habe, was es wollte, heftig zu polemisieren, diese Antwort Punkt für Punkt als unbefriedigend und ungenügend zu bs- zeichnen und das militärische Vorgehen gegen Belgrad damit zu rechtfertigen!! Es mag fein, daß in dem Bewußtsein, ohne dies gegen den Strom zu schwimmen, die Pcvet und Morhardt gewisterniaßen absichtlich über das Ziel hinausgeschossen haben, aber sie haben damit zugleich die Resonanz beeinträchtigt, die ihre Arbeiten im eigenen Lande bezweckten und verdienten. Auch das neue.Morhardtfche Buch„Die Beweise"*) ist bis auf eine begeisterte Besprechung durch den bekannten Ro- manschriftsteller Vitor Margueritte in der„Ere Nouoelle" fast totgeschwiegen worden. Es enthält in gedrängter und wir- kungsvollcr Aneinanderreihung und Zusammenfassung die überzeugenden Beweise des planmäßigen Kckiegs- willensPoincar6s undJswolfkis, geht aber, wie bereits erwähnt, in der Rechtfertigung aller Handlungen, der Wiener und aller Unterlassungen der Berliner Regierring u.E. viel weiter, als es jemals eine wirkliche objeksive Forschung tun wird. Ein anderes Werk, das zu Beginn des vergangenen Sommers erschien, hat dagegen das gleiche Schicksal des Tot- geschwiegenwerdens nicht erlebt, sondern im Gegenteil eine solche Sensation erregt, daß die verschiedensten Blätter, je nach der politischen Tendenz, dazu in langen Leitartikeln Stellung genommen haben. Es handelt sich um das Buch eines Fünfundzwanzigjährigen. Alfred Fa- bre-Luce, der schon auf einen mehrjährigen Dienst in der Diplomatie zurückblicken konnte ser ist ein Verwandter des Berli- ner Botschafters de Margerie) und bereits zwei Jahre zuvor ein Buch über die englifch-franzöfischen Beziehungen veröffntlicht hatte, das schon damals starkes Aufsehen erregte. Dieses Buch, das den Titel„Der Sieg" trägt"), ist bei weitem das beste Werk, das in den letzten zehn Jahren in Irgendeinem Lande über die Kriegsschuldfrage erschienen ist. Es zersällt in zwei Teile: im ersten erörtert es das Problem der Entstehung des Krieges, im zweiten unterzieht es die Politik von Versailles einer unerbittlichen Kritik. Die Lektüre des ersten Teils wäre infolge des etwas komplizierten Aufbaues ermüdend, wenn sie nicht durch seinen geradezu blendenden Stil und seine überaus scharfsinnigen polsiischen und psychologischen Bemerkungen und Schlußfolgerungen von atemraubender Spannung wäre. Ohne die Leidenschaft und das Pathos der Pevet und Mor» Hardt, sondern mit fast übertrieben nüchterner Sachlichkeit bildet dieses Buch die furchtbarste Anklage gegen P.oincar6s und Jswolfkis Kriegswillen, die jeyials erhoben worden ist. Wie armselige geistige Zwerge erscheinen die teutschen KriegsunschuldskLmpen im Vergleich zu diesem jungen Franzosen. Wie soll man sich nun zu diesen Veröffentlichungen ver- haften? Wer deutsch -monarchistisch« Propaganda für wichtiger hält als die Bekehrung des Auslandes, der wird sich natür- lich dieser Bücher bemächtigen und damit einen solchen Lärm schlagen, daß ihre Wirkung dort, wo es darauf ankommt, näm- lich in Frankreich , schließlich verpufft. Da. eine Recht- fertigung der Hohenzollem am wenigstens der Wunsch dieser — durchweg linksgerichteten— Franzosen ist, wird man höchstens damit erreichen, daß sie in ihrem Eifer erlahmen. 2lber eine andere Taktik führt zum Ziele:. Diese hoff- mmgsoolle Entwicklung im Auslande fortschreiten und a u s- reisen lasten, die Ankläger von heute und morgen(auch Victor Margueritte selbst bereitet ein eigenes Kriegsschuldbuch vor) mit sachlichem, einwandfreiem, wissenschaftlichem Material anregen und befruchten— und im übrigen: möglichst wenig Mclarm, möglichst wenig Kundgebungen, möglichst wenig onen", veranstalten, die nur zum umgekehrten Ergebnis führen. Als eine wissenschaftliche Arbeft von hohem Werte ist die neuerdings nn Auftrage des Auswärtigen Amts von
) des preuves. Paris , ftidrairl« du Travall. **) La Victoire. Paris . Editions de la Nouvelle Perne Fraacaise.
