•
Nr. 55341. Jahrgang
Wirtschaft
Vom Wert der Goldbilanzen.
4. Beilage des Vorwärts
Die Goldbilanzen, die jetzt herauskommen, sollen der Deffentlichkeit ein Bild vom Stand des Unternehmungsvermögens in der Privatwirtschaft geben. Es soll eine neue Inventur aufgenommen und danach eine Vermögens- Eröffnungsbilanz aufgestellt wer= den. Die Bewertung bei der Inventuraufnahme soll unabhängig sein von der Inflationsbuchhaltung und den Inflationsbilanzen; denn die sind falsch. Wie sagte F. von Siemens in der Generalversammlung der Siemens u. Halste A.-G.? In der diesjährigen Bilanz sind sie( die Bilanzzahlen nämlich) so grotest geworden, daß man sich späterer Jahre halber schämen muß, fie in einem Bericht veröffentlicht haben zu müssen, der für ernsthafte Zwede bestimmt ist und der Erhaltung des Vertrauens dienen soll." Es follte und mußte der wirkliche Stand der Privatwirtschaft festgestellt werden, nicht nur der Aktionäre wegen, sondern vor allem auch aus wichtigen Gründen der Reparations- und Wiederaufbaupolitik. Geheimrat Schlegelberger vom Reichsjustizministerium hat sie genannt: ,, Die Zuspihung des Reparationsproblems, dessen Kern die Frage nach der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist, die Notwendigkeit, die Grenzen dieses Könnens freizulegen, um die Möglichkeiten des Wiederaufbaues zu überblicken, und die Erkennt nis, daß eine Gesundung des Reiches nicht möglich sei..." Das sind sehr ernsthafte Gründe.
Wie sind nun die sogenannten Goldbilanzen geworden? Was sind sie wert?
19
Abschlußbilanzen der nächsten Jahre herausstellen. Denn eine Rentabilitätsrechnung gibt es ja noch nicht.
Aber auch das Wenige, das die Goldbilanzen bieten wollen, taugt nicht viel. Denn die Zahlen sind mit Rücksicht auf die Vermögenssteuer und das Industriebelastungsgesetz natürlich frisiert. was sie bieten könnten, bieten sie nicht aus den dargelegten Gründen. Das, was fie nach Schlegelberger aber leisten follen, leisten sie nicht im entferntesten.
Golddividenden im Rückforth- Konzern.
K ― r.
Von vier Brauereien Ostpreußens , die dem bekannten Sprit fichtsratssitzungen für die Goldumstellung vor. fonzern Rüdforth angehören, liegen die Vorschläge der Aufergibt sich, daß die vier Brauereien für das abgelaufene Jahr an
Dividende verteilen können:
Aus den Berichten
"
Ponarth- Brauerei A.G., Königsberg . 10 Proz. auf 2 000 000 GM. Aktienbrauerei Schönbusch, Königsbg. 10 Rastenburg . Brauer . A.G , Rastenburg 6 Tilsiter Aktienbrauerei, Tilsit
10
2 500 000
P
"
"
"
700 000 600 000
19
"
"
Von drei ebenfalls dem Rückforth- Konzern angehörenden Brauereien heißt es, daß sie ebenfalls günstigste" Berichte in Aussicht stellen. Bei den meisten der bisher bekannt geworden Goldumstellungen ist von der Verteilung einer Dividende Abstand genommen worden. Daß gerade die Brauereien, die dem Massenkonsum sehr viel näher stehen als die Fertig- und Schwerindustrien, die Inflation noch weit besser überstehen würden als diese, war klar. Ueberraschend aber sind diese Dividenden unmittelbar nach der Inflation trotzdem Sie sind um so erstaunlicher, wenn man bedenkt, wie die Industrie seit der Währungsstabilisierung gegen die zu hohe Steuerbelastung Sturm gelaufen iſt, angeblich, weil diefe jede Rentabilität in der Wirtschaft erdrosseln müsse.
Sonntag, 23. November 1924
Zollpolitik und Außenhandel.
