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Nr. 563+ 41. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Wie märkische Kleinstädte aussehen:

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Angermünde  .

Als Schnellzugstation und Knotenpunkt( Abzweigung nach| der Kanzler des Markgrafen Johann I. zur Aufbewahrung des ihm Schwedt  ) hat die Stadt Angermünde   eine Eniwidlung genommen, vom Martgrafen anvertrauten Schages benutzt hat. Mit dem Gelde die so recht zeigt, wie günstige Lage an der Bahn und zielsichere Aus- ist später der im Kriege mit Magdeburg   gefangene Otto IV  ( 1302) nutzung der Erwerbsmöglichkeiten im Bunde mit wohlhabendem befreit worden. Eigenartig an der Kirche ist der breit hinge Hinterland zur wirtschaftlichen Blüte führen. Bei Eröffnung der lebte Westturm, der über die Höhe des Schiffes hinaus zwei der untere Teil ist Granit- und Berlin  - Stettiner Bahn 1843- ungefähr viereinhalbtausend Ein­ungefähr viereinhalbtausend Ein- Stockwerke in Ziegelbau zeigt- oben in ein Dach mit zwei Giebeln endet. Ganz in der Nähe der wohner zählend, fonnte sie vor einem Menschenalter 6000 bis 7000 Stirche steht das efeuumsponnene Haus des Rüfters, malerisch anzu­aufweisen, und die jetzige Bewohnerzahl reicht in das zweite Behn- felyen, aber nicht gut für das Dach", wie der Besizer erklärte. tausend hinein. Wenn trotzdem die Stadt sich zu gegebener Zeit als arm hinstellt, wie bei der unten zu besprechenden sehr notwendigen Sicherung der Klosterkirche vor gänzlichem Berfall, so ist dies wohl mehr als ein Aft fommunaler Politik als der Wirklichkeit ent­sprechend. Die meisten Leute lieben es ja auch nicht, wenn man allzu fehr in ihre Brieftasche hineingudt.

Eine alte Chronik.

Angermünde   hat den Vorteil, daß eine ausführliche Chronit, von dem Schulmann Loefener gefertigt, die Geschichte der Stadt bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts darlegt. Wir werden dem biede ren Chronisten nicht von Jahr zu Jahr folgen, sondern nur einige Hauptdaten geben. Die Lage an der nahen pommerscher Grenze brachte es mit sich, daß der Ort zuerfi pommerfcher Besitz war; 1420 wurde er aber von Brandenburg   erobert und seitdem festgehalten. Der Dreißigjährige Krieg brachte durch Besetzung und Best die übliche große Bedrängnis; erst seit der Zeit Friedrich Wilhelms I. fam der Ort zu neuem Aufschwung. Erwähnt jei noch, daß Loesener den Namen der Stadt als Neu- Angermünde bezeichnet, im Gegensatz zu( Alt-) Angermünde  - Tangermünde  , aus dem die ersten Siedler cetommen sein sollen. Als eine modern sich gebende Stadt hat Angermünde   nur geringe Reste aus der ganz alten Zeit; vom ehe­maligen Schloß ist taum etwas zu sehen und von der Stadtmauer steht nicht weit vom Bahnhof ein furzes Stück mit dem Pulver turm". Für die fluge Politit der Stadt spricht es, daß der Bahnhof dicht an die Stadt gelegt wurde, so daß man ohne die sonst übliche Chauffeepromenade ins Innere gelangt. Gleich rechts an der die ganze Stadt durchschneidenden Berliner Straße der Friedenspart, ein zur Promenade umgewandelter alter Friedhof, in dem sich noch allerhand Grabfreuze auf Hügeln erheben. Hinten in einen Kinder. spielplag ausmündend zeigt dieser Plaz wie man geschickt Bietät und modernen Lufthunger vereinen tann. Lints an der Berliner Straße bas elegant geftredte Kreisfländehaus, dessen Giebel das Kreis. mappen taum sichtbar schmückt.

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Das heutige Stadtbild.

