F. Kl. Magdeburg, 16. Dezember. ( Eig. Drahtbericht.) Die Verteidigung des angeklagten völkischen Stahlhelmmannes hat tatastrophales Bech. Am ersten Berhandlungstage hatte die Aussage des Tischlers Syrig Aufsehen erregt, wonach der Reichspräsident bei der Versammlung in Treptow zur Nichtbefolgung von Gestellungsbefehlen aufgefordert haben sollte unter der Parole:„ Streit pertürzt den Krieg!" Diese Aussage des vom deutschnationalen Pastor Koch geworbenen Zeugen wirfte zunächst so sensationell, daß man beschloß, ihn und die ganze Prozeßleitung einschließlich des Staatsanwaltes und der Rechtsanwälte nach Berlin zu schicken und ihn dem Reichspräsidenten in dessen Wohnung gegenüber zustellen. Heute stellt sich nun heraus, daß man einen Menfchen sehr zweifelhaften Charafters ins Haus des Reichspräsidenten geschleppt hat, einen Menschen, von dem einer feiner Mitarbeiter, den er selbst zur Bestätigung seiner Ausfagen dem Gericht genannt hat, versicherte, daß er bei seinen Arbeitskollegen als ein Mann gelte, bei dem jedes dritte Wort erlogen" sei. Der Topf wurde vollständig zerschlagen, als sich der 72jährige Onkel dieses Mannes beim Gericht meldete, weil er es nicht mitansehen könne, daß der Sohn feiner Schwester vor dem Gericht Aussagen mache, die, falls fie Glauben fänden, furchtbares Unheil hervorrufen tönnten. Deshalb berichtete der Onfel des Syrig, ein früherer Restaurateur Sonnenfeld, freiwillig, daß Syrig eine durchaus unglaubwürdige Person sei, dessen Frau ständig in Sorgen lebe davor, daß dieser Mann sie durch seine Neigung zur Ün wahrhaftigkeit ins Elend bringe. Schließlich aber deckte der Onkel die interessante Tatsache auf, daß der deutschnationale Kronzeuge dauernd die Reichsbahn, bei der er beschäftigt ist, zu best ehlen pflege, daß er Polsterlager aus den Eisenbahn abteilen und Gepäcneze abschnitt, um sie nach Hause zu schleppen und zu verwenden.
Der Kronzeuge des Pastors Koch und der ganzen deutschnationale Presse, die ihn nicht genug loben fonnte, mußte die Diebstähle zugeben, indem er von seinem Rechte Gebrauch machte, feine Aussage über den figlichen Bunft zu verweigern.
Eine schöne Hoffnung fiel flirrend zu Boden. Von diesem Zeugen und seinen johannistriebartigen Erinnerungen an eine Versammlung vor sieben Jahren hatte sich der Verteidigungsapparat so vieles versprochen, und nun steht der Mann am Branger und die Berteidigung mit ihm. Es mag schmerzlich gewesen sein, aber es verdient festgehalten zu wer den, daß der von Syrig felbft genannte Zeuge Orgel ihn vor Gericht mehrfach einen Schwindler nannte und hinzufügte, Syrig habe ihm auf seine Frage, wie er in einen solchen Prozeß geraten, versichert, es stede ein Pastor dahinter und im übrigen fei für seine Familie gesorgt, wenn ihm etwas zustoße.
Man merkt die Hände, die hinter den Kulissen das Glüd forrigieren wollen und min in die Linte gegriffen haben.
Die Verleumder in der Klemme.
3eugen immermehr auf Buchstabenspalterei zurüd. Ein Zwischenfall: Der Bertreter des Rebentlägers, Rechtsanwalt Landsberg , mußte den Vorsitzenden darauf aufmerk sam machen, daß seine Objektivität sich nicht immer gleichmäßig nach allen Seiten auswirke. Zmar bestritt der Vorsitzende das, aber nach langen Beratungen des Gerichts war es zum Schluß ein wenig beffer. Und das gibt gute Hoffnung für den morgigen, legten Tag der Beweisaufnahme.
( Schluß des Berichts aus der 2. Betfage.) Richard Müller.
Dann erfolgte die fehr ausführliche und langwierige Bernehmung des früheren Metallarbeiters und jetzigen Schriftstellers Richard müller. Bors: Sie sind der Leiter des Streits 1918 gemefen
daß ich mich als 3euge für Ebert angeboten babe, als un richtig zurückweisen. R.- A.: Heine: Haben Sie mich nicht angerufen? Beuge: Jawohl.
