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Druckmittel schaffen wolle. Gäbe es jetzt eine von nationalisti-| daß sie im Krifenmachen eine gewisse Virtuofität besitzen schen Elementen nicht gelähmte republikanische Regierung in Berlin , dann wäre die Stellung der französischen Sozialisten start, und sie könnten auf Einhaltung der vorgesehenen Räumungsfristen drängen, ja, auf eine wesentliche Berkürzung der für die Ruhr festgesetzten Räumungsperiode, selbst auf die Gefahr hin, daß der Bericht der Interalliierten Militärkontroll­fommission Dinge enthielte, die, ohne allzu schwerwiegend zu sein, die Zweifler in ihrem Mißtrauen bestärken tönnten.

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Aber die ausgesprochene Rechtsrichtung der Partei des deutschen Außenministers, die starken Schwankungen, denen das Zentrum unterworfen war, der 14tägige Er­holungsurlaub", der den Krisenmachern gewährt wurde, er leichtert in Frankreich allen denjenigen das Handwert, die pom Boincarismus zu retten suchen, was ihnen rettbar er fcheint. All das, mas ohne große Wirkung auf die öffentliche Meinung Frankreichs geblieben wäre, die Erinnerung an die verschiedenen Putsche in Deutschland , an die Orgesch und andere Geheimorganisationen, durch die die deutsche Republik hinterrücs überfallen werden solite, an die programmatischen Erklärungen der Westarp- Leute gegen die neue Schmach von Bersailles", an die ausgesprochenen Rüstungsproflamationen der monarchistischen Rechten, das nimmt in den Augen des französischen Bottes äußerst eindrucksvolle Proportionen an in dem Augenblick, wo die Ankunft dieser Rechten in die deutsche Regierung möglich erscheint.

Das ist viel wichtiger als alles, was in dem Bericht der Militärkontrollfommission stehen mag. Wenn sich auch die Re­gierungen von London und Paris formell darauf berufen follten, die französischen Sozialisten werden fich durch die Schwierigteiten des Augenblids nicht davon abhalten laffen, alles zu tun, um die Frage der Kölner 3one einer möglichst raschen und dem internationalen Gerechtig= feitsgefühl entsprechenden Lösung ent gegenzuführen. Sie hoffen auch heute noch, daß die Marimalfrist für die Räumung der Ruhr nicht ausgenügt zu werden braucht. Aber sie sind sich flar darüber, daß, so wie die Dinge nun einmal liegen, das Gelingen ihrer Bemühungen zum großen Teil von der Wendung abhängt, welche die inner­politische Krise in Deutschland nehmen wird.

Krisenmacher.

Aber schlechte Kenner der Verfassung.

Die Bolkspartet hat nicht genug von der Verwirrung, die ie im Reich gestiftet hat. Es gelüftet ihr nach einer Krise in Breußen. Damit Deutschland auch während der Bertagung der Regierungsfrage im Reich vor Krisenstickluft nicht zu Atem tommt, fündigt die 3 eit", das Organ des Herrn Strese mann, eine Krise in Preußen an. Sie schreibt:

" Die Dinge werden in Preußen sofort mit dem Zusammen­fritt bes Landbags am 5. Januar in Fluß fommen, und zwar wahr chinlich in rascherem Tempo, als es im Reiche der Fall ist. Die En widlung wird mit der Demission des Rabinetts Braun ihren natürlichen Anfang nehmen. Es versteht sich nach der preußischen Berfassung von selbst, daß die preußische Regierung, die vom Landtage bei dessen Zusammentritt gewählt hird, mit der Auflösung des Landtages ihre Regierungs befugniff verliert und die Bahn für eine Neu wahl der Regierung freimat. So haben die Dinge fich quch im März 1921 abgespielt, als die preußi the Regierung, die im Jahre 1919 gebildet war, ihr Amt bei dem Zusammentrit des neu­gewählten Landtages niederlegte. Dementsprechend wird sicher auch Herr Otto Braun handeln. Man kann das von ihm um so mehr ermarien, als seine Partei eine ausgesprochene Anhängerin des parlamentarischen Systems ist und sich nie genug darin tun tann, ihre Verfassungstreue zu beteuern. Nach dem Wortlaut und Sinn der Berfaffung aber bleibt für den bisherigen preußi­fchen Ministerpräsidenten gar kein anderer Weg als der der De­miffion übrig."