Steht man in der Mitte der Berliner Straße und schlägt zur Rechten einen Halbkreis, so hat man das alte Stadtbild umzirft; zur Linken dehnen sich weiterhin neuere Straßen aus und verräterisch starren bereits einige Mietstafernenbauten in die Luft alfo auf gepaßt, daß der brutale fapitalistische Geist nicht zu sehr in die Höhe wuchert. Biel   sympathischer muten uns dagegen die noch ver einzelt vorhandenen, so namentlich am Markt um das einfache, im Borjahre ausgebaute Rathaus gescharten Fachwerkbauten an, treus eraine Boten einer fparfamen Zeit. Berfolgen wir nun die Ber iner Straße, deren Häuser fast durchweg nette Läden aufwelfen, pon tem Friedensparte an, fo erreiden mir zunächst die rechts befindliche hellareififirche, eine in der Straßenfront gelegene fpätgotilde Stirche für die Reformierten). Hier geht rechts bie Rlofterstraße ab, in der fich die Klosterkirche( fiche unten) befindet und die sich später als Schmetter Straße fortfest, mit der Kaserne für zwei Rompagnien Reichswehr  ( lints) und dem Schüßenhaus( rechts). Ebenfalls rechts abzwei end führt uns die Kirchgaffe zu der stattlichen Marienkirche, beren öltefte aus dem breizehnten Jahrhundert stammende Teile aus Granit bestehen. Der ver anderthalb Jahrzehnten legtmals erneuerte Bau ist eine dreischiffige Hallenkirche, deren Inneres in ansprechender Weise durch Bemalung nach den alten Borbildern vor dem lang weiligen Beiß der meisten Stadtkirchen unserer Mart gereitet wurde. Leider fehlt es an interessanten Resten, Grabsteinen, Epitaphien aus alter Beit; einzig ist die Truhe bemerkenswert, die Johann v. Buch,

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Der Mittelweg.

Bon Sir Philip Gibbs  .

Bertram erfparte ihm also diese verbotenen Themen. Er sah seinen Bater nur beim Frühstück, und dann beschränkte sich bie Unterhaltung auf Spec, Eler usw. Schon die erste Ber grüßung der beiden war bezeichnend gewesen.

Hallo, Bater! Der verlorene Sohn ist wieder zurück. Brauchst aber fein fettes Ralb schlachten zu lassen."

Morgen, Bertram. Willst mal' ne Woche als Junggeselle leben? Ich werde nicht viel von dir sehen, bin schrecklich be. Schäftigt.

,, Laß dich das nicht befümmern." Darauf vertiefte fich Bertrams Bater in die Morning Post" und zog sich nach dem Frühstück eine Stunde zurück. Zum Effen tam er gewöhnlich nach Hause, aber wenn das der Fall war, speiste Bertram in der Stadt. Um Mitternacht be­endete Michael Pollard, R. d. M. und Ritter mehrerer Drden, gewöhnlich sein dem Wohle des Staates gewidmetes Tages wert und begab sich zur Ruhe.

Um diese Beit befand sich Bertram meistens in seinem Zimmer und überdachte verschiedenes, wie er seiner Mutter erklärte. Es war nicht sehr Erfreuliches, was er zu überdenken hatte. Seit dem Kriege war ihm alles im Leben fehlgegangen. Aus seiner Che hatte er einen hoffnungslosen Mißerfolg ge­macht. Nun wohnte er wieder hier in dem kleinen Zimmer, in welchem er seine Knabenträume geträumt hatte. Wie oft hatte er hier auf seinem Bett gesessen und ungeduldig der Bufunft entgegengeharrt, an die Liebe und ihre Mysterien gedacht und sich das Mädchen vorgestellt, das irgendwo auf der Welt auf ihn wartete, um dereinst feine Gefährtin, fein zweites Ich, zu werden. Jetzt war er wissend. Er hatte das Mädchen seiner Träume gefunden, und es hatte ihn verlassen.

Bor zehn Jahren! Nur kurze zehn Jahre, und doch eine ganze Lebenserfahrung. Bier und ein halbes Kriegsjahr waren dazwischengetreten, mörderische Jahre, voller Lob und Schrecken, Heldentum und Lachen. Ueberdruß und Angst und Schmuß. Dann tam mein Jahr der Ehe- das war schlimmer als der Krieg mit seinen Nervenfoltern, und furchtbarer als der Tod, denn es war ein schrecklicher Fehlschlag gewesen.

leber seinem Kamin hingen Bilder von Dorothy und Sufan und von einem fleinen Jungen mit einem Kinderfragen und furzen Hosen. Die wunderhübsche Dorothy in einem feßt altmodischen Ballkleid, die übermütig lachende Susan in furzem Kleidchen mit langen, schwarzen Strümpfen. Dorothy war

Am Mündefee.

