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Das Ende der Regie.

Die Folge der Londoner   Abmachungen. Die Eisenbahnregie im besetzten Gebiet ist aufgehoben. In der Nacht vom 15. zum 16. November geht der Betrieb aller Regiestreden im befeßten Gebiet an die Reichsbahngesellschaft über. Alle Maßnahmen und Vorschriften des Regiebetriebes werden von diesem Zeit­punkt an aufgehoben. Die deutschen   Tarife und Verkehrsvors schriften treten an ihre Stelle. Die Fahrpläne für Personen­und Güterzüge werden schnellstens, bis zum 31. Dezember, ab­

geändert.

Damit ist die letzte Etappe der wirtschaftlichen Räumung der befezten Gebiete vollzogen. Die Forderungen des Sach­Die Forderungen des Sach­verständigengutachtens und die Londoner   Abmachungen über die Wirtschaftseinheit Deutschland   sind erfüllt.

es notwendig, an diese Selbstverständlichkeit Parteie: zu er innern, die ihre Opposition fo gerne als national" bezeichnen."

Betrag zurückzuzahlen mit der Begründung, daß der Reichs­fangler v Bülow ihm die erhöhten Bezüge versprochen hätte. Der Reichstanzler v. Bülow hat sich damals glatt über Das Etatsrecht des Reichstages hinweggefeßt. Er hat Staats gelber veruntreut Lautere Motive können ihm nicht zuge­billigt werden. Es handelte sich einfach um eine ungejegliche 1000 Mark Geldstrafe wegen Beleidigung des Reichs­finanzielle Sonderzuwendung an einen Verwandten des Raiserhauses.

Kein Staatsanwalt hat damals gegen den Reichskanzler p.. Bülow, wie gegen den Erbprinzen v. Hohenlohe- Langen burg Anflage erhoben. Keine der rechtsstehenden Zeitungen, die gegen den Minister Hermann eine schamlos verlogene Hezfampagne geführt haben, und die ehrlos genug sind, den Busammenbruch der Anklage im Prozeß Hermann ihren Lesern zu verschweigen, hat damals diesen öffentlichen Standal mitzuteilen gewagt.

Himmel!

Es bleibt noch die Entfernung der Besagungs her schmählich ammenge rochen. Die Berwaltung der Re­Alle Hezverfuche gegen republikanische Minister sind bis truppen aus dem Sanktions- und Einbruchsgebiet, die bis publif ist ehrlich und rein. Die Korruption des alten Regimes 25. August 1925 vollzogen sein muß. Dann ist der Vertrags­Vertrags- publik zustand wieder hergestellt. Das ist der Erfolg der Er- aber und der Justiz des kaiserlichen Deutschland   stinkt gen füllungspolitit, den die Deutschvölkischen, die Kom­munisten und die Deutschnationalen hintertreiben wollen. Im Jargon der Deutschnationalen müßte es heißen: Der Erfolg desweiten Versailles", das 49 oder 50 Proz. ihrer Fraktion verabschieden halfen.

Die Korruption des alten Regimes.

Ein Nachwort zum Hermann- Prozeß. Weil der ehemalige thüringische Innenminister Hermann einer in Not geratenen Beamtenfamilie 143 M. aus Mitteln zugewendet hat, die ihm von privater Seite persönlich zur Ver­fügung gestellt worden waren, wurde er von einem Weimarer  Gericht wegen Veruntreuung von Staatsgeldern zu 1000 m. Geldstrafe verurteilt. Der Staatsanwalt hatte 3000 m. Geldstrafe oder 3 Monate Gefängnis beantragt. Das Gericht stellte in aller Deffentlichkeit fest, daß der Minister niemals in den Berdacht kommen tönne, eine Handlung aus irgendwelchen unedlen Motiven begangen zu haben.

Wegen 143 M. für eine arme Beamtenfamilie 1000 m. Geldstrafe! Wieviel hätte der Reichstanzler Bülow feinerzeit an Strafe erhalten müssen, wenn die Gerichte, die jekt megen Lächerlichkeiten eine fleinliche und empörende Hege zu politischen Zweden gegen republikanische Minister veran­stalten, in der Zeit des Kaiserreiches gegen die großen, öffent lich bekannten Standale des alten Regimes eingeschritten

wären.

