Nr. 565 41.Jahrgang Ausgabe A nr. 287
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Sonntag, den 30. November 1924.
Der letzte Sonntag vor der Wahl.
Die Woche des Entscheidungskampfes.
Eine Woche trennt uns noch vom Wahltag. In sieben Tagen fällt die Entscheidung, eine der größten politischen Entscheidungen der neueren deutschen Geschichte. Mit fieberhafter Spannung sieht das ganze deutsche Volk, sehen die Völker des Auslands dieser Entscheidung entgegen.
Wird das deutsche Bolt seine Freiheit hehaupten und den Staat, den es auf den Trümmern des alten in harter Arbeit sich selbst, geschaffen hat, erhalten? Wird es beweisen, daß es ein freies Bolt ist, das seine Freiheit als höchstes Gut
ehrt?
Oder wird es sich ausliefern an die Kräfte der Reaktion? Wird es sich beugen unter das Joch der großen Kon 3erne und wird es mit seiner politischen Freiheit seine wirtschaftliche und kulturelle Zukunft dahingeben?
Heute beginnt die entscheidende Woche! Vom ersten bis zum letzten Tag muß sie erfüllt fein vom Kampf um die Freiheit und Zukunft des deutschen Bolkes. Vom ersten bis zum legten Tage des Wahlkampfes war und bleibt es flar, worum es geht: Bürgerblod oder Sozialdemokratie, Sieg der Reaktion, des Unrechts der Unfreiheit, der Untultur, oder Sieg der Ber nunft und des Rechts!
Bürgerblod oder
Sozialdemokratie!
Gegen uns richtet sich der Ansturm und die Wut der Reaktion. Gegen uns schaffen die Großunternehmer ihren Kampffonds. Gegen uns schleudern die Agenten der Reaktion ihre Beschimpfungen und Verleumdungen. Graen, uns heult die Meute der großkapitalistischen Bresse. Kein Bort hat die Reaktion zum Rampfe gegen die Kommunisten gefunden. Sie sind nicht die Gegner, die sich der Reaktion ent gegenwerfen. Sie sind nicht die Schüßer der Freiheit und Kultur des deutschen Volkes. Sie sind die Bundesgenossen der Reaktion, geschont und geschützt von der großkapitalisti.
schen Presse, von jenem fozialreaktionären Unternehmertum, das den schärfsten Kampf gegen die Sozialdemokratie führt. Unfähig, uns fachliche Argumente entgegenzuhalten, fämpfen Deutschnationale und Kommunisten gegen uns mit denselben Berleumdungen, denselben Wahlschwindel monövern der legten Stunde, deren Material sie aus einer gemeinsamen Kloake beziehen.
Aber, je toller der Sturm der Reaktion gegen uns anbrandet, um so mehr wächst unsere Kraft. Um so deutlicher ertennt jeder Mann und jede Frau, daß wir die Schützer der Bernunft und des Rechts, des deutschen Volksstaates und der Freiheit sind.
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Der Gegensaz zwischen dem Obrigkeits- und dem Voltsstaat tritt in der Einstellung gegenüber dem Drange der Jugend nach politischer Betätigung besonders deutlich hervor. Das faiserliche Deutschland verbot den Jugendlichen unter 18 Jahren bei gerichtlicher Strafe die Mitgliedschaft in einem Berein und die Teilnahme an politischen Versammlungen. Das Ziel der Beherrschung der Massen wäre gefährdet er schienen, wenn man der Jugend nicht das beste Mittel, politisch denfen zu lernen, entzog. Im Gegensatz dazu hat die zur grenze für beide Gefchlechter auf das 20. Lebensjahr herabMacht gelangte Sozialdemokratie die Wahlrechtsgefetzt.
Noch eine Woche Wahltampf: Heute schon fühlen die Deutschnationalen, die Borkämpfer der Reaktion, Bahl müdigkeit Heute schon, noch eine Woche von der Entſchaft zu leisten, die unerfüllbaren Zielen nachstreben oder doch scheidung entfernt, fürchten sie die Wah'müdigkeit ihrer Wähler. Laßt sie wahlmüde werden, mögen sie ihre Fahne finfen lassen! Wir haben keine Zeit, wahlmüde zu fein! Unsere Pflicht in dieser Woche heißt: Rampf, Kampf und abermals Kampf!
Jeder Tag und jede Stunde dieser Woche ist wertvoll. Jede Minute, die nicht ausgefüllt ist vom Kampf gegen die Reaktion, vom Werben für die Sache der Sozialdemokratie ist versäumt. Jm harten Kampf wachsen die Kräfte ins Riefenhafte. Jegt sind wir in der Entscheidungsschlacht! Noch fieben Tage! Jetzt gilt es die äußerste Anstrengung aller
Kräfte.
