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Nr.587 41. Jahrgang Ausgabe A nr. 299

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands  

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Verlag: Tönboff 2306 2507

Sonnabend, den 13. Dezember 1924

Zentrum und Bürgerblock.

Große Koalition! Volksgemeinschaft? Kein Rechtsblock!

In der Sitzung des Vorstandes der Zentrums.| Deutschnationalen Boltspartei hatte unter dem Bor. frattion des preußischen Landtages, die gestern statt fit Dr. Bindlers gestern vormittag von 10 bis gegen 1 Uhr eine fand, waren alle Anwesenden nach einem Referat des Reichstanzlers Besprechung, in der die durch den Ausfall der Wahlen entstandene der Ueberzeugung, daß die Große Koalition aus Zentrum, Bage beraien wurde. Im übrigen bewahrt man in der Deutsch Deutscher Volkspartei, Demokraten und Sozialdemokraten, wie sie nationalen Bolkspartei allen Fragen der bevorstehenden Regierungs­feit November 1921 in Preußer besteht, sich bewährt hat. Zu neubi dung gegenüber eine abwartende Haltung. erstreben sei die Wolfsgemeinschaft, d. h. der Anschluß der Wie weiter verlautet, wurde bei dem heutigen Empfang der Deutschnationalen an die große Koalition. Voraussetzung dafür sei deutsch   nationalen Parteiführer beim Reichskanzler, zu selbstverständlich, daß die deutschnationale Landtagsfraktion nicht dem die Abgeordneten Windler, Graf Westarp  , Hergt und Schiele Bedingungen stellt, deren Erfüllung von vornherein aus- erschienen waren, nicht die Frage der Regierungsbil­geschlossen ist. dung besprochen, vielmehr tamen neben rein technischen Fragen der Borbereitung der Reichstagstagung einige andere politische Fragen, wie die der Militärkontrolle und des Bölkerbundes. zur Aussprache.

Dazu meldet noch WLB.  :

Bie in parlamentarischen Kreisen verlautet, wurde die Stellung der Zentrumsfraktion des Landtages, in der sie sich für die bisherige Große Koalition aus Zentrum, Deutscher

Bolkspartei, Demokraten und Sozialdemokraten in Preußen aus­spricht, in der gemeinschaftlichen Sigung, die am Freitagabend mit Mitgliedern der Reichstagsfrattien abgehalten wurde, in der auch Reichskanzler Marg sprach, gebilligt.

Rücktritt der Reichsregierung am Montag.

Die Deutschnationalen beim Reichskanzler. Reichstanzler Dr. Marg empfing heute nachmittag 4 Uhr die Führer der Deutschnationalen   Beltspartei; an den Besprechungen nahm Reichsaußenminister Dr. Stresemann teil. Der Kanzler berichtete über die Kabinettsfizung, in der der Rüdtritt ber Reichs regierung beschlossen wurde. Er wies im besonderen auf den Standpunkt der Deutschen Bettspartei hin, die ein Bei erbestehen der gegenwärtigen Koalition für unzweckmäßig halte und ihrem Wunsch auf Regierungserweiterung durch die Deutsch nationalen Ausdrud gab. Dr. Marg teilte mit, daß der Rücktritt ter Reichsregierung nunmehr endgültig für Montag nächster Woche bejay ofsen sei. Dann nahm Reichsaußenminister Dr. Stresemann das Wort zu Ausführungen über die Räu­mungsfrage und die handelspolitische Lage. Kurz nach 5 Uhr waren die Besprechungen beendet.

