Die Aufforderung zum Hochverrat.
12 Jahren und Difchewitt mit 7 Jahren. Mühsam murbe zur Höchststrafe verurteilt, obwohl er vor der zweiten Räterepublit bereits berhaftet war und an der kommunistischen Räterepublik überhaupt feinen Anteil hatte. Sauber hatte weber an der ersten, noch an der zweiten Räterepublik Anteil und erhielt feine 12 Jahre lediglich, weil er vor der Proffamierung der Räterepublik in Unterfranken ais 2gitoior tätig war. Olschewski war in Augsburg , wie sämtlichen Beteiligten an der räterepublikanischen Bewegung in Augsburg , von dem Führer der Regierungstruppen Straffreiheit zugesagt. Karpf war ein junger, affiver Offizier, der vierzehn Tage Adjutantendienste im Kriegsministerium der Räterepublik gemacht hat. Die Angehörigen von Olschewski sind seit Jahren in allerschwerster Not. Mühsam ist, wie bekannt, durch die Haft an seiner Gesundheit erheblich gefährdet. Im Zuchthaus befinden sich heute noch die Münchener Geisel mörder. Die Ermordung von Münchener Geisein gehört zweifellos zu den schlimmsten Scheußlichkeiten des Bürgerfrieges. Sie er folgte im Affeft, nachdem befannt geworden war, daß die Gegner in Berlach 12 für unschuldig gehaltene Familienväter und in Starm berg 45 gefangene Rotgardisten erschossen hatten. Niemand wird Taten, wie den Münchener Geiseimord entschuldigen. Es muß aber ben, die in den ersten Wochen der Revolution emporgetragen wurden Waffen in der Hand die verfassungsmäßige Regierung für abgesetzt
baran erinnert werden, daß auf der anderen Seite gleichfalls die Schlimmsten Ausschreitungen vorgekommen sind, die keine oder doch rue milde Richter gefunden haber.
Hitler und die völkische Bewegung.
Die Wurzeln des Hitlerputsches.
Die Boge trägt, fie läßt sich nicht regieren! Sie hat den Architekturzeichner, der die soziale Verworrenheit der Zustände der birgerlichen Gesellschaft fühlte, ohne sie in ihren Ursachen erkennen 3" können, hochegiragen. Sie hat ihn zum Führer einer Bewegung gemacht, die emporbrandete, gipfelte, jäh verebbte, und ihn zurückließ, allein mit den gescheiterten Hoffnungen, den zerfetzten Illusionen, und vielleicht auch mit dem Zorn, der über Berrat dort schreit. ro er nicht vermag, die tieferen Triebfräfte zu erkennen, die ihn ebenso in den Abgrund grenzenloser Enttäuschung warfen, wie sie ihn emportrugen. Die Bewegung hat Hitler geführt, nicht er fie. Er wurde ihr Exponent. Er hat den unbestimmten Allgemeingefühlen, die sie trugen, ebenso unbestimmte Worte verlichen, hat eine Symbolik geschaffen, an die das Heer aller derer sich flammerte, in denen ein unbestimmter Trieb nach anderen Verhältnissen aís den Leiden der Nachkriegszeit nicht zu flarer Erfenntnis der wirfliden Lege Deutschlands und seiner politischen Möglichkeiten murbe.
Deutschland war niedergeworfen, der Machttraum, ben das alte System geschaffen, war zerbrochen. Hitler gab den Enttäuschten, die der Wahrheit nicht ins Geficht fehen fomnien und wollten, zwar richt Macht, aber eine Uniform. Ein Symbol, mit dem früher ber Begriff der Macht untrennbar verbunden war. Er gab nicht Ideen, igte nicht Auswegz. Er konnte es nicht.; denn die Bewegung, die ihn trug, ruble auf geistigen Unterströmungen, bie, wenn sie zur Klarheit durchdrangen, in längst beschrittene Bahnen einmünden mußien. Es war ein fehler, daß die großen Steatsparteien diese Unterströmungen allein ließen, daß sie es nicht verfanden, ihre Burzein aufzufpüren und sie in zielfeste Bahnen zu leiten zum Mugen der deutschen Entwicklung. So floffen sie zusammen in einer ungeordneten, innerlich unflaren, durch Schlagwort und äußere Symbolt zusammenschaltenen Bewegung. Der Machtverlust Deutschlands , die fadisitschen Beschuldungsmethoden des Poincarisms. Tradition aus den Tagen des Kaifertums, der Verlust an geicuschaftlicher Stellung, den die Intelligenz, weite Schichten des itcffantes, die Militärs des alten Systems erlitten, die Ber ftändnislosigkeit gegenüber dem wirtschaftlichen Geschehen der In flations eit, die Blonderheit der bayerifden Mentalität nach dem Räteputsch in München hier find die Wurzeln dieser scheinbar fo einheitlichen und doch so verworrenen Bewegung.