Die Partei erwartet, daß jeder Sozialdemokrat, jede Sozialdemokratin ihre Pflicht tun.
fieben Tage muß um diese Entscheidung mit dem Einsatz der Bürgerblod oder Sozialdemokratie! Noch fieben Tage muß um diese Entscheidung mit dem Einsatz der größten Energie gerungen werden! Auf zur Entscheidungsschlacht! Kampf der Reaktion! Auf für die Sache der Bernunft und des Rechts,
für die Sozialdemokratie!
Vertrauen nur zur deutschen Republik. aller blumenreichen Berschleierungsverfuche mit der deutih nationalen Schielpolitit zu Ende geht. Die Deutschnatio Erklärung des Präses des amerikanischen Außenausschusses nalen haben es nicht fertig gebracht, einheitlich zu den Wchien auf Genf , 29. November. ( Eigener Drehtbericht.) Der Genser zumarschieren. Aber eine solche Schautelpolitit Korrespondent des„ Borwärts" hatte in diesen Tagen eine Unterredung ra cht sich immer. Die Deutfcnationalen haben als Partei des mit dem Chef der amerikanischen Delegation auf der Opium- on- halb fo- halb fo feit Wochen zu lavieren versucht. Es scheint, ferenz, Porter, der Vorfihender des Ausschusses für auswärtige daß fie vor den Wahlen nun doch noch auseinanderfallen. Das Angelegenheiten im Repräsentantenhaus ist. Porter fpielt im polisi wäre das verbiente Schidial einer Partei, die den fchen Leben Ameritas überhaupt eine bedeutende Rolle, so daß seinen Entschluß zu einer einheitlichen und ehrlichen Politit nicht zu finden Uus ührungen besonderer Wert beizumeffen ist. Er führte
nor u. a. aus: Die Teilnahme Deutschlands an der Konferenz werde in den Vereinigten Staaten als Beweis dafür aufgefaßt, daß die deutsche Republik loyal an den großen internationalen Aufgaben mitarbeiten wolle. Ameri'a sei davon überzeugt, daß die Republit für Deutschland die einzig mögliche Staatsform fei, weil sie den Frieden in Europa und einen wirklichen wiederaufbau garantiere. Das amerikanische Bolt verfolge mit Achtung und Sympathie diese Arbeit der Republik und werde ihr g: rn jede mögliche Unterffühung gewähren. Das Vertrauen zu der Stabilisierung der Verhältnisse in Deutschland beweise wohl am besten der Erfolg der Anleihe. Jede andere Staatsform als die Republit bedeute für das amerikanische Urteil Anarchie oder neuen krieg und werde natürlich niemals auf irgendeine Anerkennung, gefchweige denn Hilfe Ameritas rechnen können.
Oskar, nicht schaukeln!
Brüderlicher Rat vom hohen Schaukelpferd.
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Das„ donnernde Nein und das fräftige Ja" der Deutsch nationalen hat es der Deutschen Volkspartei " angetan. Hier ist doch noch etwas zu lernen! Andrerseits ist das wieder eine schöne Gelegenheit, etwas neben den Burgfrieden zu gehen und den schwarzweißroten Sündern von der anderen Fakultät eins auszuwischen. Mit erhobener Fingern mahnt deshalb die Zeit" die Deutschnationalen, nicht zu schielen und nicht zu schaufeln: " Diefe Wirklichkeit ist eben die, daß die schwarzweißroben Brüder nicht dasselbe wollen, sondern sich gegensethe in den Hraren liegen, weil der eine linte, der ander techts will. Wir wollen nur feststellen, daß es offenbar doch trog
Dermag.
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Ustar und Gustav saßen auf dem Schaukelpferd und schaufelten um die Wette. Da sprach Gustav zu Ostar: Dstar, nicht schauteln, das bekommt Dir nicht gut!" Da machte das Gustavsche Pferd einen großen Schwung, und Oskar freute sich: Gustav schautelt!" Harmloses Ber gnügen großer Männer"!
Wallraf windet sich.
Halb und Halb für die Reichsfarben.
Köln , 29. November.( Eigener Drahtbericht.) Der deutsch nationole Reichstegspräfident Wallraf sprach am Freitag abend ir einer Wchtversammlung der Kölner Deutschnationalen Bolts partei über„ Schwarz- Weiß- Rot" oder„ Schwarz- Rot- Gelb". Troß. bem Genoffe Solimann- Rön in civem offenen Brief Herrn Wallraf erfuch: hatte, sich doch zu äußern, wie er sich zu diesem, die Reichs farben verung impfenden Thema stelle, fand es Herr Wallraf nicht für notwendig, in seinem Referat auf diese Dinge einzugehen. Erst als ein Sozialdemokrat die Verhandlungsleitung nach dem Referat ersuchte, auf den offenen Brief Sollmanns, der in der Kölner Deffent lichtet: allgemeines Aufsehen erregt hatte, Wallraf zu einer Aeußerung zu veranlassen, bequemte fich der Herr Reichstagspräsident dazu, von feinen deutschnationalen Freunden in deutlicher Form abzurüden, indem er erflärte, er erfenne Schwarz- Rot Gold als die Farben bes gegenwärtigen Deutschlands on, obwohl er diese Anerkennung nicht mit einer Wertschätzung verbunden wolle". Walltaf scheint doch noch eine schwach Hoffnung auf Wiederwahl zum Präsidenten zu hegen, daher anerkennt" er die Reichsfarben, aber nur halb und halb, denn als Deutfcnationaler verfogt er ihnen gleich darauf die Ehre.
