Nr.593 41. Jahrgang Ausgabe A nr. 302
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Der Reichspräsident hatte gestern, wie schon gemeldet,| Sch parzer im Tag", in dem ein Rechtsblod als ein die Parteiführer zu sich geladen und mit ihnen über die Lösung Kampfblod" gefordert wird, der an allen Stellen, beder Regierungsfrise beraten. Von den Deutschnatio fonders auch in der Pressestelle der Reichsregie nalen wurde vormittags der Parteivorsitzende Winckler rung rüdsichtslos aufräumen müsse. Die ,, Germania " sagt empfangen. Am Nachmittag erschien dann auch noch, dem Tag", daß sich die Deutschnationalen blauen Dunst wie die deutschnationale Pressestelle mitteilt, der Abgeordnete vormachten, wenn sie von einem solchen Rechtsblod redeten. Schiele als Vertreter der deutschnationalen Reichstags- Ohne Zentrum sei das nicht zu machen, und das Zentrum mache fraktion beim Reichspräsidenten . Die Unterredung trug, wie eben nicht mit. Die Germania " schließt: die mit Herrn Windler, rein informatorischen Charakter". In ihrer gestrigen Sitzung hat die deutschnationale Fraktion eine Kommission von Unterhändlern gewählt.
Der Vertreter des Zentrums, Herr Fehrenbach, hat laut ,, Soz. Preffedienst" erklärt, noch nichts Positives sagen zu Pönnen, da die Zentrumsfraktion erst am Mittwoch tage. Herr Koch dagegen fonnte einen Beschluß der Demokraten mitbringen, der sich für die große Roalition ausspricht.
Heute wird der Reichspräsident mit dem Vorsitzenden der Boltsi artei, Herrn Scholz, und mit Herrn Strese manr verhandeln, der mittags erscheinen soll. Das WTB. meldet, daß ,, por morgen( d. h. heute) mittag eine Auftragserteilung zur Regierungsbildung nicht zu erwarten" fei. Daraus wird geschlossen, daß der Auftrag Herrn Strese mann erteilt werden soll, der dann sehen mag, wie er an Stelle, der von ihm gestürzten Regierung eine andere zustande brinat.
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In der Preffe war vielfach der Abgeordnete der Bayerischen Boltspartei. Graf Lerchenfeld, der frühere banerische Ministerpräsident, als Kanzlerkandidat der Deut; fchen Volkspartei genannt worden. Dazu wird, wie uns aus München drahtlich gemeldet wird, in Kreisen der Bayerischen Bollspartei folgendes erklärt:
Die Bayerische Boltspartei muß es ablehnen, bei diesem durch: fichtigen Spiel des Herrn Stresemann einen Lückenbüßer zu ftellen. Es tann auch nicht früh gemg von der Parteileitung und aus den Kreisen der Partei dieser Meinung Ausdrud verliehen werden. Daß Herr Etresemann den Grafen Lerchenfeld nur als feiren Playhalter benutzen möchte, ist selbstverständlich. Dazu gibt fich weder Graf Lerchenfeld noch die Bayerische Boltspartei her.
Freundlich wird man diese Antwort gerade nicht nennen fönnen. Und so wird wohl Herrn Stresemann der Versuch nicht erspart bleiben, das auszueffen, was er eingebrockt hat.
Das Schicksal eines Bürgerblocks unter Stresemann als Reichskanzler hängt vom 3 enfrum ab, übrigens auch von der Bayerischen Bolkspartei, die bisher zu den sicheren Aftiven einer Rechtsregierung gerechnet wurde. Nun beschäftigt sich das Berliner Zentrumsblatt mit einem Artifel des Herrn
Auslandspreffe und Regierungsfrage. Frankreich .