Dicfe Bewegung hatte die größte Aehnlichkeit mit der bunt gemischten Maffe, die sich spontan in ten Straßen zusammendrängt urb nach Handlung, nur nach Handlung drängt. Die einzige politische Perspektive dieser Bewegung war die Gewalt. Wie für die Massen auf der Straße gab es nichts anderes für sie: fame Aftion um der Aftien millen.
Hitler war der Trommler dieser Bewegung. Er gab ihr mili, bat Kahr , den General v. Lossom und Oberst v. Seißer in ein tärisches Gepräge. Das hielt sie zusammen, die Uniform, das Macht- Nebanzimmer. Nach der Rückkehr in den Saal erklärte Hitler die symbol. Aber das militärische Gepräge riß fie auch vorwärts. Reichsregierung für abgefeßt und setzte felbft eine Hitler mußte trommeln, um die Bewegung zusammenzuhalten. Er deutsche Nationalregierung ein. Der General Ludentrommelte sich in die Sachgasse, an deren Ende nichts blieb, als der dorff, der inzwischen erschienen war, übernahm die Bildung und Füh Putsch. rung einer Nationalarmee. Die Haltung von Kahr, Lossow und Seißer war vollständig zweifelhaft. Hitler hielt den Staatsstreich für gelungen. Am Morgen des 9. November marschierte er, mit Ludendorff an der Spitze seiner bewaffneten Kampftruppen, in die Stadt München ein. An der Residenz stellte sich ihm die Landespolizei entgegen und schoß auf die Anmarschierenden. Ludendorff und Hitler warfen sich zu Boden, einige ihrer Anhänger fielen, die übrigen stoben auseinander. Der Butsch war zu Ende. Hitler wurde menige Tage später auf dem Lande verhaftet: Es wurde ihm der Prozeß wegen Hochperrats gemacht. Der Fall lag vollständig klar. Hitler hatte seit langem zum Sturze der Verfassung und der verfassungsmäßigen Regierung aufgefordert. Er hatte eine bewaffnete macht gebildet, um die Verfassung zu stürzen. Er hatte mit den lamiert. Hitler war des Hochverrats schuldig. Der erklärt und eine Regierung des Staatsstreiches proProzeß gegen ihn und seine Mitschuldigen dauerte vier Wochen. In diesem Brozeß unternahm Hitler den Bersuch, durch sein Auftreten im Prozeß und die Art der Prozeßführung die vom Zusammenbruch bedrohte Bewegung zusammenzuhalten, um so über die durch den verunglückten Ausgang des Butsches entstandene Krise seiner Bewegung hinwegzukommen. Das Münchener Boltsgericht ahndete am 1. April 1924 den offenfundigen Hochperrat Hitlers mit fünf Jahren Feftungshaft. Fünf Jahre Festungshaft für die Vorbereitung und Führung eines bewaffneten Unternehmens gegen die Verfassung der Republik , das blutige Opfer gefordert hat!