Friedrich Stieve herausgegebene Sammlung des di- p l o m a t i s ch c n Schrifwcchsels Jswolfkis anzu- sehen. Ein Teil dieser Berichte und Telegramme Jswolskis war bereits bekannt dank Beröfsentlichungen im„Berliner Tageblatt" und in der„Humanite"(hinsichtlich der Bestech- lichkeit der Pariser Presse''. Es sind aber in der vierbändigen Sammlung 500 neue Schriftstücke enthalten, nicht nur Js- wolskis, sondern z.B. auch Sassonows, und dos ganze wurde von Stieve in einem fünften Band sachlich und eindrucksvoll geschichtlich zusammengefaßt. Man kann an der chand dieser autentischen Dokumente den kallen und systematischen Kriegs- willen Jswolskis seit seiner Ankunft als Botschafter in Paris im Jahre 191l bis kurz vor Kriegsbeginn fast Tag für Tag verfolgen und die durchaus parallele Gesinnung und Tätigkeit Poincarss geht aus diesen Dokumenten nicht weniger deutlich hervor. Jswolskis Haß gegen die deutsch - französische Versöhnungspolitik Caillaux ', sein Aufatmen über dessen Sturz durch Poincarö, sein Zittern um das Ergebnis der Wahl zum Präsidenten der Republik im Januar 1913 und sodann die intime Zusammenarbeit mit Poincarö. wobei letzterer als der größte Treiber zum Krieg, als der eigentliche Scharfmacher in den Balkankonflikten, die eigentlich nur Rußland berühren, erscheint— das sind nunmehr un- widerlegbare geschichtliche Tatsachen. Leider hört die sonst sehr vollständige Sammlung mit dem Anschlag von Serajewo auf. Von unbekannter Hand sind diejenigen russischen Archive, die sich auf die Schicksalswochen vom Juli 1914 beziehen, wohl aus guten Gründen verschleppt worden. Sie würden zwar nur die Kette der Beweise endgültig geschlossen haben, aber allein die Tatsache ihrer Entfernung spricht Bände. Alles, was auf diesem Gebiete und nach diesem Muster deutscherseits geschieht, um die Schuldfrage wissenschaftlich zu klären, wird stets unseren Beifall finden, weil nur so die Le- gende der einseitigen und sogar der hauptsächlichsten Kriegs- schuld Deutschlands auch in den Augen der übrigen Völker widerlegt werden kann. Jede monarchistische Reinwoschungs- Propaganda dagegen, wie überhaupt jeder öffentliche Kriegs- unschuldsrummel mft Stammtischreden und oberflächlichen Protestresolutionen wird auf unsere m, bedingte Gegnerschaft stoßen, teils aus taktischen Gründen im Interesse der Sache, teils aus Gründen der historischen Wahrheit: weil schon das„Hineinschlittern" der kaiserlichen Regierung in den Krieg, jene Trottelhaftigkeit, die die Vernichtung von 1*4 Millionen von deutschen Menschenleben miwerschuldet hat, ein nie wieder gutzumachendes Verbrechen ist, das im Novembersturm von 1918 eine noch viel zu gelinde Sühne gefunden hat.
