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Nr. 55341. Jahrgang

Die Judenregierung.

5. Beilage des Vorwärts

Ein Speisewagengespräch von Adolf Hoffmann .

Nächste Woche erscheint in A. Soffmanns Verlag eine Ab­rechnung mit dem Antisemitismus... der Jude wird verbrannt" in Form von Reifeerlebnissen( mit Zeichnungen

von Frig Wolff), in der Adolf Soffmann seine wigig- launige Art

caf wirksamite spielen läßt. Wir entnehmen dem Büchlein

folgende Schilderung:

Wieder size ich im Eisenbahnzuge auf der Fahrt noch Danzig . Der Zug ist überfüllt. Nicht nur die Abteile, sondern die Seiten­gänge der Wagen sind als vierte Klasse mit Preisen für dritte Klasse gestopft voll.

Ich habe Glück gehabt und zu einer Tasse Kaffee den Platz am Fenster des Speisewagens erwischt. Bis Schneidemühl bin ich ge­borgen. Dann wird der Speisewagen zur Mittagstafel geräumt Am gleichen Tische sitzt mir gegenüber ein forpulenter Herr, bem man den ostpreußischen Vollblutjunter auf fünfzig Schritte Ent­fernung ansieht, neben ihm ein langaufgeschossener Herr Mitte der Dreißiger, der noch immer so schlecht in die Zivilkleidung hinein paßt, doß man ihm auf gleiche Entfernung den ehemaligen Offizier anmerkt. Neben mir hat ein mit einer kompletten Juwelierschau fensterauslage behaftetes Wenigweibliches" Platz genommen.

Der Junter Beefsteak und trant Rotwein. Der vermeintliche Offizier suchte, nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, einen als blinden Passagier von der letzten Nacht mitgenommenen Kater durch Sauerbrunnen zu beruhigen. Die Juwelierauslage, die nach der Haartheorie sicher teine Jüdin war- sie hatte helles, rotblondes, genehmigte eine Schoto­lade und war entrüstet, daß es nicht einmal Schlagsahne im Speise­wagen gäbe. Dieser Entrüftung gab sie mit der Worten Ausbrud: Das sind die Herrlichkeiten der Republik ."

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Ja. wenn nicht jüdische Planscher die Finger dazwischen gehabt hätten," war die Antwort des Dicken. ,, Erlauben Sie," sagte ich, auf die Weinkarte zeigend, hier steht: Direkt bezogen aus der Weinkellerei.

Mein Gegenüber biß sich auf die Lippen. Schmeichelhaft war für mich die Antwort sicher nicht, die er verbiß.

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Der Pensionierte" meinte, bei der jetzt eingeführten eigenen Regie sei man vor jüdischem Einfluß nirgends mehr sicher. Tischgenoffin. Vielleicht ist es ein besonders nasser Jahrgang," flötete unsere

verständigenurteil gemacht haben, denn ihre Augen warfen mir den Ich muß recht erstaunte Augen über dieses verblüffende Sach­Titel eines bekannten Kartenspiels an den Kopf.

Die Wienerin rief getränft nach dem Zahlkellner, und als er nicht gleich fam, erklärte sie pitiert: Jawohl, mein Gatte fagt immer, das Wetter, die Sozialdemokraten und die Juden verwässern einem allen Genuß und jedes Geschäft."

Der Junter räusperte sich. Das Wetter müssen wir ertragen, auch wenn dadurch Früchte zugrunde gehen. Dann steigen die Preise. Mit den Sozis werden wir fertig, wenn altpreußisch zu­gefaßt wird. Nur die Judenpest ist eine Seuche, die mit Bech und Schwefel ausgebrannt werden muß.

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" Zuerst die Judenregierung," sekundierte der Ehemalige. " Von der Sie, wenn ich nicht sehr irre, Ihre Pension beziehen," plagte ich heraus. Der 3wangszivilift" fuhr empor. Mit zusammengezogenen Augenbrauen stieß er drohend hervor: Was wollen Sie damit fagen?" Mich gewaltsam zur Ruhe zwingend, war meine Entgegnung: Daß ich von einer solchen Regierung feinen Pfennig annehmen Das ist meine Sache," stieß der sich getroffen Fühlende gereizt Donnerwetter! Ich war perplex. Ich hatte schon manches heraus. gehört, woran die Republik schuld sein sollte, aber Schlagsahne", Richyig, aber dann müssen Sie auch gestatten, daß andere ihre das war sicher ein neuer Gesichtswinkel. Ich kam aber nicht redyt zur Besinnung, denn als ob der Ehe- Schlüsse daraus ziehen," gab ich sehr ruhig zurüd. Der Agrarier unterbrach die Fortsetzung unseres Zusammen­malige" nur auf das Stichwort gewartet hätte, schnappte er ein: stoßes mit den scharf betonten Worten: Billigen Sie denn die Alles glorreiche Errungenschaften der Judenregierung, Judenregierung?" meine Gnädige." Nein," war meine Antwort.

Gesicht und speciger Nacken der Gnädigen wurden dunkelrot. Sie wischte sich mit dem Handrücken die Schokolade von der süßen Schnute und orafelte:" San's versichert, Herr Baron, das ist bei uns wie in Deutschland ."

,, Aha", dachte ich, machen Sie sich nir draus, bei uns nennt man jeden Lumpen Baron. : Also eine Wienerin.

