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fr. 577 41. Jahrgang

4. Beilage des Vorwärts

Meßziffern der Lebenshaltung.

Bon Xaver Ramromiti.

Die vom Reichsstatistischen Amt errechneten amtlichen Teuerungsziffern für Lebenshaltung sind an dieser Stelle, insbesondere aber der gesamten Gewerkschaftspresse wiederholt zum Gegenstand lebhafter Rritif geworden. Der augenscheinliche Widerspruch zwischen der Wirklichkeit, also der Preishöhe aller Haushaltungsgegenstände und dem Teuerungsinder, der uns den Teuerungsgrad anzeigt, ist un­bestreitbar. Es erübrigt sich das näher zahlenmäßig nachzu­weisen. Die Gründe für das so starte Abweichen der amtlich angezeigten Teuerungsgrade von der Wirklichkeit ist in der angewandten Methode, nach der der Inder gewonnen wird, zu suchen. Dabei ist die rein technische Seite, also die schematische Rechenmethode des Reichsstatistischen Amtes gewiß völlig unangreifbar. Etwas anders liegen die Dinge mit den Elementen, die das Steigen und Fallen der Teuerungs­grade anzeigen.

Der Reichsindeg für Lebenshaltungskosten ist aufgebaut auf dem vierwöchigen Verbrauch einer bestimmmt begrenzten Menge bzw. Anzahl von Gebrauchsgütern im Haushalt einer fünftöpfigen Familie( Arbeiterfamilie: Mann, Frau, 3 Kinder Don 12, 7 und 11 Jahren). Die ausgewählten Gebrauchs­güter wie Mengengrößen bilden nun das Element für das Teuerungsbarometer. Bildet die fünfköpfige Familie eine fonstruttive Größe, so noch mehr die Art wie Menge der das Meßelement bildenden Verbrauchsgüter.

Bom Standpunkt des Arbeiterhaushalts, noch mehr vom Standpunkt des Lohnempfängers ist das Meßelement mie die das Element bildenden einzelnen Größen zu prüfen.

Sonntag, 7. Dezember 1924

Werft das Scheusal in die Wolfsschlucht!

RECHTSBLOCK

+ a+ 000

Die von rechts: Grüß Gott  , tritt ein!/ Bring Glück herein! Die von links: So siehste aus!/ Hinaus! Hinaus!

öffentlichungen des statistischen Amtes der Stadt In diesem Zusammenhange verdienen die amtlichen Ber­Nürnberg besondere Beachtung, desgleichen die Teuerungs­zahlen über Lebenshaltungskosten des statistischen Amtes der

Die Dinge liegen doch so, daß die relativen reichsamtlichen Meßziffern für die Lebenshaltungskosten im werktägigen Ge­brauch den Charakter absoluter Größen angenommen haben. Die relativen reichsamtlichen Teuerungszahlen wie der eine relative Größe bildende Teuerungsinder der Lebens­haltungstoften fanden denn auch amtliche Verwendung als Maßstab zur Berechnung der absoluten Höhe der Real­löhne. Nicht die Relativität der Zahlen als vielmehr die völlige unzulänglichkeit der dem Meßelement zu grunde liegenden Zahlengrößen ist das Grundübel, das Be­feitigung heischt. Ob die reichsamtliche Errechnung der Real­löhne auf Grund des von Gewerkschaftsseite erfolgten Ein­spruchs fünftighin unterbleibt oder nicht, ist an sich bedeutungs­los. Allerdings können sich bei Lohnverhandlungen die Arbeit­geber auf die Höhe der reichsamtlich errechneten Reallöhne nicht berufen. Das hindert aber nicht, daß sie selbst auf Grund der amtlichen Lebenshaltungskosten die Reallöhne errechnen und damit den Lohnforderungen der Arbeiter der Ausgaben begegnen.

Stadt Köln  .

Nach Angaben des Statistischen Amtes der Stadt Nürnberg  für Monat Dftober 1924.

Art

Lebensmittel..

Bohnung. beizung und Beleuchtung Wäsche, Kleidung, Schuhe Steuern, Sonstiges.

Januar 1914 Steigerung gegen 1914 in Prozenten.