H

Wir erinnern uns an folgenden Fall: Im Jahre 1905 wurde auf Drängen. Wilhelms II. der Erb prinz Ernst zu Hohenlohe Langenburg vom Reichskanzler Bülow als Kolonialdirektor in den Reichsdienst eingestellt. Es stand dem Prinzen zu Hohenlohe und Langenburg   ein etats­mäßiges Gehalt von 20 000 m. zuzüglich 1500 m. Wohnungsgeld au. Auf Anordnung des Reichstanzlers Bülom wurden dem Prinzen zu Hohenlohe- Langenburg ohne die erforderliche Rustimmung der gesergebenden Körperschaften heimlich zu diesem Direktorgehalt weitere Bezüge ausgezahlt. Er erhielt aus einem für diesen 3wed nicht zuständigen Ge­haltstitel, aus dem sogenannten Hilfsarbeiterfonds noch 10 000 Mark Gehaltszuschuß und 20 000 m. Wohnungsgeld, so daß er insgesamt 50 000 m. bezog. Sein Nachfolger Dernburg   erhielt, solange er Rolonialdirektor mar, lediglich die für diese Stelle von den gefeßgebenden Körperschaften be­milligten 21 500 m. Der inzwischen verstorbene Personal­referent v. König   trug dem die Raffenorder auffezzenden Be amten auf, hierüber ,, um Gotteswillen nichts bekannt werden au laffen". Die Sache wurde aber doch befannt. Das Reichs. fchazamt forderte den Erbprinzen zur Rückzahlung des ihm zu Unrecht ausgezahlten Betrages von rund 30 000 m. auf. Der Erbpring weigerte sich schriftlich, den überhobenen

Uus der Werkstatt Anatole Frances. Die Werfe des verftor benen Anatole France   zeichnen fich nicht zuletzt durch ihre große Formbollendung aus. Bu einem großen Teil ist dies dem großen Fleiß des Dichters zuzuschreiben, mit welchem er an seinen Werken felte. So berichy et Baul Gfell, der zu den intimen Freuden bes Verstorbenen gehörte, in feinen Erinnerungen an Anatole France  über die Entstehungsgeschichte des bekannten Werkes: Die Jungfrau von Orleans", daß diefes dem Dichter 20 Jahre ernster literarischer Arbeit gefofte: habe. Jede Seite wurde verbessert und immer wieder durchgesehen, verfeinert wie ein Wert der Bildhauerei. Wenn man die Manuskripte eine Durchficht unterzieht, nimmt man mit Erstaunen wahr, wieviel Arbeit ihm sein scheinbar leichtflüssiger und perfe'merter Stil gefoftet hat. Mit unermüdlichem Fleiß fuchte Ana. tole France die denkborste Einfachleit des Stils zu finden, die er in der Tat auch erreichte."

Was eine Film- Minute" foffet. Eine amerikanische   Filmfirma hat von ihrem Statistifer beredynen laffen, wie hoch sich durchschnitt­lich die Rosten für einen Film stellen. Die Durchschnittszeit für die Aufnahme eines Dramas ist auf vier Wochen, b. h. 24 Arbeitstage berechnet, wobei Zeitverlust durch schlechtes Wetter ufw. eingeschloffen ift. In einem achtündigen Arbeitstag müssen also, do jedes Bild etwa 300 Szenen umfaßt, 12 bis 13 Szenen aufgenommen werden. Die Durchschnittskosten für einen Film betragen 25 000 Dollar, für jede Szene, einschließlich Text alfo 83% Dollar. Eine Tagesarbeit ift gleich einer Ausgabe von 1040 Dollar, und jede minute toftet 2.17 Dollar. Die Aufstellung schließt mit einer Mahnung an die Schauspieler und das übrige Personal, mit den Minuten zu geizen. Die drei Pferde. Friedrich Wilhelm IV.   von Breußen war als Kronpring mit der Regierung seines Vaters nicht sehr zufrieden. Eines Tages ließ er vor dem föniglichen Schloß drei Pferde, ein blindes, ein lahntes und ein mageres, fo lange herumführen, bis der König sie lemerkte. Auf dessen Frage, was bas zu bedeuten habe, erwiderte er: Das will ich Eurer Majestät. fogen. Das megere Pferd ist das Bell, das, von schlechten Beamten ausgefogen wird: das lahne das minifterium, das nicht zu handeln versteht, und das blinde stellt Eure Mojestät bar, die nicht steht, wie man mit Allerhöchst derselben Blindekuh spielt." Die Folge war etliche Tage Strenger Arrest.

