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Wilhelms Adelsmarschall.

Die Adelsgenossenschaft" im Wahlkampf. Man sollte es nicht glauben, aber sie lebt immer noch: die Genossenschaft" der Adligen aus Wilhelms gloriofer Beit. Und jener Junker von Berg- Martienen, der ehemals dem Zivilkabinett Wilhelms vorstand und jezt der General­bevollmächtigte des Hauses Hohenzollern im Brozeß gegen den preußischen Staat ist, erläßt in ihrem Namen einen Auf­ruf zur Reichstagswahl an die Angehörigen des deutschen Adels. Darin finden sich diese Perlen:

Unverhohlener und offener wie bei dieser Gelegenheit fonnte fich die unwahrhaftigkeit, die Unfähigteit unferes heu tigen Regierungssystems nicht zeigen. Nichts für das Vaterland, alles für die Partei", das bann mon als Ueberschrift über dieses neueste Rapitel deutscher Revolutionsgeschichte sehen.... Es gilt die Macht des jüdisch- margistisch- demotra tischen Geistes endgültig zu brechen und unter Ausschattung alles Trennenden alle die unter dem schwarzweißroten Banner zu fammen, die ein freies, ftartes, auf chriftlicher, völkischer Grund lage ruhendes deutsches Reich) erstreben. Ich rufe den deutschen del auf, nicht müßig beiseite zu stehen, sondern sich ungefäumt in die nationale Kompffront einzureihen.... Mehr denn je geht diefer Kampf um Sein oder Nichtsein unseres Boltes, um die Frage, ob wir wahren deutschen Männern die Führung anvertrauen oder es dulden wollen, daß jener schwarzrotgolden abgestempelte Klüngel das deutsche Welt auch weiter dem internation nalen Kapital ausliefert. Unberechtigt und wie ein Hohn auf unsere große Vergangenheit hat er in Breußen nur zu lange sein verderbliches Geschäft getrieben. Jetzt ist der Täg gefommen, da wir mit ihm abrechnen fönnen. Wer sich in diesen großen, entscheidungsvollen Stunden dem nationalen Rufe versagt, verfündigt sich an der dem Abel obliegenden heiligen Pflicht, dem Dienst am Baterlande. Er gehört nicht zu unseren Reihen! Mit diesem Aufruf erhält die nationale Kampffront" endlich ihr richtiges Gepräge. Jegt wird es wenigstens für jedermann, auch den blindesten, ersichtlich, daß die Deutsch­nationalen nichts weiter darstellen als die Berlängerung der alten tonfervativen Junterpartei! Die felben Junter, bie fich 1918 und 1919 noch ich amhaft vertrochen, spielen sich jetzt wieder auf als die Führer des deutschen Voltes" im Kampfe gegen den jüdisch­margistischen Geift". Dieser Kampf befommt aber eine be sonders spaßige Note dadurch, daß er geführt werden soll von einem Junker mit dem mittelalterlichen Titel, Adelsmarschall", der gleichzeitig die unverschämten sogenannten Ansprüche der Hohenzollern an den preußischen Staat zu vertreten hat. Als Dienst am Vaterlande" steht dieser Adelsmarschall es an, daß er von dem verarmten preußischen Staate für eine Familie von insgesamt 43 Personen eine Abfindung" verlangt, die in ihren Endzahlen noch gar nicht abzusehen ist, aber durch einen im voraus auszuhändigenden Grundstod an Güterbesig im Umfange von 110 000 Hektar oder 440 000 Morgen einen Re in gewinn von 5,7 millionen Goldmark im Jahr schon ihre Gesamt­umriffe erfennen läßt. Dienst am Baterlande" im Sinne dieses Adelsmarschalls ist es, wenn die Hohenzollernprinzen und Prinzeßchen als Abschlagszahlung auf ihre endgültige Abfindung mindestens 2500 m. pro Monat für jede Berfon, also auch für Säuglinge und schulpflichtige Kinder erhalten, während die Erwachsenen in feiner Weise nerpflichtet sein sollen, auch nur ein geringes Maß non Arbeit dafür zu leisten. Dienst am Baterlande" ist es ihnen, wenn Millionen deutscher Arbeiter und unterer Beamten bei Huger­löhnen und langer Arbeitszeit schuften, während privile, gierte Nichtstuer mitiionengeschente vom Staate erhalten. Dieser Aufruf des Adelsmarschalls hat wirt. lich noch gefehlt, um die deutschnationale Wahlagitation in bas rechte Licht zu rüden. Er soll im Wahlkampf wirklich nicht vergessen, sondern überall ausgestellt werden!

