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Nr.579 41. Jahrgang Ausgabe A nr. 295

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Redaktion: Donhoff 292-295

Verlag: Dönboff 2506-2507

Dienstag, den 9. Dezember 1924

Die Wähler für Schwarz- Rot- Gold!

Schwarz- Weiß- Rot" bleibt stecken.

Die Auflösung des Reichstags erfolgte, weil die Deutsch­ nationalen   Handelsgeschäfte mit den Interessen des Reichs durch Ergatterung von Ministersigen treiben wollten.

Während des Wahlkampfes wurde von Deutschnationalen und Boltsparteilern die flare Wahlparole umgebogen in den Gegensatz Schwarz- Weiß Rot" oder Schwarz­Rot Gold"!

"

=

Die Wahlziffern liegen jezt aus allen Kreisen vor. Bir haben sie letzte amtliche Berichtigungen selbstverständlich norbehalten- schon im größten Teil des Abendblattes mit­teilen können. Wie stellt sich nun das Verhältnis der beiden Farben, das heißt der Monarchisten und der Republi­faner, zueinander? Man lasse die Zahlen selbst sprechen. Es wurden gezählt am

7. Dezember

Deutschnationale. 6 122 255 Deutsche Volkspartei  . 3017 132 Völkische.

Bayer. Volkspartei  

Wirtschaftspartei.

Landbund

Belfen

4. Mai

5 718 543

688 730

2 700 447

891 671

1 924 018

1 111 786

946.849

995 723

498 003

574 282

258 145

819 805

12 872 474

zufammen 12 894 715

Selbst menn man also die bayerischen und welfi­fchen Partitularisten ohne weiteres dem monarchisch- schwarz­meißroten Brei zurechnet, so ergibt sich für

Schwarz- Weiß- Rot ein Gewinn von 22 241. Dagegen erhielten die Parteien, die sich im Wahlkampf wie vorher offen zu den Farben der Republik   bekannten, an Stimmen:

7. Dezember

Sozialdemokraten. 7 788 250

0

4. Mai 6014 342

Zentrum.

4061 598

3 921 206

Demokraten.

1 902 646

1 658 076

.

zusammen 13 752 489

11 593 624

Nach diesen nadten Zahlen erzielten die Farben der Republit

Schwarz- Rot- Gold einen Zuwachs von 2 158 865 Sfimmen!

Die Wählerschaft hat die Farbenparole aufgegriffen und fich mit unzweideutiger Klarheit für die Republik   und ihre Farben ausgesprochen. Daran fann niemand vorbei­gehen, der den Dingen gerade ins Gesicht sehen will.

Die Bürgerblöckler spigen aber ihren Rechenstift, um eine Möglichkeit für eine schwarzweißrote Regierung zustande zu bringen. Das wäre undenkbar, wenn die republikanischen Barteien gegen die Monarchisten und ihre Mitläufer( von Stresemann   bis Ludendorff   und Alpers) zusammenhielten. Denn sie haben eine runde Million Stimmen mehr erhalten als die Schwarz- Weiß- Roten!

Aber die Monarchisten rechnen mit den 21 Millionen tommunistischer Stimmen, die sie ohne weiteres als ein fortschrittfeindliches Element in ihr Ralfül aufnehmen. Und da zeigt sich sofort die Verantwortung, die auf der tommunistischen Frattion liegt und die ihr niemand abnehmen tann. Sie hat durch ihren Verlust von fast 20 Mandaten, mehr als einem Biertel ihres Besißstandes, durch die Einbuße von über einer Million Stimmen eine Lehre erhalten, die sie normalerweise be= herzigen müßte. Sie wird es freilich nicht tun. Die fom­munistische Partei geizt ja nach dem Zeugnis ihrer eigenen Anhänger danach, der Steigbügelhalter der Reaktion" zu sein, trotzdem sie die Revolution dauernd als Schwert im Munde" führt. Sie wird deshalb bei der Entscheidung zwischen Schwarz­Rot- Gold und Schwarz- Weiß- Rot, zwischen Republikanern und Monarchisten im Reichstag totficher auf die Seite der Mon­archisten fallen, weil ihr die Republit verhaf' er ist als selbst Horthy  - Ungarn  .