Jm Kronprinzenpalais mirb Dr. B. Daun, Dezernent für Kunft im Polizeipräsidium, am Sonntag, en 16., borm. 9, Uhr, Bortrag über die dort befindlichen modernen Gemälde des Impressionismus und Expressio nismus balten.

Am Bußtag findet unter der Leitung von Prof. Siegirieb Das in der Bhilharmonie eine Aufführung der Beethovenschen missa folemis ftatt. Die Eoli haben übernommen Frau Lotte Leonard, Fräulein Hilde Ellger, Die Herren G. A. Balter und Prof. Albert ilcher. Außerdem wirken mit der Chor der staatlichen akademischen Hochschule für Mufit und das Bh Iharmonische Drchefter, sowie als Organist Fris Kleiner.

Relf Caudner läßt a. 3t. in der neubegründeten Bollsbühnen- Verlags. und Bertriebs- 8 m.b.. brei neue Werte ericheinen: eine unmittelbar aus den Quellen gelchöpfte Berbeulichung der Satuntala" des Salibaja, ferner ein Drama Ratumbo" und die Komödie eines modernen Abenteurers

Die Entflei ung des Antonio Caroffa". Der Boltsbühnen Berlag wird Die Urauffübrung ber Cafuntala" wird voraussichtlich noch im Dezember in der Berliner   Bollsbühne erfolgen.

auch alle weiteren Werte Laudners in den nächsten Jahren herausbringen.

Marx gegen die Deutschnationalen. Gegen die Angriffe auf den Reichspräsidenten. Breslau  , 14. November.  ( WTB) Jm überfüllten Saale des Schießwerdas erschien heute auf Einladung der Zentrumspartei  Reichskanzler Dr. Mart. Er wurde mit großem Beifall empfangen und führte etwa folgendes aus:

Kürzlich habe ich darauf hingewiesen, daß das Zusammen­arbeiten von Deutscher Bo'tspartei, Zentrum und Demotreten sich bewährt hat, und betont, daß diese drei Parteien auch fürderhin de1 feften Kern in der Regierung und im Barlament darstellen müssen. Es ist bezeichnend, daß ein rechtsstehendes Blatt diese Aeukerung mit den Worten kommentiert: Marr wird immer gefährlicher." Glaubt man denn auf dieser Seite allen Ernstes, in Deutschland   nach der Wahl mit einer Rechtsrerierung meiter­lenburg. in Hamburg   und in Anhalt   stattfanden, scheinet zufammen? Die Stichproben, die in den letzten Wochen in Med. mir nicht gerade dafür zu sprechen, daß am 7. Dezember ein über­wältigender Sieg der Parteien der Rechten zu verzeichnen sein wird, so daß selbst die Parteien der Mitte nicht einmal mehr zur Regierungsbildung benötigt werde 1. Ich betone auch heute wieder und das gilt für jede Partei, die nicht grundsäg'ich in der Opposition verharren will, baß eine gewiffe Mäßigung in der Führung des Wahlkampfes notwendig ist, wenn der neue Reichs. foll; denn eine Berwilderung der politischen Sitten im Wahlkampf tag nicht vrn vornherein wieder zur Unfruchtbarkeit verurteilt sein fann nicht ohne Folgen bleiben für die Sitten des Parlaments, das aus dem Wahlkampf hervorgeht. Die Erfahrungen mit dem lehten Reichstag find doch traurig genug. Wer immer und immer wieder die Auswüchse des parlamentarisch- demokratischen Systems beflagt, follte vor allem sich selbst vor schweren Entgleisungen hüten, Eine schwere Entgleifung ist es aber, die Person des Reichspräsidenten   in den Wahlkampf hineinzuzerren, und dazu noch in folch gehälfiger Art, wie das zurzeit geschieht. den Parteien, und die Parteien follten diese Stellung respektieren. Der Reichspräsident steht, solange er auf seinem Poften ist über das ist einfach ein Gebot des politischen Anstandes, aber auch der Klugheit, denn was jetzt dem Reichspräsidenten Ebert   widerfährt, fann später einem anderen widerfahren. Mit folchen, überdies durchaus gegenstandslosen Angriffen auf den Reichspräsidenten fchädigt man auch das deutsche   Ansehen in der Welt Leider ist

