fommunlstischc B«ivsgung i'hr Z,el«uf gewaltsamem Wege zu er- reichen suchte. Ter Oberreich-anwoli schließ! seine fast einstündigen Ausführungen mit dem Hinweis, daß man bei der Bemessung der «trafen der Angeklagten zwischen Führern und Berführten zu unterscheiden habe und überläßt dann seinem Vertreter, Staats- anwaltschaftsrat Dr. Lesser, dos Wort zur' Begründung der ein- "■einen Ärafanträge. Die Oberreichsanwaltschaft beantragt: für Joh.. Steiner 8 Jahre Zuchthaus(10 Monate verbüßt), Edmund Rummele 7 Jahr« Zuchthaus(11 Monate verbüßt), Gotthilf Fritz K Iohr« Zuchthaus (11 Monate verbüßt), Gustav Weißen- b e r g e r 5K Jahre Zuchthaus (2 Monate verbüßt), Richard Bach- in a n n K Jahre Zuchthaus (11 Monat« oerbüßt), Otw Ko h 1 b r c n- ner 5K Jahre Zuchthaus (11 Monate verbüßt), Johann Scheffel 4 Jahr« Zuchthaus(11 Monate verbüßt), Ludwig Hermann Herb- ster, Rudolf Langendorf , Max Buche, Hans Grimm und Ludwig Roth se 3 Jahre Zuchthaus(9 bzw. 10 Monate ver. büßt). Di« Freisprechung wurde für vier Angeklagte bean- trogt, darunter für den Unterlehrer K ö b e r l«. Die Strofanlröge für die übrigen Angeklagten lauten auf 4 Monat« bis 2 Jahre Cikfängn« bzw. 4 Monate bis Jahre Zuchthaus. Di« bereits früher wegen Waffenbesitzes verhängten Strafen sollen zum großen Teil als verbüßt gelten. Die hohen Zuchthaus st rasen werden auf Grund des§ 6 des Spreng st offgesetzes beantragt, das <in« Mindeststrafs von 5 Jahren vorsieht. Alle anderen Anträge ruf Zuchthausstrafe fußen auf der Anklage der Vorbereitung zum Hochverrat und des Verbrechens gegen das Republik -Schußgesetz. In der um 4 Uhr beginnenden Nachmittagssitzung hält der kom- munistische Verteidiger Dr. Seckel sein Plädoyer. Er plädiert all- gemein auf Freisprechung.
die Maßregelung Troßkis. Moskau . 24. November. (OE) Die Entschließung des Mos- lauer Komitees der Kommunistischen Partei Rußlands gegen Trotzki ist im Sinne der kommunistischen Parteipolitik als ein sehr ernster S 6) r i t t zu betrachten. Sie ist auf Initiative der maß- gebenden Parteiführer Stalin , Kamenew und Sinowjew gesüßt morden. Die Entschließung verlangt, daß das Zentralkomitee sich mit dom Fall Trotzki befassen soll. Der 13. Kongreß der KPR. im Mai d. I. hat bekanntlich aus Anlaß des vorausgegangenen Kon- flikts und als Drohung gegen Trotzki und die führenden Mitglieder der Opposition die Deröffentlichung einer Bestimmung über die Zlusschließung von Mitgliedern des Zentralkomitees der Partei beschlossen. Danach ist über eine solche vom Zentralkomitee unter Hinzuziehung der Zentralkontrollkommiflion zu entscheiden. Das plötz'iche Wiederaufleben des Streites um Trotzki und die Mög- lichkeit seines Ausschlusses aus der Partei schaffen vom kommuni- stischen Standpunkt aus zweifellos eine Lage, über deren Ernst die Partei sich klar ist. Wurde es doch selbst in dem ver flössen«» Parteistreit auch von Trotzkis Gegnern anerkannt, daß er feit Lenins Tode derjenige unter den Parteiführern fei, der am meisten Autorität unter den Massen der Partei genieße. Deshalb wurde damals die Aussöhnung mit Trotzki als«ine "Frage über'LebeN" und Tod der Partei* bezeichnet. Die weiteren Folgen des neuen Konflikts sind noch nicht zu über. sehen. Es ist jedenfalls dasür gesorgt worden, daß die wichtigsten Posten in der Partei von mehrheitsgetreuen Persönlichkeiten«m- genommen werden. Die Einschätzung der markanten Persönlichkeit Trotzkis bei der großen Mast« der Parteimitglieder dürfte sich jeden- jolls bisher nicht geändert haben.
