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Nr.563 41.Jahrgang Ausgabe A nr. 286

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Der Borwärts mit der Sonntags beilage Boll und Reit mit..Gied. lung und Aleingarten fowie der Unterhaltungsbeilage Heimmelt und Frauenbeilage Frauenftimme erfcheint wochentäglich zweimal, Gonntags und Montags einmal.

Telegramm- Adrese: Sozialbemotrat Berlin

Morgenausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3

Fernsprecher: Redaktion: Tonhoff 292-295 Berlag: Dönboff 2506-2507

Sonnabend, den 29. November 1924

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Postschecktonto: Berlin 375 36 Bankkonto: Direktion der Diskonto- Gesellschaft. Devontentafe Lindenstraße 3

Die Großindustrie gegen das Volk.

Das Wahlprogramm

Wahlprogramm der Scharfmacher. Geld Geld genug für die Reaktion, aber nicht für den Staat und die Arbeiter!

Die soziale Reaktion sieht sich durch den Umschwung in der Stimmung des Boltes gehemmt. Sie hatte gehofft, das durch die Not des Krieges geschwächte, durch die Leiden der Inflation entkräftete Volk in einem Ansturm so niederzuwerfen, daß es hilflos ihrer Diktatur preisgegeben wäre. Preisdiftatur der Schwerindustrie! Soziale Knechtung des ganzen Boltes unter die Willkür der großen Konzerne! Vernichtung jeder wirt­schaftlichen Freiheit! Erniedrigung des Staates zu einem Ge­schäftsinstrument der Großindustrie! Statt der demokratischen Verfassung die tatsächliche Abhängigkeit des ganzen Boltes von dem Willen weniger Industriefürsten! Es war der Groß­industrie ernst genug, aber ihr erster Ansturm führte nicht zum Ziel. Sozialpolitisch hielten die Gewerkschaften trog aller Rückschläge die Berteidigungsfront des arbeitenden Bolkes. Die Kampforganisationen geschwächt zwar durch die In­flation und das verbrecherische Treiben der kommunistischen Berstörer und Bersplitterer blieben ungebrochen. Politisch erreichte die soziale Reaktion nicht das Ziel, das ihr in den Mai­wahlen vorschwebte: die Herrschaft des Befizbloces unter der Führung der großen Konzerne. Sie erreichte nur einen zu stand der allgemeinen Verwirrung, des Unsicherwerdens der Staatlichen Verhältnisse unter dem Reichstag vom 4. Mai..

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Aber das war schon Erfolg für fie! Sie hoffte, sie aus­zunuzen, um vollends zur Herrschaft zu gelangen. Sie ist enttäuscht! Die Stimmung des Boltes wendet sich vom Wahn­finn der Splitterparteien ab. Das Bolt sammelt sich unter dem Banner der Republik gegen die Anschläge der Reaktion. Die Sozialdemokratie, die Massenpartei des arbeitenden Bolkes, schart die demokratischen und sozial denkenden Massen um sich. Sie gewinnt an Berbekraft, das Bolk wendet sich zur Bernunft. Die Vernunft wird siegen, trot Inflation, trotz des wirtschaftlichen Machtgewinns, den in dieser Zeit die reaktio­näre Großindustrie zu verzeichnen hat.

Mit verzweifelter Energie betreibt deshalb die soziale Reaktion den Entscheidungskampf. Sie wirft ihre ganze wirt­schaftliche Macht in die Bagschale, um die Entscheidung doch noch zu ihren Gunsten zu wenden, trotzdem die Zeichen des Wahlkampfes gegen sie sind. Ungeheuer sind die Summen, Die die reaktionäre Großindustrie ausgibt, um die Wahl­propaganda der reaktionären Parteien zu unterstügen. Die großen Konzerne, die den Staat in der schwersten Zeit Not

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leiden ließen, die die Steuerhinterziehung als nationale Ehrenpflicht" ansahen, die ihre Arbeiter und Angestellten in schrecklichste Not hineingehen ließen, haben jetzt Geld unge­heuerviel Geld. Denn jetzt geht es nicht um das Wohl des Staates, nicht um das Wohl des Volkes jetzt geht es um die Frage: Herrschaft des Volkes in seinem Staat und über seine wirtschaft, oder Dit tatur der Konzerne über Bolt und Staat.

