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Nr. 530 41. Jahrgang

Köpfe.

2. Beilage des Vorwärts

Gut Holz!

Sonntag, 9. November 1924

f

Herr Wilhelm Laverrenz  , deutschnationaler Spitens

fandidat für Berlin  .

Herr v. Kröcher hat einmal feiner Sehnsucht nach einem füh­rendben Staatsmann Ausbrud gegeben, der nicht flug zu sein brauche aber Kraft haben müsse. Die Deutschnationale Partei teilt offenbar Kröchers Borstellung, daß Intelligenz für einen Politifer entbehrlich ist, wofern er nur das Manto durch das ersetzt, was man in der Fraktion Mampe unter Kraft versteht. Nur so erklärt es fich, daß fie Herrn Wilhelm averrenz als Minifteran­wärter für das Kabinett des Bürgerblocks präsentiert hat, und daher tommt es auch, daß Herr Laverrenz Spigenfandidat der Deutsch­nationalen in Berlin   ist.

Herr Laverrenz entspricht auf intellektuellem Gebiete den An­forderungen des Herrn von Kröcher in weitgehendem Maße. Obwohl er der Sohn eines fönigita preußischen Kammermusikers ist, cer­ficht er echts von Tuten und Blasen. Von Beruf ist er Baumeister und fann als solcher empfohlen werden, denn ihm fällt nichts ein.

Das Schlimme für Herrn Laverreng ist, daß er selbst von seiner Beschränktheit durchbrungen ist, in der er wirklich Meister ist. Es ist bitter, von den anderen als dumm erkannt zu werden, aber bitterer, wenn der objektive Tatbestand den Erfannten dazu nötigt, den anderen recht zu geben. Herr Laverrenz mendet bei Mittel an, um das Urteil, das die Welt über ihn gefällt hat, zu erschüttern. Zunächst einmal: Er sucht seinem Gesicht, deffen Ausdrudslosigkeit so groß ist, daß dagegen ein Kartoffelpuffer mit marfanten Zügen ausgestattet erscheint, durch Zähnefletschen, Hervorbrüden der Baden­fnochen und Augenrollen einen finsteren, drohenden, bebeutenden Charakter zu geben. Indessen ist dieses Mittel erfolglos geblieben. Jedermann fühlt sich beim Anblid des deutchnationalen Randidalen an eine jener Bulldoggen erinnert, die fürchterlich wild aussehen und dabei so harmios find wie ihre Herren, die Corpfiers und die Bur schenschafter an den deutschen   Hochschulen. So war denn die einzige Wirkung des Spiels der Mienen des Herrn Laverrenz, daß er im Reichstag   den Beinamen, der Couleurhund" erhalten hat.

Die zweite Methode, die Herr Laverrenz anwendet, um den Bohlenbelag feiner Stirn zu verbecken, besteht darin, daß er im Reichstag ein Schweigen beobachtet, das ihm den Anspruch auf die Würde des Priors in einem Trappistentloster verleihen tönnte. Aber er ist darum doch nicht zu dem Ruf eines Philosophen gelangt. denn er redet außerhalb des hohen Haufes. Dort glaubt er sich den Berschleiß dessen, was er Gebanten nennt, aus der Erwägung heraus lelften zu können, daß seine Gesinnungsgenoffen aus naheliegenden Gründen auf dem Gebiete der Einschätzung geistiger Leistungen zurückhaltend sind. Aber er hat nicht bedacht, daß andere Leute durch die Zeitungen non seinen Reden Kenntnis erhalten. Im Juni 1923 sprach Herr Laverrenz vor den Magdeburger Deutschnationalen. Er erfreute fie durch die Mitteilung, daß England Frankreich   einzu­freisen beginne, und forderte von der deutschen   Regierung, daß sie mit England gegen Frankreich   ein Bündnis schließe. Im nächsten Augenblick bezeichnete er die Antwort, die Lord Curzon  auf das deutsche   Angebot, zur Befreiung der Ruhr die bekannten Berpflichtungen zu übernehmen, erteilt hatte, als eine ungeheure Ohrfeige und todelte es, daß die Regierung Cuno- Rosenberg auf die englische Note erwibert hatte. Weiter forderte er von der deutschen  Regierung, daß fie die franzöfifchen Gewalttaten im Ruhrgebiet   mit Repreffalien beantworte! Und endlich rief er mit Stentorstimme in den Soal, daß eine charaktervolle beutsche Regierung, wie er fie sich vorstelle, zum Schuße Schlageters den General Rollet hätte verhaften müffen! Die deutschnationalen Zuhörer des Herrn Laverrenz dachten nicht daran, ihn zu fragen, ob er geneigt gewesen sein würde, den Haftbefehl persönlich zu vollstrecken; fie spendeten ihm vielmehr frenetischen Beifall. In den anderen Bartel lagern aber erwog man, ob es sich nicht empfehle, Herrn Laverrenz eine Narrenkappe zu verehren. Man nahm schließlich mit der Be. gründung davon Abstand, daß es Dimensionen der Dummheit gebe, die jedes äußere Abzeichen entbehrlich machten, und daß im bejon deren Herr Laverrenz ohne Gefahr einer Verkennung mit jeber be­liebigen Kopfbedeckung durch die Welt ziehen könne.