Dr. Cckener in Serlin.-;> Dr. Elken er ist gestern»acht um 11 Ahr— von Bremen kom. inend— In Berlin eingetroffen. Die Abfahrt von Bremen erfolgte um 3� Ahr nachmittags per Auto: sie verzögert« sich durch starken Rebel, wodurch die Fahrt einen wesenklichen Ausschub erfuhr. Die Ankunft erfolgte ganz unbemerkt. Dr. Ecken« ist am Kur. sürstendamm in der Zeppelin. Gesellschaft abgestiegen, die für ihn reservierten Zimmer waren für seine» Empfang mit Blumen sestlich geschmückt.
sianden hat als vielleicht unsereins. Ein Streichquartett von Ravel ist von der äußersten heutigen Fortschrittsmusik. Pfeffer und Solz, pikante Sauce und delikate Zutaten in Hülle und Füll«. Aber leider cr.lfpricht der Inhalt, das Fleisch nicht ganz dieser anspruchsvolle! Aufmachung. Es bleibt zu wenig hosten.„L'ar! pour l'an", d. h. ..die Kunst für den engen Kreis der verstehenden Fachgenossen*, ist Pavels Devise, die jeder Popularität auch im guten Sume im Wege steht. Aber so gespielt, wie von dem Heroorragenden Hageinann- Quartett, bietet das kapriziöse Werk doch viel Interessantes, An- reg«'des. Beinahe das Gegenteil ist das einstmals(vor zirka zwanzig, dreißig Jahren) so berühmt« Klavierquintett von Cäsar Frank. Hier ist klassische Ruh« und Ebenmaß, mehr als uns lieb ist. Es ist schön«, gehaltvolle Musik. Aber eigentümlich schwerfällig in der Form. An die berühmte Geigensonate, die wohl in hundert Jahren ivch lebendig sein wird, reicht sie nicht entfernt heran. Das Hope- inann-Ouartett(das wieder vorzüglich spielte) und Richard Rößler interpretierten das Werk aufs beste. Dem bekannten Pianisten hätte man allerdings einerseits mehr Führertalent und doch wieder mehr Leichtigkeit wünschen mögen. In der Mitte des Programms standen r'er Lieder von Hektar Berlioz . Eigentümliche Gebilde. So zahm hat dieser wild«, uugebändigte Romantiker mst der Löwenmähne (nicht nur äußerlich) schreiben können? Beinah« unmöglich. Seine Lieder ufl» Arien in manchen seiner dramatischen Werke haben jedenfalls einen ganz anderen Stempel. Aber zum genußvollen Ausruhen zwischen den zwei schweren Kainmerinusikwerke» waren sie immerhin lange gut genug. Nur hätten sie ein« Jnterpretin allerhöchster Reife verlangt, welche die paar dürftigen Akzente und einzelnen Ansätze zu dem heißeste! Arein Berliozscher Rbetorik euch richtig herausgefunden hätte. Dazu ist Fräulein Hildegard flennecke, die mit ihrer jugendfnschen Stimme sicher mancherlei erreichen wird, noch zu jung. ch. M. Auch ein Trost. Der kürzlich verstorben« französische Komponist Gabriel Faure hat zu Lebzeiten stets ein warmes Mitgefühl für die um Anerkennung ringenden musikalischen Anfänger bewiesen, ohne ihnen indessen besonder« Konzessionen zu machen. Eines Tages empfing er den Besuch eines jungen Musikers, der ihm die Partitur (einer Werke vorlegte und dem Meister einige Stücke am Flügel vorspielte. Als er geendet hatte, flogt« Faure zum großen Erstaunen de- Kunstjünger«, der auf ein Lob oder ein« Krrttk gewartet hatte: Sind Sie reich?*—„Jawohl, Meister.*—„Nun. dann möchte ich Ihnen dm Rat geben, die Musik Musik sein zu lasten. Sie haben kein« Spur von Veranlagung. Sie sind jung und reich und können aus anderem Gebiet Ihr Glück machen!*— In verzweifelter Stirn. miina verabschiedete sich der jung« Mensch. Er war noch auf der -»revoe als ihn Faurö zurückrufen ließ.„Sie müssim wissen,' sagt« er zu ihm,„als ich so alt war wie Sie. hat man mir genau d.as- selbe gesagt"- ■nr«'»nor Ernst SUdebrand. ein st, flüberen Jabrzehnten gestiert« *,rWr MM« dt, St J-br« alt. gestorben. Dl- Rationalg-Ierie besitzt sein Hauptwerk„Tie Königin Luise auf der Flucht»ach Mem.I" w„Na» Riltett als Dramatiker. Der Präsident der Deutlchen Bühnen. aenanerschaft Gustav Rickett bat einen schwant. D e r G l ü ck S v il z- der am Gubener Stadttheater mit großem Erfolg aufgeführt wu?de. Der �Gtückspü!* s°ll«»ch am Staattichen Schiller-Theater in Berlin gestielt werden.