Jetzt geht es ums Ganze! Der Arbeitsausschuß deutsch nationaler Industrieller veröffentlicht feinen Wahlaufruf. Er ist unterzeichnet von den Herren Rudolf Blohm , E. von Borlig, Hugen be rg, Dr. Reichert und Frizz Thyssen. Das sind die Herren, die die Führung in den deutschen Arbeitgeberverbänden haben. Es sind die Führer der Scharfmacher. Es sind die Rüstungsinteressenten von früher. Sie sind die Ausleje der Inflationsgewinner. Sie sind die Berkörperung der Kräfte, die Deutschland ins Verderben gestürzt haben, die feine Finanzwirtschaft bewußt zerrüttet, die jeden Bersuch zur Beseitigung der Inflation teils offen teils hinterliftig bekämpft haben, weil die Inflation ihnen Reichtum und Macht in den Schoß geworfen hat. Das find die Kräfte, die Deutschland die Mittel verweigerten, als es noch Zeit war, die schlimmste Ratastrophe zu vermeiden.

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Diese Feinde des deutschen Volkes, die es verelendet und ausgesaugt haben ebensosehr wie es durch die Sieger des Beltfriegs ausgesaugt wurde, versuchen sich jetzt als die Retter Deutschlands hinzustellen. Ihre Rettungs­vorschläge sind so volksfeindlich und falsch, wie ihre Taten und Reden während der Inflationszeit. Damals redeten sie vom Wohle der Nation, und handelten als ihre Feinde, heute ist es nicht anders. Das sind die Pläne der Großindustrie, wie fie in diesem Wahlaufruf dargelegt werden:

1. Jetzt heißt es auf dem geschmälerten Lebensboden der Nation alle Kräfte anzuwenden, um den Wirkungsgrad der Arbeit zu heben, die Wolfspersorgung zu sichern und die Folgerungen aus unserer elenden auswärtigen Lage zu ziehen.

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Hebung des Wirkungsgrades der Arbeit: dazu gehört hebung der Arbeitsfreude der Arbeiter, Acht­stundentag, Aufhören der Angriffe auf die politischen und wirt­schaftlichen Rechte der Arbeiter, die unter der Führung der Borsig, Thyssen, Blohm und Hugenberg er­folgen. Das wollen sie aber nicht, sie wollen vielmehr den 3 eh nst u ndentag. Sicherung der Boltsversor gung: das heißt Preisabbau, menschenwürdige Löhne- das Gegenteil von dem, was die deutschnationalen Industrie­ritter wollen.

2. Alle Maßnahmen zu treffen, um in Privatwirtschaft wie im Staatsleben sparsam zu wirtschaften, die Warenherstellung zu verbilligen und die Lebenshaltung zu verbessern.

Hinter der Forderung der sparsamen Wirtschaft" ver­steckt sich der Plan des Lohn abbaus, des Beamten= abbaus, der Niedrighaltung der Gehälter von Beamten und Angestellten. Das nennen fie Berbilligung der Waren­während sie gleichzeitig öffentlich für die Hoch­herstellung" während sie gleichzeitig öffentlich für die Hoch­haltung der Preise eintreten.

| lem Aufstieg und zur Freiheit. Dort die brutale Macht des Rapitals hier die Macht der großen Idee! Entscheidung am 7. Dezember! Sie fann nicht zweifel­haft sein.

Objektivität!