Bestrafter Verleumder.

präsidenten.

Halle, 14. November.( Eigener Drah bericht.) Am Donnerstag hatte sich vor dem Schöffengericht in Eisleben   der Feischermeister Franz Walter aus Unterröblingen a. See wegen Beleidigung des Reichspräsidenten zu verantworten. Walter hatte im April 1924 auf einer Fahrt nach Halle in der Eisenbahn   ein politisches Ge­spräch geführt und dabei auch den früheren Reichsminister Scheide­ mann   und der Reichspräsidenten Ebert mit Schimpfworten, wie Lumpen usw., beleidigt. Unterstützt wurde er darin durch einen im Republikaner   wollte die beiden Heder auf dem Bahnhof in Halle felben Abteil sigenden Hauptmann a. D. Ein zufällig mitfahrender feststellen laffen. Der Hauptmann a. D. wählte aber der Vorsicht besseren Teil und verschwand, während der Fleschermeister zur

Polizeiwache folgen mußte. Das Gericht verurteilte den Schimpf­helden zu 1000 M. Geldstrafe. Nur sein hohes Alter befreite ihn vor dem Gefängnis.

Aus dem Wahlkampf.

Deutschnationalen in Berlin  , rüffelt die" Deutsche Zeitung", weil Die Nationalpost", bas offizielle Parteiorgan der fie den Jammer der Deutschnationalen zu offen zugesteht:

Diese Rechtspartei fann, wie nun einmal die Dinge liegen, nur die Deutschnationale Boitspartei fein. Es geht nicht an, ihr im selben Atem Mangel an Charakter vorzuwerfen und gleichzeitig von wederzugewinnendem Vertrauen zu sprechen. Wer überhaupt den Aufstieg der Deutschnationalen will, muß ben Schwierigkeiten Rechnung tragen, die sich aus dem Charakter der Rahmenparteien ergeben. Nur ein ganz großer, überlegener Führer würde es vielleicht fertig bringen, alle die Hemmnisse zu überwinden, die sich daraus ergeben. Solange ein solcher nicht gefunden ist, müssen die verschiedenen Richtungen und Strömungen von selbst zusammenhalten und Disziplin zeigen. Auch die" Deutsche Beitung" wird sich zu entferden haben, ob sie in diesem Sinne den Erfolg der Deutschnationalen am 7. Dezember will oder nicht. Will sie ihn, und das nehmen wir an, da wir feinen Anlaß habin, an der vaterländischen Ein­stellung der Deutschen Beitung" zu zweifeln, dann muß bis zum errungenen Sen alles zurückgestellt werden, was war nicht unsere Mitglieder, wohl aber die Hunderttausende von Mit. läufern flukig machen und verwirren fann, die nun einmal zu einem glatten Wahlfira ochören. Das Eäen von Untrout zwischen den Weizen besorgen die Schwarzrotgelben ohnehin schon genügend."

Durch Verschweigen und unwahrheit sollen die Mitläufer ein­gefangen werden. Nur nicht topfscheu machen, ist die Barole.