Paris , 16. Dezember.( Eigener Drahtbericht.) Die Kommentare der französischen Blätter zum Rücktritt des Kabinetts Marg geben der Heffnung Ausdruck, daß man sich in Berlin von der Unmöglich= Peit der in Aussicht genommenen Erweiterung des Kabinetts nach rechts überzeugen und zur Großen Koalition zurüdfinden werde. Sie unterstreichen mit dem größten Nachdrud, daß eine Bürgerblodregierung in Deutschland außenpolitisch die verhängnisvollsten Rüdwirtungen
haben müsse. So erklärt am Dienstag åbend der„ Temps", das Ausland habe zwar feinerlei Befugnis, sich in eine rein innerdeutsche Angelegenheit einzumischen, aber es sei wichtig, wenn der Präsident des Deutschen Reiches wisse, daß die Bildung einer Regierung, in der die monarchistisch- nationalistischen Tendenzen ausschlaggebend sein würden, das Vertrauen in die deutsche Erfüllungspolitik unhaltbar untergraben müſſe. Victor Basch , der in der„ Cre Nouvelle" die demokratischen Parteien in Deutschland in letzter Stunde vor dem nicht wieder gutzumachenden Fehler warnt, den er und mit ihm die gesamte Linke in Frankreich in dem Uebergang der deutschen Regierung an die Rechte sieht, erMärt, daß, wenn Deutschland wirklich Männern wie Stresemann die Leitung seiner politischen Geschicke anvertrauen würde, in Frankreich die Axhänger der Politik einer deutsch - französischen Berständigung selbst von Herriot fordern würden, der neuen deutschen Regierung nicht nur teine Konzeffionen zu machen, sondern alles zu tun, um die bedrohte Sicherheit Frankreichs zu schüßen. Italien .
Rom , 16. Dezember.( Eigener Drahtbericht.)" Nuovo Base" nimmt in einem Leitartikel zu der Demission der Regierung Mary Stellung und erklärt, daß die Krise zu vermeiden gewesen wäre, wenn die Boltspartei nicht ausschließlich parteitaktische Zicie erstrebe. Sie habe sich mit gutem Recht den Namen Krisen macher für alle Zukunft erworben. Schließlich stimmt das Blatt
"
Einen Kampfblod" in der inneren Verwaltung soll die neue Regierung darstellen. Meint man wirklich, das Zentrum würde fich dazu hergeben, in der inneren Verwaltung, wie Herr Schwarzer will, gegen sich selbst die Knappendienste zu leisten. Man ist also bereit, die äußere Politik unangefochten" zu lassen, erkennt also ruhig an, daß man der selbstlosen Arbeit, die hier das Zentrum geleistet hat, nichts anhaben fann. Aber die Ausübung der politischen Macht, die Hoheitsgewalt muß dem Zentrum entriffen werden. Was müssen wir doch in deufschnationalen Augen für dumme Schafe sein, daß man uns folches zu bieten wagt! Es bleibt also der Bolkspartei das historische Verdienst, alle Möglichkeiten einer Regierungsbildung zerschlagen und teine neue geschaffen zu haben. Das heißt bei der Boltspartei das Vaterland über die Partei stellen". Für andere heißt es: ftaats zerstörende Arbeit.
Einberufung des Landtags.
Erfte Sigung am 5. Januar.
Amtlich wird mitgeteilt:
Das Breußische Staatsministerium nahm in feiner Sigung am Dienstag Stellung zu der Frage, an welchem Termin der neue
Breußische Landtag zusammentrefen solle. Nach der Berfassung würde der Landtag spätestens am 30. Tage nach Beginn der Wahlperiode zusammenzutreten haben, und es würde mithin die es würde mithin die erste Sigung spätestens am 6. Januar stattfinden. Da jedoch im alten Jahr an eine Parlamentstagung wegen der Feiertage und aus parlamentarisch- technischen Gründen nicht mehr zu denken ist, andererseits aber der 6. Januar, der von parlamentarischer Seite in Aussicht genommen war, ein fatholischer Feiertag ist, so beschloß das Staatsministerium, von seinem verfassungsmäßigen Rechte der früheren Einberufung des Landtags als zum 30. Tage nach Beginn der Wahlperiode Gebrauch zu machen und die erste Sigung auf Montag, den 5. Januar, anzusehen.
Die Umbildung oder Neubildung der preußischen Regierung bzw. die Wahl des Ministerpräsidenten durch) den Landtag hat in der fraglichen Rabinettssitzung nicht zur Debatte gestanden. Die Meldung, daß Dr. Don Richter und Dr. Boeliz als Minister der Volkspartei einen Borstoß gegen die Regierung Braun unternommen haben, ist infolgedessen falsch.
dem Artikel der Germania " bei, in bem gesagt wurde, daß mit den Deutschmationalen unmöglich eine vernünftige auswärtige Bolitik zu betreiben ist, und begrüßt die Absicht der Sozialdemo. traten, ein Rabinett zu unterstützen, das die Fortsetzung einer auswärtigen Vernunfts politik garantiert.