Wie sie die Hugenberg- Preffe versteht. Der ,, Tag" beschimpft in seiner Nachtausgabe von gestern den Demokraten Freiherrn von Schönaich. Das ist eine Ehre für den Beschimpften. Der Tag" wirft ihm vor:

" In Hamburg hat Schönaich es für richtig befunden, dem be rüchtigten Reporter des Matin", Sauerwein, einem der übelsten Deutschenfeinde und Heger, Angaben über die Reichsbannerbewegung zu machen.".

Auf der nächsten Seite des Tag" aber liest man: ,, Rheinbaben über die fommende Regierung. Paris , 28. No­volksparteilichen Abgeordneten von Rheinbaben wieder, in der vember. Ein Pariser Blatt gibt eine Unterredung mit dem von der ernsten Bemühung der Boltspartei gesprochen wird, eine Berständigung mit Frankreich zu ermöglichen."

Die Redaktion des ,, Tag" fügt hinzu: Da die Pariser Quelle nicht unbedingt zuverlässig ist, verzichten wir lieber auf die Wiedergabe der Einzelheiten". Sie ver­

3. Die 3oll und Handelspolitit nach Bismards Borbild so zu regeln, daß uns der Weltmarkt mit seinen Absatz­möglichkeiten wieder weiter erschloffen und der heimische Markt mit seinen Aufträgen und Beschäftigungsmöglichkeiten gesichert wird. Das ist das Programm der Hochschuzzollpolitik zur Hochschweigt schamhaft, wer es war, dem Heer v. Rhein­haltung der Preise und zur Aushungerung des Boltes!

daß die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Gewerbefleißes mit der 4. Die Steuer- und Eisenbahntarife so zu gestalten, Auslandskonkurrenz wiederhergestellt wird und daß keine Auftrags­

und Arbeitsmöglichkeit verloren geht.

Die großen Konzerne wollen also teine Steuern zahlen und außerdem noch staatliche Vergünstigungen erhalten, während das Volk unter der Last der Reparationen seufzen soll. geschäft und auf dem Weltmarkt mit geeigneten Berein. 5. Dem Uebermaß der Konkurrenz im Inlands barungen entgegenwirfen, um die Berluftgefahren zu mildern, Gewinnmöglichkeiten zu sichern und die soziale Fürsorge für die Arbeitnehmerschaft zu erhalten.

Fortschreitende Konzernbildung, Preisver

einbarungen zur Hochhaltung der Preise durch fünstliche Warenzurückhaltung, Bildung von Kartellen zur Auswucherung der Bevölkerung so ist es der Wille der Großindustrie.

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6. Kurz, in allem danach streben, zwischen Unternehmer und Arbeitnehmer eine wahrhafte Arbeitsgemein schaft herzustellen, die dem Arbeiter gibt, was des Arbeiters ist, und dem Unternehmer gibt, was des Unternehmers ift, nämlich beiden die Existenz zu sichern.

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Dem Arbeiter: Aushungerung durch niedrige Löhne- Sparsamkeit nennt man das durch Wuch er­preise, durch Verlängerung der Arbeitszeit, durch Schutzölle, durch übermäßige Steuern- dem Unternehmer: Zunahme von Reichtum und ma ch t.

baben das Interview gab, durch das die Deutschnationalen die Bedingungen der Volkspartei für den Eintritt der Deutsch­fein Wort über diese Methode des Umwegs über ein nationalen in die Regierung erfahren. Sie verschweigt, wer die nicht unbedingt zuverlässige Quelle" ist. Sie findet Bariser Blatt". Sie ist nämlich objektiv, objektiv gegen Herrn v. Rheinbaben. Objektiv; denn sie verschweigt nach ihrem Angriff gegen Herrn v. Schöna ich, daß die Pariser Quelle, daß der Monn, dem Herr v. Rheinbaben das Interview gab- Herr Sauerwein vom Matin" Deutschenfeind und Hezer?" war. Wie sagten sie doch:" berüchtigter Reporter, übelster

Abrechnung.