Stanörecht über Freie Hand dem General Allenby> Kairo , 24. November.(Ep.) Zw ganzen Lande ist das S t a n d re ch f verhängk worden. London , 24. November. (EP.) Das Kabinelt hak unter dem Vorsitz Baldwins über die Antwort auf die Note Zaglul Paschas beraten. Es hat beschlossen, neue Instruktionen an Lord Allenby zu richte» und ihm für eventuelle milllärische Schritte freie Hand zu lassen. Im Sriegsaml wird erklärt, daß ungefähr 15000 englische Soldaten in Aegypten stehen, im Sudan jedoch nur zwei englische Bataillon«. Die Admiralität gibt bekannt. daß die zwei Großkampfschifse„Zrou Duke" und„ZRafaya' nach Alexandrien und nach Port Said beordert sind, während ein weiterer Kreuzer und zwei Zerstörer, die augenblicklich an der griechischen Küsie kreuzen, in den Suezkanal entsandt werden. In Kairo herrscht augenblicklich Ruhe. Paflouillen durchstreifen die Stadl. Die Bevölkerung ist noch über die Rapiditäl b e- stürzt, in der sich die Ereignisse vollzogen haben. Aus Port- Sudan kommt die Nachricht, daß der Abzug der ägyptischen Truppen bereits begonnen hat. London , 24. November, abends S'A Ahr.(Eigener Drahtbericht.) Die Ausweisung der ägyptischen Offiziere und Truppenteile aus dem Sudan ist unmittelbar nach der An- kunft des entsprechenden Befehls des britischen Oberkommissars. noch in der Nacht zum Montag, durchgeführt worden. Die englische Regierung versucht jetzt abzustreiten, daß sie das britische Kondominium über den Sudan zugunsten der rein britischen Herrschaft beseitigt habe und erklärt lediglich den Sudan von unerwünschten Elemen- t e n gesäubert zu haben. Daß durch diese Sänbcruugsaktion Aegypten praktisch aus dem Sudan ausgeschaltet und damit tatsächlich eine rein englische Kolonie geschaffen worden ist. weih die demenlierlustige Reaiernag von London nalürlich ganz genau. Das englische Kabinett hat dem Oberkommissor Aegyptens Lord Allemby weile st gehende Vollmachten hwsichllich der weiteren Aktion in Aegypten gegeben. Ihm ist auch die Gewalt über die militärischen Kräfte Englands in Aegypten übergeben war- den, obwohl militärische Autoritäten dagegen Bedenken geäußert haben. Es wird als sicher angesehen, daß die englische Regierung in Aegypten den Belagerungszustand verkünden wird, um verschiedene ägyptische Behörden besehen und die P o st. und Telegraphenämler unter Kontrolle nehmen zu können. * Im Laufe des gestrigen Tages hat sich der schon ohnedies sehr ernste Konflikt zwischen England und Aegypten noch er- heblich zugespitzt. Denn der Rücktritt Zoglul Paschas, der vcn den Nationalisten im eigenen Lande als viel zu nachgiebig gegenüber England scharf bekämpft war, ist nicht geeignet, eine Entspannung zu erleichtern. Die militärischen Repressalien, zu denen England jetzt schreitet, weil diejenige Forderung seines Ultimatums nicht erfüllt wurde, die die Unabhängigkeit Aegyptens oer- letzt hätten, dürften kaum geeignet sein, eine friedliche Lösung zu erleichtern. Hinzu kommt noch die schroffe ablehnende. Hallung, die die englis�en Kreise im voraus gegen eine etwaige Vermittlungsaktion des Völkerbundes ein- nehmen. Eine solche Stellungnahme erinnert nur allzusehr an das Veto Mussolinis gegen das Eingreifen des Völler» bundes nach der widerrechtlichen Beschießung von K o r f u. Damals stand England an der Spitze der Machte, die schließ- lich