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An der Spiße des nationalsozialistischen Reichs. tagswahlvorschlages steht widerum General Luden. dorff. Von den befannten Führern nehmen Graefe die zweite, Graf Reventlow die vierte und Major Henning die fechste Stelle des Reichswahlvorschlages ein. Bemerkenswert ist das Fehlen des bekannten völfischen Führers Bulle in dem nationalforial stischen Reichswahlvorschlag. Im ganzen umfaßt die reue völfische Liste 20 Kandidaten.

Abgebaut wegen Tüchtigkeit.

Der Spandauer   Abbauskandal.

Beamte Gelegenheit haben muß, sich zu dem Abbauteschluß der Dienststelle( in diesem Falle Bezirksverordnetenversammlung) zu äußern. Die Bezirksverordnetenversammlung Spandau   hat das nicht für notwendig gehalten. Der Vorsteher der Ber­fammlung hat zwar dem Stadtrat Dr. Herz den Beschluß der Ver­fammlung mit der Bitte um Aeußerung mitgeteilt, die Bersamm­ung beschloß ober in ihrer nächsten Sgung, daß dieses Vorgehen gänzlich überflüssig gewesen sei und daß sie lediglich eine Erneuerung ihres ersten Beschluffes feststelle.

Die Abbauerei in Berlin   ift mit Recht bereits in bürgerlichen| Die Abbauverordnung schreibt ferner vor, daß der abzubauende 3eitungen als einer ber größten Standale bezeichnet worden, die in der Kommunalpolitik je erlebt worden sind. Die vielumstrittene Personalabbauverordnung soll eine Verbilligung und Ber einfachung der Berwaltung ermöglichen. Durch sie sind eine Reihe verfaffungsmäßiger Rechte der Beamten außer Strait gefeßt. Zum Ausgleich dafür ist aber sowohl durch Gefeß wie durch Aus führungsbestimmungen der zuständigen Ministerien der Bersuch ge macht worden, eine Reihe von Rautelen zur Sicherung der berechtigten tereffen der vom Abbau betroffenen Beamten zu schaffen. Bei den Wahlbeamten, auf die in Preußer der Ab­tau ausgedehnt worden ist, hat sich die Abbauverordnung so aus gewirft, daß die in Betracht fommenden Dienfistellen( Stadtverord netenverfammlung und Gemeindevertretung) an Stelle der Anwen bung der Bestinin ungen des Gefeßes willkürlich ihre politis fchen Leidenschaften spielen ließen. Der Abbau der Wahlbeamten ist dadurch zu einer politischen Frage geworden. Real­tionäre und Bürgerblock- Zufallsmehrheiten haben geglaubt, ihren Ge­lüften freien Lauf lassen zu können.

Ein geradezu klassischer Fall für ein bewußt parteiisches Borgehen ist das Verhalten der Mehrheit der Bezirksverordnetenver fammlung Spartbau beim Abbau unseres Genossen Dr. Herb. Stadtrat Dr. Herz gilt in allen Fachkreisen als ein anerkannter und angesehener Fachmann. Seine berufliche Befähigung, feine juristische Vorbildung und feine Qualitäten als Verwaltungs­teamier find von feiner Seite bestritten worden. Aber er hat zwei Fehler; er ist Sozialdemokrat und er ist Jude. Das lettere ist wahrscheinlich noch schlimmer. Stlar ist, daß ein folcher Mann abgebaut werden muß! Die Bezirksverordnetenversammlung Epandau hat sich in diesem Falle durch feinerlei Rechtsbelehrungen von ihrer standalösen Rechtsbeugung abhalten laffen. Daß es sich um eine objektive Rechtsbeugung handelt, über deren Charakter sich die Mehrheit der Spandauer   Bezirksverordnetenver. fommlung nicht im unflaren fein fonnte, geht aus folgenden Daten hervor. Unter dem 8. November hat der Magistrat mit Unter­schrift des Oberbürgermeisters eine Rundverfügung an die Bezirke erlaffen, in der mit Rücksicht auf den vielfachen Mißbrauch der Be ftimmungen der Bersonalabbauverordnung folgendes festgestellt wird: 1. Der Abbau der Stellen des Vorsitzender des Bezirksamies und seines Stellvertreters ist unzulässig, weil die Stellen im Ge­feg vom 27. April 1920(§ 25) vorgeschrieben find.