NOVEMBER

Hel, wie fie damals purzelten, die Kegel! Wie rollten alle Jeune über'n Sand!

Inflationsopfer und Rechtsparteien.

Die Wahlparole des Sparerbundes.

Der Borstand und der Beirat des Hypothetengläubiger. und Sparerschutzverbandes haben gemeinfam folgenden Beschluß gefaßt: 1. Die Gründung einer eigenen Bartei liegt zurzeit weber im Intereffe des Vaterlandes noch in dem unseres Berbandes. Die Durchführung der Organisation unseres Berbandes wird frogbem mit allem Nachdrud weiter betrieben werben.

2. Borstand und Beirat empfehlen ben Landesverbänden die Unterstügung folgender Parteien: Deutschnatio nale Boltspartei, Bentrumspartei, National. fozialistische Freiheitsportei, da diese drei Parteien fachlich befriedi ende Antworten auf unsere Fragen gegeben und uns bündig versprochen haben, führende Männer unseres Verbandes an ficherer Stelle auf die Reichswahll ften bzw. auf verschiedene Streis. wahll ften zu stellen. Derartig bindende Zusicherungen find bisher von anderen Parteien nicht gegeben worden.

Damit enthüllt sich dieser Berband als Anhängsel ber natio­nalistischen Rechtsparteien. Er soll die Stimmen der Inflationsopfer unter falschen Vorspiegelungen den Deutschnationalen und Böltischen zuführen Dom Zentrum ist nur pro forma die Rede.

zu wollen, bie jebe Maßnahme zur Bekämpfung der Inflation an­Die Inflationsopfer als Stimmbieh für die Partei kommandieren gegriffen und fabotiert hat, ist der Gipfel des Wählerbetrugs.

Wie stehen die Deutschnationalen zur Aufmertung?

1449

Heut' steh'n sie wieder aufrecht, frisch und fregel, Flint eine neue Kugel drum zur Hand!

O. K

1. menn er nachweist, daß er ohne sein Berschulden bie Einspruchsfrist persäumt hat;

2. menn er megen Rubens des Stimmrechts nicht eingetragen oder gestrichen war, der Grund, aber nach Ablauf der Einspruchs­frift weggefallen ist;

3. wenn er Auslandsdeutscher war und seinen Wohn­ort nach Ablauf der Einspruchsfrist in das Inland verlegt hat. Gemeindebehörde des Wohnorts, in den Fällen der Buständig zur Ausstellung des Etimmicheins( Wahlscheins) ist die Nr. 1 2 die Gemeindebehörde des bisherigen Wohnorts.

hat der Antragsteller auf Erfordern glaubhaft zu machen. Ueber Den Grund zur Ausstellung eines Stimmscheins( Wahlscheins) feine Berechtigung zur Antragstellung oder zur Empfangnahme des Stimmscheins( Wahlscheins) muß er sich gehörig ausweisen, Anträge auf Ausstellung von Stimmscheinen( Wahlscheinen) werden im Gesamtgebiet der Stadt Berlin   nur bis zum 5. De­ember 1924 entgegengenommen.

Stimmliffen.

Die Stimmliften liegen nach Berfügung des Herrn Minifters des Innern in der Zeit von Sonnabend, den 15. November, bis ein Schließlich Sonnabend, den 22. November d. 3. öffentlich zur Ein­ficht aus.

De Auslegungszeiten sind von uns einheitlich für das Gesamtgebiet der Stadt Berlin   festgesetzt auf wochentags von 12 Uhr mittags bis 7 Uhr abends, für Sonntag, den 16. November, und für Mittwoch, den 19. November dieses Jahres( Bußtag) von 10 Uhr vormittags bis 5 Uhr nachmittags.

nationale Abgeordnete Frohwein, Textilindustrieller, daß die Indies bis zum Ablauf der Auslegungsfrist bei der Gemeinbe Im Aufwertungsausschuß des Reichstags erklärte der deutsch­Wer die Stimmlifte für unrichtig oder unvollständig hält, fann buftrie entschieben gegen die Aufwertung fei. In diefelbe Kerbe hieb behörde ober einem von ihr ernannten Beauftragten[ chrift. der Deutschnationale Ravené für den Großhandel. Graf Roid. li anzeigen oder zur Niederschrift geben. Soweit reuth, ber beutschnationale Borsigende des Landbundes, erklärte: die Richtigkeit seiner Behauptungen nicht offenfundig ist, hat er für und die Steuern für die Landwirtschaft abgeschafft werden. Aufwertung nur dann, wenn die Landwirtschaft Schutzölle erhält fle Beweismaterial beizubringen.