Durchschn Tagesmindeſtausgaben zur Lebenshaltung einer 5töpfigen 4töpfigen| Btöpfigen| 2töpfigen| alleinsteh Familie Familie Familie Familie Berson M1% 91% 902% 902 0 902%

3,71 55,2 3,19 56,6 2,49 52,7 1,96 50,1 1,87 50,2 0,67 10,0 0,43 7,6 0,43 9,1 0,43 11,0 0,59 15,8 0,49 7,3 0,38 6,7 0,38 7,0 0,27 7,0 0,11 3,0 0,83 12,3 0,75 13,8 0,67 14,1 0,58 14,7 0,57 15,4 1,02 15,2 0.89 15,4 0,81 17,1 0,67 17,2 0,59 15,6 6,72 100,0 5,64 100,0 4,73 100,0 3,91 100,0 3,73 100,0

4,69 43,3

-

3,96 42,4

3,48 36,0

3,00

-

30,3

-

2,81 82,7

Teuerungszahlen des Statistischen Amtes der Stadt Köln  ( 8. Jahrgang 1924 Nr. 47)

In seinem Artikel im Borwärts"( 27. November 1924 Nr. 559) hat Kurt Heinig   als Mitglied der Reichsinderkom miffion sich gegen einen Leuerungsmaßstab für ein Eristenzminimum gewendet, wenn auch nicht dirett, so zwischen den Zeilen. Es nüßt ja nichts, die reichs­amtlichen Teuerungszahlen als Eristenzminimum abzulehnen und immer wieder die Zusicherung sich selbst zu geben, daß das Meßelement für die Teuerungsgrade tein Eristenz= minimum bildet. Die Wirklichkeit ist, wie die Tatsache der reichsamtlichen Reallöhne, gewonnen auf Grund des reichs­amtlichen Teuerungsinder für Lebenshaltung, zeigt, eine andere und findet auch ihre Bekräftigung in den Anschauungen der Arbeitgeber wie behördlichen Verwaltungsstellen, die die reichsamtlichen Lebenshaltungskosten unausgesprochen als Existenzminimum werten. Die allzu begrenzten Aus gaben für Ernährung, Heizung und Beleuchtung, Wohnung, Nahrungsmittel Kleidung, für eine fünftöpfige Familie werben ungewollt um den Charakter eines Eristenzminimums.

Dem Reichsstatistischen Amt haben nun bei Schaffung der Grundelemente zur Messung der Lebenshaltungskosten im Jahre 1919 die Erfahrungen über die Auswir­fung gefehlt. Ebensowenig vermochten die Gewerkschaften unter den damaligen anormalen Verhältnissen die Auswir­fungen zu erkennen. Während der Inflationsperiode wurden von der Arbeitgeberseite, die reichsamtlichen Teuerungszahlen wie der Teuerungsinder vielfach als zu hoch, also über der wirklichen Teuerung stehend, angesprochen, was besonders deutlich in Erscheinung trat bei der Regelung der Lohnbezüge nach einer gleitenden Lohnstala auf Grund der reichsamtlichen Teuerungsgrade. Nachdem nun aber Erfah­rungen vorliegen, ein Bedürfnis auch vom Standpunkt der Volkswirtschaft wie der Menschenökonomie vorliegt, ist die Schaffung eines einwandfreien Gradmessers für die auf den Arbeiterhaushalt zugeschnittenen Lebenshaltungskosten ge­

boten.

Die volle Unzulänglichkeit wird bekräftigt durch die von verschiedenen städtischen statistischen Aemter n auf Grund anderer Methoden gewonnenen Teuerungszahlen für die Lebenshaltungskosten.

Gegenstand der Ausgaben

Reinigung, Sei. zung. Beleuchtg Wohnungsfoften.

Teuerungszahlen für eine 4töpfige Familie ( Bierwochenbedarf)

-

24. Septbr 1924 29 Ottober 1924 26. Stoobr. 1924

Durchschn. 1913/14

902

%

902.

%

90

Meg­

ziffer

902.

10

Meß­

ziffer

902.%

96

Mey­

|

BEC

Levey Wilke

ganz offensichtlich. Es war der sozialistischen   Barbei Amerikas   ge und die Parole für Lafollette ausgaben. Der Erfolg dieser Taktik ist lungen, ihre Stimmenzahl von 94 768 Stimmen im Jahre 1900 auf

919 799 Stimmen im Jahre 1920 zu steigern. Diesmal wurde gegen­über 1920 die fünffache Stimmenzahl für den von ihr unter­ftügten Kandidaten, nämlich mehr als fünf Millionen Stimmen, aó­gegeben. Sicher sind bei weitem nicht alle diese Stimmen für den Sozialismus in Anspruch zu nehmen, aber das Wahlergebnis zeigt, daß Lafollette seine größten Erfolge in den Arbeiterzentren hatte. Die Kommunisten hatten gehofft, für ihren fommunistischen Kandidaten namens William Foster   Stimmen aus Arbeiterkreisen gewinnen zu fönnen. Sie sind auf das kläglichste gescheitert. Gegenüber den fünf Millionen Stimmen des Kandidaten, den die Sozialisten unterstüßten, brachten sie in den ganzen Vereinigten Staaten nur 25 000 Stimmen auf. Das heißt also bei weitem nicht 3 Proz. der sozialistischen   Stimmen, die 1920 für den Sozialisten Debbs abgegeben wurden und bloß ½ Proz. der Stimmen, die dies­mal auf Lafollette entfielen.