Die aus 12 Abgeordneten bestehende Parteileitung der

Frankreich   und die deutsche   Krise. Paris  , 12. Dezember.  ( WTB.) Havas verbreitet folgendes Dementi: Ein Finanzblatt hat.e gemeldet, daß die alliierten Bot fchafter in Berlin   eine Demarche unternommen hätten, um gegen die Bildung einer Rechtsregierung in Deutschland   Einwendungen zu erheben. Diese Nachricht entbehrt jeder Begründung. Paris  , 12. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht.) Das besonders starte Intereffe, das man mi Ausland, vor allem in Frankreich   der durch den Ausfall der Reichstagswahlen erneut atut gewordenen Frage der Regierungsbildung entgegenbringt, zeigt, welch außer ordentlich große außenpolitische Bedeutung den in Berlin  heranreifenden Entscheidungen beigemessen wird. Hiesige links. stehende Kreise verstehen durchaus, daß innerhalb der demokrati schen Parteien Deutschlands   der Gedanke neuerdings an Boden zu gewinnen scheint, mit Rücksicht auf die künftige innenpolitische Ent­wid ung in Deutschland   sei es notwendig, die Rechte einmal ans Ruder kommen zu lassen, um ihr Gelegenheit zu geben, sich felbst und ihre Politif ad absurdum zu führen, ähnlich wie es in Frankreich   mit Poincaré   und dem Nationalen Blod der Fall ge­wesen ist.

Auf der anderen Seite aber macht man hier geltend, daß der jetzige Augenblick besonders schlecht gewählt wäre für ein der artiges Experiment, das unausbleiblich nicht nur die Regelung wich­tiger internationaler Fragen erschweren müßte, sondern darüber hinaus sehr leicht eine Neuorientierung der gesamten europäischen   Politik gegenüber Deutschland   zur Folge haben könnte. Man macht weder in den politischen Kreisen noch in der Presse den geringsten Hehl daraus, daß selbst die Politik des Linkskartells in Frankreich   von einem derartigen Szenenwechsel in Berlin   nicht unberührt bleiben könne, daß Frankreich  gegenüber einem Berliner   Kabinett, in dem die Deutsch  . nationalen den ausschlaggebenden Einfluß haben würden, weitgehende Sicherheitsmaßnahmen für notwendig halten muß, auf die man einem demokratisch regierten Deutsch­ land   gegenüber verzichten fönnte. Die Frage der Räumung der Kölner   Zone und des Ruhrgebiets, die Frage der Militärton. trolle, die Rege ung des Sicherheitsproblems um nur einige ber atutesten Dinge zu nehmen, würden dadurch in einer für Deutsch­ land   verhängnisvollen Weise beinflußt. Darüber hinaus aber ist zu befürchten, daß Frankreich  , für dessen öffentliche Mei. nung die

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Begriffe deutschnational und Revanchekrieg nahezu identisch geworden find. durch die Konstituierurg einer Bürgerblockregierung in Deutschland   dazu getrieben würde, die bisher auf dem Wege über den Böllerbund angestrebte Stabilisierung Europas   fallen zu laffen

Die Sozialdemokraten beim Reichskanzler. ratischen Partei zu einer Besprechung empfangen. Der Reichstanzler wird heute die Führer der Sozialdemo­

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Meldungen in der Bresse  , die von einer Einberufung des Reichstags fchon zum 22. oder 28. Dezember wissen wollen, er­ministeriums des Innern fann die endgültige Feststellung des ablergebnisses frühestens am 27. Dezember er folgen. Das endgültige Wahlergebnis muß aber erst festgestellt werden, bevor an die Einberufung des Reichstage gedacht werden kann. nehmung der Rechte der Voltsvertreturg( leberwachung Am Montag, den 15. Dezember, tritt der Ausschuß zur Wahr. ausfuß) am Nachmittag au einer Sigung zufammen. Er will sich mit ter Erledigung schwebender Immunitätefragen be ichäftigen. Für Donnerstag, den 18. Dezember, ist der Ausschuß für die Berfonalabbauberordnung wieder zu einer Sigung berufen.

weifen sich als falsch. Nach einer Mitteilung des Reiche

tionen sobald wie möglich nach Berlin   zu berufen. Der Reichstanzler hat die Parteiführer gebeten, die Frat. Die Frattionen sollen in den ersten Tagen der kommenden Woche zusammentreten.