ftatten. Zum erftenmal ist es gelungen, einen afrikanischen Frauen orden zu kurbeln. Die Tänze und Zeremonien der jungen Mädchen, bie vielleicht noch fein Europäer zuvor so gesehen hat, spielen sich vor unseren Augen ab! Auch ein männlicher Geheimbund, der Sch m pansenorden, mit seinen grobesten Teufelsauftritten ist festgehalten. Herr Schomburat hat seine Mission aufs beste verstanden, möge er. und andere in diesen Spuren weiterwandeln.

Dem Urwaldfilm voran gingen die Aufnahmen von der 3eppelinfahrt über ben Ozean und die Landung in Lakehurst. Besonders schön waren die Photos von der Fahrt über die Molten trager New Yorts.

Neubearbellung des Euripides . Bor Jahresfrist wurde im Borwärts" eine Nachbichtung der Dreftie des Aeschylos von Jo­ hannes Tralow lobend besprochen. Derselbe Autor läßt jetzt die Medea des Euripides in einer szenisch wirflamen Sprache er­fcheinen. Die Tragödie des schicksalhaft liebenden und dann ver­laffenen Weibes, das die Nebenbuhlerin verbrennt und die Söhne des Gatten tötet, tritt bei Tralow aus dem Ueberzeitlichen ins Ewig- Menschliche. Die Widersprüche bei Euripides , dem letzten der drei großen griechischen Tragifer, bleiben freilich bestehen, da die Bearbei ung dem Original hierin folgt. Bon wirklicher Bedeutung für die Aufgaben der heutigen Regie war die großartige Behand lung des Frauenchors durch Tralow als Spielleiter der Uraufführung in Frankfurt a. M. 5. v. 3.

Der älteste Mistfäfer. Als der älteste Misttäfer, der bisher ge. funden worden ist, wird von dem Bet nger Rorrespondenten des " Manchester Guardian" ein Fossilienfund geschildert, der von bem chinesischen Geologen T'an im Hinterland der Schantungfüste gefunden und in Beting ausgestellt wurde. Der Mistkäfer, der m'n beftenns 15 Millionen Jahre alt ist und zu Ehren des früheren chinesischen Premierminifters Den den wissenschaftlichen Namen Proteroscarabaeus Yeni erhalten hat, gehört zu einer Sammlung von Fossilien, die bei einer Erped f'on des chinesischen geologischen Forschungsinst tuts gefunden wurden. L'an war mit der Aufgabe betraut, die geologischen Formationen des östlichen Schantung auf zunehmen und forschte dabei auch nach Fossilien, viele Monate ver. geblich. bis er plöglich e'n vollständiges Eremplar einer vorgesch cht­lichen Fischart fand. Nach dieser ersten Entdeckung legte er dann in den Schichten der Kreidezeit viele Hunderte von merkwürdigen Ver­tretern des Pflanzen- und Fischlebens frei und gewann dam't ganz neue Aufschlüsse über die vorgeschichtliche Fauna und Flora Chinas . Unter diesen uralten lleberresten befand sich auch der 15 Millionen Jahre alte Misttäfer, er wurde in bester Erhaltung gefunden.

Auf der Novemberaus ftellung des Sturm find neue Werte des un garischen Malers Bela a dar und des deutschen Expreffioniſten Lothar Schreber ausgestellt. Die Gesamtschau enthält Werte von Marc, Kandinsky , Belaunay, Marecuffis, Chagall und Beri.

Eine Ausstellung niederdeutichen Schei ffums wurde auf acht Tage in der Staatsbibliothet eröffnet. Sie ist täglich von 9-3 Uhr( freier

Butritt) geöffnet.

80. b. mts. berschoben.

