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Nr.589 41. Jahrgang

Ausgabe

Nr. 300

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Sonntag, den 14. Dezember 1924

Baldwins Räumungsplan für Köln .

Im Juni

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wenn die Entwaffnungsklauseln bis dahin erfüllt sind.

London , 13. Dezentber.( Eigener Drahtbericht.) In dem Wochenblatt der Arbeiterpartei, dem New Leader", macht H. N. Brailsford die sensationelle Mitteilung, daß nach seinen In­formationen die Regierung Baldwin ursprünglich entschlossen war, die Lauffrist für die Besetzung erst mit der Annahme des Dawes Berichts durch Deutschland beginnen zu lassen und auf der Basis einer solchen Auffassung einer weiteren an­nähernd fünfjährigen Besetzung der Kölner Zone zu­zustimmen. Diese gefährliche Auffassung sei in den allerletzten Tagen verworfen worden, an ihre Stelle aber eine andere Auffassung ge­treten, die nur um ein geringes beffer zu nennen sei. Danach will man die Frage der Besetzung Kölns nicht mit der Frage der Gea samt erfüllung des Friedensvertrags, sondern mit der Frage: Erfüllung der Entwaffnungs flaufeln oder nicht?" ver­fnüpfen. Bon dieser Fragestellung ausgehend, sei die Regierung zu folgender Auffassung gelangt: Deutschland hätte sich zwar im großen und ganzen an die Entwaffnungsvorschriften des Vertrages ge= halten, die Entwaffnungs flauseln jedoch ungenügend aus­geführt. England würde deshalb in Köln bleiben, bis die Entwaff= mung völlig durchgeführt sei. Das dürfte nach der englischen Aufs fassung etwa im Juni der Fall sein. Dann sollen Köln und das Ruhrgebiet gleichzeitig freigegeben werden.

Brailsford fügt hinzu: Das mag eine erträgliche Per­spektive für die Kölner und die Ruhrbevölkerung sein, aber es hätte zur Folge, daß es von den Franzosen als eine Zustimmung zu ihrer Auffassung aufgefaßt würde und zu einer Verlängerung der Besetzungsfristen in den non Franzosen besetzten Gebieten führen könnte. Der Effekt auf die öffentliche Meinung in Deutsch­ land aber müßte fatastrophal sein. Von allen Uebeln, die der Versailler Vertrag mit sich gebracht hat, ist das Besatzungs übel das schlimmst e. Wenn die Hoffnung auf eine baldige Befreiung der besetzten Gebiete entschwindet und die Besetzung mit englischer Zustimmung verlängert wird, so wird voraussichtlich die Wendung zum Bessern, die im Gefolge des Dawes- Berichts eingetreten ist, wieder hinfällig. Es besteht eine neue Gefahr, daß sich die Maffen der zentraleuropäischen Bevölkerung neuerdings revolutio­nären oder reattionären Gedankengängen zuwenden.

Außenwirkung des Bürgerblocks.

v. Hoesch als Gutachter nach Berlin berufen. Paris , 13. Dezember. ( Eigener Drahibericht.) Der deutsche Botschafter v. Hoesch ist für mehrere Tage nach Berlin abgereift. Sein Aufenthalt dort dürfte im Zusammenhang stehen mit der Frage der Kabinettsbildung. Es scheint, daß man Herrn

Die Internationale der Kriegsgewinnler. Krupp erhebt Ansprüche an die englische Munitions­fabrikation im Weltkrieg.