Sürgerblock unü Scharfmachergelü. Jndustriegelder für die Deutschnationalen. Der„Arbeitsausschuß deutschnationaler Industrieller" schnorrt bei den deutschnationalen Unter» nehmern um Wahlgelder für die Deutschnationalen. Der Schnorrbrief der Herren Hugenberg und Reichert ent- hält eine unverschämte Beschimpfung der Parteien links von den Deutschnationalen. Er behauptet, daß der Linken„erheb- liche Mittel aus dem Inlands und dem A u s. l a n d e und an- scheinend nichtnurausprivatenQuellen" zur Ver- Verfügung stehen.„Diese Anstrengungen," heißt es dann, „bedrohen die Lebensinteressen der deutschen Wirtschaft." Warum denn nicht gleich: die Linke ist von französischem Regierungsgeld bestochenl Diese Unterstellung wird von den folgenden Industriellen mft Namen gedeckt: Hans Menck, Hochkamp< Altona ; Ministerialdirektor Dr. Meydenöauer, Berlin ; Dr. Richard Freiherr von Michel- Raulin o, Bamberg ; Walter Mühlinghaus in Fa. Steffens u. Noell«, Berlin ; Fabritbesitzer Äarl Neuhaus, Löwensen- Pyrmont; Dr. Friedrich Oldenbourg, München ; D. Wilhelm Freiherr von Pech mann, Direktor der Bayerischen Handelsbank, München ; Dr.-Jwg. W. Reichel, Geheimer Regierungsral,
Derlm-Lankwitz: Fabrikbesitzer Dr. Rtemerfchmldt, München ; Fabrikbesitzer Cmil Ritte rhaus, Brandenburg ; Karl Schal- ler, Mitglied des Vorstandes der Julius Pinrsch A.-G., Berlin : Generaldirektor Kommerzienrai Th. W. Schmidt, Hos(Bayern ): Geheimer Regiorungsrat S ch w a r tz, Präsident der Preußischen Central-Bodencredit A.-G., Berlin ; Dr. Springorum. Dort- mund; Dr. T ä n z l e r. Berlin ; Fritz Thyssen . Mülheim (Ruhr): Dr. Ludwig von Winterfeld. Mitglied des Borstandes der Siemens-Schuckert-Wsrke G. m. b. H., Berlin . Das sind die Geldgeber der Deutschnationalen Mit Scharsmachergeld führen sie den Wahlkampf für die soziale Reaktion. Bürgerblock ist Besitzblock, bedeutet Klassenherr- schaft des Großkapitals_ Menetekel! Gemeiudewahlen in Mccklenvurg-Ttrelih. In Mecklenburg-Strelitz fanden am Sonntag Ge- meindewahlen statt, di« als Prüfstein für die Reichstags- wählen, ähnlich wie in Hamburg , Interesse verdienen. Die Wahl in der größten Stadt des Landes, UUubrondenburg, hatte unter Berücksichtigung der Maiwahlen zum Reichstag folgendes Ergebnis: 2. November 4. Mai Eozialdemolraten....... 1430 1205 Kommunisten......... 560 054 Völki'che.......... 767 1654 Deuiichnalionale....... 1321 2666 Deutsche VollSportei...... 538 300 Aehnlich war der Ausfall in dem nächstzrößten Ort Neust r«- l i tz. Dort ergab die Wahl in runden Zahlen: L.November 4. Mai Sozialdemokraten....»... 1300 800 Kommumste»......... 200 1000 Bölkiiche.......... 