16. b. Mts. im Reichstag angesetzten Nachmittagstee auf den Die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen hat den für den Als Nachfolger für Richard Strauß ist, wie die Telegraphen- Union erfährt, bom österreichischen Ministerium für Kultur und Unterricht Friz Busch für die Wiener Staatsoper in Aussicht genommen.

Boruch habo-!

Der Generol ist wieder do!

Die B. S.- Correspondenz veröffentlicht folgenden Auf­ruf der Nationalízialistischen Freiheits­partei und versichert, daß er von Ludendorff- Lind ftröm selbst stammt:

An das deutsche Volk zum 9. November! Der 9. November 1918,

der Tag der jämmerlichsten aller Revolutionen, ber Tag des Sieges Judas und seiner Werkzeuge und Hilfstruppen, der Kommunisten, der Sozialdemokratie, der Demo fratie, des 3entrums und bürgerlicher Feigheit in den übrigen Parteien, des Triumphes des Mammons und des Klaffentampfes! Die Verräter leben noch in Saus und Braus, sonnen sich in Pazifismus und verschachern weiter die letzten Rechte des Boltes und des Staates. Das Heer aber, der Hort deutscher Freiheit, Sicherheit, Wohlfahrt und Kultur, wurde von ihnen ent­waffnet. Ein Boltsheer ist nicht mehr! Das Volt ist ein sterbend Bolt, entrechtet in Politik und Wirtschaft, jeder Deutsche unfrei und in bitterster leiblicher und geistiger Not, verachtet in der Welt. Der Steg Jubas und der Revolution hat mit Unfreiheit geendet, noch vorhandene Errungenschaften baut er immer weiter ab. Der 9. November 1923,

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der Tag bes Sieges ber beginnenden Reaktion gegen ben völkischen Erneuerungswillen, ber noch im letzten Augenblick das deutsche Volk vor endgültiger Bersilavung retten und grund stürzend neues fchaffen wollte: Die großdeutsche Bolts gemeinschaft in Freiheit, Macht und Ehren! Klar war geworden, baß neues das deutsche Volkt zu seiner Rettung braucht. Auch die alten Formen genügten nicht mehr, sie waren verfaift durch Hochmut und Dünkel, Unverständnis gegenüber der Seele und den Bedürf nissen des Volkes und durch die sich immer schärfer eiemiftende Gier und Genußsucht. Neues sollte werben: Dienst aller für Bolt und Land, Gleid achtung aller Deutschen vor einander, Recht für Ent­erbte und Geschädigte, Befreiung des Arbeiters und Aufstiegsmög lichkeit dem Leistenden und Schaffenden. Die Toten und Gefangenen des 9. Novembers find Märtyrer dieses Strebens, ihr Blut, ihr Leiden gibt uns Kraft.

Und heute, am 9. November 1924?

Mit diefer Straft stehen wir im Rampf gegen die Revolution und Reaktion für deutschen Erneuerungswillen, für deutsche Zukunft, denn was wir wollen, das ist die deutsche Zukunft! Wir führen diesen Kampf mit ganzer Seele, flar bewußt allerleiblichen Ges fahren. Das trennt uns von den Lauen und den Halben, die immer noch nicht erkennen, um was es geht, oder es aus Selbstfucht und Gier nicht erkennen wollen. Die Weltgeschichte, das deutsche Bolf wird einft über sie richten.

Schämt Euch, The Feigen; Mammonsfnechte find dee Fahne Schwarz- Weiß- Rof nicht wärdig. Wo der Bauch Gott ist, hört Frei­Schwarz- Weiß- Rot nicht würdig. Wo der Bauch Gott ist, hört Frei­heit auft Ihr Verführten und Geblendeten befreit Euch vom jüdischen Materialismus und erkennt auch Ihr, daß Euer und des Baterlandes Sufunft ein und dieselbe fft! 3hr Notleidenden feht, daß nichts Halbes, sondern nur Ganzes, Grundstürzen des Euch helfen Ehre und seine Zukunft verwirkt, er ist nicht unser Bruder, er ist ein tann! Wer nicht lämpft für Deutschlands Erneuerung, hat seine Stiav' und umwürdig der Freiheit, für die wir fämpfen. Deut dye, entscheidet Euch, werdet Kampfgenoffen für den Stampi um die Groß­beutfdy Boltsgemeinschaft in Freiheit. Macht und Ehren. Heil

Hitler!"