Es ist bekannt, daß vor dem Kriege Waffen wie jede andere Ware Gegenstand des internationalen Handels waren. Es ist daher eine selbstverständliche Folge, daß viele Tausende von den Millionen Toten, die Deutschland im Weltkriege ge­laffen hat, mit Waffen und Munition niedergestreckt wurden, die von deutschen Fabrikanten geliefert waren. Trugen doch z. B. die russischen Militärgewehre den Stempel einer bekannten deutschen Waffenfabrik, das feindliche Ausland hatte von deutschen Werften Unterseeboote bezogen, und die Geschüße, die in fremden Armeen standen, aber von deutschen Fabrikanten hergestellt waren, dürften auch nicht gerade spär­lich an Zahl gewesen sein. Diese Waffenlieferungen waren internationaler Brauch, und es fiel feinem Menschen ein, des wegen ein Landesverratsverfahren zu eröffnen, obwohl hier die Stärkung der feindlichen Heeresmacht durch deutsche Kapitalisten ganz offenfundig war. Die eine Ents schuldigung hatte der internationale Kapitalismus, der aus dem Blut der eigenen Landsleute ein Geschäft für sich machte, näm­lich die, daß eben Waffen als Ware angesehen wurden, wie jede andere Ware auch. Ans Unglaubliche aber grenzt es, wenn man jetzt hört, daß eine deutsche Firma mehrere Jahre nach dem Kriege eine Klage gegen einen englischen Konzern erhebt, um auf Grund eines alten Vertrages an den Kriegsgewinnen der englischen Muni­tionsfabritation teilzunehmen. Hier ist die

Meldung:

Daily Mail" meldet, daß im nächsten Jahre vor einem deutsch - englischen Gerichtshof ein Prozeß zur Berhandlung tommen wird, in welchem die Firma Krupp gegen die englische Firma Viders Klage erhoben hat wegen Zahlung einer Tanfieme auf Granatenzünder, die die Firma Vickers während des Krieges für die britische Armee hergestellt hat. Der Fall ist bereits im September verhandelt und vertagt worden. Grupp reklamiert eine Tantieme von 1 Schilling 6 Bence für jeden Zünder sowie 5 Proz. 3infen, im ganzen einen sehr ansehnlichen Betrag. Die

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Die Gammeltrompete.

Bürgerblockpolitik im Wandel der Zeiten.

Die Trompete ruft zum Bürgerblock.

Alles, was vaterländisch, national, staatserhaltend und christlich gesinnt ist, muß sich zusammenschließen gegen die

D. Hoesch über die außenpolitischen Rüdwirtungen einer Bürger- pa terlandslose, staatszerstörende Soziala blodregierung befragen will. demokratie!

Englisch - sozialistische Beurteilung.

Condon, 13. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Brails ford schreibt im ,, New Leader" zur Regierungsbildung in Deutsch­ land : Weber die Linke noch die Rechte hat eine flare Mehrheit. Es wird endlose Verhandlungen und Debatten geben, bevor irgend­eine stabile Gruppierung herauskommt, und die Sozialdemokraten merden wieder einmal vor die ständig wiederkehrende Wahl gestellt werden, ob es ratsam ist, einer verhältnismäßig liberal ein­gefärbten Koalition beizutreten oder eine solche Koalition zu unter: beide Lösungen nicht sehr begeistert sein, aber es wäre ein großes stützen, ohne selbst in die Regierung einzutreten. Sie werden für Unglüd, wenn ein Block der Rechten unter Einschluß aller Nationalisten gegen die Sozialdemokratie gebildet würde. Das würde schärffte Reaktion im Innern bedeuten und würde nach außen eine billige Entschuldigung für die Rückkehr Frankreichs zur Politik des Argwohns und der Brutalität der Poincaréschen Periode bilden.

Die Pariser Ausstellung. Notifizierung der Nichtbeteiligung.

Paris , 13. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Der Botschafter Don Hösch hat heute, Sonnabend, dem politischen Direktor des Quai d'Orsay, Laroche, den Dank der Reichsregierung für die Einladung zur Weltausstellung für angewandte Kunst aus deutsche Regierung aus finanziellen und technischen Grün­gesprochen und dem Bedauern darüber Ausdrud gegeben, daß die den nicht in der Lage sei, dieser Einladung Folge zu geben, die sic um so höher einschäße, als sie darin' den Wunsch zu erkennen geglaubt habe, auch auf dem Gebiete der fulfurellen Zusammenarbeit die seit dem Kriege abgerissenen Fäden wieder anzuknüpfen.

Die Krankheit Herriots.