440 1400 Deulschnationale und BolkSpartei 1150 2500 In beiden Orten verzeichnen also olle Parteien einen starken Stimmonrückgong, während die Sozialdemokratisch« Partei sich nicht nur gehalten, sondern eine beträchtliche Anzahl Stimmen neu ge- wcmnen hat. Nach Prozenten berechnet haben die K o m m u n i st e n in Neubwndenburg'bzw. Neustrelitz verloren 42 und 80 Proz., die Völkischen 68 und 73 Proz.. die Deutschnationalen 50 und 55 Proz. In den kleineren Orten, in denen gewählt wurde, liegen die Berhäl.nisse nicht viel anders. Parlamentsbeginn in Hamburg . Die bisherige Koalition im Bürgerausschuh. Hamburg , 7. November. (Eigener Drahtbericht.) Da, n« u g e» wählte hamburglsche Landesparlament trat am Frei, tcgabend zu seiner ersten Sitzung zusammen. Der Alterspräsident Genosse St ölten heb in seiner Einführungsrede scharf den rcpubli- kanisch demokratischen Gedanken hervor und betonte, daß die Unsoch- lichkeit des Wahlkampfe» jetzt der sachlichen Arbeit weichen müsse. Lei der Wohl des Präsidenten erhiell der bisherige Präsident Genosse Rudolf Roß 136 von 143 abgezebmen Stimmen. Erster Vizepräsiden: wurde nach der Fraltionestärke der Deutschnatio. nale Dr. Bohnert, zweiter Vizepräsident der Volksparloilcr Sanne. Di« Zahl des Bürgeraueschusses, auf den«in T-il der De» sug-mjfc des Parlaments übergeht und der nach den Grundsätzen der Verhiiltniszahl zusammengesetzt wird) ergab folgende Verteilung: Sozialdemokraten 7, Domokra'.en 3. Kommunisten L. Potts- parlei 3 und Deutschnttiomüe 5 Sitz«. Di« bisherig« Koalition hat also die Hälfte derSitz« inne. Die Völkischen stimm- ten für die Deutschnationalen. Bon den vier Schrif.sührersitzen fiel«, zwei an die Sozialdemokraten und je einer an die Demokralcn und Kommunisten. Von den Kommunisten wurd« ein Antrag aus Haftentlassung der wegen des Ottoberputschos oerurtcj.en kommunistischen Abgeordneten eingebracht. Ein Mißtrauensanrrag gegen den bisherigen Ssnot, durch den nach der Verfassung nur«in Es- samtrücklritt herbeigeführt werdcn kann, ist bisher nicht gestellt. Wie wir erfahren, finden aber bereits Verhandlungen zur Umbildung des Senats statt.
Seine Schwester. Bon Kät« Luci« Günther. Sonntagmorgen. Die beiden Männer sitzen im gegenseitigen, brütenden Schweigen am Frühstückstisch. Der Vater schiebt die Tasse zurück. Es schmeckt ihm heute nicht. Sein« Hand greift zur Zeitung. Di« Buchstaben wirbeln ihm durcheinander— die Worte verlieren den Sinn, bevor sie ihm bewußt werden Seine Gedanken umkreisen im zähen Fest- halten das eine Wort— das, im Zorn« ausgesprochen, ziellos in der Luft schwebt. Di« Luft vergiftet... Gern Blick streift miß. trauisch den Sohn, tastet im Raum umher— bleibt an der Kommode haften, deren sonst so blanke Platt««ine leichte Staub- schicht ausweist: „Da hat se immer Blumen htnjestellt, det Mädel. Jeden Sonntach." Der Sohn schweigt. „S'on Luderl— Un ick sage det Wort wieder un wonnste't noch un noch ablehnst. Det Mädel is un bleibt«ne...* „Vater!"' Der Sohn springt auf. Steht hochgereckt vor dem Vater. Sein junges, intelligentes Gesicht flammt. „Vergiß bitte nicht, daß Trude meine Schwester ist!" Der Bater steckt sein« Pfeife in Brand. „Nanu— wat willste'n damit gesagt haben? Du--- Junge. noch bin ick hier Herr im Haue!" D« Sohn legt begütigend die Hand auf des Vaters Schuller: „Das sollst Du auch bleiben. Und hoffentlich noch recht lang«. Aber— Vater, es muß endlich einmal ausgesprochen werden: Du überspannst Dein« Rechtet" „Wat iberspann ick?" „Deine Rechts als Bat er!" -.