R.-A. Heine: Haben Sie mir nicht gesagt, Sie fönnten mir wichtiges Material für den Herrn Reichspräsidenten bringen? Reuge: Das ist unwahr.
R.-A. Dr. Landsberg: In Ihrem Buch befonen Sie, daß zu einer größeren Gegenwehr gegen den Streif die Beit bis zum 28. Januar 1918 nicht ausreichte. Es ist hier mehrfach gefagt wor den, daß die Gewerkschaften und die SPD. gegen den Streit hätten einschreiten fönnten. Glauben Sie, daß ein Flugblatt der SPD. in letzter Stunde an dem Streit etwas geändert hätte?
Ausbruch des Streits gar nichts geändert. 3euge: Nein. Ein Eingreifen der SPD . hätte an dem
R.-A. Landsberg: Weiter sprechen Sie in Ihrem Buch davon, daß man im Attionskomitee den drei Sozialdemokraten nicht traute. Wiffen Sie von den Verhandlungen zwischen Robert Schmidt und Braun mit dem Reichskanzler und daß Scheidemann , Ebert und Bauer den Versuch machten, die Streit leitung auf diese Verhandlungsbasis zu bringen?
und in der Streifleitung faß auch Herr Ebert, der an 5 Sigungen teilgenommen haben soll. Können Sie uns bas näher schildern? Beuge Richard Müller: Anfang 1918 wuchs dann die revolutio fchaft zurückhalten, weil wir nur eine geschlossene Aktion für richtig näre Stimmung und wir mußten einzelne Schichten der Arbeiterhielten. Wir revolutionären Dbleute setten den Termin zum Ausbruch des Streits auf den 28. Januar feft. Am 27. Januar habe ich in Berlin die wichtige Gruppe der Metalldreher zufammengerufen und ihr gesant: Morgen wird gestreift!" Tatsächlich haben dann am 28. Januar in Berlin 300 000 bis 400 000 Arbeiter die Betriebe verlaffen. Ich wünschte den Eintritt der Sozialdemokraten in die Streifleitung deshalb, weil 1916 die SPD. gegen den Streit Stellung genommen hatte und sich damals fogar auf die Strafbeftimmum baß es uns nur recht fein tönne, wenn die SozialdemoFlugblattes am 30. Januar abends beteiligt? gen berufen hatte, um vor der Bewegung zu warnen. Ich sagte mir, fraten jeht das mitmachten, was fie por mei Jahren als Landesverrat betämpft hatten. Am Abend des 28. fand dann die erste Sikung der Streiffeitung statt etwa 2mischen 6 und 7 Uhr, an der die Abgeordneten der SPD. und der USPD. teilnahmen. In dieser Sigung, die ich leitete, wünschte Ebert, daß die Streitleitung paritätisch zusammengefeht würde, jedoch lehnten wir diesen Antrag ab. Ebert meinte, bingt notwendig, da sie nicht bas enthielten, was die SPD . er halte eine Besprechung der Forderungen für unbe. als notwendig empfinde. Dann sprachen mir organisatorische Fragen, bezüglich des Streifs, durch. In diesem Augenblick fam die Meldung, baß die Sache mulmig würde, denn die Polizei fäme. Da find die Herren Sozialdemokraten ausgerüdt. Wir hatten vor. her noch ganz furz über die Mönlichkeit einer Berhandlung mit der Regierung gesprochen und Scheidemann wollte diefe Berhandlung in die Wege leiten."
3euge: Das war am 31. Januar, als in Berlin Unruhen 3 uschlagen drohte. Es ist richtig, daß sich die drei Sozial ausbrachen und als der Streit in einen Aufruhr uma demokraten in diesem Sinne bemühten. Wir lehnten es a b, genau fo wie den Verfuch der Spartafisten, einen Aufruhr zu entfachen. Man muk unterscheiden. zwischen der Haltung der brei Sozialdemo fraten während der ersten drei Streiftage und nach diesen brei Tagen. Nachher waren sie ernst haft bestrebt, den Streit mölich ft beizulegen.
R.-A. Bindewald: War Herr Ebert an der Abfassung des sehr zurüdhaltend. Beuge: Nein, Ebert war in den Sikungen überhaupt
Borf.: In welchem Sinne?"