Der Vorstand des Deutschen Außenhandelsver bandes hat zu den Fragen der deutschen 3ollpolitit eine Entschließung gefaßt, in der es u. a. heißt:
"
Immer lauter und allgemeiner wird der Ruf nach einem lückenlosen" 3olltarif sowohl von agrarischer, wie auch von industrieller Seite, d. h. nach einem allseitigen Schutz der nationalen Arbeit", an dem Landwirtschaft und Industrie in gleichem Maße beteiligt sein sollen. Eine Forderung, die die gleichmäßige Schußbedürftigkeit aller Produktionszweige voraussetzt und die des Zollschutzes, den der noch in Kraft befindliche Bülow- Tarif von Lebensnotwendigkeiten unseres Exports hintansett. Der Umfang 1902 gewährt, soll also noch erheblich erweitert werden. sobald 2 grarzöll wieder eingeführt werden, wie es die dem Eine Entwicklung zur Hochschutzollpolitik ist unvermeidlich, Reichstag unterbreitete Zollvorlage vorsieht. Darin wird der Regie. rung bekanntlich die Ermächtigung erteilt, mit Zustimmung des Reichsrats und eines Ausschusses des Reichstags die früheren Agrar. zölle wieder einzuführen und auch die Industriezölle im Berordnungswege zu ändern. Agrarzölle in Vorkriegshöhe können feinen Anspruch mehr auf die Bezeichnung„ mäßigen" Schutz erheben und noch weniger die Ausgleichszölle, zu denen sie führen. Notwendigerweise würde als Kompensation und Ausgleich für Agrarzölle die Erhöhung aller schon bestehenden Industriezölle und die Neueinführung weiterer würde eine für unsere Ausfuhr unerträgliche Verteuerung der wichIndustriezölle verlangt und auch durchgesetzt werden. Damit Erhöhung der Löhne der Arbeiter sowie der Gehälter aller Angefigsten Produktionskosten eintreten, im Zusammenhang damit eine stellten und Beamien. Das bedeutet wiederum neue Steuern. Alle Preisabbaumaßnahmen der Regierung wären noch mehr als bisher zur Erfolglosigkeit verurteilt. Eine unerhörte Steigerung aller Breise würde Deutschland zum teuerst produzierenden Land der Welt machen.
alle Getreidearten schon über die Borkriegswerte hinausgeht, ist es Angesichts der Preisentwicklung für agrarische Produkte, die für unerläßlich, daß die Regierung die dem Reichstag unterbreitete Zollvorlage zurüdzieht.
Das läßt sich sehr einfach aussprechen: Was sie sagen, ist wertIos, und was sie wertvolles bringen fönnten, das sagen sie nicht Es mag zum Teil an der Goldbilanzierungsverordnung selbst liegen, daß das so ist. Denn die Goldbilanzierungsverordnung und ihre sechs Verordnungen mit Ausführungsbestimmungen fümmern sich zum geringsten Teil um die Golderöffnungsbilanz selbst. Vielmehr sind sie zu 10/20 ausgefüllt mit den Bestimmungen über die Goldumstellung der Aftien, Geschäftsanteile usw. Wenn Schlegelberger, der Vater der Goldbilanzierungsverordnung, so weitgehende Zwecke mit ihr verfolgte( er sagte:„ Die Verordnung über Goldbilanzen ist das neue Grundgeseh der Wirtschaft"), dann hätte er nicht durch den Mangel jeder Bestimmung über die Gliede rung und Spezialisierung der Posten einer geradezu programmatischen Unklarheit der Goldbilanzen Tür und Tor öffnen dürfen. Es ist doch so, daß Eröffnungsbilanzen auch darüber bestimmen werden, wie die Schluß bilanzen aussehen werden. Wenn aber getragen gegen 75 120 in der Vorwoche. Darunter befanden sich Pensationen für Agrarzölle enthielte?
die Jahresschlußbilanzen der Kapitalgesellschaften so werden wie diese Eröffnungsbilanzen, dann ist es mit der Deffentlichkeit der Rapitalgesellschaften vorbei, sowohl für die Attionäre und die Börse, als auch für den Staat und die öffentliche Meinung.