Die Wiederwahl des Sozialisten Victor Berger   für Milwaukee zum Parlamentsmitglied ist mit einer relatio fnappen Mehrheit er­folgt, die zunächst nicht einmal ganz sicher schien, da die Fehler bei den Zählungen in nahezu allen Abstimmungsbezirken auffallender­meise alle zuungunsten des sozialistischen   Kandidaten stattfanden. Das endgültige Ergebnis ist, daß Berger mit 30 902 Stimmen über seicien bürgerlichen Gegenfandidaten Braun, auf den 29 072 Stimmen ent­fielen siegte. Die Wahl des Genossen Berger, der ais einer der 61,06 47,7 81.72 47,0 1,34 86,38 46,7 1,41 86,43 45,9 1,42 Delegierten der amerikanischen   sozialistischen   Partei am Gründungs fongreß der Sozialistischen Arbeiterinternationale im vorigen Jahr in Hamburg   anwesend war und auch Mitglied der Exekutive der SAJ. ist, wird auch in Europa   besondere Genugtuung auslösen. Außer ihm ist diesmal ein zweiter Sozialist in das Parlament der Bereinigten Staaten gewählt worden. Genosse Fiorella H. La Gardia fiegte in New York City   mit 10 800 Stimmen über den Republikaner Siegel, der 7184 und den Demokraten Frant, der 6700 Stimmen erhielt. Außerdem wurden die bisherigen zwei Abgeord neten der Farmer- Labour Party in Milwaufee wiedergewählt; es sind dies Knud Wefald und D. U. Kvale. Ein weiterer Sozialist Leo Kryzeti war in Milwaukee ganz nahe daran gewählt zu werden.

9,56 7,5 15.00 8,6 1,57 17,40 9,4 1,2 17,04 9,0 1,78 30,00 23,5 20,50 11,8 0.68 23,50 12,7 0,78 23,50 12.0 0,78 18,05 14,2 85,25 20,3 1,95 35,20 19,0 1.95 87,09 20,0 2,05 9,16 7, 21.47 12,3 234 22,59 12,2 2,47 24.16 12,7 2,64

Betleibg., Wäsche Steuern, Beiträge Ausgaben überh. 127.83] 100,0 173,94| 100,0 1,36| 185,07 100,0 1,45| 189,22 100,0 1,47 Teuerungszahlen einer 5töpfigen Familie( Reichsstatistik). Ausgaben überh. 109,51| 100,0 127,56 100,0 1,16| 188,48 100,0 1,26 139,30 100,0 1,27

Auf welcher Grundlage und nach welcher neuen Methode ist der Unzulänglichkeit zu begegnen? Die Bedenten, die auch in Gemertschaftstreifen gegen die Schaffung eines Maß­ftabes auf der Grundlage eines amtlichen Eriſtenzminimums bestehen, haben gewiß mancherlei für sich. Doch dürften die in der Borfriegszeit auf Grund der Reichsversicherungsordnung nach§§ 149-152 festgesetten Ortslöhne für einfache Tage­arbeiter in gewisser Beziehung hier in Parallele gebracht werden. An dieser Stelle sei bemerkt, daß freilich die Teuerungsziffern nicht das alleinige ausschlaggebende Moment für die Stellungnahme der Gewerkschaften zu den Lohnfragen bilden können, zumal die Arbeitgeber in ihrem Profitstreben sich ebensowenig vom Senten oder Fallen der Teuerungszifffern beeinflussen laffen. Dessen ungeachtet haben aber die Gewerkschaften auch schon in der Borkriegszeit aus Eigenem, durch Umfragen und Führung von Haus haltbüchern die Ausgaben des Arbeiterhaushalts zu er­mitteln getrachtet, mehr oder minder absolute Grade eines Eristenzminimume festgestellt and ihre Lohnforderungen damit zu stüßen gesucht. Im übrigen liegen doch reichliche Vor­arbeiten von namhaften amtlichen und nichtamtlichen Statistikern über die Höhe eines Eristenzminimums auf Grund von Haushaltungsbüchern vor, sobaß daran gut angefnüpft werden fönnte, sofern das reichsstatistische Amt nicht eigene Arbeiten besitzt oder neue besondere Untersuchungen zu lange Zeit in Anspruch nehmen sollten.