Beuge Müller:„ Das wurde noch nicht ausgeführt. Gewerkschaftshaus wieder zusammengetreten. Am 29. Januar morgens find wir dann zwischen 10 und 11 Uhr im Scheidemann mar in diefer Sigung. Db Ebert baran teilnahm, weiß ich heute nicht mehr. Scheidemann berichtete, bak Staatsfefretär allraf erflärt habe, er lehne es ab, Bertreter der streifenden Arbeiter zu empfangen. Darauf sind Scheidemann umb Haase als Ab. geordnete, Scholz und ich als Vertreter der Streifenden a Wallraf Mit ihren Hauptzeugen hat die Verteidigung Pech. Nach gefahren, der uns jedoch nicht vorließ. Wir hatten beKloth versagte riesberg, und auch der Polizei Henfchloffen, dok die boeordneten nicht allein zu Wollraf eben sollten, ninger, Jagowschen Gedentens, fonnte trotz seiner Befehls- denn den SBD- Couten trauten wir nicht und wir wollten auch die haber gar nichts anderes vortragen als Polizeitheorien, die USD- Abgeordneten beobachten. Scheidemann versuchte dann zweivon seinem Berufsgenossen und Namensvetter ohne er"- Henning schließlich zum guten Teil glatt widerlegt wurden. teribirettor Dammann ertätte ims fehr beſtimmt Herr Wallraf Blieben endlich die Richard Müller, Malhahn und Edart, die lang und breit die Ereignisse vom Januar 1918 erzählten und natürlich schließlich zugestehen mußten, daß sie don den Bertretern der Sozialdemokratie im Streitfomitee ichts anderes erwartet hätten, als daß sie den Streif bald. möglichst zu Ende bringen wollten. Die Genossen Brolat, Reintnecht und zum Schluß Genosse Wels stellten den wirklichen Sinn ihrer Beteiligung überzeugend dar. Die Berteidigung tommt angesichts des Zusammenbruchs ihrer
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25 Millionen fchäßt. Wir werden bei unserer fleineren Boltszahl und geringeren Rauftraft natürlich solche Zahlen nie erreichen, in beffen zeigen sie, daß die neue Industrie größte wirtschaftliche Be deutung in Anspruch nehmen darf.
Ein Feind der blauen Brillen. Unter dieser Ueberschrift läßt fich der„ Berl. Lokal- Anzeiger" aus München telegraphieren:
Ein Feind blauer Brillen ist in München in der Person eines Tagelöhners verhaftet worden. Er hat in den Morgenstunden zwischen 4 und 5 Uhr furz hintereinander zur Arbeit gehende Frauen, die blaue Brillen trugen, überfallen und niedergeschlagen, aber nicht beraubt. Bei seiner Bernehmung erflärte er, er be. tomme, menn er Frauen mit einer blauen Brille sehe, stets einen Butanfall und müsse sie aus innerem Drange heraus niederschlagen."
Erich Lindström- 2udendorff hat Glück gehabt, daß er auf seiner Reise nach Schweden nicht diesem Menschen beregnete!
Ein Sardinal gegen den Karneval. Der Kardinal- Erzbischof von Röln. Dr. Schulte, mendet sich in einem Aufruf gegen die Wiedereinführung des Karnevals. Er Setont, daß der Karneval eine Karitatur von abstoßenden Häßlichkeiten geworden sei. Heute bedeute der Karneval einen Appell an den Leichtsinn und die Leichtlevigkeit. ber einen Sohn auf die notleidende rheinische Bevölkerung darstelle. Als besonders abstoßende Berirrung aber müsse es bezeichnet wer ben, wenn die Wiedereinführung mit dem Hinweis auf die Ueberschüsse für Wohltätigkeit begründet werde. Eine Verbindung von Karneval und Wohltätigkeit müffe als Heuchelei gebrandmarkt
werden.