Auch in der Aufwertungsfrage ist b'e Deutschnationale Bartei bie Bartel halb und halb. Die Wählerstimmen sucht fie mit umehrlichen Versprechungen zu fangen im Barlament vertritt sie die Interessen ber 3nflationsgewinnler gegen die Inflationsopfer.

Ber für gerechte Aufmertung, für die Entschädigung der wirt. lichen Opfer der Inflation eintritt, der wählt sozialbemotra. tisch!

Wie wird gewählt?

Die Wahlordnung für Berlin  .

Der Berliner   Magiftrat veröffentlicht folgende Bekanntmachung über d'e Wahl am 7. Dezember: Die Abstimmungszeit dauert von 9 Uhr vormittags bis 6 Uhr abends. Stimmrecht.

Rraft befit Herr Laverreng, unbestreitbar. Wenn man seine Hände betrachtet, so tommt einem der anerkennende Gebante, daß cr mit Kommißbroten würde Sechsundsechzig spielen tönnen. Aber in der Art, wie er über seine phyfischen Machtmittel verfügt, zeigt er, daß er selbst nicht ohne die staatsmännische Tugend der Borsicht ist. Er erinnert an den Schlossergesellen Buttfe, von dem eine alte Studentengeschichte erzählt: Der Schlossergeselle Buttte war be. fanntlich to start, daß er mit dem vorgestreckten rechten Arm einen in voller Fahrt befindlichen Eisenbahnschnellzug zum Stehen bringen fonnte. Dieses tat er aber nicht." Herr Laverrenz ist, wenn es ihn gelüftet, den politischen Kampfplay in eine Sporthalle zu verwandeln, so vorsichtig, andere für sich tätig werden zu lassen, oder er sucht sich, wenn er höchstselber raufen will, Gegner aus, von denen er richts zu befürchten hat. Die Rotte von Landfriedensbrechern, die einst das Podium der Philharmonie stürmte, um Erzberger am Reben zu verhindern, stand zwar unter feiner Führung, aber er hatte als friegserfahrener Mann nach berühmten Mustern sein Hauptquartier weit hinter der Front aufgeschlagen und erschien erst, als der Feind in die Flucht geschlagen war, um die Siegesrede zu halten. Und als Herr Laverrenz in öffentlicher Reichstagssigung das Bedürfnis empfand, nach dem Dichterwort zu handeln, Ber Kraft im Arm hat, geh fie zu beweisen", griff er nicht etwa Belsohnort( gleich Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt) in oder Beine an, deren Handschuhnummer ihm die verdienten kräftigen Ohrfeigen und feinem Zahnarzt lohnende Beschäftigung garantiert hätte, sondern er legte Wert darauf, sich auf der Linie des geringen Widerstandes zu bewegen und stürzte sich, er, der Schwergewichts athlet, auf den jüng inghaft schmächtigen Genossen Eggerstedt. Der Würde seines Verhaltens entsprach seine Verteidigung, die thin gegen den Ausschluß von der Sigung schüßen sollte. Als er die nichtsnugige Tat gegen Eggerstedt verübte, standen sein Opfer und er allein vor dem Tisch des Hauses, in einem Raum, in dem zwanzig Menschen bequem plag haben. Herr Saverreng stammelte aber wider befferes Wiffen, daß ihm jebe Angriffsabficht ferngelegen, und daß er nur habe Plaz schaffen wollen. Und dabei hätte er es so bequem gehabt, fich wirksam zu entschulbigen. Herr Laperrenz hat fich nämlich lange in Afrika   aufgehalten. Selbst der ftrengste Abge. odnete würde gefagt haben: Nun ja, wenn jemand lange unter den Kaffern gelebt hat!"

Ein Mensch ohne Berstand und ohne Wissen, ein gegenüber ber Gefahr porsichtiger Mann, an dem allerdings die Stirn eisern ist, ein Mauthelb, den der Ruf der Narrheit nicht schreckt, mußte Spizen­fandidat der Deutschnationalen Bolfspartei in der Hauptstadt des Reiches werden. Kandidat und Partei sind einander würdig. An ihren Früchtchen sollt ihr sie erkennen!