�-.???-" „Ja, Bater. Trude ist jung. Ihre Kindheit war hart und ohne Freude. Daß sie trotzdem so ktndlich geblieben— daß sie uns hier mit so unermüdlichem Eifer di« Hausfrau ersetzt— daß'ie uns unser enges Heim erträglich macht. Vater— das sollten wir ihr danken." „Unsinn, det is ihre Pflicht un Schuldigkeit!" „Und wenn ihr diese ihr« Pflicht eine» Tage« zu schwer wird — wenn sie Dein ewiges Nörgeln und verbittern jeder Freude nicht mehr ertragen kann und mag— was dann---?" . Der Vater pafft dicke Wolken. „Du solltest ihr hin und wieder einmal ein hannloses ver- gnügen gönnen." „So. Nennst« det valleicht ha nilloset Aajnijen— bis morjens um Sechs«?" Der Sohn lehnt sich im Stuhl zurück. Die Erinnerung an die
in lustiger Gesellschaft verlebte Nacht zaubert«w Lächeln um seinen herben Mund. „Ja, Vater, bis morgens um Sechs« hat unser Fest gedauert. Es war sehr schön. Unsere Trude ist ordentlich aufgeblüht." „Wo denn?" „Aber Vater— ich habe Dir doch erzählt, daß mein Ingenieur und Vorgesetzter, der mich seinen Freund und Mitarbeiter nennt, den praktischen Erfolg seiner Erfindung seiern wollt«. Und— daß er mich gebeten hat, meine kleine Schwester mitzubringen." „Hm." Der Vater pafft dicke Wolken „Und da Du gestern bei Deinen Freunden warst— und ich Dich nicht stören wollte— habe ich Trude ebm ohne Deine Extra- erlaubnis mitgenommen." Der Vater pafft immer dickere Wolken „Und da ich eine andere Dame nach Hause bringen wollte— habe ich unsere Trude dem Ingenieur anvertraut. Und der, mein Freund, hat sie in allen Ehren bis an unser Haus bogleitet." „Worum hat f« mir denn det nicht jesagt, als s« um Sechs« ankam?" Der Sohn blinzelt den Vater durch die Tabakswolken hindurch belustigt an. „Hast Du sie denn zu Worte kommen lassen, Vater?" Der Vater läßt die Pfeif« sinken. „Junge! Det Hab' ick warraftig nicht. Den Mund Hab ick ihr roboten, als se sich vateidigen wollte. Mein Haus Hab ick ihr vaboten Rausjelchmissen hob' ick det Mädel." Der Sohn nickt. Er weiß... Der Vater erhebt sich schwerfällig. Steht— und brummt in sich hinein. Nimmt das Staubtuch aus dem Wandkörbchen und wischt mft zitternden Fingern den Staub von der Kommode. Der Sohn ist ans Fenster getreten. Sein liebevoller Blick um- faßt des Vaters müde Gestalt. Begreift sein verlegenes Tun. Mit innerlich befreiter Stimm« sagt«r: „Uebrigens, Bater— der Ingenieur hat unsere Trude gern. Er will heut nachmittag herkommen. Will Miseren Vater kennen lernen!" Der Vater hebt seinen Kopf. „Det--- det----'■ Er kann nicht sprechen Still geht er in die Küche. Der Sohn bleibt am Fenster stehen. Abwartend. Er beobachtet durch dl« offen« Tür, wie der Vater die Blumen entdeckt, die Trude für den Sonntag besorgt— und die sie. damit sie sich frisch erhalten über Nacht in Wasser gelegt hat. Er sieht, wie der Ba"«? behutsam. mit zärtlicher Geste über di« Blüten streicht— wie er sie bedächtig aus der Wann« nimmt. Er möchte zu ihm gehen, ihm ein gutes Wort sagen, aber—— er kennt den Vater. Ter darf jetzt nicht gestört werden.... Die Blumen im Arm— kommt der Vater zurück. Grübelnd bleibt er vor der Kommode stehen:
