt waren, hatte letzten Endes auch England ergriffen. „Rein, Major." schloß Christy,„ich möchte doch lieber keinen Sohn in die Welt setzen." Bertram erhob sich und sah schweigend in das Dunkel hinaus, das von den glühenden Augen der Lokomotiven und dahinrasenden Autos unterbrochen wurde. Dann wandt« er sich zu Christy zurück und sagte:„O, altes Gespenst! Du jagst einem Schauer über den Rücken. So schlimm stehen doch die Sachen noch nicht." Christy lachte und drehte das elektrische Licht an.„Diel- leicht ist es nur mein trankhaftes Temperament, und ich habe Unrecht. Aber ich beobachte, wohin die Dinge treiben. Doch lasten wir die internationale Lage und beschäftigen wir uns lieber mit Heimpolitik. Was treiben Sie zurzeit. Major?' „Ich suche Arbeit," sagte Bertram. Luke Christy gab ihm den Rat sich um eine bequeme, kleme Stelle bei der Regie- rung zu bemühen, die aus der Tasche der Steuerzahler be- zahlt würde und nicht mehr Arbeit erforderte, als der erste beste Bureaudiener leisten konnte, ohne es zu merken.„Rein! Ich will ein ehrlicher Mensch bleiben," sagte Bertram. Das schien Luke Christy ungeheuer drollig zu finden. „Aber mein lieber Major, die einzigen ehrlichen Leute in der Welt sind die, welche verhungern. Ich bin einer der schlimmsten Heuchler Einer: denn während mein Herz für die leidende Menschheit blutet, erziele ich ein gutes Honorar für meine Artikel, in denen ich ihre Qualen beschreibe." Da errötete Bertram plötzlich und sagte nervös:„Christy, ich glaube, wenn ichs versuchte, könnte ich auch schreiben. Was meinen Sie dazu?" „Sie?" sagte Christy. Das Wort und seine Betonung waren nicht sehr ermutigend. Es wurde Bertram schwer, seinem Freunde zu gestehen, daß er ein Buch geschrieben hätte, und daß er überzeugt war, endlich einen Lebenszweck gefunden zu haben.
„Was für eine Art Buch?" fragte Christy. „Ein Buch über den Krieg." Christy stöhnte, hielt die Hände hoch und rief:„Pardon! Pardon! Kamerad!" 11. Joyce war zu einem Tanzabend gegangen und hatte Bertram bei seinem Buche zu Hause gelassen. Zwar hatte sie ihn aufgefordert, sie zu begleiten, damit sie sich nicht an„andere Gesellschaft" anschließen müßte. „Was für Gesellschaft?" fragte Bertram und sah scharf von seinen Schriften auf. Sie zuckte die Achseln.„Die ge- wöhnliche, die beiden Russinnen. Jack und Kenneth." Bertram stieß seine Papiere zurück.„Wozu brauche ich dann noch mit zu kommen? Die Russinnen langweilen mich zu Tode mit ihren Geschichten aus der alten Zeit und den Greueltaten der Bolschewisten, und ich haste es, dich mit Kenneth Murleß tanzen zu sehen. Er tanzt wie'n verliebter Ballettmeister. Und außerdem—" „Außerdem?" „Wenn schon getanzt werden soll, dann will ich mit dir tanzen." Sie lächelte.„Die ganze Zeik, Bertram?" „Ja. Du bist meine Frau." Seine verwünschte Eiser- sucht war wieder stärker gewesen als er. „Ja, aber nicht dein Eigentum, mein Lieber," sagte Joyce. „Anderer Leute Eigentum aber auch nicht, knurrte Bertram.„Ich bin noch so altmodisch, daß ich nicht leiden kann, wenn irgend jemand zum Jazz die Arme um dich schlingt. Das ist widerlich." „Du selbst bist widerlich," antwortete Joyce. Ihr Gesicht flammte in plötzlichem Zorn auf, und in ihren Augen blitzte es stahlhart. Sie stand an der Tür in ihrem lichtseidenen Abendkleid, das den weißen Hals und die Arme frei ließ. In ihrem goldenen Haar spielte das elektrische Licht. Bertram war in ihren Anblick versunken und fühlte, wie der Zorn ihm ins Gehirn kroch, weil er sie nicht hindern konnte, mit dem Manne zu tanzen, den er verabscheute, und weil er sie nicht für sich allein behalten konnte, und weil sie ihm ihre einzige Liebe nicht schenkte, nach der seine Seele hungerte. „Das Wort sollte keine Frau zu ihrem Manne ge- brauchen," sagte er heftig. „Es war dein Wort". Sie lacht« und zögerte an der Tür. Dabei blickte sie ihren Mann mit einem halb spöttischen, halb betörenden Lächeln an. Aber er starrte auf seine Schreibereien und sah es nicht. Auch nicht das Mitleid in ihre« Aug««.
