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Nr.567 41.Jahrgang Ausgabe A nr. 288

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Telegramm- Abreffe:

-Sozialbemotrat Berlin

Morgenausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

10 Goldpfennig

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3 Feruiprecher: Redaktion: Dönhoff 292–295 Verlag: Dönboff 2506-2507

Dienstag, den 2. Dezember 1924

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3

Bosticheckkonto: Berlin 375 36

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Bankkonto: Direktion der Diskonto- Gesellschaft. Devoitentasie Lindenstraße 3

Deutschösterreich und Reichstagswahlen.

Ein Wort zum Fahnenstreit von Otto Bauer - Wien .

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sprach. Und dann ergriff, lebhaft begrüßt, Genoffe

Schwarz Rot Gold das war 1848 die Fahne| Deutschösterreich und Deutschland werden können; das Bayern | Dr. Friedländer kurz für die sozialdemokratischen Studenten der deutschen Revolution. Sie mehte in allen deutschen Landen. Sie wehte am 13. März 1848 in Wien , am 18. März 1848 in Berlin .

Die Gegenrevolution hat die schwarzrotgoldene Fahne niedergeholt. Die schwarzgelbe Fahne wehte im Reiche der Habsburger , die schwarzweißrote im Reiche der Hohenzollern . Die Revolution von 1918 erhob die schwarzrotgoldene Fahne wieder. Die Wiener Nationalversammlung gab Deutschösterreich ein Wappen in den Farben des Reiches. Das Wappen der deutschösterreichischen Republik ist ein schwarzer Adler mit roter Mauertrone ob feinem Haupt, mit einem goldenen Hammer und einer goldenen Sichel in feinen Fängen.

Seither geht der Kampf drüben wie hüben um des Reiches Farben. Im Reich: Schwarz- Weiß- Rot oder Schwarz­Rot- Gold? In Deutschösterreich: Schwarz- Gelb oder Schwarz- Rot- Gold?

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Schwarz- Weiß- Rot und Schwarz- Gelb das sind die Fahnen derer, die zum Alten zurüd wollen: zum hohenzollern­fchen Deutschland , das die Deutschösterreicher ausgestoßen hatte; zum habsburgischen Desterreich, das die Deutschöfter reicher fernhielt von Deutschland , um sie zu fetten an ein 31 zwei Dritteln s'amisches Reich. Schwarz- Rot- Gold das find die Farben derer, die nicht zurück, sondern vorwärts wollen. Nicht zurück zu den Dynastien, deren Kampf um die Borherrschaft das deutsche Volt zerrissen hat, sondern vor­märts zu der einen großen deutschen Republit, die allein alle deutschen Stämme in ihrem Schoße vereinigen fann.

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Tausendjährige Gemeinschaft verknüpft die Deutschöfter reicher mit den anderen deutschen Stämmen. Auch jetzt noch wird in den inneren Kämpfen im Reiche auch über Deutsch­österreichs Zukunft entschieden. Jeder Sieg der Reaktion im Reich stärkt auch in Deutschösterreich die Reaktion. Jeder Sieg der Schwarz- Weiß Roten im Reich stärkt in Deutschösterreich die Schwarz­Gelben; die Schwarz- Gelben, die Todfeinde des Anschlusses Deutschösterreichs an Deutschland sind. Die Schwarz- Gelben, die Deutschösterreichs Zukunft nicht in der Heimkehr zum deutschen Muterland, sondern in einer Donauföde ration" sehen, die Deutschösterreich wieder mit Tschechen und Ungarn zusammenschließen, Deutschösterreich damit für alle Zukunft von Deutschland trennen, die wieder neben einem schwarzweißroten Hohenzollernreich ein schwarzgelbes Habsburgreich sehen wollen- aber eine Donauföderation, in der freilich jetzt, nachdem die Katastrophe von 1918 die Machtver­hältnisse so völlig umgewälzt hat, nicht die Deutschösterreicher, sondern die Tschechen die Führung hätten, eine Donauföde­ration, die jetzt nicht Deutschlands Verbündeter, sondern nur ein Glied der um Deutschland gelegten, gegen Deutschland ge­schmiedeten Rette fein fönnte.

der Reaktion, das Bayern der kaum noch verhüllten mittels­bachischen Restauration, droht heute zur Barriere zu werden, die das republikanische Deutschösterreich von dem republika­nischen Deutschland trennt!

Darum dürfen wir Deutschösterreicher in diesen Tagen mahnen: Bergeßt bei diesen Wahlen Deutschösterreich nicht! Bergeßt nicht, daß Schwarz- Weiß- Rot in Deutschland nur Schwarz- Gelb in Defterreich entspricht wie der Bol dem Gegen­pol. Bergeßt nicht, daß nur Schwarz Rot Gold einigen fann, was Schwarz Weiß Rot und Schwarz- Gelb getrennt haben.