Herriots wird ein Bericht veröffentlicht, nach dem der Ministerpräsident Paris , 13. Dezember. ( WTB.) Ueber den Gesundheitszustand irfolge eines vernachlässigten Influenza anfalles und eberanstrengung an einer schmerzhaften Anschwels lung am Bein leidet. Der Schmerz, der sewohl von einer Sehnenscheidenentzündung als auch von einer Entzündung der Lymphgefäße herrührt, scheint sich jetzt in der Wadengege id zu lokalisieren. Das Fieber ist im Abnehmen begriffen, der Patient agt jedoch noch über große Schmerzen. Nach dem Besuch der zündung am Bein scheint sich auf eine bestimmte Stelle zu fon­Aerzte ist heute folgender Bericht ausgegeben worden: Die Ent­zentrieren. Das Allgemeinbefinden ist befriedigend und das Fieber ist im Abnehmen begriffen.

Klage gründet sich auf ein Abkommen, das zwischen den Firmen dem die Firma Bickers fich bereit erklärte, auf jeden Zünder eine Krupp und Vickers im Jahre 1902 abgeschlossen wurde und nach Tantieme zu zahlen, der nach den Plänen der Firma Krupp hergestellt würde. Bei Ausbruch des Krieges hörte die Firma hergestellt würde. Bei Ausbruch des Krieges hörte die Firma Vickers mit den Zahlungen auf. Sie stützt sich dabei auf die Artikel 299 und 306 des Friedensvertrages, wonach fämtliche Berträge zwischen im Kriege feindlichen Mächten durch den Ausbruch des Krieges aufgehoben worden seien.

Mit englischen Granaten wurden in den großen Kämpfen an der Somme in Nordfrankreich, an der Marne 1918 und bei den Rückzugskämpfen Hunderttausende von deutschen Soldaten hingemäht. Es wäre zumindest eine Sache des Geschmads, ob man an dem Verdienst, den die englische Rüstungsindustrie aus diesem Ge­schäft 30g, teilnehmen will. Die hochpatriotische Firma Krupp dagegen läßt sich für jeden Schuß, der auf die deutsche Front gerichtet war, eine Tantieme zahlen. Und wenn sie sie nicht erhält, so ist das nicht ihre Schuld, sondern diejenige des Gerichts, das den Rechtsanspruch zu prüfen hat. Es muß ein erhebendes Gefühl für die deutschen Mütter sein, zu wissen, daß die schwerindustriellen deutschen Firmen fich heute noch an den Gewinnen des Feindbundes" bereichern wollen, auf die sie Anspruch erheben, weil diese am Mord der eigenen Kameraden mitgewirkt haben.

Deutsch und national sind diese Kreise, die der artige Geschäfte machen. Bergeblich wird man in der deutsch­nationalen Preffe eine Spur der Entrüstung suchen über diese Leute, die den Profit vor das Baterland stellen.

Branting ernstlich Frank.

Stodholm, 12. Dezember, abends 10 Uhr.( Eigener Drahts bericht.) Ministerpräsident Genosse Hjalmar Branting der im 63. Lebensjahre stekt leitet seit Jahren an Ruderkrankheit. In der letzten Zeit find Anzeichen voo Gefäßverfaltung fo start auf­getreten, daß Branting unbedingt volle Ruhe haben muß. Eine unmittelbare Lebensgefahr besteht richt, wenn nicht Verschlimme­rungen eintreter

Bermaledeit, wer sich diesem Ruf des Vaterlandes ent­zieht! Er ist so schlimm wie ein Sozialdemokrat, ja noch schlimmer! Bürdelos und verächtlich, verräterisch und gemein kriecht er durch das kaudinische Joch der roten Ge­noffen. Er ist gekauft und beftochen, entartet und verjudet, er schließt sich selbst aus den Reihen der Gutgesinnten aus.

Gegen die Sozialdemokraten und ihre Schleppenträger geht nun der fröhliche Kampf der gesammelten nationalen Kräfte. Ist der Marrismus erledigt, dann wird es wieder genesen. aufwärts gehen. Dann wird am deutschen Wesen die Welt

Das ist das Neueste. Aber auch das Aelteste. Wir dürfen, den Dichter leise variierend, sagen:

Dies alles, meine Lieben, Ist uns schon öfter passiert.