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Das Weihnachtsprogramm der Staatsoper. Als Beihnachtsvorstellungen werden im Opernhause bzw. in der Stroll Dper gegeben am 25.: Lann bäufer und Pobème", am 26: Rofer favalier" und Hänsel und( Bretel" und Puppenfee", am 27.: Gänsel und Gretel", Buppenfee und Bauber flöte als Silvestervorstellung ist in beiden Häusern die Fledermaus" angelegt. Cra Biebig a's Opernlibreffiffin. Clara Biebig bat ibren Roman Absolvente" zu einem Oberniegt umgearbeitet. Die Musik der neuen Oper, die den Titel Die Möra" tragen soll, tomboniert der Sohn Clara Viebi 8, Ernst- Biebig. Das Wert ist von der Düsseldorfer Oper bereits zur Uraufführung angenommen worden.
Das
Mufit. Das letzte Drgeltonaert von Walter Fischer im Dom findet Donnerstag, den 18. Dezember, 8 Ubr. ftatt. Beihnachtsmufit. Brogramm berechtigt zum Eintritt. Der Dom ift ständig geheist. Berliner Sinfonie Dre ft er veranstaltet am Freitag 7, Uhr im Faalbau Friedrichshain einen volkstümlichen Wagner- Abend. Eintritt 75 Bjennig.
Deutschland in Grenoble . Die Parifer Blätter melden am Dienstag, dak die Reichsregierung bie an fie ergangene Einladung, fich an der im nächsten Jahr in Grenoble geplanten internationalen lettrizitäts. ausstellung au beteiligen, angenommen bat. Weiter erklärt die franzöfif e Breffe, daß der schlechte Einbrud, ber burch die Ablehnung einer Beteiligung an der Ausstellung für angewandte Stunft entstand, im mesen lichen behoben worden ist.( Die deutsche Regierung hat triftige Gründe dafür angegeben.)
Drah loje Fingerabdrüde Bei den Versuchen, die brahtlose Telegraphie für die kriminalistit auszunuzen, ist es dem Newyorker Bolizeibureau ge lungen, nicht nur Bilder an die Londoner Polizei zu übermitteln, die voll tommen flar und erkenntlich waren, sondern auch Fingerabbrüde so einwandfrei herüber zu geben, daß danach die Identifizierung einer Bezsönlichteit mit boller Sicherheit vorgenommen werben lann.
werde nur mit den Abgeordneten verhandeln.
Borf: Rennen Sie die Beweggrunde, weshalb ich die fozial demokratischen Abreordneten in die Streitleitung wählen ließen? Reuge: Nein.
Borf.: Welcher Ansicht waren Sie darüber?
3eune( achfelzudend): Die SPD. hat im Kriege eine schman lende. Politit aetrieben. Borf.: Das wurde hier von den Herren beftritten. Sie behaupten, fie hätten eine elotte Linie eingehalten.
reaung unter der Arbeiterimaft fehr groß, 3euge: Oho!( Fortfahrend:) Im Januar 1918 war die Er der Einfluß der SPD. und der Gemerffchaften sehr gering. Nichts lag also näher für diese Herren, als in die Streiffeitung einzutreten, um das Vertrauen der Arbeiterschaft wiederzu geminnen. Ich bin aber auch der Meirmung, daß, wenn damals die Sache anders gekommen wäre, diefe Herren genau so gehandelt hätten, wie sie es fnäter netan haben. Auf jeden Fall entsprach die Saltuma der drei Sozialdemokraten in den ersten Sihungen der Streifleitung vollkommen der Haltung, die der Borwärts" damals eingenommen hat.
Beuge: Gegen den Streit als solchen hat Ebert nicht Stellung genommen. Er hat lediglich in der ersten Sigung die Forderungen der Streifender bemängelt.
Syrig der Dieb.
Das Gericht vernahm dann den Beugen Zeppenfeld- Berlin, den Onfel des Zeugen Syrig, über den Leumund feines Neffen. Der 3euge erklärte, daß Syrig ein Mensch fei, der es mit der Wahrheit Frau des Syrig wiederholt zu ihrem Manne gefagt hat: Du wirst absolut nicht genau nehme. Er habe selbst gehört. wie die es noch fo lange machen, bis du reinfällst. Der Beuge hat darn auch gesehen, daß Sprig von Pfarrer Koch eine poftfarte erhalten habe, durch die er zu dem deutschnationalen Abgeordneten bestell wurde. Als ich den Zeitungsausschnitt sah, sagte ich mir gleich: Es ist ja himmelschreiend, daß einem solchen Menschen, wie Sprig, Glauben geschenkt wird.
Bor: Sie wissen ja gar nicht, ob wir dem Zeugen glauben. Lügt er denn fo piel?