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Der Bollblutjunker legte Messer und Gabel zusammen und sagte ziemlich grob zur Gnädigen": Na, ohne Schlagsahne fann man leben. Aber daß sie einem Sohlenleder als Beefsteak vorsetzen und gefärbtes Effigwasser als Rotwein, das ist nur bei solcher Juden­regierung möglich. Für die Hälfte hätte man früher im Speise. wagen einen sehr trintbaren Burgunder erhalten."

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Aha," dachte ich! Ein guter Deutscher kann zwar feinen Franzmann leiden, doch seine Weine trinkt er gern. Na, warum denn nicht. Effen doch die Monarchisten mitsamt den höchsten, richtiger nächsten Herrschaften heute noch russischen Raviar, obwohl er doch mindestens nach dem Tode der Barenfamilie einen bolschewistischen Beigefchmad für sie haben müßte;- aber über Geschmack läßt sich bekanntlich nicht streiten.

Ich sage also zu meinem Gegenüber, seine leere Halbe betrach bend: Der Tropfen ist aus einer renommierten deutschen Wein­fellerei."

würde."

,, Na also," gab mein Gegenüber zurück.

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Weil ich eine solche noch nicht fennengelernt habe." Nanu hört's auf!"

" Das ist die Höhe!"

" Wo ein ehemaliger Sattler und Budiker Präsident dieser Judennepublik ist," stießen meine drei Tischgenossen in höchster Ent rüftung über meine Unwissenheit fast gleichzeitig heraus.

,, Meine Dame," wandte ich mich an meine Tischnachbarin. Als der ehemalige Sattlergehilfe wegen seiner freiheitlichen An­schauungen gemaßregelt war, eröffnete er, um aus der Stadt feiner Maßregelung nicht zu weichen, einen Restaurationsbetrieb, mit dem er sich redlich nährte, ohne sich Reichtümer dabei zu erwerben, die er nachher in der Welt fpazieren tragen mußte. Glücksritter und Glücksspieler hatten in seiner Budike" kein Heim."

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Wenn Sie mich kennen," tam es aus dem Munde der Ge­kränkten. dann wissen Sie, daß mein Mann freigesprochen ist." Ich habe nur das Vergnügen, Sie vom heutigen Ansehen zu tennen, aber das zusammen mit Ihrem letzten Ausspruch genügt meinen Ansprüchen vollkommen."

Ein Frechdachs", schlüpfte es meinem Gegenüber durch die Zähne.

Sonntag, 23. November 1924

Ich tat als hätte ich nichts gehört und wandte mich an meine Freundschaft von vorhin.

Ihnen, mein Herr, will ich in aller Freundlichkeit sagen, daß es, allerdings die Höhe ist, wenn man über Dinge spricht, bei dem das Urteil von feinerlei Sachkenntnis getrübt ist," und, eine scharfe Entgegnung, die der Angeredete auf den Lippen hatte, abschneidend, sagte ich zu meinem Gegenüber: Auch ich dachte, als Sie von der Judenregierung" sprachen: Nanu hört's auf, denn es steht diese Behauptung mit der Wahrheit so im Widerspruch, daß ich zu Ihren Gunsten annehmen will, Sie sind belogen worden." ,, Erlauben Sie," fuhr der Dicke auf.

Ja, bitte. Erlauben Sie, daß ich Ihnen die amtlichen Zahlen gebe.

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Das amtlich" hatte Eindruck gemacht. Drei Baar prüfende Augen richteten sich, meine ganze Person musternd, auf mich. Ich entnahm mit großer Ruhe meiner Mappe ein Aftenstüd und fuhr fort: Wir haben in der Republik bis jetzt zehn Regierungen, d. h. Kabinette gehabt. Nun hören Sie, wieviele Juden in diesen Regierungen waren.

Im Kabinett Scheidemann waren unter 15 Ministern zwei jüdischer Abstammung, der Demokrat Dr. Preuß und der Sozialist Landsberg . Im Ministerium Bauer unter 14 Ministern feiner jüdischer Abstammung.

Im Ministerium Müller unter 14 Ministern feiner jüdischer Ab­stammung.

Im Ministerium Fehrenbach unter 15 Ministern feiner jüdischer Abstammung.

Im Ministerium Wirth unter 14 Ministern zwei jüdischer Ab­stammung, der Sozialist Dr. Gradnauer und der Demotrat Rathenau. Im zweiten Ministerium Wirth unter 13 Ministern ein Jude, der Demofrat Rathenau. Nach seiner Ermordung feiner. Im Ministerium Cuno unter 14 Ministern tein Jude. Im ersten Kabinett Stresemann unter 12 Ministern ein Jude, der Sozialist Dr. Hilferding.

Im zweiten Kabinett Stresemann unter 12 Ministern kein Jude. Im Kabinett Marr unter 12 Ministern kein Jude." ,, Erlauben Sie," fuhr meine funkelnde Nachbarin dazwischen, während die beiden Herren ganz perplex dajaßen, Marr ist doch als englischer Jude durch sein großes Kapital weltbekannt."

Schallendes Gelächter auch an den Nachbartischen war die Ant­wort, die ich, während sie nun wirklich bezahlte, durch die ironischen Worte ergänzte: Meine Gnädige, Ihre Regierungs- und Wein­fenntnisse halten so gleichen Schritt, daß ich vollständig entwaff met bin."

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