Italien zum Einlenken zwangen. Ob nun irgendeine Völlerbundsmacht es wagen wird, der Wellmacht Groß- britannien zum Trotz die Vermittlung des Völkerbundes dennoch zu beantragen? Ein offiziöses französisches Kommunique deutet diesen Wunsch an und weist auf den Präzedenzfall von W i l n a hin. Aegypten ist zwar noch nicht Mitglied des Völkerbundes, aber es ist ein im völlerrechtlichen Sinne unabhängiger Staat. Der Artikel 17 desselben Statuts sieht ausdrücklich die Möglichkeit eines Eingreifens vor, wenn ein.Konflikt zwischen einem Mitglied und einem NichtMitglied des Bundes entsteht und eine dritte Macht den Rat zum Eingreifen auffordert. Der Standpunkt Englands, daß es sich hier um eine rein inner englische Angelegenheit handelt, ist unhaltbar, es sei denn, daß damit zugegeben werden soll, die Unabhängigkeit Aegyptens fei lediglich vorgetäuscht. Englanü und fiegppten. Ueber die Entstehung des englifch-ägyptischen Konflikts wird uns von besonderer Seite geschrieben: Di« am 19. d. M. in Kairo von ägyptischen Fanatikern verübie Ermordung des engilschen Oberbefehlshabers(Sirdars) der ägyp- tischen Armee und des Generalgouverneurs vom Sudan , Sir Lee Stack, hat die englifch-ägyptischen Beziehungen in höchstem Maße oerschärft. Die politsche Krise im Nstland hat sich durch dos englisch « Ultimatum vom 22. d. M. noch mehr zugespitzt. Dos letzter« wird dadurch argumentiert, daß Aegypten gegenwärtig in einer„für zivilisierte Völker schmachvollen Weise" regiert werde und daß auch die letzte Mordtat das natürlich« Ergebnis einer Kampagne der Feindseligkeit gegot britische Rechte und britische Untertanen in Aegypten und dem Sudan sei. England macht die ägypttsche Re- gierung für den herbeigeführten Zustand moralisch verantwortlich, welche, meint es,„unfähig oder nicht gewillt sei, das Leben der Ausländer zu schiigen*. Die ägyptische Regierung hat nun das Ulti- matum abgelehnt, weil es. ägyptischer Auffassung nach, solche Forde- rungen aufstellt, die„die Unabhängigkeit Aegyptens verletzen". Was ist nun das Wesen des cngüsch-ägyptischen Streites? England hatte im Monat März 1922 sein Protektorat über Aegypten aufgehobei und es formell als ein unabhängiges Königreich ausgerufen. Die Zustimmung des bisherigen Pro- tektors war jedoch durch derartige Einschränkungen bedingt, daß sie nicht die wirkliche, sondern nur«in« scheinbar« Unab- h ä n g i g k e i t Aegyptens zur Folge haben konnte. Die.genannten Einschränkungen waren: 1. Trotz Proklamierung der ägyptischen Unabhängigkei' sollten doch in Aegypte, iveiter englische Garntsonen bleiben. 2. Auch der Suczkanal bleibt au-- schließlich unter englischem Schutz. 3. Der Sudan werde nicht als «in Teil Aegyptens , sondern als«in englifch-ägyptisches Kondominion betrachtet. 4. Finanzielle und juristische Ratgeber '(Eng 'änder) werden in Aegypten weiter beibehalten. S. Auch der Schutz der Fremden und der nattonolen Minderheiten i'i Aegypten wird als englisches Vorrecht bettachtet. Weiter, ein« am lö. März 1922 an die Möchte versandt« Note besagt ausdrücklich. daß auch zukünftig jedwede fremd« Einmischung in die inneren ägyp- tischen Zlngelegentzetten als eine gegen England gerichtete Maßnahme bettachtet würde. Damit hatte England zugleich„die Verpflichtung* übernommen, Aegypten gegen alle Angriffe von außen zu schützen.