3euge: Ach, da ist das Ende von weg. Sprig bestiehlt die Eisenbahn andauernd. Er bringt Lederriemen und Gepäcnege nach Hause, die er dann für sich verwendet Seine Frau fagt ihm alle Tage: Menich, fchwindle doc nicht fo
Borf: Na Snrig, was fagen Sie dazu? Wie ist bas mit den Diebstählen? Sie brauchen atlerdings auf Fragen, durch deren Beantwortung. Sie fich strafbar machen, nicht zu antworten.
Der Zeuge Syrig erzählt darauf eine lange Geschichte, daß er mit seinem Ontel zerfallen fei, weil dieser vor einigen Jahren ein unanständiges Restaurant besessen habe. Auf die Frage, ob er die Diebstähle begangen habe, verweigert er jedoch die Antwort. Es folgt dann die Bernehmung des Mechanikers Heinrich Malzahn - Berlin , der früher dem Bollzugsrat der Arbeiterräte und vordem dem Ationsaus'chuß der Streifenden angehörte. Er To woht wie ber folgende Beuge, mechaniter Baul Edardt, bestätige. im mefentlichen nur die Auslagen Richard Müllers, ohie etwas neues zu bringen. Der leßte Zeuge fagt mit Bestimmtheit aus, daß auch Scheidemann als Rebner für die Bersammlung im Kleinen Tiergarten bestimmt gewesen sei und den Auftrag hatte, fich dort. hin zu begeben. Das Gericht hat info'gedessen die Zeugen Müller, Malzahn und Edardt für Mittwoch noch einmal zu laben, um sie dem Zeugen Scheidemann gegenüberzu stellen.
Dann wurde noch ganz kurz der Spediteur Franz Reintnecht vernommen, der befundet, daß Anfang 1918 die SPD . fast teinen Einfluß auf die Arbeiterschaft mehr gehabt habe und daß die ganze Organisation infolge der Spaltung der Partei faft nur noch aus einem Verein der Borwärts" leser bestanden habe.
Zum Schluß der Sigung wurde dann noch der Vorsitzende der Srzialdemokratischen Partei Deu schlands, Otto Wels , vernommen, der die drei Sigungen des Streiffomitees, an denen er teilgenom men hat, schildert. Die erste Sigung, an der ich teilnahm, so er färte der Zeuge, fand am 30. Januar im Bahnhof Friedrichstraße Vorf: Der Herr Nebentläger hat gefagt, daß fein Eintritt statt. Ich war allein bort, weil an diesem Vormittag der Partei. in die Strei fleitung so zu erklären fei, daß er den Streit in ausschuß tagte, in dem Ebert ein Referat über den Streit hielt. geordnete Bahnen lenten, oder im Intereffe der Landes- Ich nahm dann noch an einer zweiten Sigung in der Lothringer berteidigung beilenen wollte. Ist diese feine Absicht durch irgend Straße teil, in Gegenwart von Ebert und Scheidemann . Wir eine Handlung oder Aeußerung autoge getreten? Hat er sich irgendwollten eigentlich nicht mehr in die Gigungen des Streiffomitees wie für die Beendigung des Streites eingefekt? gchen, aber wir hatten Nachricht erhalten, daß gewisse Kreise eine Verschärfung des Streits durchsehen wollten Wir glaubten zmar nicht daran, aber wir wollten auf jeden Fall derartige Dinge verhindern. In der Sißung vom 2. Februar wurde noch auf mich ein. geredet, verschärfte Maßnahmen zu ergreifen, was wir Bertreter der SPD . jedoch ablehnten. Wir haben uns mit dem Streit nur befaßt, um die Landesverteidigung zu sichern. Wir bedauerten, daß die Regierung nicht auf Verhandlungen einging, denn wir wußten, doß, wenn auch der Streit innerlich zusammenbruch, doch ein Rest onn Erbitterung in der Arbeiterfchaft zurübleiben mußte. Unsere Stellung zum Streit während des Krieges war nicht aus dem Augenblid her. aus geboren, sondern traditionell. Auf eine Frage von R.-A. Dr. Landsberg, warum Wels die Zeitschrift Die Fadel" her ausgegeben habe, erklärte der Zeuge, daß die Partei ein Sprach rohr haben wollte, nachdem ihr das offizielle Organ. der„ Bor. wärts " durch die unabhängige Redaktion verschlossen gewesen sei. Das Gericht beschloß dann auf weitere 3eugen zu ver zichten und vertagte die Sigung auf den heutigen Mittwoch 9½ Uhr.