Ein grauer Nebeltag legt feine Schleier auf die Landschaft. Regungslos liegt die Wasserfläche des Gees da, die wir von dem Endpunkt der Berliner Straße mit wenigen Schritten erreichen. Schilf jetzt schon gelb, reif zum Schneiden, deckt die Ufer, deren nach

Lager

Marienkirche   in Angermünde  der Stadt zu gelegener Tell Gärten aufweift und von einer Prome nabe umzogen wird. Still ist es hier; man hört und sieht nichts von dem Leben der Stadt, dem Rattern der Bahn, dem Fauchen der Autos und dem Klipp- Klapp der vier Rosse por dem Landwagen, die nach dermärker Sitte vom Sattelstangenpferde aus gelenft werden. Ein Schild gibt Runde, daß Ruder und Segelboote zu ver mieten sind und mancher Einwohner mog auch sein eigenes Boot haben. Bom Wassersport sind erst Anfänge zu verzeichnen. Die Fischer haben sich lange gefträubt, den Privaten die Benutzung des Sees zu geftatten, aber schließlich hat die Freude am Wasser gefiegt. manches jugendliche Baar mag hier fröhlich: Stunden perlebt haben, wenn die Sonne auf ber blanten Fläche gliberi... Auch an Babe. gelegenheiten fehlt es im Sommer nicht.

-F- OP

Ein Kleinod der Architektur.

Bielleicht ist Kleinad zu viel gesagt, aber wohltuend einfach in feinen harmonischen Verhältnissen mutet der verwahrlofte Bau der gotischen Alosterkirche an. Seit Jahrhunderten ist tiefes Dentmal der Vergangenheit den öffentlichen und privaten Mihhandlungen ausgefcht gewefen; der Chroniſt Loesener berichtet von einem Ber. fauf an den Magistrat aus dem Jahre 1657. Borübergehend den eingewanderten Franzosen zum Gottesdienst überlassen, tam der Bau 1775 durch die Friedericianische Regierung zur Benutzung für mili tärische Zwede. Später wurde von Zeit zu Zeit dem schlimmsten Berfall gesteuert; heute teilen sich Magistrat und die St.- Marien­

jezt Frau von Arenburg, die Frau eines Hunnen", Susan bie Frau eines eingeferferten irischen Rebellen, ein Schwarz Gelber. Und er selber, Bertram, war Maschinengewehr- Major a. D., arbeitslos, und Ehegatte der Lady Joyce Bellairs, Gräfin von Holme Ottern.

Seit jener letzten Nacht im alten Schloß hatte er einen ein Bigen Brief von Joyce erhalten. Er hatte ihn wohl zehnmal gelesen und dann in fleine Stücke zerrissen.

Mein lieber Bertram!

Die Szene, die du mir gestern machtest, war unverzeihlich. Wenn du nicht noch unter beiner Nervenerschütterung vom Kriege her leidest. Solange du aber in dieſem geistigen Zu stande beharrst, ist es unmöglich, daß wir zusammen leben tönnen. Ich sehe voraus, daß deine plötzliche Abreise heute morgen dieselbe Ansicht bei bir beweist. Ob wir uns je wieber zusammenfinden, hängt von dir ab. Wenn du imftande bist, für mich zu sorgen, und wenn du deine Treue für das, was mir das höchste ist, beweist, dann werde ich gern wieder mit dir leben. Vorher nicht. Ich habe mich entschlossen, die Woh nung in Holland Street aufzugeben und hier bei den Eltern in Holme Ottery zu bleiben, bis es verkauft wird, was, wie ich inbrünstig bitte, noch lange nicht der Fall sein möge. Ich weiß, du hältst mich für hart und teilnahmslos und lieblos. Natürlich ist auch etwas zu deinen Gunsten zu sagen. Ich weiß, du hast mich auf deine leidenschaftliche, fentimentale Weise so geliebt, wie nur je ein Mann lieben tann. Ich bin für die schönen Zeiten am Anfang unserer Ehe dankbar. Aber das ist nur eine Seite der Liebe, und zwar die animalische, die mir widerwärtig ist. Ich will die andere Seite, und die ist sicherlich: Gemeinsamkeit der Ideen, Kameradschaft im gegen feltigen Verständnis, derselbe Glaube und derfelbe Ehrbegriff. Segt aber ist es zu spät, um darüber noch zu verhandeln.

Deine Joyce."