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Wer war Hitler? Eine Borgeschichte, die nichts unge wöhnliches hat. Architekturzeichner, geboren in Linz in Oberöster reich, in München an feiner Ausbildung gearbeitet, im Krieg in einem bayerischen Regiment an der Westfront gedient, schwer verwundet. Seit 1920 in München eine Agitation die mit alten antisemitischen Mitteln, mit sehr schlecht verstandenen Argumenten des populären Sozialismus, und mit den Requisiten des Spießbürgers und Bierbankpolitikers gegen die neue Republik arbeitete. Er oder ein anderer der Untergrund für solche Agitation war gegeben. Seine Person ist an sich nicht interessant. Wer kennt die namen lofen Führer, die im Kriege auf die radikale Arbeiterschaft einwirt Führer, sie waren Getragene der Bewegung. So ist es mit Hitler . Sie waren nicht Sein Zusammentreffen mit den bewußten Putschisten um Ludendorff , die Einwirkungen des Kapp- Beiftes richteten die Bewegung. Sie wurde zur Gefahr für den neuen Staat. Ihre Werbe versammlungen, die Deutschen Tage", die Paraden, die Aufmärsche, wurden zu lebungen einer putschistischen Armee. Die machtlüfter nen, mit dem Gedanken einer nationalen Diktatur spielenden Kreise fchen in dieser Bewegung das geeignete Machtinstrument, das sie emportragen follte. Die Bewegung wuchs, ihre vermeintlichen Führer wurden immer mehr Geführte. Das innere Gefeß dieser Bewegung zwang Hitler , mit Ernst an die Aktion zu denken. Er hatte der Masse ein Machtsymbol gegeben. Nun wollte sie Machtauwendung sehen. Machtanwendung nach außen war eine schöne Illusion. Der Drang nach Aktion richtete sich gegen die Republik , gegen die Reichsregierung, gegen die unbewaffneten Maffen des eigenen Bolles. Die Reden Hitlers seit dem Jahre 1922 zeigen, wie er folgerichtig in den Putsch hineingezogen wurde. Rathenaumord! Hitler sprach:
und namenlos wieder ins Nichts zurückkehrten.
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Bir Nationalsozialisten, die wir nun drei Jahre lang nichts getan haben, als nur gepredigt beschimpft und befudelt von allen, von den einen verspottet und verhöhnt, von den anderen verlästert und verleumbet wir fönnen nicht zurüd! Für uns gibt es nur den einzigen geraden Weg." Ruhrkampf! Hitler stürmt gegen die Republik :
„ Es wird der Tag einer anderen Einheitsfront tommen. Doch vorher tie Stunde der Abrechnung mit denen, die uns 4½ Jahre lang ihre verbrecherischen Wege geführt haben! Dem äußeren Kampf muß der innere Kampf vorausgehen! Die endgültige Entscheidung zwischen denen, die da sagen: wir sind Deutsche und find storlz darauf, und den anderen, die nicht deutsch sein wollen oder überhaupt nicht deutsch sind. Unsere Bewegung mird bekämpft mit dem Ruf:„ Die Republik ist in Gefahr!" Eure Novemberrepublit nämlich? Jawohl! Die November repubiit ift in Gefahr!"
In den Wochen vor dem Novemberputsch:
" Der Sieg muß unfer fein! Daß die Zuversicht gewaltig ist, bewies Euch der Deutsche Tag" in Nürnberg . Was sich heute anbahnt, wird größer sein als der Weltkrieg! Es wird ausgefochten nerden auf deutschem Boden für die ganze Welt! Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Wir werden Opferlamm oder Sieger!"
Hitler mußte den Worten Taten folgen lassen. Er fonnte nicht länger die Boge auf dem Gipfelpunti halten, ohne daß sie in sich selbst zurückgefallen wäre. Am 8. November machte er, unter der Assistenz von Ludendorff , feinen Staatsstreich. Das Kindliche, Komödienhafte dieses Staatsstreichs ist bekannt. Den großen Worten folgte eine Beine Tat.
Das Verbrechen vom S. November.
Die Reben Hitlers waren offene Aufforderung zum Hochverrat und zum Bürgerkrieg. Die bayerische Regierung wagte nicht gegen ihn einzuschreiten. Am 8. November abends drang Hitler mit be die gewalt- waffneter Macht in eine Versammlung ein, die Herr v. Kahr im Bürgerbräufeller abhielt Er ließ den Saal militärisch befehen und
Psychoanalyse und Dichtung.
Bon Paul Gutmann.