Borf. Er hatte doch einen Antrag auf Abänderung diefer Forderungen gestellt und ist damit durchgefallen. Reuge: Ja, er wollte eine Diskussion über die Forderungen und das wurde abgelehnt.
Amischen Richard Müller und den Zeugen Dittmann und Wufchit tommt es dann noch zu längeren Auseinander. fegungen. über unwefentliche Einzelheiten der Müllersch n Schilderung.
R.-A. Dr. Landsberg: Ich bitte, die Frage an den Zeugen
zuzulaffen, inwiefern die Politik der SBD. im Kriege i chwankend war, und ich bitte um einen Gerichtsbeschluß.
Nach längerer Beratima lehnte das Gericht die Frage in dieser Allgemeinheit ab. In diesem Brozek handle es sich um die Frage, ob der Nebenfläner Landes errat getrieben babe. Das Gericht laffe die Frage aber in der Hinsicht zu, ob die SPD. in der Frage der Landesverteidigung eine schwan. fende Bolitik getrieben habe. Das Gericht habe sich auf den Standpunkt gerellt, daß der Angeklagte den Borwurf des Landesverrats ganz allgemein erhoben habe. Infolgedessen sei der Wahr heitsbeweis nicht befchränkt auf die Handlungen des Nebenfläners in bezug auf den Munitionsarbeiterstreif im Jahre 1918. Der Anaeflagte fönne den Beweis auch durch andere Handlungen des Nebenflägers führen, nicht nur wegen der Anemeinheit des Bor. wurfs, sondern auch deshalb, weil der Angeflaate auf demfelben Standpunkt stehe mie Dr. Ganker. Aus den Arten des Falles Banker gehe aber hervor, daß diefe Vorwürfe fich nicht auf ben Munitionsarbeiterftreit beschränkt haben, sondern daß er auch andere Handlungen des Nebenklägers als Beweis zu dessen Bandesverrat herangezogen habe
R.-A. Dr. Landsbera: Dann beschränke ich mich auf diese Frane, ob die Politit der SBD. in der Frage der Landes. verteidiauna ichmantend war.
Beune Richard Müller: Jn bezug auf die Landesverteidigung find bei der SPD . wohl faum Schwankungen in ihrer Haltung festinflen. Von Anfang an hat fie das Durchhalten und die Berfeldigung des Candes gepredigt. Wenn ich das beweisen sollte, dann müste ich zahlofe Artifel und Resolutionen hier zur Stelle schaffen, aber, wie gesagt, in dieser Frage verhält sich die Sozialdemokratie, und zwar natürlich ihr rechter Flügel, ziemlich einheitlich. Im übri- en möchte ich die Behauptung des Herrn Rechtsanwalts Heine,
Am heutigen Mittwoch soll nach Möglichkeit die Be
weis aufnahme zu Ende geführt werden, so daß eventuell am Donnerstag die Plädoyers beginnen fönnen, die voraus. fichtlich zwei Tage in Anspruch nehmen werden. Ob in dieser Woche noch das Urteil gefällt werden wird, erscheint bei dem Umfang des bei der Urteilsfindung zu beurteilenden Materials außer ordentlich fraglich.
Die Geldpolitik der Reichsbank.
Auf einem Festabend des Zentralverbandes des deutschen Reichsbantpräsident Dr. Schacht eine groß angelegte Rede, in der Bant- und Banfiergewerbes, der am Montag stattfand, bielt der er die Ziele der Geldpolitif der Reichebant darlegte. Er er lärte, daß sich eine Reichsbantleitung mehr finden würde, die nicht entschloffen ist, die Gold parität der neuen Währung aufrecht zu erhalten. Der Gold- und Devisenbestand der Reichsbant beträgt zurzeit über zwei Milliarden Mart, das ist ein Betrag, der ausreicht, um gegen einen plöglichen Abruf der großen, nach Deutschland gelegten Auslandskredite die notwendige Vorkehrung zu treffen. Wenn die Banten daran mitwirken würden, einen Privatdiskontmarkt wieder aufzurichten, würde es fich auch zeigen, ob die Frage einer Distontherab. fegung altuell ist.