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In der guten alten Zeit gab es im Reichstag Konser. vative und Freitonservative nebst einigen antise mitischen Splittern, Nationalliberale, 3entrum, Freifinnige, Sozialdemokraten, Polen , Dänen, Elsässer. Die Bildung fester Mehrheiten war damals zur Re­gierungsbildung freilich nicht erforderlich, die wurde von Majestät besorgt. Aber für die Regierungen und für den Lauf der Dinge war es doch nicht gleichgültig, wie sich die Parteien bei den Abstimmungen und besonders bei den Wahlen gruppierten.

vative, Freifonservative und Nationalliberale zu einem Blod Bei den Reichstagswahlen von 1887 fanden sich Konser, zusammen, zum sogenannten Kartell". Die Kartell parteien führten ihren Wahlkampf mit der Angst parole so daß sie 19 Stimmen über die absolute Mehrheit besaßer Des unmittelbar bevorstehenden Krieges mit Frankreich , unt es gelang ihnen, ihre Size von 153 auf 218 zu vermehren Dann verhalfen sie dem vielumfämpften Septennat de fiebenjährigen Bindung des Militäretats, derentwegen des frühere Reichstag aufgelöst worden war, zur Annahme. Dre Jahre später, ereilte sie ihr Schicksal. Sie verloren bei der Neuwahlen 82 Size und hatten nun noch 23 weniger als beim Abschluß des Kartells.

demokratischen Stimmen von 550 000 auf 763 000 geftiegen. Bei den Kartellmahlen von 1887 war die Zahl der sozial­Bei den Wahlen von 1890, nachdem das Kartell drei Jahre gewirtschaftet hatte, stieg die sozialdemokratische Stimmenzahl auf 1 427 000. Sie hatte sich also in diesen drei gesegneten Jahren annähernd verdoppelt.

Niederwerfung des Hereroaufstandes wiederum zu Im Jahre 1906 führte der Kampf um die Kredite zur einer Reichstagsauflösung. Diesmal hatten sich die Freisinni. gen zu den ehemaligen Kartellparteien geschlagen: aus der alten Oppositionsfront ,, Windthorst- Grillenberger- Richter" war also die Partei Richter ausgesprungen. also die Partei Richter ausgesprungen.

Die beiden konservativen Parteien, die Nationalliberalen totten blod", auch Bülow Blod benannt. und die Freisinnigen bildeten nun den sogenannten ,, otten Der ganze Wahldruck richtete sich gegen Zentrum und Sozial­demokratie, besonders gegen die lettere.

nachrichten des Hottentottenblocs eingelaufen waren, zog eine In der Nacht nach der Wahl, als von überall die Sieges­patriotisch begeisterte Menge vor das Schloß. Der Kaiser erschien am Fenster und hielt eien Ansprache. Wir haben sie niedergeritten!( So etwas follte einmal Eberi Seil dir im Siegerfranz" flang die Antwort. machen was würden dann die Schwarz- Weiß- Roten fagen?)

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daß die Sozialdemokratie zwar haufenweise Mandate ver Einige Tage nach diesem erhebenden Fest fand man, loren, aber immer noch ihre Stimmenzahl von 3010 000 auf 3 258 000 gesteigert hatte.

hatten von ihm Fortschritte in der Richtung zum Barlamen­Nun war der Bülow Block da! Die Freisinnigen tarismus und zur preußischen Wahlreform erhofft. Daraus wurde aber nichts. In ihren Reihen gab es Zersplitte­rung und Verwirrung, es fam die Rebellion Theodor Barths, und der mizige Albert Traeger prägte das Wort von der Paarung des Kaninchens mit dem Karpfen.

reform zusammen Die Konservativen stellten sich schüßend Bald darauf brach das junge Blockglück an einer Steuer­vor das Portemonnaie der Besitzenden" und verweigerten dem Staat die Erhöhung der Erbschaftssteuer. Sie fanden dabei die Unterstügung des Zentrums, das darauf ausging, den Bülow- Block zu sprengen. Die Erbschaftssteuer fiel, mit ihr Bülow und der Bülow- Block. An seine Stelle trat die Kom