„Wenn ick bloß wißte, wo det Mädel setzt schteckt. Ick—>.k wiröe— ick Wirde hin---* Der Sohn unterbricht ihn mft befreitem Aufatmen: „Ich weiß, wo Trude ist. Vater." Die Blicke der beiden Männer treffen sich. Das wieder auf- flackernde Mißlraucn in den asten Augen wird durch die Liebe— durch die hell« Freude, die ihm aus den jungen Augen entgegen- strahlt, schnell überwunden. „Na, denn is«t ja jut..." Der Sohn gibt ein verstohlenes Zeichenaus dem Fenster. Der Vater hat nichts gemerkt. Cr steht vor der Kommode und freut sich über die Blumen, die genau auf demselben Platz stehen, den„det Mädel" ihnen angewiesen. Plötzlich hebt er den Kopf, staunt den Sohn an— schreft ihm zu: „Wat sch-'thst« denn noch immer ant Fenster. Jeh, renne— Holl unsere Trude." „Damit wir wieder wissen, det Sonntach i»!"
Die Lesesäle der Preußischen Skaaksblbsiclhek. Seit einiger Zeit ist auch der Onentastsche Leese saal in der Staatsbibliothek der allgemeinen Benutzung zugänglich gemacht, es mag daher ange- bracht erscheinen, einiges über die Lesesäle der Staatsbibliothek zu sogen. Von den vier Lesesälen ist der Groß« Lesesaal woh! vielen bekannt. Er ist in diesem Jahre einer ziemlich gründlichen Mo- dernisierung unterworfen worden, di« Abteilung„Theolone" ist sogar gänzlich aufgefrischt. Für fast alle Nationen ist durch Kon» oersotionslexika gesorgt, man findet nämlich nicht nur die bekannten deutschen, englischen(amerikanischen ) und französischen, sondern auch je ein großes niederländisches, schwedisches, dänisch :?, lpa- nisches, russisches und tschechisches Konversationslexikon. In dem Lesesaal und an anderen Stellen hängen auch Papp'efeln mit Winken„Zur Benutzung der Staatsbibliothek". Irreführend ist darin nur der Passus:„In bringenden Fällen werden Bestellungen für die Leihstell« wie für den Lesesaal sofort erledigt." Don noch- mittags 3— 9 Uhr ist gar nicht daran zu denken, aber auch von 9— 3 Uhr erhält man durchaus nicht immer dringend gebrauchte Bücher. Entschuldigt wird dies von den leitenden Beamten mit dem„Beamtenman'cl": denn auch in der Staatsbibliothek sind 10 Prozent der Beamten abgebaut worden, trotzdem durchaus keine „Persona'inflatton" wie bei vielen anderen amtlichen Stellen statt- gefunden hat. Wenig avpetitüch sind die Katalog« des Lesesaals anzusehen— Im Zeitschriftenlesesaal hat sich nichts ae- ändert, unter den ausliegenden Zeitschrilten vermißt man unser wissenschaftliches Organ„Die Gesellschaft".— Der Orientalisch« Lesesaal enthält ein« sehr gute und reichhaltige Zu- sammenstellung von Grammatiken, Wörterbüchern und Literatur» geschichten der meisten orientalischen und der asrikanischen Sprachen, wichtige Texte in der Origina'sprache(Chinesisch, Sanskrit. Arabisch, Hebräisch usw.), sowie Bücher über Land und Leute und die Fach- zeftlchriften. Leider ist dieser LesesaÄ vorläufig nur von 9—3 Uhr geöffnet und damit den tagsüber berufetätigen Studenten usw. ver-