Aber die Bedeutung ihrer Rolle bei den tommenden Entscheidungen festzustellen, ist notwendig und unaufschiebbar. Mögen die Schwarz- Weiß- Roten" von Stresemann   und Bestarp bis zu den bayerischen und welfischen Reichsfreunden" ihre eklatante Niederlage in einen Erfolg umdeuten. Sie fönnen es nur, weil sie der freundwilligen Hilfe des Bruders aus Mostau ficher zu sein glauben!

Hessische Landeswahlen. Endgültiges Ergebnis der heffischen Landtagswahlen: Sozialdemokraten 26 Site( bisher 24), Deutschnationale 5( 3),

Zentrum 11( 13),

Kommunisien 4( 2),

Deufiche Bollspartei 8( 10),

Nationalsozialisten 1( 1), Demokraten 6( 5),

Heffischer Bauernbund 9( 11).

Bremer   Bürgerschaftswahlen.

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Boitscheckkonto: Berlin   375 36- Bankkonto: Direktion der Diskonto- Gefellichaft, Depofitenkasie Lindenstraße 3

Liebe und Mathematik.

Man errechnet einen Bürgerblock.

Die Deutschnationalen erklären in ihrer Presse schon wieder, daß sie in die Regierung hinein müssen. Im Reich und in Preußen erst recht!

Für die Bürgerschaftswahlen in Bremen   find nach den gestrigen stärkste Partei und zugleich als die Partei, die den

Wahlen für die Bürgerschaft gewählt:

Sozialdemokraten Deutschnationale Zentrum

Kommunisten

9

47( 1923 36, 1921 51)

13

12,

8)

9

3

2,

2)

9

18,

26,

7,

0)

14(

16,

3,

0)

1

Deutsche   Volfspartei. 22 Nationalsozialisten. 4 Demokraten Hausbesizer. Bodenreformer

Die Bremer   Ergebnisse verteilen sich im einzelnen nach Stimmen­zahl und Sizen auf die einzeinen Teile des Bremer Staatsgebiets mie folgt:

Stadt Bremen  . SP. 46 933, Dntl. 16 255, 3. 3589, D. 14 512, Bp. 28 458, Nationalfoz. 6729, Dem. 18 680, Haus- und Grundbesitzer

12 539, Bodenreformer 2009.

Landgebiet. SPD  . 3702, KPD  . 403, Nationalfoz. 454, Dem. 1168, Bandeswahlverband 1864.

Bremerhaven  . SPD  . 4626, RPD. 999, p und Dnatl. 5151, Dem und 3. 1579.

Begejad. SPD  . 899, RPD. 161, Nationalfoz. 241, Bürgerliche Vereinigung 1170.

Es erhielten Size:

Stadt Bremen  . SPD  . 38. Dnatt. 10, 3. 2, KPD  . 9, Bp. 18, Na­tionalsozialisten 4, Dem. 12, Haus- und Grundbefizer 8, Boden. reformer 1.

Landgebiet. SPD  . 4, Dem. 1, Bp. und Dnati. 2. Begejad. SPD  . 1, Bürgerl. Vereinigung 1.

Nach den Maiwahlen verkündeten sie, daß sie als die stärksten 3uwachs erzielt habe, zur Führung der Re­gierung berufen feien, sie erklärten ihre Nichtberufung durch den Reichspräsidenten für undemokratisch, verfassungswidrig, dem paralamentarischen System hohnsprechend.

7

3

Aus den Dezemberwahlen ist nun die Sozialdemo Pratie als die stärkste Partei und zugleich auch als die Partei des weitaus stärksten Zuwachses hervorgegangen. Daraus ziehen die Deutschnationalen den Schluß, daß unver­züglich eine Bürgerblodregierung, eine Kampf­regierung gegen die Sozialdemokratie gebildet werden müsse. teit in der neuen Aera   mit einem neuen Verzicht auf deutsch­Die Deutschnationalen beginnen also ihre politische Tätig= ein Recht haben, da sich herausgestellt hat, daß ihre Wähler nationale Grundsätze. Man muß aber zugeben, daß sie dazu Grundsäge von ihnen nicht verlangen.

