Gewerkschaftsbewegung

Die Teuerung, wie sie ist.

Die gewertschaftlichen Spizenverbände fämt licher Richtungen haben an das Statistische Reichsamt eine Dent­schrift geschickt, in der sie unter eingehender Begründung die end­liche Neuregelung der Berechnungsgrundlagen der Reichsindegziffer verlangen. Es wird in der Denfschrift darauf hingewiesen, daß das falsche Bild, das die Reichsinderziffer von der Leuerung in Deutschland gibt, eine nicht ungefährliche außenpolitische Wirkung haben muß. Wenn im Auslande die Lohnfäge verglichen werden mit der Teuerung, wie sie die amtliche Inderziffer angibt, dann müssen dadurch falsche Vor­stellungen über die Lebenshaltung der Arbeiter, Angestellten

und Beamten erweckt werden. Auch aus den anderen bekannten Gründen muß eine grundlegende Revision der Inderziffer vor­genommen werden.

Die Gewerkschaften empfehlen daher, die Inderziffer auf Grund des bisherigen Budgets nur noch nebenbei zu berechnen. Für die Zwecke des praktischen Gebrauchs und ganz besonders um feft­zustellen, um wieviel die gegenwärtige Lebenshaltung sich gegenüber derjenigen der Friedenszeit wirklich geändert hat, ist eine völlig neue Inderziffer notwendig. Die Gewerkschaften schlagen vor, bei der Bildung dieser neuen Inderziffer folgender maßen zu verfahren:

Zunächst wäre festzustellen, in welchem Verhältnis die Gruppen der Ernährung, der Heizung, Wohnung und Beleuchtung, der Be Hleidung und des sonstigen insbesondere kulturellen Bedarfs bei einem normalen Borkriegsbudget zueinander standen. Danach wäre innerhalb der Gruppe der Ernährung eine 3 sammenstellung von Nahrungsmitteln vorzunehmen, die in Mischung, Qualität und Menge etwa diefem friedensmäßigen Budget entspricht. Es dürfen aber keine Nahrungsmittel ausgelassen werden, deren vielleicht andersartige Preisbewegung im Rahmen des Gesamtbudgets einen erheblichen Einfluß haben könnte. Eine üb­liche Zusammenstellung kann in Anlehnung an die Erhebungen von Haushaltsrechnungen in Friedenszeiten vorgenommen

werden.

Damit der Kulturbedarf im Rahmen des der Inderziffer zugrunde liegenden Gesamtbudgets nicht zu flein wird, schlagen wir vor, daß für die Gruppe dieser sonstigen Ausgaben eine be= fondere Gewichtung vorgenommen wird, und zwar in der Höhe, die man bei Haushaltsrechnungen. erfahrungsgemäß als Anteil an den Gesamtausgaben vorfindet.

Aehnlich muß bei der fünftigen Feststellung des Anteils für die Wohnungsmiete verfahren werden. Es steht fest, daß ein

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fehr großer Teil der Bevölkerung eine weit hŏ here als die gefet. liche Miete bezahlen muß. Wir erinnern nur an die möbliert woh­nenden Untermieter, an die Bewohner neuer. Wohnungen und an diejenigen, die in den Besitz einer alten Wohnung nur durch Auf­wendung großer Austaufssummen, Umzugsfostenzuschüsse usw. ge­langt find. Diese hohen Mietpreise müssen unbedingt fünftig im Inder berüdsichtigt werden. Wir schlagen daher auch hier die Methode einer Gewichtung vor. Die Erhebung z. B. der Preise für möblierte Zimmer wird feine allzu große Schwierigkeit machen. Nach dem Grundsaß, daß nur Gleiches mit Gleichem ver­glich werden darf, muß bei der Feststellung der Wohnungskosten fahren werden. Es muß unbedingt zu der Miete, die an den für die unter Zwangsbewirtschaftung stehenden Wohnungen ver. Hauswirt zu zahlen ist, ein etwa durch Sachverständige abzu schätzender Prozentsak hinzugenommen werden für Instandhal tungskosten, die heute dem Mieter zur Last fallen, früher aber in der Miete einbegriffen waren. Weiter ist ein ebenfalls durch Sachverständige festzusetzender Prozentsaz als Zuschlag auf die gesetzliche Miete zu nehmen, weil, wie von allen Sachverständigen zugestanden wird, die Wohnung von heute in bezug auf Qualität gegenüber der gleichen Wohnung von vor zehn Jahren sich erheblich verschlechtert hat. Schließlich würde noch ein weiterer Zuschlag zu rechtfertigen sein, weil infolge des Wohnungsmangels und der dadurch start gehinderten Freizügigkeit die sogenannte lokale Qualität", d. h. die Günstigkeit der Lage der Wohnung in bezug auf den Ort der täglichen Arbeit sich ebenfalls außerordentlich verschlechtert hat. Bewegt sich nun der gesetzliche Mietpreis, so sind Preis so lange zuzuschlagen, als die oben aufgezählten Zufaz­diefe prozentualen Aufschläge natürlich immer wieder auf den neuen mohnungsfosten, die früher nicht bestanden haben, weiter bestehen. Lohnes und Gehaltes, die von dem Arbeitnehmer als Eintom­Die Gewerkschaften sind der Auffassung, daß die Teile des mensteuern und Sozialbeträge ausgegeben werden, eben­so Teile der Lebenshaltung sind wie die in den Warenpreisen erscheinenden indirekten Steuern usw. Deswegen halten die gewerkschaftlichen Spizenverbände die weitere Nichtbeachtung jener Ausgaben bei amtlichen Inderberechnungen für unerträglich.