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Nicht das Parteiinteresse hat sie bestimmt, der Jugend die politische Betätigung zu ermöglichen. Sie hat gewußt, daß der den Jugendlichen in hohem Maße eigene Drang zu Uebertreibung und Einseitigkeit sie leicht verführt, Parteien Gefolg einem Schlage eine Welt des Glüdes zu erobern, und denen nachzustreben vorgeben, die sich die Fähigkeit zuschreiben, mit die mühsame, aber doch so nützliche politische Arbeit des Tages verächtlich erscheint. Benn die Sozialdemokratie der Jugend die Wahllofale geöffnet hat, so war für sie bestimmend die Anschauung, daß es Pflicht und höchste Tugend des Bürgers ist, auf die Geschicke seines Landes einzuwirken, und die Ueberzeugung, daß im Interesse Deutschlands diese Pflicht fchon der Jugend zum Bewußtsein gebracht werden muß. Daß ein nicht unerheblicher Teil der Jugend von dem Rechte zu wählen einen uns unerwünschten Gebrauch macht, kann die Sozialdemokratie um so weniger beunruhigen, als fie genau meiß, daß die Einsichtigen unter den jungen Leuten, die heute dem Safenfreuz oder dem Sowjetstern folgen, sehr bald von ihren politischen Irra tümern genesen werden. Die anderen überläßt sie ihren Gegnern.
Die rechts eingestellte Jugend macht die Sozialdemo fratie verantwortlich für den tiefen Fall unseres Landes, der in Wirklichkeit der wahnwizigen Politik des alten Regimes zuzuschreiben ist. Diese jungen Menschen erfennen nicht, daß Deutschland infolge des Rusammenbruchs auf dem Schlachtfelde in Stücke zerfallen wäre, wenn nicht die Sozialdemokratie das Ganze zusammengehalten hätte. Sie erwarten das Heil von der Wiederherstellung des deutschen Kaisertums und von der raffischen Veredelung des deutschen Boltes. Daß schwärmerische Jünglinge in Berehrung den Blick auf eine gewaltige Führergestalt richten, an deren Beruf zur Pfadfindung sie glauben, ist zu begreifen. Welcher unter den deutschen Fürsten, die der Novembersturm von 1918 hinweggefegt hat, befißt aber ein Format, das gestattet, in ihm den Messias zu erbliden? Am allerwenigsten hat der Mann Führereigenschaften, den die Niederwerfung seines Bolles und der Verlust seines Thrones nicht zu einer heroischen Geſte veranlaffen fonnte und der von den unter schwerer Not leidenden Massen des preußischen Boltes eine ungeheure Abfindung zu erlangen bemüht ist. Die Sozialdemokratie ruft dem deutschen Bolt und besonders der deutschen Jugend zu:„ Erwartet das Heil nicht von anderen, erwartet es nur von euch selbst. Bauet selbst auf, was durch die Schuld eurer gestürzetn Machthaber zusammengebrochen ist. Es ist eines freien Mannes unwürdig, des Glüdes auf anderem Wege als durch die eigene Tat feilhaftig werden zu wollen."
Die wertvollen Elemente der Jugend, die heute den deutschnationalen und völkischen Predigern der Rassenheze folgen, werden auch in ihrem für die deutsche Nation beleidi genden Irrtum nicht verharren, daß eine verschwindende Minderheit, die sogenannte jüdische Rasse, das deutsche 60- Millionenvolt forrumpiert hat oder doch zu verderben droht. Alle die Fehler, die den Juden von jener Seite vorgeworfen werden, Feigheit, Habsucht, Unbescheidenheit, Sinnlichkeit, Ausbeutungssucht, find bei überzeugten Deutschnationafen und Völkischen ebenso häufig zu finden, wie sie bei Juden fehlen. Dem Juden Ludwig Frant, der für Deutsch land fein Leben geopfert hat, vermögen die konservativen Fraktionen des Kriegsreichstages nicht ein einziges ihrer Mitglieder zur Seite zu stellen, das Deutschland zu Liebe in den od gegangen wäre. Menschen von vornehmer Gesinnung lehnen das Häßliche ab und lieben das Schöne und Gute; fie verabscheuen die Borstellung, daß Tugend und Laster durch Raffe oder Glaubensbekenntnis bedingt find. Die edelgesinnte Jugend wird die Krankheit des Rassenhaffes sehr bald überwinden, soweit sie ihr verfallen ist, und wird den falschen Gößen, die durch ihr Hepp Hepp" den Blick von ihren Sünden ablenten wollen, den Rüden fehren. 3ft doch auch
" Jeder in seiner Abteilung!
Heute alle Mann zur„ Flugblattverbreitung!"