Die Seelenforschung war in früheren Zeiten das Privileg der Didyter. Eine epatie Binchologie gibt es eigentlich erst seit dem vorigen Jahrhundert. Wie im Altertum vier„ Glemente" befonnt waren: Feuer, Waffer, Luft und Erde, so begnügte sich eine spätere primitive Zeit mit den vier sogenannten Temperamenten des Men seen. An das Seguelle zu rühren galt als sträfliche Bermessenheit. Ebenso ist es noch nicht allzu lange her, daß man Irrsinnige in eigens tezu fonstruierten Trommein so lange herumdrehte, bis ihre Erregungszustände beschrichtigt woren, oder daß man sie, wie im Orient, für heilig hielt. Die Dichter wußten über den Wahnsinn riel besser Bescheid ofs die Aerzte. Lear und Ophelia sind Offen. barungen, die dem denkenden Psychiater noch heute Bewunderung abnötigen. Mit dem Neurotifer Hamlet nimmt Shakespeare die Forschung von Jahrhunderten porweg. Kleift, der seinerzeit um vieles noraus mar, gibt in der„ Penthefilea" die überraschende Darstellung eines fadistisch masochistischen Mannweibs. Da ja die Selbstbenbachtung die Ache des bichterischen Schaffens ist, so fönnen uns Hölderlin , Novalis , Benau, Leopardie wertvollere Seelenauffchlüffe geben, als die Wissenschaftler ihrer Zeit.
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In den legten Dezennies hat diefes Verhältnis sich gewandelt. Die Binchoanalyse, jenes für das Publikum interessanteste und von Aerzten am meisten umstrittene Gebiet der neueren Medizin, bietet dem Dichter eine Methode, die seinem eigenen Schaffen die frucht borsten Anregungen zu geben vermag. Wie im Altertum die Priester sich mit der Deutung von Träumen befaßten, so unter nimmt es jetzt der Arzt, der Psychoanalytiker, aus Träumen oder aus dem traumhaft unbewußten Handeln des Menschen Schlüffe euf deffen Seelenleben zu ziehen. Bekanntlich unterliegen wir alle bem 3mang, den Gitte und soziale Gemeinschaft auf uns ausüben; nur im Traum oder in triebhaften Zwangshandlungen, die fich schon im bloßen Versprechen äußern fönnen, stoßen unfere unterdrückten Wünsche bisweilen an die Oberfläche. Diese Wunschregungen, die naturgemäß häufig geschlechtlicher Natur find, weil hier der äußere 3wang am stärtfien mirft, deutet die Psychoanalyse nach der von Professor Freud o genannten und von ihm zuerst missenschaftlich ausgebildeten Methode. Aber nicht nur das Leben. auch sein 2bbild, die Dichtung wird hiernoch in oftmals überraschender Weise
enträtselt.
3mar die Dichter der älteren Generation schienen fich noch gegen diesen vermeintlichen Eingriff in ihre geheiligten Bezirke wehren zu wollen. So farieb Wilhelm Jensen eine ärgerlich ablehnende Antwort an Brofessor Siegmund Freud, als ihm dieser eine Studie: „ Der Wahn und die Träume" in W. Jensens„ Gradiva" zugesandt hate. In der betreffenden Studie, die intereffanter ist, als das ihr zugrunde llegende Phantasieproduft, analysiert Freud in genialer
Das Ende der Bewegung.
Während Hitler in der Festung Landsberg feine Festungshaft verbüßte, wurde der Versuch unternommen, die Bewegung, die groß geworden war unter den Symbolen der Gewalt in der Hoffnung auf gewaltsame Aktion, zu einer politisch- parlamentarischen Partei umzugestalten. Im Mai 1924 wirften die Ursachen, die diese Bewe gung hatten groß werden lassen, noch nach. Die völkische Bewegung crrang einen unbestreitbaren Wahlerfolg. Sie hatte jedoch ihren Gipfelpunkt am 9. November 1923 bereits überschritten. Eine in militärische Formen gepreßte Bewegung, die nur durch die Symbole der Macht und die Hoffnung auf gewaltsame Aftion zusammengehalten wird, erhält den Todesstoß, wenn in der Aktion die vermeintliche Macht sich als Illusion herausstellt. Die Dezemberwahlen haben gezeigt, daß die völkische Bewegung nicht nur aufgehört hat, eine Gefahr für die Republik zu sein, daß sie vielmehr auch aufgehört hat, eine nennenswerte politische Rolle in Deutschland zu spielen. Und Hitler? Die Strafe, die ihm von dem Münchener Boltsgericht für sein Verbrechen gegen den Staat auferlegt wurde, war milde genug. Er hat von dieser Strafe einen sehr fleinen Teil unter Bedingungen verbüßt, die alles andere denn hart waren. Ernst Toller mußte fünf Jahre in Niederschönenfeld unter den quälendsten und unwürdigsten Bedingungen bis zum letzten Tag seiner Festungsstrafe aushorren, Hitler war nur wenige Monate in Landsberg . Er findet seine Bewegung nur noch als Trümmerhaufen. Die Welle, die ihn emportnug, ist in sich zusammengefallen. Er wird die Wendung der Bewegung nicht verstehen. Er wird darin Verrat, Niedertracht, persönliech Schub anderer fehen, er wird vielleicht die felbft beschuldigen, die ihm einst zugejubelt haben.