Darüber hinaus aber ist eine Goldbilanz, auch wenn sie reichlicher spezialisiert wäre, unter den heutigen Verhältnissen in Deutsch land wertlos, wenn nicht gesagt wird, wie eigentlich das eigene Rapital bestimmt worden ist. Geschieht das über den in den nächsten Jahren erwarteten Gewinn, dann ist nämlich von porn herein bestimmt, was man von den Wertziffern der Fabrikanlagen, Maschinen usw. zu halten hat. Denn diese werden dann überhaupt nicht mehr besonders bewertet". Geschieht die Bewertung
-
aber nach einer sorgfältigen Abschätzung des Anlagenwertes,
-
-
dann
weiß man, daß die Festsetzung des Geldkapitals im wesentlichen eine willkürliche ist. Erfolgt schließlich die Bewerbung über den Dollarinder des Einzahlungstages für das Kapital, dann ist die Festsetzung des Eigenkapitals eine rein rechnerische und bedeutet weder für die zu erwartende Dividende, noch für den wirklichen Wert der Anlagen etwas.
Das wenigstens hätte in allen Fällen gesagt werden müssen Wäre das geschehen, so könnte man sich bei den Goldbilanzen wenig
stens etwas denken.
wesentliche Veränderung eingetreten. Die leichte Besserung In der Arbeitsmarktlage ist gegenüber der Vorwoche feine in den meisten Industrien hat angehalten, dagegen sind im Baugewerbe, in der Landwirtschaft und bei den Außenarbeiten die Beschäftigungsmöglichkeiten zum Teil erheblich zurück gegangen. In diesen Berufen ist demgemäß eine Steigerung der Arbeitslosenziffern zu verzeichnen, jedoch ist im allgemeinen eine Besserung mit einer relativen Abnahme der Arbeitslosigkeit vorherrschend geblieben.
Es waren 74 683 Personen bei den Arbeitsnachweisen ein49 072( 49 063) männliche und 25 611( 26 057) weibliche Personen. unterstützung bezogen 22 748( 23 109) männliche und 5168( 5192) weibliche, insgesamt 27 916( 28 301) Personen. Die Zahl der zu gemeinnütigen Pflichtarbeiten Ueberwiesenen betrug 978 gegen 1041 der Borwoche. Landwirtschaft und Gärtnereien hatten nur geringen Bedarf an Arbeitskräften. In der Industrie der Steine und Erden hat sich der Bedarf an Marmorsteinmeßen und schleifern gegen die Vorwoche erhöht. In der Metallindustrie war weiterhin eine gute Vermittlungstätigkeit an weiblichen Personen und männlichen Spezialarbeitskräften gegeben. Im Rohrlegergewerbe ist der Bedarf an Arbeitskräften zurückgegangen. Im Spinnstoffgewerbe ist der Geschäftsgang gut geblieben. Es fehlt an geBellstoff- und Papierherstellung und verarbei=
0
übten Stridern, Striderinnen, Kürschmern und Sacknäherinnen. Die ung bot männlichen und weiblichen Personen gute Beschäftigungs
möglichkeiten.
In der Lederindustrie und Industrie leder artiger Stoffe blieben mit Ausnahme der Ledermöbelbranche, in der ein größerer Bedarf an Polsterern vorhanden ist, die Anforde: rungen von Arbeitskräften nur gering. Die Aufwärtsentwicklung im Holz und Schnigstoffgewerbe hält in allen Branchen an. Das Nahrungs- und Genußmittelgewerbe zeigt im an geübten Wickelmacherinnen und Deckblattsoriiererinnen.