Jetzt ist es zu spät, darüber zu verhandeln!" Gut, alfo würde er nicht wieder doven anfangen. Das hatte er ihr in seiner Antwort geschrieben. Vielleicht war er ein Tor ge wesen, so Bogen auf Bogen voll zu schreiben und das Ge­beimste in feiner Natur zu enthüllen, wie sich zwei Seelen in feiner Brust stritten, wie er hin- und hergerissen war zwischen alter Tradition und den neuen Hoffnungen der Menschlichkeit, und wie er den Mittelweg zu gehen wünsche.

Wenn Worte flar waren, so hatte er ihr bewiesen, daß sie selber die Ursache seiner Reizbarfeit war. Seine Liebe zu ihr war leidenschaftlich, wie sie selbst sagte, und fein Mann fonnte seine Leidenschaft zu lange unterdrücken, ohne daß seine

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Sonnabend, 29. November 1924

Gemeinde in den Besitz; ein Teil des Schiffes ist von dem Heimats. fundemuseum des Kreises Angermünde   eingenommen; der Reft wird zu allerhand Magazinierungen verwendet. Nun werben nur wenige der Stimmen, die für die Renovierung sprechen, eine neue Kirche als solche schaffen wollen, aber was soll geschehen? Es dürfte seinen Reiz haben, eine Kulturstätte zu schaffen, die für Vorträge, Auf­führungen, Ausstellungen einen töftlichen Rahmen schufen. Hier liegt die Möglichkeit vor, etwas Borbildliches herzustellen. Benn dazu die Bürger mal ordentlich in den Sädel greifen würden, könnten sie sich den Dank der Generationen erwerben. Die Bitten des Ver­eins für Heimatfunde in Angermünde   in allen Ehren, aber aus Eigenem etwas Neues, fulturell Wertvolles zu schaffen, müßte die Herzen der Angermünder höher schlagen lassen.

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Wenn wir als Berometer für den geistigen Zustand die lokale Preffe ansehen, so wird jedem, der die Angermünder   Zeitung zu verfolgen Gelegenheit hatte, auffollen, daß anscheinend mit gleicher Wärme der Wahlversammlungen der Deutschvölkischen Notgemein­schaft" und der Demokratischen Bartei gedacht wird. Allerdings wird bei letzteren nicht vergessen hinzuzufügen, daß der Redner Major a. D. ist. Aber das schärfere Auge des Pressemenschen spürt doch den Untertan, der in den Ausführungen über die Not" gemeinschaft sich findet. Der Jude ist der Feind das Reichsbanner ist verfemt. Und da soll eine fünstlerische Gemeinschaft zustande tommen? Das Heinesche Baß sie betteln gehen" wird die Antwort sein, die dem Werben des Heimatbundes entgegenschallt.

Und die Klosterkirche zerfällt immer mehr..

Liste 5 ist Trumpf."

Bon langer Weile macht dich frei Allein die Deutsche Volfspartei"

wird man fünftig sagen müssen. Allenthalben marschierten Bíafat­träger durch die Straßen und verkündeten es der neugierigen. Menge: Liste 5 ist Trumpf. Der große nationale Gen­sationsfilm." Die Plakatfäulen schrien es ihr in ihren grellen fchwarzweißroten Farben zu: Der Sensationsfilm Berlins"... und es wurde eine Sensation. Berlin   spricht davon."

"

Der Eintrittspreis von 30 Pf. hatte einige wahlfreudige Bürger herbeigelockt, man plauderte angeregt und wartete, wartete nur noch darauf, eintreten zu dürfen. Doch es war ja erft sieben Uhr, um 17 Uhr sollte die Borstellung zwar nach der Anfündigung- ihren Anfang nehmen, doch schließlich für 30 Pf.... man ist eben geduldig und besinnt sich auf seine Bürgerpflichten, von denen es heißt, daß Ruhe die erste ist. Um 8 Uhr endlich öffneten sich die Pforten zum Wunderlande dieser Sensation. Die Mufit erflag. Und es ward dunkel. Es begann eine Kazenmusik"

an der Leinemand, meine ich!( So hieß das nach langem nun weiß ic

warten sich abrollende erfreuliche Ereignis.)

nicht, muß man den Kater haben, um DVP. wählen zu fönnen-? Aus welchem Grunde man dort auf der Leinwand friedliche Bürger aus ilyrer Nadhiruhe ausgerechnet durch Razen stören ließ- ob dies wohl die passende Einleitung sein sollte?