Ein solcher Mann ist feine Gefahr für die Republit mehr.
Der am
7. Dezember neu gewählte Münchener Stadtrat nahm in feiner heutigen außerordentlichen Gigung die mit Spannung erwartete Wahl des ersten Bürgermeisters vor. Mit sämtlichen bürgerlichen Stimmen wurde der von der nationalen Wahlgemeinschaft präsentierte Stadtrat und Bäckermeister charnag, der Vorsitzende der Stadtratsfraktion der Bayer schen Vollspartei, ge
auch sie ein Atemzug, auch fie ein Symbol, und daß auch Mord und Blut und Scheußlichkeit nicht Dinge sind, welche wahrhaft existieren, fondern nur Wertungen unserer eigenen selbstquälerischen Seele.
Weise das Werk Jensens als einen Wunschtraum aufschlußreichster| zählte, daß auch Wagners Tat ein Weg zur Erlösung gewesen war, Art. Gottfried Reller in feinem biographischen Roman„ Der grüne Heinrich" und viele andere Dichter, die von der PsychoanaInse noch nichts wußten, haben sich eine oftmals überraschende Deus tung gefallen lassen müssen. Daß die Wissenschaft im Uebereifer ihrer neuen Erfolge vielfach zu weit gegangen ist, vielfach bis an die Grenze des Lächerlichen, mag zugestanden werden. Die gegenfeitige Befruchtung von Wissenschaft und Dichtung ist seither jeben falls sehr groß. Was Freud, was der Wiener Dr. Alfred Adler , was die Züricher Schule auf psychoanalytischem Gebiet geleistet hat, fann der moderne Dichter nicht gleichgültig übersehen. Allei 1 von Adlers Wert Ueber den nervofen Charafter" mit seiner Feststellung des männlichen Proteftes als Ausbrud feelischer Schwäche fällt ein Licht auf psychische Vorgänge, das viele Bersonen der Geschichte, der Kriminalistik und des täglichen Umgangs in ganz neuer Charateristik zeigt.
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Wer denkt bei der dichterischen Erörterung derartiger Probleme nicht an manches ebenso grauenhafte wie unverständliche Vorkomm nis der letzten Zeit? Freilich sollten diese dunklen Seelengebiete nur von der ernstesten Wisse tschaft und dem echten Dichter betreten werden. Die Gefahr liegt nahe, daß Unbefugte sich dieses moderne Forschungsgebiet zunuze machen, in der Annahme, daß der intereffante Stoff den Mangel an Schöpferkraft übersehen ließe, ebenso wie es genug belanglose Leute gibt, die durch Beschäftigung mit Aftrologie, Spiritismus und ähnlichen Dingen sich ein Ansehen zu geben hoffen. In der Kunst ist der Stoff nicht das Maßgebende. Aber aus diesem vertiefter Wissen werden zukünftige Dichter noch ungeahnte Anregungen zu schöpfen wissen.
Staatliche Manufakturen an den Kunstgewerbeschulen... Ein ftoatlichen Kunstgewerbeschulen mit bent gewerblichen Schaffen zu verbinden, wird von Brof.& Ehmde von der Münchener Kunst H gewerbeschule in dem Sonderheft für typographische Erziehungsweile gemiesen, das jetzt das Archiv für Budgewerbe und Gebrauchsgraphit herausgibt. In den letzten Jahren ist es zu einer felbstverständlichen Borauslegung für eine gute Kunstgewerbeschule gevorden, ihrer graphischen Abteilung eine eigene Drudwerfstätte als Unterbau zu geben. Das erftrebenswerte Ziel wäre es allerdings, wenn man nodj einen Schritt weiter ginge und aus dieser Werkstätte eine Staatsmanufattur machte, in der nur Aufgaben der Bragis zur Ausführung tämen und in der der Schüler wie ein Lehrling an Arbeiten der Wirk lichkeit beschäftigt würde Auf diese Weise tönnte auch der Staat wieder zu einwandfreien Lösungen für all die vielen Dinge feines graphischen Bedarfs tommen und damit Musterbeispiele für die All gemeinheit aufstellen, während heute das Gegenteil der Fall ist, weil die staatlichen Geschmadsäußerungen höchft angreifbar find und nur aus der privaten und Geschäftswelt Anregungen und Höchstleistungen kommen. Auch der Entwicklung und Züchtung einer Schulbureaukratie müzde Einhalt geboten, wenn es fich nicht mehr um die Echulmeisterei mit mit festgelegten Brogrammen und Stundenplänen handelte, fondern um die Bewältigung täglich mechselnder Aufgaben, wie sie das Leben draußen auch bietet, für das boch lekthin feber Schüler erzogen werden soll.