Die betrogenen Landarbeiter Ostpreußens . Die PD. hezt und drückt sich.

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Bom Verbandsvorstand des Deutschen Landarbeiter- Verbandes wird uns geschrieben:

Nach der Roten Fahne" vom 10. Dezember ds. Is. sollen die Landarbeiter in Ostpreußen von den Führern des Deutschen Land­arbeiter- Verbandes schmählich verraten worden sein, weil angeblich in diesem Jahre teine Lohnerhöhung erzielt wurde und weil man die Arbeiter bei dem im Frühjahr stattgefundenen Streit an die Arbeitgeber verkauft habe. Wie steht es in Wirklichkeit? Als im Frühjahr 20 000 Bandarbeiter in Ostpreußen im Streit standen, gaben sich die Kommunisten alle Mühe, um dafür zu sorgen, daß der Streit so schnell wie möglich zusammenbrach. Gerade in den Kreifen, wo die Kommunisten Anhänger unter den Landarbeitern hatten, lehnten die Arbeiter auf Anraten der kommunistischen Partei­leitung die Teilnahme an dem Streif ab. Es sind dies die Kreise Labiau , Tilfit, Angerburg , Insterburg , und die Niederung. In allen anderen Kreisen haben sich die Kommunisten ebenfalls alle nistischen Agitatoren nicht die Möglichkeit zu geben, behaupten zu fönnen, wie übertrieben, geben wir nachstehend die Parole wieder, die in kommunistischen Landarbeiter- Funktionärversammlungen von den Bertretern der fommunistischen Parteileitung herausgegeben wurde:

ollige Ulster Mühe gegeben, den Streif kaputt zu machen. Um den kommu

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an

" Die KPD . beteiligt sich am Streit nur indirekt. Die tommunistischen Funktionäre follen versuchen, die örtlichen Streit­Maßregelung nicht die PD.- Funffionäre, sondern die Sozial demokraten gemaßregelt werden. Hierdurch verliert die SPD . in ländlichen Ortschaften, wird dadurch geschwächt und ausger ottet, während die KPD. ihre Funktionäre erhalten weiß. Der Streif ist wohl insgeheim zu schüren, aber unter feinen Umständen dürfen die kommunistischen Funktionäre sich vorschieben.

So sieht also in Wirklichkeit die Arbeit der Kommunistischen Partei unter den Landarbeitern aus.( Nicht nur unter den Land­

arbeitern.)

Trotz des verlorenen Streifs hat der Deutsche Landarbeiter Verband alles getan, um eine Erhöhung der niedrigen Löhne zu er zielen. Ein fleiner Erfolg ist jetzt erzielt worden. Der Schlichter hat einer Schiedsspruch gefällt, der den Landarbeitern eine kleine Lohn­erhöhung zusichert. Die Arbeitgeber lehnten diesen Schiedsspruch ab. Das Reichsarbeitsministerium hat aber trotzdem vor einigen Tagen diesen Schiedsspruch für verbindlich erklärt. bedeutet aber einen Schritt vorwärts. Ueber diesen Erfolg find Dieser Schiedsspruch erfüllt nicht die Wünsche der Arbeiter. Er nun die Kommunisten anscheinend sehr böse. Sie biegen auch hier wieder die Wahrheit um und behaupten, dieser Schiedsspruch set nicht für verbindlich erklärt worden. Wollen sie denn offen zu den Deutschnationalen übergehen?

Der Deutsche Bandarbeiter- Verband wird weiter mit aller ihm zu Gebote stehenden Kraft für die Besserstellung der oftpreußischen Landarbeiter eintreten. Die ostpreußischen Arbeiter werden, ebenso wie die Arbeiter in anderen Gegenden, einsehen, wo ihre Freunde und wo ihre Feinde stehen.

Teuerungszulage im Bergbau der Tschechoslowakei .

Bei den Verhandlungen zwischen den Vertretern der toalierten Bergarbeiterverbände und dem Verband der Grubenbesizer wurde Teuerungsbeihilfe erzielt. Auf dieser Grundlage werden in den aller­eine Einigung betreffend die Gewährung einer außerordentlichen tächsten Tagen Verhandlungen zwischen den einzelnen Revieren stattfinden. Das Gesamtergebnis der Verhandlungen wird der 18. Dezember nach Prag einberufen wird, vorgelegt werden, die Reichsfonferenz der Bergarbeiter, die ouf den die definitive Entscheidung treffen wird.

( Gewerkschaftliches siehe auch 2. Beilage.)

Berantwortlich für Politik: Ernst Reuter : Wirtschaft: Artur Saternus; Gewerkschaftsbewegung: Friebr. Ekkorn; Feuilleton: Dr. John Schilowski; Lotales und Sonstiges: Friz Karstädt: Anzeigen: Th. Glode. sämtlich in Berlin . Verlag: Borwärts- Berlag, G. m. b. S. Berlin. Drud: Borwärts- Buchdruckeret und Berlagsanftalt Baul Singer u Co. Berlin SW 68 Lindenstraße 3. Sierzz sechs Beilagen und ,, Blick in die Bücherwelt".

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