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Die Pflicht der jungen Wähler. Reden Otto Bauers und Klara Bohm- Schuchs. Die sozialistischen Jugendverbände hatten auf gestern, Montag abend, eine Kundgebung der sozialistischen Jungwähler in den Saal des ehemaligen Herrenhauses einberufen. Die Parla­mentsfäle find nur für Bersammlungen zu haben, deren Besucher mit Eintrittskarten versehen sind. Darum hatten die Kommu­neffen sich die Eintrittskarten des Sekretariats der Soz. Arbeiter jugend nad gebrudt und hätten so einen Sprengtrupp in die Bersammlung bringen fönnen. Die Fälschung wurde dadurch erfannnt, daß die später den Radaubrüdern abgenommenen Rarten auf Pleinerem und anderem Papier gebrudt find als die echten! Zunächst aber verhielten sie sich ruhig, um erst bann den Versuch der Beeinträchtigung unserer Kundgebung zu machen und fehlschlagen zu sehen.

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( An

Otto Bauer - Wien das Wort. Einige Kommunisten versuchten zu stören, indem sie in dieser Parteifundgebung Diskussion verlangten, beruhig ten fich aber zunächst, als ihnen bei weiteren Rüpeleien mit dem Reichsbanner gewinkt wurde. Bauer schilderte zunächst die Ber einfachung der politischen Verhältnisse in seiner Heimat, wo sich im wesentlichen nur noch zwei große Barteien gegenüberstehen: die ist es für die jungen Menschen leicht, zur Sozialdemokratie zu tom­tonservative Befißpartei und die sozialistische Menschheitspartei; da men, der nur noch die Bartei des Iten, des Konservatismus, gegenübersteht. In Deutschland besteht die Parteizersplitterung im Bürgertum und immer noch die Spaltung im Proletariat, das vor allem die Republik und den Achtstundentag zu sichern hat. dieser Stelle machten die Kommunisten solchen Lärm, daß sie hinaus­geworfen werden mußten, was leider Zeit tofbete; im Hinausfliegen marfen die Kommunisten noch Stintbomben in den Scal.) Otto Bauer fuhr fort: Diese Szenen lehren, wieviel schwerer Sie es hier haben als wir. Hier ist die Republik noch ein Gegenstand des Kampfes; hier kann die Politik der Partei unter diesen schweren Bedingungen nicht immer eine gradlinige fein, kann dem jungen Menschen nicht so leicht eingehen wie der Sozialismus selbst. Die reichsdeutsche Sozialdemokratie muß vieles bejahen, was noch lange nicht Sozialismus ist, was aber Schlimmeres, das sonst fommen würde, verhindert. Wir haben vieles von dem, was Ihr entbehrt, wir haben aber auch manches nicht, was Ihr besitzt, z. B. Kommu nisten und Hafenfreugler( Seiterfeit), und ich frage mich, ob niát beides miteinander zusammenhängt.( Sehr gut!) Aber wir haben die Einigkeit des Proletariats, die die Quelle unserer Kraft ift. Euer Wahlkampf geht noch nicht um den Sozialismus, er geht nur um die bürgerliche Republit, aber

der Kampf geht um Euer Land,

Der gemeinsame Gesang der Jugendgenossen und-genoffinnen, die den Saal füllten: Brüder zur Sonne, zur Freiheit" eröffnete die Versammlung. Genosse Lamm begrüßte sie, worauf Genoffe in dem die heute Jungen den Kampf um den Sozialismus zu führen

Novemberniederlage der Kommunisten

Die unprogrammwidrige Entwicklung.

gewerkschaftliche Kämpfe um ein tonkretes Ziel, bei denen alle Chancen abgewogen werden, sondern als Agitationsmittel für die KPD. , der aus diesem Grund die Niederlage in folchen Kämpfen lieber ist als der Sieg.

Die Geschichte der KPD. ist die Geschichte der Niederlagen.| Interessen der Kommunisten willen geführt werden, nicht als Nach der Märzniederlage von 1921 tam die Oftoberniederlage von 1923, nach der Oktoberniederlage die November niederlage von 1924. Wir nehmen an, daß diefe Novemberniederlage das Erekutivfomitee der Dritten Inter­ nationale ebenso intensiv und lange beschäftigen wird wie die Oktoberniederlage.

Novemberniederlage? Jawohl, die Kommu­ nistische Partei wollte im November weitgeſtedte Ziele erreichen. Vor uns liegt ein Rundschreiben des Organisations­bureaus der Zentrale der KPD. vom 31. Oftober 1924 an die Betriebszellen. Das Rundschreiben fordert zur intensiven Wahlarbeit auf unter folgender Parole:

Unsere organisatorische Wahlparole muß bestehen in der Entfesselung von Maffentämpfen, um höhere Löhne und um die Wiedergewinnung des Achtstunden­tages. Nur durch diese Kämpfe sind wir imstande, die Passivi. tät der Belegschaften zu überwinden, die politische Inter­essiertheit der Massen zu steigern."

Wir müssen die Maffen unter allen Umständen in Be­wegung und in den Kampf bringen."