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Der Kapp- Journalist redet von Recht und Würde".

im vergangenen Sommer, als der Lokal- Anzeiger" eine Bolemik Herriots in der Kammer gegen den Kriegsminister Boincarés, Maginot, unter der knallenden Ueberschrift ver­

Man erinnert sich wohl noch an den skandalösen Borfall

öffentlichte: Herriot droht mit 37 Jahren Ruhr­befegung". Damals wurde sogar dem Lokal- Anzeiger" bange vor der eigenen Gemeinheit und er ließ zunächst die Berliner Redaktionen bitten, feine Schlußfolgerung aus einer Ueberschrift zu ziehen, die aus Betriebsschwierigkeit und Telephonstörung" entstanden sei. Dann aber versuchte das Blatt, sich auf andere Art herauszufügen und seinen Lesern weis zu machen, daß eine solche Deutung der Rede Herriots durchaus plausibel gewesen wäre.

Wir schrieben damals:

,, Und wer ist der Haupttreiber in diesem schmutzigen, von der Hugenbergschen Schwerindustrie finanzierten Geschäft? Herr

Bressechef zur Verfügung stellte, und der, nach dem Zusammen­mit Begeisterung dem glorreichen Reichstanzler" Rapp als Pressechef zur Verfügung stellte, und der, nach dem Zusammen­schen Beitungsredaktionen interventeren ließ, damit man ihn nicht bruch dieses hochverräterischen Unternehmens, bei den republikani­verhafte und verfolge: er ließ damals nervösen Zusammen­bruch" und gewissermaßen§ 51 porschüßen."

genberg wollen Deutschland in eine kurzsichtige, verhängnis­Die Borsig und Thyssen, die Blohm und Hu- Johann Wolfgang Harnisch, der sich am 13. März 1920 volle Handels- und Wirtschaftspolitik hineintreiben, die die deutsche Volkswirtschaft ruinieren muß. Sie wollen nicht Deutschland , aber ihre Privatunternehmungen, ausbauen auf Rosten der Arbeiterschaft, auf Kosten der Zukunft des deutschen Volkes. Sie wollen den Sieg der Rechtsparteien, um in andrer Form den Ausbeutungsprozeß am Bolt zu wieder holen, den sie während der Inflationszeit betrieben haben. Böstchen unter einem reaktionären Regime lauern, die mon­Die reaktionären Schwäger, die Interessenten, die auf archistischen hohen Beamten des alten Regimes, die Schmarozzer der kaiserlichen Beit der kaiserlichen Zeit sie sind gefährliche Feinde des Bolles und seiner Zukunft. Die Borjig und Thyssen, die Blohm und Hugenberg aber find gefährlicher! Hier sind die wahren Triebfräfte der Reaktion, hier sind die Klaffen interessen, die den Schrei nach dem Besikblod erzeugt haben.

den Ohrfeigen stillschweigend eingesteckt. Keine Widerlegung, Der ehrenwerte Herr J. W. Harnisch hat diese knallen­feine Klage, nur ein paar verlegene Redensarten, wonach er es ablehne, auf solche persönlichen Anrempelungen einzugehen. Er wußte schon weshalb. Er mußte, daß es an 3eugen feines Hochperrates und seiner nachträglichen Bettelei um Schonung bei den linksstehenden Redaktionen durch Mittelsmänner nicht fehlt.

der es wagt, zum Fall Nathusius das Wort zu ergreifen Und nun ist es dieser moralisch erledigte Mann, und insbesondere den Vorwärts" anzupöbeln. Er schreibt über: Des Generals Kampf ums Recht". Herr Die Borsig und Thyssen, die Blohm und Hu= 3. W. H. ist allerdings wie fein anderer berufen, sich für das genberg werfen ihr Geld in die Wagschale, um die große Entscheidung zu ihren Gunsten zu wenden. Die Arbeiterschaft segt ihm entgegen ihren Idealismus, ihren Willen zu kulturels

Recht und die Ehre eines anderen einzusehen. Ihm selbst fann man Hochverrat und Feigheit durch Bortäuschen von§ 51 vorwerfen er stedt's ein. Seine deutschnationale Männer­