ganz /iegppten! - Wird der Völkerbund eingreifen? Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß England auch nach der Deklaration von 1922 Aegypten weiter als eine seiner Kolonien bettachtet. Die englische Kolonialpolittk in Aegypten hat keinen größeren Unterschied von derjenigen in den anderen Kolonien. Seitdem Aegypten unter die englische Herrschaft ge- kommen ist, wird sein Wirtschaftsleben ausschließlich nach den Interessen des Metropols und dem Bedarf der englischen Textilindustrie entwickelt. Der weitaus größte Test des bebauten Bodens (im ganzen nur 33 000 Quadratkilometer) in Aegypten ist für die Kultur der Baumwolle bestimmt, die eben die englischen In- dustriellm brauchen. Wie englischerseits die ausschließlich« Bauinwollkultur in Aegypten künstlich gefördert wird, so wird auch in derselben Weise die Kultur der Getteide und anderer Pflanzungen vernachlässigt und vielfach auch direkt verhindert. Aegypten , welches schon feit uralten Zeiten als eine der Kornkammern der Welt bekannt war, ist gegenwärtig selbst auf die Einfuhr von Lebensmitteln angewiesen. Bei einer eventuellen Mißernte der Baumwolle— wie es z. B. 1919 der Fall war— verfällt das ägyptische Volt unsagbarem Elend und Hunger. Di« englische Kolonialpolitik in Aegypten hat sich auch in der Richtung ausgezeichnet, daß sie die in Aegypten seit jeher bekannt« Tabak k ult ur vernichtete und im Gegenteil die Tabak ind u st rte (meist fremde Unternehmungen) gefördert und unter ihren Schutz genommen hat. Die ägypttsche Tabakindustrie ist jedoch auf fremden — griechischen und türkischen— Rohtabak angewiesen. Was noch mehr in englifch-ägyptischen Bezrehungen von Belang ist, ist die Frage des Suezkanals, der ja der Hauptnero der britischen Weltwirtschaft und Weltpolitik ist. Deswegen ist es vom englischen Standpunkte aus sehr begreiflich,. daß England den Suezkanal oder„den künstlichen Bosporus ", diesen Hauptverbi rdungs- weg zwischen dem Mettoprt und den Kolonien, auch weiter unter seinem Schutz behalten will. Sowohl an Zahl der Schiff« als auch an dem Gewicht der Tonnage steht England an erster Stelle in dem Schiffsverkehr im Suezkanal, und zwar mit zwei Drittel der Gesamtzahl. Der Schiffsverkehr im Suezkanal verzeichnet jährlich im Durchschnitte 6000 Dampfer mit ca. 20 Millionen Tonnen und 100 Millionen Goldmork Einnahmen. Sowohl die wirtschaftlich« als auch die politisch« Bedeutung des Suezkanals für England hat sich nach dem Kriege vielleicht noch erhöht. Neu« Völker und neue Länder sind seitdem unter das britische Zepter gebracht worden: die Engländer glauben, Aegypten und Suezkanal zur Befestigung ihrer Oberhoheit nicht entbehren zu können. Deswegen wurde auch vor zwei Monaten der Vorschlag Saghlul Paschas in London , den er der Regierung Macdonald inachte, den Schutz des Suezkanals dem Völkerbunde zu überttogen. ohne weiteres zurückgewiesen. In dieser Hinsicht sind also auch alle englischen Palleten einig. Auch die S u d a n f r a g e ist mit den englisch -ägyptifchen Beziehun- gen eng verbunden. Dieses Land, welches viel größer(2 630300 Quadratkilometer) als Aegypten Ist, aber nicht einmal 6 Millionen Einwohner zählt, liegt an dem oberen Nil und ist auch gerode des- wegen eng mit Aegypten verbunden. Aegypten lebt ja vom Nil, welcher dem Sudangebiet entspringt. Wer