2. Vor dem endgültigen Abbau von befoldeten Bezirksamts. mitgliedern, deren Stellen nicht in Fortfall tommen follen, ist die Genehmigung des Herrn Oberpräsidenten zur Wiederbesehung der Stellen einzuholen. Die Genehmigung zur Wieder besetzung fant die Aufsichtsbehörde, wenn die Umstände des Falles es rechtfertigen, insbesondere menn die Zustimmung nicht vorher eingeholt ist, von der Bedingung abhängig machen, daß der bis herige Stelleninhaber wieder eingestellt wird( Ministerialerías Dom 23. September 1924.)

Nach diesen flaren Bestimmungen fonnte ein Abbau des Stadt rats Dr. Herz, der stellvertretender Bürgermeister in Spanbou ist, mur in Betracht kommen, wenn vorher der Oberpräsident um Ge­nehmigung der Wieberbefezung der Stelle ersucht worden war. Die Bezirksversammlung hat sich um diese vorgeschriebene Berpflichtung überhaupt nicht gefümmert.

Dieses Berhalten der Bezirksverordnetenversammlung ist ver ständlich, wenn man bedenkt, daß jeder Abbaubeschluß begründet sein muß und daß es im§ 20 der Abbouverordnung heißt.

Für die Auswahl( ber Abzubauenden) ist der Wert der bierstliche Leistung für die Staatsverwaltung, bei gleich­martigen Leistungen find die wirtschaftlichen und die Familienverhältnisse entscheidend. Bei Berücksichtigung der Familienverhältnisse follen ledige Beamte vor verheirateten Beamien, finderlose vor Beamten mit unterhaltungsberechtigten Kindern usw. usw. ausgewählt werden."

Die Bezirksverfammlung hat gar nicht daran gedacht, m Falle Dr. Her g' fich an diese Bestimmung zu halten. Daß seine Beistungen denen aller anderen Bezirksamtsmitglieder gleichzusetzen find, wurde nicht bestritten. Sein Abbau wird nur damit begründet, daß er zu den wirtschaftlich Stärksten" gerechnet wird. Die Be­gründung weswegen Dr. Herz als wirtschaftlich stark angesehe wird, ist das Famofeste, was man überhaupt bei solchen Abbau­oftionen je gehört hat. In dem Schreiben des Borsigenden der Bersammlung heißt es:

"

Als früherer anerkannt füchtiger Rechtsanwalt(!) in Altona  wird es Ihnen auch für die Zukunft nicht schwer fallen, sich wieder eine Rechtsanwaltspragis zu gründen und dadurch den Lebens unterhalt für sich und Ihre Familie in angemesse er Weise zu bestreiten."

Also, der verdammte Jude ist auch noch ein tüchtiger Rert, allo

tann man ihn er ft recht abbauen! Das ist echte Bürger. blodlogit. Daß Dr. Herz der einzige Spandauer   Stadtrat mit drei unversorgten Kindern ist, spielt gegenüber feiner Tüchtigkeit feine Rolle. Sonst werden die Sozis wegen Untüchtigkeit" abgebaut, hier hat man der Abwechslung halber mal den Fall, daß der Jude und Sozi mal wegen Tütigkeit abgebaut wird.

Wir find auf Einzelheiten diefes Falles nicht nur deswegen eingegangen, weil es sich um einen der anerkanntesten sozialdemo fratischen Kommunalpolitiker, der Verfasser des kommunalen Bro­grammentwurfes der USB. handelt, sondern weil mit derselben rüdsichtslosen Außerachtlassung aller gesetzlichen Bestimmungen überall da gearbeitet wird, wo wild gewordene bürgerliche Mehr heiten einen Sozialdemokraten glauben befeitigen zu fönnen. We 11 es noch die Möglichkeit eines Appells an das Recht gibt, dann muß die Aufsichtsbehörde diesem Standal ein Ende bereiten. Die Sozialdemokratie wird sich nicht gefallen laffen, daß das Recht zu ihren Ungu aften in diese­Beife vergewaltigt wird.