"

Die Kapuzinerprebigt in Wallensteins Lager" it nichts gegen diefen Erguß, und die Jidden in Baulen" werden in dem Manifeft, wenn sie es zu Gesicht bekommen, schmunzelnd hren graußen Genero!" wieber­finden. Wie hieß es doch in dem Aufruf an die Jidden in Paulen"?

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Unsere Fahnen bringen eich Recht un Freiheit: gleiche Bürgerrechte, Freiheit vorn Glauben, Freiheit zu arbeiten, ungesbert in alle Zweigen sun ekonomischen un fulturellen Leben in eier Geist!

Wi Freind fummen mir zu eich, bie barbarische frembe Regierung is aus! Die gleiche Recht vor Jidden soll weren gebaut auf feste Fundamenten.

Boßt eich nischt, wie a Bach mot frifer, obnarren durch hanufebige Bersprechungen!

3u hotnischt auch in 1905 der 3or gesogt die gleiche Recht von Jidden, un zu hot er nischt darauf gegeben den hechsten Manifest?

ie hot man eich abgezo hit dem dosigen Chaum, was man hat auf sich genummen vor der ganzen Welt? Asau hot der Zar gehalten sein monarchisch Wort, wos er hol gegeben, elendig in die Klemm!

Wir erwarten, as ihr wet beweisen durch Fakten eier Berichtand um eier Uebergegebenheit. Benden sich mit dem greßten Bito chau( Bertrauen) zu die Kommandanten von unsere Militär in die Derter, wos einen nohent zu eich.

Alle Sorten Lieferungen vellen bald un gut bezohlt. Bahnt dem Weg, zu begmingen in ganzen dem Sjaune un 3 u bren. gen dem Nizochaun vun Freiheit un Berechtigteit!

Das war im Herbst des Jahres 1914. Und heute, im Herbst des Jahres 1924? Ajau hat der grauße Generol gehalten fein monarchisch Wort!" Bo soll da bleiben die Bitochau zu die Kommandanten?

Im übrigen legt Herr Erich Lindström großes Ge­wicht darauf, festzustellen, daß der Novemberaufruf( von 1924) fein eigenes Produkt ist, und daß er selbst nicht mit einem Er bittet die gewiffen Palmström zu verwechseln sei. Deffentlichkeit, den Aufruf ernst zu nehmen. Beileids­fundgebungen werden dankend verbeten

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Man kennt ihn nicht mehr.

Borgestern. Dienstag abend faßen in einem reichstagsnahen Beinrestaurant zwei Deutschnationale, davon der eine Herr Mumm, m. b. R. a. D. v. D. m. F.( Mitglied des Reichstags außer Dienst ohne Diäten mit Freifahrkarte) war. Da öffnete sich die Tür und herein trat Boruch haboh, der Generol is do Herr Luden. borff, 21 000- Goldmark- Pensionär br deutschen Republik. Tief sentte sich das pausbäckige Antlitz Mumms in die seinerseits in händen habende Zeitung, auf daß er den Nationalheros nicht zu grüßen brauche. Und auch Mumms Tischgenosse tat nichts dergleichen. Ludendorff ging ins Nebenzimmer und speiste dortfelbft in splendid isolation. Derweil unterhielten sich Mumm und der Nebenmumm Stunde frugalen Imbisses erschien strammen Schrittes Herr Luden fochend über allerhand. auch über Bölkisches derff wieder, der Tür zuschreitend. Und auch diesmal wurde er von den zwo teutschen Mannen nicht bemerft. So vergeht die Herrlich­feit der Welt.

Nach einer halben

Ehrenmann Wulle. Die Berleumdungen gegen Severing zusammengebrochen. Wulle verleumdet, Wulle kneift. Mulle bekämpft das parlamen tarische System, macht aber Gebrauch von feiner parlamente. rifchen Immunität. Wulle verspricht nötigenfalls den Beweis für die Richtigkeit seiner Behauptung zu ertringen, weigert fich fich aber vor Gericht, sein ma ferial vorzulegen. Wulle gibt bem verantwortlichen Schriftleiter die schriftliche Zuficherung, die Berantwortung für seinen Artikel zu übernehmen, läßt ihn dann aber in der Patsche fizzen und verurteilen und geht gehobenen Hauptes lächelnd aus dem Gerichtsfact. Bulle ist ein Ehrenmann Dom Scheitel bis zur Sohle!