Sinein in den Bürgerblock!" heißt es im " Tag"." Die nationale Regierung zahlenmäßig gesichert." Und in der Nachtausgabe noch einmal: Der Bürgers blod marschiert. Die nationale Regierung." In der Deutschen Tageszeitung" heißt es: Bürgerregie­rung ohne Demokraten! Die Demokraten  - nicht mehr entscheidend im Reich und in Preußen."

Im einzelnen wird in den verschiedenen Artikeln ausgeführt: Die Wahlen hätten ergeben, daß die überwiegende Mehrheit des Bürgertums fchwarzweißrot sei.( Die Arbeiterschaft tommt nicht mit in Betracht.) Die Deutschnationalen hätten sich nicht nur gehalten, sondern sogar eine erfreuliche Zu­

Bremerhaven. SPD  . 4, Dntl. und Bp. 4, 3. und Dem. je 1 Sib. nahme zu verzeichnen. Dagegen gingen die Gewinne der

Bürgerblock in Braunschweig  ? Braunschweig  . 8. Dezember.( WTB.) Wie die schweigische Landeszeitung" meldet, hatten die Landtagswahlen Braunfaweig folgendes Ergebnis:

Mitte, auf die sich die Regierung Marg stüße, in eine Nuß. ( Die ,, erfreuliche Zunahme" der Deutschnationalen bleibt pro­Braun- zentual noch etwas zurüd hinter dem Gewinn der Mitte, der in in eine Nuß geht.) Nun, das peinliche Kapitel: Sozialdemo= tratie! Die Sozialdemokratie habe viel weniger gewonnen, als sie erhofft habe, denn sie hätte mit einer Zunahme von 70 bis 80 Proz. gerechnet, aber nur" 30 Broz. gewonnen. Außerdem bemerkt die ,, Kreuzzeitung  ", die sonst in der Selbst­anerbietung nicht soweit geht wie die beiden schon genannten Blätter, für bürgerliche Parteien sei es jegt erst recht unmög lich, mit den Sozialdemokraten zusammenzuarbeiten, dazu sei sie zu start geworden, sie würden dermaßen die äußerst flägliche Rolle spielen könnten." Die Rolle, die die Oberhand haben, daß die bürgerlichen Mitläufer nur eine bürgerlichen Mitläufer der Hergt und Tirpik spielen würden, findet die ,, Kreuzzeitung  " natürlich äußerst vor­

Sozialdemokraten 105 623 Sfimmen, 18 Site, Deutschnationale 53 494 Stimmen, 10 Size, Zentrum 4782 Stimmen, 0 Site, Kommunisten 13 123 Stimmen, 2 Size, Deutsche Volkspartei   41 784 Stimmen, 10 Sitze, Wirtschaftsliste 24 287 Stimmen, 4 Sige, Welfen 9026 Stimmen, 1 Sig; USPD  . 1787 Stimmen, o Size. Der Bürgerblock( deutschnationale, deutsche Volkspartei  , Wirt­schaftsliste, Weffen und Zentrum) hat mit 25 Sigen die ab lute Mehrheit von 48 Siten im Landtag. Die Demokraten sind in dieser meldung seltsamerweise überhaupt nich verzeichnet.

Die Dortmunder   Gemeindewahlen.

teilhaft.

Summa summarum: Sind die Deutschnationalen stark, so müssen sie in die Regierung. Sind die Sozialdemokraten Die 68 Sike der Stadtverordnetenversammlung verteilen fich start, so dürfen sie nicht in die Regierung. folgendermaßen:

Sozialdemokraten. Deutschnationale Zentrum Kommunisten

.