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Es gibt im Reiche immer noch allzu viele, die diesen Zusammenhang nicht verstehen. Allzu viele, die fein Dorf im Often verschmerzen können, aber das deutsche Wien , die deutsche Donau , die deutschen Alpen leichten Herzens ver­geffen. Wer im Reich für Schwarz- Weiß- Rot stimmt, ent­Scheidet damit für Schwarz- Gelb in Deutschösterreich; ent­fcheidet damit dafür, daß sech seinhalb millionen Deutschösterreicher für immer vom Reiche ge­trennt bleiben, fechseinhalb Millionen Deutsche in eine Deutschland feindliche Föderation hineingezwungen werden ,, Der Hauptteil unserer Arbeit liegt das fei noch einmal unter. striche in der Aufrollung folcher Fragen, für die die Belegschaft follen! Wir Deutschösterreicher haben die Schwarz- Weiß- Roten in den Kampf hineingeht. Große Wirtschaftskämpfe find tennen gelernt. In einer Zeit, in der deutsches Land in Weft die besten Wahlvorbereitungen." und Oft und Süd verlorengegangen ist, ist es uns Deutsch­österreichern gelungen, ein deutsches Land, das ferndeutsche Burgenland , von der Frembherrschaft zu befreien. Aber als mir um das Burgenland gegen die Banden Horthys kämpften da fanden wir uns gegenüber im Lager der magyarischen Banden Böltische aus dem Reich! Die Gemeinschaft der konterrevolutionären Interessen, die Verschwörung der bayerischen mit den magnarischen Reaktionären hatte sie zu Horthy getrieben! Hatte sie verführt, gegen die Befreiung deutscher Bauern von magnarischer Herrschaft zu kämpfen! In dem einzigen Kampfe feit 1918, in dem es gelungen ist, verlore­nes deutsches Land wiederzugewinnen, deutsches Land von frember Herrschaft zu befreien, hat Schwarz- Weiß- Rot gegen Deutschösterreich, gegen das große Deutschland von morgen gekämpft!

Wir Deutschösterreicher fehen auch jetzt die Gefahren, in die Schwarz- Weiß Rot uns stürzt. Bayern , den Deutschöfter reichern so nah verwandt, hätte zum Bindeglied zwischen

Gegen Ende November muß die Stimmung in den Betrieben fo sein, daß mit dem Ausbruch großer Wirtschaftskämpfe ganzer Industriezweige gerechnet werden fann."

Die Denkweise, der diese Parole entspringt, ist bekannt: man inszeniert Kämpfe, die verloren gehen müssen und sollen, um dann die Schuld auf die Sozialdemokratie zu schieben.

Man provoziert Teilstreifs, nicht um der aufge­stellten Forderungen willen, sondern um damit Wahl­propabanda für die KPD. zu treiben.

Der Achtstundentag und die Lohnfrage sind gerade gut genug, um so sinnlose Streits zu provozieren. Für Sozialdemokraten ist der Achtstundentag Selbstzwed, für Kommunisten nur Mittel für parteiagitatorische 3wede.

Die großen Wirtschaftsfämpfe, die die Kom­munisten entfachen wollten, sollten nicht um der Interessen der Arbeiter willen, sondern um der parteiorganisatorischen

So handeln nur Feinde der Arbeiter und der Gewerk­schaften, die in den Gewerkschaften nichts zu suchen haben und von jedem aufgeklärten Arbeiter im Betrieb mit Ver­achtung abgewiesen werden.

Es war also das Ziel der kommunistischen Zentrale, im November so verbrecherische Reflamefämpfe zu entfesseln. Ihre Voraussetzungen waren falsch. Die Arbeiter find in Bewegung aber nicht für kommunistische Reklame= fämpfe. Die Arbeiter fämpfen für den Achtstunden­tag aber nicht mit unfinnigen Teilstreifs. Sie fonzen­trieren ihre Kraft auf die Wahl.

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Der Versuch, durch Aktionen" aus der Lethargie heraus­zukommen, zu der die KPD. verurteilt ist, ist gänzlich fehl­geschlagen. Alle verzweifelten Bemühungen der kommunisti­fchen Bellenbauer waren umsonst. Es gelingt ihnen nichts mehr.

So wiederholt sich das Bild der Oktoberniederlage. Weit­gesteckte Hoffnungen, die von dem findlichen politischen Dilettantismus, aber auch von der Verantwortungslosigkeit der Zeitung der KPD. zeugen, am Ende der Katzenjammer, die

Niederlage, ohne daß es zu dem gekommen ist, was die Kommunisten Kampf nennen.

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Der November ist vorbei Razenjammer und Niederlage sind da. Daher Novemberniederlage. Diefe Novemberniederlage aber hat für die KPD. größere Bedeutung als die Oktoberniederlage. Nach der Oktobernieder­lage hofften die unentwegten Kommunisten auf die neue linke Führung, auf die Scholem und Ruth Fischer . Die Novemberniederlage ist die Niederlage der linten Führung.

Was tommt danach? Gibt es noch eine linfere Führer­garnitur, oder wird nun die Erefutive rufen: Brandler fehre zurüd?

Nach dem Oktober der November! Nach der Oktober­niederlage die Novemberniederlage. Auf den November folgt der Dezember, auf die Novemberniederlage die Des emberniederlage. Arbeiter, sorgt dafür, daß die Niederlage der Kommunisten am 7. Dezember endgültig und zerschmetternd ift!