Den Raiern und Raßen   folgten Kriegsfchiffe. Zuweilen redyt stimmungsvolle, ansprechende Bilder. Manövrierende Ges fdmoder mit wogender See tämpfend. Dem Treiben waderer Blaujacken konnten wir in all ihren Gewohnheiten 4 Atte hindurch folgen. Nach diefer furzen Einleitung" offenbarte sich dann endlich des Pudels Kern". Die DBP. Schuf die Rentenmart, befreite unfer armes Boll pon allen Möten, brachte uns die Anleihe und schenfte uns den stolzen 3. R. 3, ja, im Film!! Ob wohl die Veran stalter es für zweddienlich hielten, erst einem ermüdeten Bublifum folche Verdienste für das deutsche Bolt einzureden? Sie schieren es nämlich auch in der Ordnung zu finden, eine Stunde später mit der Borstellung zu beginnen, um noch eine weitere Stunde den Projektionsapparat auzubrobieren, überhaupt die Borführung auf die Dauer von 4 statt der angefündigten 1% Stunden auszubehne's, ohne dafür dem Bublifum gegenüber auch nur ein entschuldigendes ober erklärendes Wort zu finden.

Immerhin für 30 Pf. eine ganz angenehme Leistung.

Nerven tobten. Lange bevor das Kind geboren war, hatte sie feine Liebe nicht mehr erwidert und ihn falt abweisend be handelt. Und doch hatte ihre Gegenwart, der Duft ihres Haares, die Berührung ihrer Fingerspigen sein Herz klopfen gemacht, aber trog ihrer förperlichen Nähe, die ihn so bis in die Tiefen erregte, hatte sie ihn zurückgestoßen, jeder intimen Annäherung widerstrebt und ihn faltblütig ferngehalten. Sie hatte ihr Ehegelöbnis nicht erfüllt, sie hatte ihm das Cheleben zur Qual gemacht, die um so unerträglicher wurde, je mehr feine Liebe zu ihr wuchs. Sie schrieb von der Gemeinsamkeit ihrer been? Jawohl, das ersehnte auch er, aber darunter ver stand er Austausch, ein Geben und nehmen, Dulbung und Berständnis. Sie hatte sich nie die Mühe gegeben, sich auch in einen Standpunkt hineinzufinden, sondern ihre Stellung auf feiten der alten Raste behauptet, ohne auf die Flut zu achten, welche nach dem ungeheuren Erlebnis des Krieges alle

Schleusen durchbrach.

Er war nicht intolerant gegen das, was ihr als Höchstes vorschwebte. Er konnte ihren Groll über all das Neue, welches den Fall von Holme Ottern im Gefolge hatte, wohl verstehen. Liebte er doch selber jeden Stein in dem alten herrlichen Lande. Aber er sah die Unvermeidlichkeit der neuen Zeit, thre Notwendigkeit und ihr Recht. Er stand mit dem Gesichte in Die Bukunft gewendet, nicht wie sie in die Vergangenheit. 2ber weil er sich ihren veralteten, überlebten Ansichten nicht blinblings unterwerfen konnte, hatte sie das Wort Berräter" ausgesprochen und ihn damit ins tiefste Herz getroffen.

Und was seine Fähigkeit anbetraf, für ihren Unterhalt zu sorgen, so war er der Ansicht gewesen, daß sie es nicht gar so eilig gehabt hätte, ihm Bezahlung für seine Unterkunft und Pension abzuverlangen. Sie hatten diesen Punkt ja vorher burchgesprochen, und sie hatte damals versprochen, ihm Zeit zu geben. Sie hatte ihr Wort gebrochen, gerade eine Woche zu früh. Ein bißchen mehr Geduld, und er würde seine Be­fähigung bewiesen haben, als Schriftsteller einen angemessenen Breis für gute Arbeit zu erwerben. Leicht hatte er seinen Be­ruf nicht genommen.

Gut, nun war es zu spät, darüber zu verhandeln, hatte fie gefagt. Sollte es dabei bleiben! Auch würde er nicht zu ihren Füßen friechen und winseln, daß sie ihn zurücknehmen möge. Bei Gott, das nicht! Wenn sie nach ihm verlangte, möge sie ihn darum bitten. Dann würde er wiederkommen, aber nur als Gleichberechtigter, ohne sich Bedingungen vor schreiben zu lassen, und nur von ihrer Liebe überzeugt. Anders niemals! ( Fortsetzung folgt.)