„Vielleicht kommst du doch lieber mit? Dein Buch macht dich noch nervös." „Es interessiert mich," antwortete Bertram. „Ich werd' es noch mal hasten. Ich möchte den ganzen Krieg schon am liebsten vergessen." „Das möchte jeder," sagte Bertram leidenschaftlich.„Die Kriegsschieber, die Alten, die den Mastenmord befahlen, die Politiker, die den Frieden verdarben, und die geschminkten kleinen Mädels. Aber der Teufel soll mich holen, wenn ick) es ihnen erlaube." „Geschminkte kleine Mädels?" wiederholte Joyce.„Bin ich damit gemeint?" „Nein!" „Danke!" Damit verließ sie das Zimmer, und Bertram hörte, daß der Wagen gemeldet wurde. Er stand auf. Viel- leicht sollte er doch lieber mitgehen? Er hätte es jetzt gern getan. Er sehnte sich nach Joyces Schönheit, wenn er sie auch mit ihren Freunden zu teilen hätte. Aber es war zu spät, das Auto rollte davon. Er war zu rauh mit Joyce. Warum sollte sie schließlich nicht mit anderen tanzen? Hatte er etwas von der Härte und Unduldsamkeit seines Baters geerbt? Oder war es die Leidenschaftlichkeit seiner Liebe, die sich Joyce ihm versagen ließ, nachdem ihr Kindchen gestorben war? Sie machte kein HeHl daraus, wie unangenehm ihr seine Zärtlichkeiten waren. Oder hatte dieser unaufhörliche Zwist zwischen ihnen in ihren verschiedenen Anschauungen seinen Grund? Wie es auch war, es war sehr schwierig. Er mußte sich mehr zusammen- nehmen, sich zu selbstloserer Liebe aufschwingen, und im Not- falle sogar seine leidenschaftliche Liebe zu Joyce zum Opfer bringen, um ihretwillen. Er zwang sich, weiter zu schreiben, und war bald tief in seine Aufgabe versunken, froh über den schnellen Fluß seiner Feder und die wuchtigen Streiche, die sie austeilte. Es waren starke Sachen. Eine bittere Verurteilung all der Dumm- heiten, der Mißgriffe, der so unnötigen Hinschlachtung von Menschenleben. Seine eigenen Leute waren unter den Opfern gewesen. Wie hatte er diese Befehle vom Hauptquartier ver- flucht! Wie unbegreiflich blödsinnig waren sie gewesen! Nachdem er, ganz vertieft in seine Arbeit, mehrere Stun- den geschrieben hatte, hörte er die Glocke in der Vorhalle. Konnte Joyce schon zurück sein? Unmöglich! Es war ja erst Mitternacht. Das Stubenmädchen war zu Bett gegangen, also mußte er selber öffnen gehen. Gräßlich! Wer konnte es sein in oller Welt? (Fortsetzung folgt.)