Reichsziffern

niedriger um 18,32

46,88

20 46,59

-

19 48,92

20

fann gesagt werden, daß hier der Weg gezeigt ist für Schaffung Ohne auf die Einzelheiten der beiden Tabellen einzugehen eines dem realen Boben entwachsenen Maßstabes für die Lebenshaltungskosten einer Arbeiterfamilie. Dem Reichs­statistischen Amt muß es möglich sein, auf Grund der Ein­wohnerstatistik oder Haushaltungsstatistik die Normal­familie festzustellen; ebenso muß es möglich sein, auf Grund der Erfahrungswissenschaft den normalen Bedarf der Aus gaben eines Arbeiterhaushalts einigermaßen einwandfrei feft­zustellen. Daß es möglich ist, beweist das statistische Amt der gaben eines Arbeiterhaushalts einigermaßen einwandfrei fest möglich sein, wird man der in der Nachschrift zu dem Heinig­Stadt Nürnberg  . Sollte das dem Reichsstatistischen Amt nicht schen Artikel von der Borwärts"-Redaktion zum Ausdruck ge­brachten Meinung beipflichten tönnen, daß dann die Gewerk schaften felbft eigen errechnete Teuerungszahlen und Haushaltungskosten aufstellen müßten.

Die amerikanischen   Wahlen. Bedeutende sozialistische Erfolge.

Es vergehen immer einige Wochen, bis das Ergebnis der Wahlen in Amerika   genau festgestellt ist. Insbesondere die Stimmen für den dritten Kandidaten, der feine Aussicht hat gewählt zu werden, werben erst spät bekannt. Sicher ist schon jetzt, daß mehr als fünf Millionen Stimmzettel für La follette abgegeben wurden. Ba follette steht nur in einem Staate an erster Stelle, nämlich in Wis. consin, dessen Hauptstadt Milwaukee auch einen Sozialisten in das Parlament entfandt hat. In mindestens sieben anderen Staaten hat Bafollette den demokratischen Kandidaten überflügelt, steht somit an zweiter Stelle.

Die sozialistische Partei Amerikas   hatte sich diesmal zu einer neuen Taftit entschloffen. Während sie von 1900 an ftets einen eigenen fozial tischen Kandidaten aufstellte, und zwar war dies mit Ausnahme der Wahl im Jahre 1916 stets der Genose De bbs. hat fie diesmal im Interesse der Förderung der Bildung einer amerita­nischen Labour Barty nach dem Muster Großbritanniens   auf eine eigene Randidatur verzichtet und die Kandidatur des unabhängigen Radikalen Bafollette unterstützt. Sie hatte den Erfolg, daß auch die Gewerkschaften unter der Führung von Gompers zum erstenmal darauf verzichteten, für den demokratischen Kandidaten einzutreten

Ein Teil der Gewerkschaften hat sich wiederum von der Partel

des Großkapitals mißbrauchen lassen. So ist auch John J. Lewis.  

der Präsident der United Mine Workers of Amerika( Beremigte

Bergarbeiter von Amerika  ) für Coolidge   gegen die Parole der neuen richtet, soll Lewis dafür nun belohnt werden, indem er als Arbeiter dritten Bartei", eingetreten. Wie der Milwaukee Borwärts" be fefretär für die Aufnahme in das Kabinett Coolidge ausersehen sei.

Die große Entscheidung, ob es zur Gründung einer Labour Barty fommt, wird erst im Januar erfolgen, gegenwärtig Find Strömungen nach beiden Richtungen sichtbar. In den Gewerkschaften

brängen sich, wie vorauszusehen war, wieberum die Tendenzen vor,

die volle politische Neutralität zu erhalten, dagegen ist in allen Arbeiterzentren, wo die Liste Lafollette Erfolge erzielte, ein großer Enthusiasmus für die Gründung der Labour Party   vorhanden. Am 12. Dezember findet eine Konferenz statt, die die große Konvention, die im Januar tagen soll, vorzubereiten hat.

Aus der Partei.

Internationale Tagungen.

Am 3. und 4. Januar wird in Brüssel   eine gemeinsame Be ratung des Borstandes des Internationalen Gewerta schaftsbundes und des Bureaus der Sozialistischen Arbeiterinternationale abgehalten. Ein Hauptgegenstand dieser Beratung wird die Frage der Garantieverträge und ber brüstung bilden.

Um für diese gemeinsame Beratung Zeit zu gewinnen, mird das Bureau der S23. schon einen Tag früher als ursprünglich be at sichtigt, nämlich am 2. Januar nachmittags im Maison du Peuple in Brüssel   zusammentreten.

Die Eretutiofißung der SA beginnt am 4. Januar nachmittags in Brüssel  . Das Administrativlomitee der SAJ. hat beschlossen, in die bereits früher festgelegte Tagesordnung als ersten politischen Punkt Der Imperialismus und die ägyptische Frage* einzufüge