Sudan beherrscht, hat auch sowohl das wirtschafllich« als auch politisch« Schicksal Aegyptens in seinen Händen. Eben deswegen hat auch England jetzt den Befehl zur Annektierung Sudans erlasse», um auf diese Werse «inen um so nachdrücklicheren Einfluß auf Aegypten ausüben zu können. Deutschlands Eintritt in den Völkerbund. Die schwedische Antwort ans das deutsche Memorandum. Die Antwort der schwedischen Regierung ans das Memorandum der Reichsregierung über den Beitritt Deutsch- lands in den Völkerbund vom 29. September d. I. ist nunmehr hier eingegangen. In chrer Antwort gibt die schwedische Re- gierung der Auffassung Ausdruck, daß Deutschland in der Organisation des Völkerbundes dieselbe Stellung erhallen solle, wie die übrigen Großmächte, und sie erklärt sich bereit. dahin zu wirken, daß vom Völkerbundrat bzw. der Völker- bundversammlung entsprechende Maßnahmen getroffen werden, damll Deutschland sofort einen ständigen Ratssitz er- halle. Die schwedische Regierung hall es für kaum vereinbar mit der Bundessatzung und ihren Grundsätzen, daß Deutsch- land mll einem Borbehalt bezüglich wichtiger Verpflichwngep aus Artikel IS eintrete. Sie gibt dagegen der Meinung Aus- druck, es sei mit Artikel 16 nicht vereinbar, daß bei der Aus- führung von Sanktionen Rücksicht auf die besonderen Ver- hältnisse, namentlich die deutsche Rüstungsbeschränkung, ge- nommen werde, und spricht die Hoffnung aus, daß die deutsche Regierung den Artikel 16 nicht als ein Hindernis für den Ein- tritt empfinden werde.___ Neues Dombenattentat in Dudapeft. Die Völkischen als Bombenwerfer. Budapest , 24. November.(TU.) Auf Polizeihauptmann Schweinitzer, der die Voruntersuchung gegen die„Erwachenden Ungarn* leitete und mehrere der Angeklagten zu einem Ge» ständniS gebracht hat, ist heute ein Bombeuaitcntat verübt worden. In einem hiesigen Fleistberladen erschienen drei junge Leute und forderten den FleischergebÜfen auf, Dr. Schweipitzer ein Paket zu überbringen. Dem Gehilfen kam das Paket verdächtig vor, und er ließ es auf der Polizei untersuchen, wo als Jnbalt eine ge» sährliche Ekrasitbombe festgestellt wurde. Der Polizei ist bekannt geworden, daß die„Erwachenden* mit allen Mitteln versuchen wollen, die verhafteten Bonibcnwerfer zu befreien. Entsprechende Gegenmaßnahmen sind getroffen. Der sterbende Faschismus. Mussolini auf dem Rückzüge. Rom , 24. November. (Eigener Drahtbericht.) Di« Kommentare der Oppositionspresse zu der Red«, dfl Mussolini Sonnabend abend hielt, kennzeichnen die zurückhaltend« Sprache des Diktators gegen- über seinen früheren starken Worten.„GiöTnale d'Iwlia" schreibt u. a.: Für«inen Mann, der es noch vor wenigen Monaten für fein besonderes Recht hielt, keinerlei Rat anzunehmen und stolz über seine Isolterung war, muß es nicht leicht gewesen sein, sich am Sonnabend so zu unterwerfen. Wie hat sich di««xtrem faschistische Sprechweise geändert! Bis vor wenigen Tagen war di« Losung des Tages: Ich pfeif« drauf! Sonnabend aber lautete sie: Ich morde brav sein! Ein charakteristischer Vorfall ereignet« sich gestern. An der Stelle. wo Matteotti von seinen Mördern geraubt wurde, legten Jung- sozialisten rote Nelken nieder. Darauf erschien die Polizei, die die Blumen konfiszierte und vernichtete. Sie erklärte, daß sie zu ihrem Vorgehen strikten Befehl erhalten hotte.