allgemeinen gute Aufnahmefähigkeit. In der Labakbranche fehit es
Im Bekleidungsgewerbe blieb die Herrenmaß- und Konfektionsbranche noch gut beschäftigt. Stepper, Taschen- und Futtermacher blieben gesucht. Für die Damenmaß- und Konfektionsbranche hat der Beschäftigungsgrad nachgelassen. Anzeichen einer Besserung machen sich in der Wäschebranche bemerkbar. Die Auf
Es ist ja doch so, daß die Unternehmer von dem eigentlichen Wert der Anlagen oder der berechtigten Höhe des Eigenkapitals gar nichts wissen können. Da helfen heute nur Bermutungen über die zukünftige Konjunktur und den aus dem Umsatz wahrscheinlichen Gewinn. Die einzigen feststehenden Poften sind die laufen- nahmefähigkeit der Schuh- und Schäfteindustrie blieb nur gering. den Forderungen und Schulden, die Kassenbestände und einiger maßen noch der Wert der Effekten, Waren und Materiallager. Was die Goldbilanzen wert sind, das fann sich überhaupt erst in den
Im Baugewerbe haben sich die Beschäftigungsmöglichkeiten vermindert. Das Vervielfältigungsgewerbe entfaltete lebhafte Nachfrage nach Sehern und Druckern. Langsamer war die Belebung im Handelsgewerbe und in technischen Berufen.
Sehr gefährlich find weiter die in Aussicht genommenen Ero höhungen der Zölle auf Halbfabritate resp. die Beseitigung verlage", die gegenwärtig dem Reichswirtschaftsrat vorliegt und die der bisherigen Zollfreiheit. Schon die sogenannte„ kleine Zolltarif ziehung schwer gesündigt; man darf hoffen, daß solche Ausals vorläufige Verhandlungsgrundlage dienen soll, hat in dieser Be müchse vom Reichswirtschaftsrat und Reichstag wieder beseitigt werden. Auch sonst finden sich in dieser Vorlage Zollerhöhungen auf das 10 bis 15fache! Und darin soll nur eine Anpassung an die gestiegenen Weltmarktpreise zum Ausdrud kommen! Wie würde erst eine Zollvorlage aussehen, die die erforderlichen industriellen Kom
löndische Zollmauern durch Handelsverträge Bresche zu schlagen, Verhandlungs3ölle, die dazu verwandt werden, in aus find gerechtfertigt und notwendig. Aber es besteht die Gefahr, daß darüber weit hinausgegangen wird und daß sich Schuzzollinteressen dahinter verstecken, die einem pertragsmäßigen Abbau der Verhandlungszölle" entgegenarbeiten. Verhandlungszölien mit großer Vorsicht vorgegangen werden, So ist es schon früher gewesen. Daher sollte bei Aufstellung van damit wir nicht darauf fitzen bleiben, wie es bei früheren Vertragsverhandlungen der Fall gewesen ist. Tritt das gleichwohl wieder in größerem Umfange ein, so wäre eine Revision des neuen Zoiltarifs das fleinere Uebel. Nur dann können wir unsere immer mehr schwindende Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt wiedergewinnen und steigern, wenn wir unsere Produktionskosten so niedrig als möglim halten, und nur dann werden wir
mit Erfolg auf einen internationalen Abbau der Zolifranken hinwirken können, wenn wir selbst mittun. wirtschaftlichen Kampf aller Staaten gegeneinander führen muß, darf Das schlechte Beispiel des hochschußzöllnerischen Auslandes, das zum nicht maßgebend sein für Deutschland . Dieses sollte, als das Herz Europas , ein gutes Beispiel geben und auch auf handelspolitischem Gebiet der Borfämpfer fein für Völkerverföhnung und Völkerverständigung. Das liegt im wahren Interesse Deutschlands und ganz Europas .
hervorragend bewährt bei: Gicht , Grippe,
Togal Rheuma, Herven- und
Jschias, Kopfschmerzen.
Togal stillt die Schmerzen und scheidet die Harnsäure aus. Klinisch erprobt. In allen Apotheken erhältlich. Best. 74,3% Acid acet. salic., 0,46% Chinin, 12,6% Lithium ad 100 Amylum
TESMA EDELCIGAREIE