Paris , 16. Dezember.( Eigener Drahtbericht.) Die Stammer hat den Artikel II des Amnestievorschlages mit 347 gegen 196 Stimmen angenommen. Dieser Artikel enthält auch die Begnadigung von Caillaug und Malvy.
In der Debatte wurde der frühere Innenminister Malon durch einen neuen Borstoß der Nationalisten zu einer sensationellen Ent hüllung über die Borgeschichte feines Prozesses veranlaßt. Die feinerzeit gegen ihn vor dem Staatsgerichtshof erhobene Anklage war völlig in sich zusammengebrochen und seine Berurteilung ledig lich auf Grund der Tatsache erfolgt, daß er dem während des Krieges von Almereida gegründeten Bonnet Rouge", dessen Redaktion später des Einvernehmens mit dem Feinde" verdächtigt worden war, eine" Subvention von 20 000 Franten verschafft haben soll. Malon teilte dazu heute mit, daß diese Subvention vom Gesamtministerium damals in einem Kabinettsrat beschloffen worden ist, und daß sie nicht von ihm, sondern zur Hälfte auf Anweisung des damaligen Kriegsministers Mille. rand und zur anderen Hälfte auf Anweisung des damaligen ausdrücklich hinzu, er habe aus Gründen der Staatsraison sich bis Außenministers Delcassé ausgezahlt worden ist! Maloy fügte auch vor dem Staatsgerichtshof darüber gefchwiegen. Die her zu dieser Mitteilung nicht für befugt gehalten und deshalb Verleumdungs fampagne feiner Gegner aber 3 minge ihn nunmehr, das bisher gehütete Geheimnis zu zerreißen. Die Mehr heit der Kammer bereitete Malon eine stürmische Dvation Gelbst auf ben Bänken der Mitte flatschte man demonstrativ Beifall, als 2bg. 5 effe feststellte, es fei eine Schmach für Boincaré, daß er sich erst nach Jahren aufgerafft habe, Maloy, über deffen unschuld er nicht den geringsten Zweifel haben konnte, zu rehabilitieren.
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Der Landesverrat der anderen.
Sie förderten die englische Hungerblockade. Wir haben fürzlich hier aus Anlaß des Magdeburger Berleumdungsprozesses ein Dokument des ,, Landesverrats der anderen" abgedruckt, jenen schon ziemlich vergessenen Brief, in dem der alldeutsche General Freiherr v. Gebsattel dem Reichskanzler Bethmann Hollweg mit der Revolution drohte, falls sich die Regierung weigere- Belgien zu annektieren! Dies war jedoch nicht der einzige Landesverrat, der von rechtsstehender Seite verübt wurde. Einen anderen, noch viel schwerer liegenden Fall hat Genosse Stampfer am 22. Juni 1922 im Reichstag vorgebracht. Wir lassen die diesbezügliche Stelle seiner Rede folgen:
Meine Freunde und ich sind nicht geneigt, die Gefahr der 2o5. lösung des Rheinlands als übertrieben groß zu betrachten. Wir halten es aber dennoch für notwendig, sorgfältig allen Anzeichen nachzugehen, die sich von dem Bestehen einer solchen Gefahr bemerk bar machen. Nach zuverlässigen Nachrichten, die mir zugegangen find, gibt es Leute im Rheinland , die eine gewisse Neigung zeigen, sich hinter die hohe Kommission zu stecken, für den Fall, daß die Entscheidung des Deutschen Reichstages in bezug auf die Getreideumlage anders ausfallen sollte, als sie es selber wünfchen. Wenn so etwas in einem Lande geschieht, das unter frember Bejagung steht und in dem fremde Behörden einen gemiffen, leider nicht unbeträchtlichen Einfluß haben, muß man die Augen offen halten. Ich will durchaus nicht annehmen, daß die Mehrzahl der rheinischen Landwirte geneigt wäre, solchen verbrecherischen Lockun gen zu folgen. Leider beweisen aber die Tatsachen, daß es Schur fen gibt Schurfen gibt es in jedem Berufsstande Wahrung ihrer egoistischen Berufsinteressen vor direktem Landesverrat nicht zurüdschreden.( Sehr richtig! bei den Soz.) Ein Dokument, das Ihnen beweist, daß meine Behaup tung nicht auf den Sand gebaut ist, habe ich hier. Halten Sie es für möglich, daß ein Ihnen allen, besonders Ihnen da drüben( nach
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Die in
rechts) sehr wohl bekannter Mann am 12. April 1915 unter dem furchtbarsten Druck der englischen Blockade an einen preußischen Minister einen Brief geschrieben hat, dessen Hauptstelle ich mir zu verlesen erlaube:
Liebste Exzellenz Fritz!