und statt dessen durch Rückkehr zu einer ausgesprochenen Entente­politik, die in diesem Falle dann eine starte Spike gegen Deutschland   haben würde, fich Rückendeckung zu schaffen. Das aber wäre um so verhängnisvoller für Deutschland  , als die eng lische Politik durch die Konservativen mehr und mehr in eine Rich tung gedrängt zu werden scheint, die in den letzten Jahren über­munden schien und die sich dahin kennzeichnen läßt, daß England gegen die französische   Unterstügung seiner Ziele im Nahen Osten  bereit wäre, Frankreich   am Rhein   starte Ronzessionen zu machen. Für Frankreich   würde das früher oder später die Rückkehr zur Politit Poincarés bedeuten, und es ist deshalb durchaus begreiflich, wenn die gesamte nationalistische Breffe Frant reichs die unerwartete Entwicklung der Dinge in Deutschland   mit unverhohlener Genugtuung begrüßt und mit ihren Sympathien reftios zu Herrn Stresemann und seinem Versuch steht, durch Konstituierung einer Bürgerblockregierung den Sinn der letzten Reichstagswahlen in fein Gegenteil zu verfälschen. Die Bätter der Linken dagegen, die es in den letzten Monaten an Beweisen für die Aufrichtigkeit ihrer Verständigungsbereitschaft mit Deutschland   wirt lich nicht haben fehlen lassen, erheben von Tag zu Tag mit größerem Nachdrud ihre warnende Stimme, um die republikanischen Parteien in Deutschland   von einem Experiment zurückzuhalten, das außenpolitisch das Reich um Jahre zurüdwerfen müßte. Selbst ein so gemäßigtes Blatt wie die Information" erklärt am Freitag rundweg, daß Europa   und die Welt in ihrer Gesamtheit in Deutschland   die

Bildung einer Bürgerblodregierung, die in Wirklichkeit von den Nationalisten, Militaristen und Monarchisten beherrscht sein würde, nicht ohne Unruhe mitanfehen könnten. Herr Stresemann, der den Dames- Plan nur mit Wide willen angenommen habe und der unfähig sei, den Eintritt Deutschlands   in den Bölterbund durchzusegen, würde in einer folchen Regierung wohl oder übel das Instrument des allbeutschen Imperialismus wie der Revancheidee werden und seine Aktivitä: würde gefährlicher und schädlicher sein als die eines Tirpitz und Ludendorff, weil sie scheinheiliger und zugleich slavischer sein würde als die der extremsten Rechten.

Herriots Befinden.

Baris, 12. Dezember.  ( MTB.) Der Krankheitsbericht, der über den Zustand des Ministerpräsidenten 5erriot heute ausgegeben worden ist, stellt feft, daß fich der allgemeine Bustand gebeffert Ruhe bes Batienten notwendig mache. Da ein weiterer Spezialist habe, daß aber die Geschwulst am Knie die vollständige hinzugezogen wurde, nimmt man an, daß der Ministerpräsident auch an einer Sehnenentzündung leidet.

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Der trockene Rechtsputsch.

Das wahre Ziel. Bon**

Reichsregierung. Mit fast noch größerer Brutalität und Er. Mit aller Gewalt drängen die Deutschnationalen in die bitterung suchen sie die Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die ihrem Eintritt in die preußische Regierung im Wege stehen. Trotz allem, was bisher über die deutschnationalen Regierungsafpiranten gesagt und geschrieben worden ist, lohnt tipe hineinzuleuchten. es sich doch einmal, gründlich und tief in ihre lezten Mo=

rung vertreten sein. Es wäre für ihre Anhänger ein weithin Gewiß wollen die Deutschnationalen in der Reichsregie­leuchtendes Fanal des deutschnationalen Sieges", wenn, im sechsten Jahr der Republik  , ein schwarzweißroter Monarchist, womöglich ein alter faiserlicher Minister, auf dem Reichs­fanzler- oder Vizekanzlerposten stände. Gewiß wäre es für fie der ,, moralische" Erfolg, nach dem sie seit langem fieber­haft suchen und der ihnen die Massen urteilstofer Anhänger,