Artikel mit der Ueberschrift: 23 ie herr Severing für feine Am 5 Juli 1923 erschien im Deutschen Tageblatt" ein Beamtenfor gt". In dem Artifel wurde gegen den Minister der Borwurf erhoben, daß er in leichtfertiger und törichter weise Polizeibeamte in das befekte Gebiet entfandt und fie jo zmedios ben französischen Gefängnissen ausgeliefert habe. Es wurde behauptet, daß die Auswahl ber Beem en nicht nur willkürlich getroffen und auf die Familienverhältnisse teine Rücksicht genommen wurde, sondern daß auch in erster Linie diejenigen doin geschickt wurden, die im Verdachte standen, zu Schwarz- Weiß- Rot" zu stehen. In diesen Anartffen erblickte Genosse Severing eine Beletbe gung und strengte gegen den Sdr ftleiter des Deutschen Tage­blattes", den Major Beberstedt und gegen den Reichstags­abgeordneten Bulle, ber fich als Verfasser des Artikels bekannt hatte. eine Beleidigunastlage an.

Gestern fand nun in Moabit vor dem Schöffengericht Berlin­Tempelhof die Berhandlung statt. Beide Angeflegten waren mit

ihrem Berteidiger Rechtsanwal. Dr. Sad zur Stelle. Ms Zeugen waren Ministerialbirektor 2 begg und Riminalbirektor Dr. Offig erschienen. Man erwartete nun, daß der Angeflante Bulle den Wahrheitsbemeis antreten würde, um feinem verbaßten Gegner, dem Minister Genoffen Severing in aller Deffentlicyeit eins tlichtia cuszuwischen. wünschter fein als das? Es fam aber, wie es nicht anders kommen Herr Wulle fnisf.

fonnte:

Ronnte etwas für die Wahlagitation er­

Durch seinen Reditsbeistand ließ er erflären, daß. erstens. das Ver. fahrn nicht zu Recht, nämlich ohne Genehmigung des Reichstages eingeleitet worden sei und daß, zweitens, er im genblid Mit­glied des Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Reichstagsabge ordneten und daher während der ganzen Wahlperiode im mun sei. Der Borfikende äuberte feine 3weifel über die Berechtigung

dieser Verlängerung der Immunität der Abneordneten durch die Ab­belegierung einzelner 2bgeordneten in den Ausschuß und lente Herrn Bulle nabe, ob er denn wirklich von seiner Immunität in diesem alle Gebrauch machen und nicht besser die Berhandlung über sich ergehen faffen wolle. Der völtische Herr Wulle meinte aber, daß das parlamentarische Brinzip von ihm erfordere, von feiner 3mmunität Gebrauch zu machen, und weigerte fich, in die

Berhandlung einzutrefen. So blieb dem Gericht nichts übrig, ais das Verfahren gegen ihn abzutrennen.

Nachdem Herr Wulle, der eventuell als Zeuge vernommen merden formie, fich aus dem Saal entfernt hatte, trat das Gericht in die Berhandlung gegen den Major Weberstedt ein. Und da er­glänzte die moralische Persönlichkeit des Brotgebers des Majors, des Herrn Wulle, in ihrer ganzen Schönheit.

Der Major erklärte, dak rr den Artikel von Wulle mit der schriftlichen Zusicherung erhalten hatte, daß Mull das Material von Anfang bis zu Ende b- fihe und die volle Berantwortung für den Artikel übernehme.