Ueberblickt man daraufhin die neueste Literatur, so erkennt man, wie tiefgehend bereits der Erafluß der Psychoantyfe auf die dichte- pratiifcher Weg, um die Arbeit der neuerdings so oft angegriffenen rische Produktion ist. In Stefan Zweigs Amor" heißt es in dem rhythmischen Vorwort:„ Tu auf dich, Unterwelt der Leiden fchaften", und jebe der fünf Erzählungen ist eine aus der Psychoanalyse hervorgegangene Synthese. In der Novelle Phantastische Nacht" wird geschildert, wie der untadelige Aristokrat und Aesthet Baron v. R. durch zufällige Erlebnisse am Rande des Kriminellen in einer Nacht, die ihn mit dem Auswurf der Großstadt in Be. zichung gebracht, eine Befreiung erfährt, welche tiefste Geheimnisse ber Schöpfung ihm erhellt." Alles empfand ich, als este es nur für mich allein und mich wieder mit allem strömend verbunden. Alles gehörte mir mit einem Male, seit ich die Rinde um meine Brust zerstoßen, und Freude des Hingebens, des Verschwendens fchwellte mich allem zu. Die Quellen geheimster Grofit brechen aus dem von der Ronvention befreiten 2ffettleben fegenspendend hervor. Ein anderes Buch eines modernen Erzählers, lingfors letter Sommer" von Hermann Heffe enthält eine Erzählung, die in die tiefsten Tiefen der Menschenseele führt: Klein und Wagner". Ein unbedeutender Beamter, namens Klein, erfährt von dem Massenmörder Wagner, der irgendwo in Süddeutschland seine ganze Familie umgebracht und dana Hand an sich selbst gelegt hat. Diefer Wagner, zur firen Idee gen orden, reißt verborgene e gründe in Kleins verfümmerter Alltagsfeele auf und treibt ihn aur Flucht vor den Seinen. Stand er nicht schon lange zu Wagner in mystischer Beziehung? War es ein Zufall, daß diefer Irrfinnige ebenso hieß wie fein Lieblingskomponist? Und nun dient eine belanglose Unterschlagung dazu, den ganzen Komplex feines Chelebens umzuwälzen, iha über die Grenze und fcheinbar in die Freiheit zu führen. Wie diefer Kein an feiner Gewissensangst zugrunde geht, ist ein Meisterstück der von der Psychoanalyse beeinflußten Dichtung. Der Mörder Wagner, deffen Schatten so breit über Kleins Leben gefallen war, lächelte ihm ernst ins Gesicht, und fein Lächeln er
Cine fegensreide elhnachismarte. Der dänische Bostmeister Holböll hat vor einer schönen Reihe von Jahren seine Idee, eine poft marte mit weihnachtlichem Charafler für humanitäre Zwede zu verkaufen, verwirklicht. Nicht nur in Dicemart ist aus dem Erlös der Marte viel Gutes geschaffen worden, sondern auch in Amerika , wo die Weihnachtsmarfe feit 1907 gegen 30 Millionen Dollar eins gebracht hat. Ein amerikanischer Verein verwaltet die Einfünfte 12 000 Krantenpfleger ausgebildet, und man führt den Rückgang der aus dem Verkauf der Marte. Er hat 700 Canatorien errichtet und Sterblichkeit in den Vereinigten Staaten nicht zuletzt auf die Lätigfeit jenes Bereins zurüd, der mit ben aus dem Bertauf der Weihnachismarte herrührenden Mitteln arbetet.