bie sonst bald wieder davonlaufen werden, wenn nicht irgend­etwas ganz Imposantes geschieht, noch für einige Zeit zu­sammenhält. Aber im Grunde liegt ihnen nicht nur nichts an ihrer Bertretung im Reichstatinett, sondern man hat vielmehr Politik hineingezogen zu werden. Freilich herrscht diese Furcht eine gehörige Portion Furcht davor, in die auswärtige nur bei denen, die die Pläne der leitenden Deutschnationa'en den die Geschicke dieser Partei liegen, wissen sehr wohl, daß noch nicht ganz begriffen haben. Diejenigen, in deren Hän­einer Art, daß auch aus einer hineinbeziehung der Deutsch­sie feine Furcht zu haben brauchen, denn ihre Pläne sind von wachsen kann. Bielleicht und sehr wahrscheinlich so­nationalen in die Birrniffe der auswärtigen Politit für sie, wenn alles so geht, wie sie es sich denken, nichts Böses er Über das rangiert bei den leitenden Deutschnationalen, denen gar außerordentlich viel Böses für das deutsche   Bott. die Partei über alles geht, und denen innenpolitischer Macht­hunger und der leidenschaftliche Wunsch nach Rache an den Novemberverbrechern" die Sinne benebelt, durchaus an zweiter und dritter Stelle.

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durchaus mit innerer Notwendigkeit, betonen die Deutsch­Mit großer Zähigkeit und, wie wir gleich sehen werden, nationalen die unlösliche Verbundenheit ihrer Ansprüche im Reich mit ihren Forderungen auf Umbildung der preußi= schen Regierung. Denn, was die Deutschnationalen im Grunde wollen, ist nicht die Verantwortung im Reiche, sondern die Madft in Breußen. Sie sind sich absolut flar darüber, denn soviel gefunden Menschenver­stand haben sich schließlich Herr Hergt und feine engeren Freunde aus den verschiedenen moralischen und intellektuellen Busammenbrüchen ihrer Partei noch gerettet unter deutschnationaler Einwirkung betriebene auswärtige - daß eine Politit schon nach außerordentlich kurzer Zeit, vielleicht schon nach zwei oder drei Wochen, zur Katastrophe führen könnte. In dem Sinne nämlich, daß die Deutschnationalen im Reichs­kabinett dann vor der Wahl stehen, entweder, beispielsweise in Fragen der Militärkontrolle, oder in ähnlichen Differenz­fragen mit der Entente, eine entgegenkommende Haltung einzunehmen, die in die bisher innegehaltene Richtung der Außenpolitik hineinpaßt, oder Obstruktion zu machen.

Im ersten Falle würde ihre Haltung die Spaltung der Partei und das Wiederherüberströmen sehr großer Wählermassen zu den Völkischen und jedenfalls auch ein offizielles Mißtrauensvotum der deutschnationalen Partei­instanzen bedingen. Im anderen Falle ergibt sich ein außen­politischer Konflikt, der aus Mangel an politischen Machtmitteln von uns nicht durchgekämpft werden kann, son­dern mit einem 3usammenbruch enden muß. Nach den Blänen der Deutschnationalen   aber liegt die Lösung und liegt die Richtschnur für ihr Handeln in der Reichsregierung in der Mitte. Sie werden mit Freuden die erfte Gelegenheit aufgreifen, im Reichskabinett gegen eine Forderung der Entente aufbegehren zu können, deren Ablehnung sie unter gleichzeitigem Aufpeitschen der Boltsstimmung durch die darin trefflich geschulte deutschnationale Presse als eine Prestige= und Lebensfrage ersten Ranges bezeichnen können. In dem Moment aber, wo es sich herausstellt, daß man gar nicht anders fönnen wird als die von den Deutschnationalen eingebrodte Suppe auszueffen, nämlich trotz aller gemachten Entrüstung die Ententeforderungen anzunehmen, werden die deutschnationalen Reichsminister mit der stolzen Erklärung aus dem Rabinett austreten, daß sie eine ,, der­artige Politik der Selbstentmannung nicht mitmachen" und die Verantwortung nicht übernehmen wollen. Sie ständer dann, umjubelt von ihrer Presse und im renga'ifchen Licht Bürgerblods, Sentrum, Bolfsparteiler und wie sie sonst noc ganz großer Heroen da, während die übrigen Barteien des heißen mögen, gehorsam, brav und anständig so wie So 1919 allein zurückbleiben, alles ausbaden dürfen und vor zialdemokraten, Rentrum und Demofraten schon einmal dem Volte als die Landesverräter und Verbrecher dastehen

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In diesem Moment tönnen sich dann die Deutschnatio­