Jm Begriff, nach Polen auf meinen Bosten zurückzukehren, danke ich Gott , die Schererei mit den Gütern und der Zivilverwal tung los zu fein. Es ist auf dem Lande jetzt tatsächlich unerträg lich mit den täglich wechselnden Berordnungen. 3 bestelle 500 Morgen überhaupt nicht, und so machen es viele.( hört, hört bei den Sozialdemokraten. Zuruf: Dolch. ffo ß! Abg. Stampfer: Das ist der Dolch sto B, gewiß!) Weil die Unsicherheit der Ernte und der Bestimmungen zu groß ist. Die Sache mit den Kartoffeln ist jetzt einigermaßen vernünftig, von den Schweinen wird die Hälfte in der Pökeltonne verfaulen. Die Erbitterung auf dem Lande ist sehr groß und wird sich nach dem dem Kriege entladen. Dazu tommt, daß das Vertrauen zu der Obersten Heeresleitung in allen Kreisen immer mehr schwindet. Daß das Vertrauen zu der Obersten Zivilleitung längst fehlt, weißt Du. Nun aber Schwamm drüber.
An. men war dieser Brief gerichtet? An den Herrn Minister des Innern, Herrn v. 2oebell Ich weiß leider nicht, was er darauf veranlaßt hat. Vielleicht kann man an anderer Stelle danah fragen. Unterschrieben ist dieser Brief von Ihrem Freund
Herrn v. Oldenburg- Januschau, Herr Mumm.( Abg. Mumm:„ Der ist nicht deutschnational!" Leb hafte Zurufe links. Wels:„ Das war der Dolchstoß!")
Der Herr ist nicht deutschnational? Ich danke für die AufNärung. Herr von Oldenburg , den ich hier einen Landes. verräter nenne, war der engere Kollege jenes Herrn Röside, ber vor einigen Tagen hier für Sie gesprochen hat.( Sehr richtig! links.) Herr v. Oldenburg ist der Mann, der einmal vor Jahren an derfelben Stelle stand, an der ich hier stehe, und den berühmten Satz fogte: 3ehn Soldaten, vom Kaiser geschickt, müßten genügen, um diesen Reichstag auseinander zu jagen."( Zuruf von den Deutsch nationalen: Haben Sie das gehört?) Jawohl, ich habe es gehört. Und warten Sie weiter ab. Dieser Herr von Oldenburg ist derselbe Herr, den Sie dieser Tage in den illustrierten Zeitungen sehen tonnten, geschmückt mit der alten Uniform, geschmüďt mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse, das er wahrscheinlich dafür bekommen hat( sehr wahr! finfs), wie er treuherzig und bieder dem Feldmarschall v. Hindenburg die Hand schüttelt. Ich frage Sie, welchen Bert diese alte Uniform noch haben kann, renn solche Männer sie tragen dürfen! Ich frage Sie, wel. chen Wert das Eiserne Kreuz 1. Klasse noch haben kann, wenn Leute es tragen dürfen, die solche Briefe wie diesen schreiben!
durch besonders berühmt wurde, daß ihr tags darauf die ErAm 23. Juni hielt dann Helfferich jene Rede, die das mordung Rathenaus folgte. Helfferich forrigierte seinen Freund Mumm dahin, daß er Herrn v. Oldenburg ausdrücklich als Mitglied der deutschnationalen Partei bezeichnete. Das Geständnis Oldenburgs, in Gemeinschaft mit seinen oftpreußischen Klaffengenossen durch vor fähliche Nichtbestellung der Aecker die Aushungerung des deutschen Boltes betrieben zu haben, unterstellte Helfferich