Deutsche Volkspartei Demokraten

21, früher 10

4,

4

ガラ

15,

14

39

11,

20

99

9,

12

99

4,

4

10

"

Partei der Kriegs- und Arbeitsopfer 2, Gruppe des gewerblichen Zhittelstandes 2,

Lex Tirpitz.

68, früher 68

Eine Erklärung der historischen Kommission. Die historische Kommission für das Reichsarchiv hat in ihrer legten ordentlichen Sitzung folgende Entschließung gefaßt:

Die Deutsche Tageszeitung" hat nun die große Ent­deckung gemacht, daß ein Bürgerblod ohne Demo traten möglich geworden sei. Das war er aber auch schon im alten Reichstag. Er scheiterte freilich daran, daß das Zen­trum nicht ohne die Demokraten in den Bürgerblock wollte. Daß die Demokraten jezt den Bürgerblod wollen, nachdem sie den ganzen Wahlkampf gegen ihn geführt haben, ist nicht an­gunehmen. Es bleibt also dabei, daß der Bürgerblod nicht möglich ist ohne Hinzutritt des Zen­trums.

Das Zentrum wird infolgedessen von den Deutschnatio nalen starf umworben werden. Für sein Verhalten haben wir ihm keine Ratschläge zu geben. Daß die Sozialdemo fratie gegen eine Bürgerblockregierung die schärfste Oppo­fition machen und gegen sie Bundesgenossen suchen und wohl auch finden würde, ist selbstverständlich. Denn die Sozial­demokratie sieht in einer Bürgerblockregierung die aller Die historische Kommission für das Reichsarchiv nimmt von den archivarisch wertvollen Ereignissen der Ausstellung des Reichschwerste Gefährdung deutscher   Reichs- und archips Rennteris. Sie benutzt die Gelegenheit, um an die gesamte Bolfsinteressen. Bevölkerung, besonders aber an alle Persönlichkeiten, die amt­ich oder militärisch at verantwortlicher Stellen gestanden haben, bzw. en ihre Rechtsnachfolger, die drin gende Bitte zu richten, alle geschichtlich wertvollen Dienstpapiere und Nachlässe dem Reichsarchiv zu überweisen. Angesichts unliebsamer Borkomm nisse, der Verschleuderung wertvoller Nachläffe und dienstlicher Papiere, hält die historische Kommission den alsbaldigen Er. laß eines Archivgesehes für dringend notwendig."

Diese Erklärung richtet sich mit deutlicher Spizze gegen Herrn Tirpiß, der nebenbei bemerkt, immer noch nicht daran denkt, auf die drei ihm sehr peinlichen Fragen von Dr. Thimme zu antworten. Es wäre immerhin noch fest zustellen, ob die historische Kommission bei ihrer Erklärung über die unliebsamen Borkommniffe" auch die durchaus parteiische und tendenziöse Publikation Der Margismus im Weltkrieg" im Auge gehabt hat.

Bon parteipolitischem Standpunkt aus fönnte ihr freilich nichts angenehmer sein, als wenn bis zu den nächsten Wahlen ständigen sicheren Aufstieg zu sorgen, gibt es überhaupt nicht. ein Bürgerblock regierte. Denn ein besseres Mittel, für ihren Im neuen Reichstag würde ihre Kraft gegenüber dem Bürgerblock bedeutend größer sein als im alten. Also, wer es probieren will, wer die Verantwortung dafür übernehmen will, was daraus wird, der mag es probieren!

Es ist nicht die Absicht der Sozialdemokraten, nach deutschnationalem Muster vor anderen Parteien auf den Knien zu rutschen und sie zu beschwören, fie möchten diefes tun und jenes unterlassen. Es ist auch nicht ihre Absicht, die Bahlmathematit gefühlsmäßig zu interpretieren, wie es ihre Gegner tun Richtig ist, daß eine feste Regierungs­bildung mit den Deutsch   nationalen nicht möglich ist ohne das Zentrum, und daß eine feste Regierungsbildung mit den Sozialdemokraten nicht möglich ist ohne die Boltspartei. Aber das ist eben bloße Mathematik: von