Er mußte den Artikel, der von einem so prominenten välfischen Führer, wie Herr Wulle es ift, tam, abdrucken, da er fomft Gefahr

fief, fich un annehmlichkeiten auszufeßen. Er felbft tönne nicht viel zur Sache lagen, doch Herr Wulle tenne bas ma­terial

Die ganze perleutnderische Absicht der Herren trat aber fout Plar zutage, als Ministerialbiretor Dr. Abea a felne Auslager machen begann. Er erfärte, daß der Polizeirahent von Redling baufen von Berlin aus Bolizeibeamte angeforbert hatte. Das bej hte Gebiet war tells von Bolizeibeamten entblößt, bas Berbrech runwefen nahm erfahredend überhand, die Hilferufe der Bevölkerung wurden von Tag zu Tag lauter. Der Minister gab deshalb einen Erfaß heraus, in dem er vorschrieb, fich freiwillig meldende unverheiratete Beamte in bas befehte Gebiet zu entfenden, den Gesundheitszustand und die Familienverhältnisse der zu entfendenden zu berücksichtigen und bie Wahl nur unter Fühlungnahme mit dem Beamtenausschuß zu treffen. So wurden zwei Transporte nach Recklinghausen entsandt. Als dann der

Kommunistenaufstand im Ruhrgebiet entbrannte und die Gefahr bestand, daß er auch ins unbefekte Ge­biet übergreifen fönnte, gingen in aller Elle gegen hundert Schupp beam'e bahin ab.

Rechtsanwalt Dr. Sad richtet an den Reugen die Frage, ob ihm das Urteil eines belgischen Gerichts vom März 1923 bekannt sei, das gegen einen Polizeibeamten ausgesprochen worden ist. Das Urteil dem Gericht vorzulegen, weigerte sich der Berf- idiger.

"

Da es dem Vorfilzenben nach der Aussage des Minister aldirektors Dr. Abegg schon flar war, was der Artikel des Deutschen Tageblatts" auf sich hatte und daß unter allen Umständen der Tatbestand einer formalen Beleidigung gegeben war, machte er dem Angeklagten Weberstedt den Borschlag, eine entsprechende Er­tlärung abzugeben

Ministerialdirektor Dr Abegg erflärte seinerseits, daß es dem Minister Severing nicht um eine Bestrafung, sondern um einte Rlärung zu tun sei. Der Artikel hätte unter den Beamten starke Errenung hervorrufen müssen und schon aus diesem Grunde sei der Minister interessiert, den Fall in breiter Deffentlichkeit auszutragen. Herr Weberftett machte seine Erklärung natürlich von dem Stand­punkt Wulles abhängig

Wulle aber, obgleich von dem Borfihenden ausführlich über die Ausjagen des Hengen Dr. Abegg informiert erklärte nach Rüd­fprache mit feinem Berteidiger fich auferstande, dem Gericht fein Material zu unterbreiten, da er ja feine Gwährsmänner nicht der Rache der Behörden ausliefern dürfe(!) und weigerte fich auch die erforderliche Erklärung abzugeben.

Der Ausschluß der Deffentlichkeit förderte nur das eine Resultat zu Tage, daß Dr. Abegg noch stärkere Argumente für die unbebingt notwendige Entsendung der Polizeibeamten ins besetzte Gebiet vorbringen fonnte. Der Zeuge Kriminalkommissar Dr. Disig von der Abtei um Ia des Berliner BelizeipräffMums fonnte nur bes funden, daß die Auswahl der entsandten Beamten nicht nach politischen Gesichtspunten erfolgt jei.

Nachdem so die Beweisaufnahme geschlossen war, stellte der Erfte Staatsanwalt Binder fest, daß eine Wahrung berechtigter Intereffen nicht vorliege, daß es sich um eine ich we re Beleidigung handle und Soz allein die Zwangslage, in der Herr Weberstedt fich befand, aur misbéren Beurteilum Anlaß gebe. Der Staatsanwalt hielt eine Strafe Don 300 Goldmart für angemeffen.

Das Gericht verurteilte den Major Meberstebt wegen Bele bigung des Ministers Severing zu einer Geldstrafe Don 100 Mart und sprach dem Minister Publitationsbefug Der Artikel felbft müsse ber­nis im Deutschen Tageblatt" zu. selbst bei weitestgehender Berücksichtigung des Rechts der Kr fit an nichtet werden. Das Gericht faqte in der Begründung aus, daß überschritten felen. Es sel überhaupt gar nicht der Versuch gemacht Regierungsmaßnahmen in diesem Falle die Grenzen des Erlaubten Die worden, den Wahrheitsbeweis vor dem Gericht anzutreten. Leichtfertigkeit der Vorwürfe ift durch die Aussagen des Jeugen Abegg erwiesen worden.