Stimmberechtigt ist, wer am Abstimmungstage Reichs­angehöriger und zwanzig Jahre alt ist. Das Wahlrecht zum Breußischen Lanbtaa tann jedoch nur ausüben, wer feinen

Preußen hat.

Breußischen Landtage je eine Stimme. Abstimmen tann nur, wer Jeder Wähler hat für die Wahlen zum Reichstage und zum in eine Stimmliste eingetragen ist oder einen Stimm schein( Wahlschein) hat.

Wählbar zum Deutschen Reichstag ist jeder Wahlbe­rechtigte, ber am Wahltag fünfundzwanzig Jahre alt und feil min­bestens einem Jahre Reichsangehör ger ist; wählbar zum Breusi den Landtag ift jeber Wahlberechtigte, der am Wahltag fünf­undzwanzig Jahre alt ist.

Stimmscheine.

Einen Stimmschein( aur Reichstagswahl) bzw. ahl fchein( aur Landtagswahl) erhält auf Antrag:

I. ein Stimmberechtigter, ber in e'ne Stimmlifte eingetragen ist, 1. menn er sich am Abft'mmungstage während ber Abstim mungszeit aus zwingenden Gründen außerhalb feines Stimm­bezirts aufhält;

2. wenn er nach Ablauf der Einspruchsfrist seine Wohnung in einen anderen Stimmbezirt verlegt;

3. wenn er infolge e'nes törperlichen Leidens oder Gebrechens in feiner Bewegungsfreiheit behindert ist und durch den Stimm fchein die Möglichkeit erhält, einen für ihn günftiger gelegenen Ab­

stimmungsraum aufzusuchen;

II. ein Stimmberechtigter, ber nicht in etne Stimmlifte eingetragen oder barin gestrichen ist,

Nach Ablauf der Auslegungsfrist tönnen Stimmberechtigte nur aufgenommen oder darin gestrichen werden. in Erledigung rechtzeitig angebrachter Einsprüche in die Stimmliste Weibliche St'mmberechtigte tönnen zu Abstimmungsvorstehern, Abstimmungsvorsteher- Stellvertretern, Schriftführern und Beisitzern ernannt und berufen werden.

Die uns im Gesamtgebiet der Stadt Berlin   für die Wahlen zu stehenden Obliegenheiten hinsichtlich der Abgrenzung der Stimm­bezirke, der Entscheidung über Einsprüche gegen die Stimml ſten oder gegen die Versagung eines Stimmscheins( Wahlscheins), der Er­nennung der Abstimmungsvorsteher und ihrer Stellvertreter und der Bestimmung der Abstimmungsräume haben mir den Bezirts­ämtern für ihre Berwaltungsgebiete übertragen.

Die Bezirksämter werden die Auslegungsstellen und näheren Bestimmungen über die Erhebung von Einsprüchen gegen die Simmlisten, ferner die Abgrenzung der Stimmbez.rte, die Abstimmungsräume sowie die Abstimmungszeit noch be fonders durch Säulenanschlag bekanntgeben, auch soweit möglich gegen Erstattung der Auslagen Abschriften der Stimm listen erteilen oder die Anfertigung von Abschriften zulaffen. Berlin  , 5. November 1924. Magistrat. Böß.

Abgefägt! dsT

Bismard Dämmerung  .

Im Wahlkreis Weser- Ems   haben die deutschnationalen Nein­fager den Gurgelgriff" gegen die Jasager mit Erfolg angewandt. Sie hatten es gleich mit zwei Jasagern zu tun: dem jungen Bis­mard und dem Handlungsgehilfen Har B. Herr Hart war von vornherein erledigt, aber mit dem jungen Bismard wurde erst noch einige Komödie aufgeführt. Zunächst verzichtete. er auf die Wiederaufstellung, böser Ahnungen voll. Dann erzählte man ihm, er merde wieder aufgestellt, und sofort willigte er ein, als Spitzen­fandidat zu kandidieren, um nun endgültig abgefägt zu me An bienrat Osterloh und Rentner Kayser. Jafager ade! der Spitze der deutschnationalen Liste in Weser- Ems   stehen Su

Thüringen und die Reichstagswahlen.

Weimar  , 7. November.  ( Eigener Drahtbericht.) Die tommu. nistische Frattion batte einen Antrag auf Auflösung bes Thüringischen   Landtages gestellt. Demgegenüber vertritt die sozialdemokratische Frattion die Auffassung, baß die Dinge in Thüringen   noch nicht so weit gebiehen find, um eine Auflösung an rechtfertigen. Sie wünscht, daß mindestens bas Ergebnis der Reichstagswahlen in Thüringen   abgewartet wird, ehe eine Entscheidung erfolgt.