Wir wollen den Herren von der Volkspartei bescheinigen,

von der preußischen Verfassung aber verstehen sie sehr wenig. Die preußische Verfassung bestimmt lediglich, daß der Landtag den Ministerpräsidenten wählt. Die Funktion, die im Reich der Reichspräsident ausübt, wird damit dem Landtag über­tragen. Mehr besagt diese Bestimmung der Verfassung nicht. Der Landtag hat jederzeit das Recht, dem Ministerium das Bertrauen zu entziehen von einem Verlust der Regierungs­befugnisse mit der Auflösung des Landtages ist teine Rede an feiner Stelle der Verfassung, weder dem Sinn, noch dem Wortlaut nach

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Noch unmittelbar vor der Auflösung des Landtages hat der Landtag ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung Braun abgelehnt. Diese Regierung hat einen großen Wahl erfolg davongetragen. Das Kabinett der großen Koalition ver­fügt über 267 Stimmen von 450. Es ruht auf der denkbar stärksten Parteifombination. Es liegt fein Grund zur Demiffion vor vores sei denn, die Bolkspartei molle ein Sprengmanöver veranstalten. Das Kabinett Braun hat keinen Anlaß, nicht vor den neuen Landtag zu treten. Wird ein Mißtrauensvotum gegen dies Rabinett eingebracht, so muß in parlamentarischer Feldschlacht darüber entschieden werden. Will dann die Volkspartei gegen ihre eigene Regierung ftimmen, so wird sie sich gefallen lassen müssen, daß sie auf die Erklärung des Abg. v. Campe- vor der Wahl hingewiesen wird, daß feine Bartei unbedingt zu der bisher in Preußen betriebenen Politik stehe.

Die Verfassung Preußens, die man in der Redaktion der 3eit" so schlecht fennt, gibt so wenig Anlaß zur Demission des Kabinetts Braun wie der Wahlausfall. Wenn die Volkspartei durchaus eine Breußenfrise wollte, fo müßte sie sich felbft bemühen, um sie in aller Deffentlichkeit auf ihre Ver­antwortung herbeizuführen.

Kommunistischer Amnestieschwindel.

Was Katz mit Ludendorff abmachte. Aus den Kreisen unserer Reichstagsfraktion wird uns zur fommunistischen Mühsam- Demonstration geschrieben: Die Freilassung der letzten Niederschönenfelder Gefange­nen gab der Kommunistischen Partei plöglich Anlaß, sich dieser politischen Gefangenen zu erinnern. Während der legten Amnestiedebatte im Reichstage haben gerade die Kom­munisten diese Berurteilten preisgeben wollen. Sie waren bereit, diese Gefangenen weiter hinter Schoß und Riegel zu lassen, wenn nur die Hitler - Rebellen und die Rap­pisten und auch die wegen Hochverrats 1923 und 1924 Ber­hafteten refp. Berurteilten freigelaffen würden. Nachdem damals die fozialdemokratischen und fommunistischen Amnestieanträge abgelehnt waren, fam es zur Abstimmung über einen völlischen Amnestieantrag, der lediglich den wegen Hochverrats gegen das Reich Berurteilten die Freiheit geben wollte. Diese Begrenzung des völkischen Antrages war sehr erklärlich, da die Völkischen natürlich nur den Kan­piſten von 1920 und den Münchener Hochverrätern von 1923 die Freiheit verschaffen wollten. Unsere Genossen erkannten fofort, daß mit der Annahme dieses Antrages den wegen Hochverrats gegen ein Land, nämlich Bayern , im Jahre 1919 Berhafteten nicht gedient wäre und unfere Frattion beantragte daher die Ausdehnung dieses Amnestie antrages auch auf solchen Hochverrat, der gegen ein Land begangen war. Diesen Antrag lehnten aber die Rechts­parteien ab, weil sie diefen politischen Gefangenen natürlich nicht zur Freiheit verhelfen wollten. Daraufhin erklärte sich unsere Fraftion gegen den völfifchen Antrag, der aller dings auch bei ihrer Zustimmung nicht die Mehrheit gefunden hätte. Es wäre unerträglich gewesen, die Führer der Kap­pisten und die Hitler - Leute zu amnestieren, die Anhänger der bayerischen Räterepublik aber weiter hinter Schloß und Riegel zu laffen. Die Kommunisten stimmten trotz dieser Heraus­nahme der Gefangenen von Niederschönenfeld aus der Amnestie für den völkischen Antrag. Damit gaben sie gerade jene Verurteilten preis, deren Freilassung sie heute feiern,

nicht ohne dabei die Sozialdemokratie, deren Fraktion im Gegensatz zur fommunistischen auch hier für die Nieder­schönenfelder eingetreten war, für die lange Haft dieser Ge­fangenen verantwortlich zu machen. Es wird Zeit, diesem kommunistischen Schwindel energisch entgegenzu= ireten und die Deffentlichkeit darüber aufzuklären, daß gerade die Kommunisten am allermenigsten das Recht haben, sich als Befreier der Niederschönenfelder aufzuspielen.

Der fächsische Parteistreit.

Der Parteivorstand hatte gestern vormittag Vertreter beider Richtungen der sächsischen Bartei zu sich geladen, um mit ihnen über die Beilegung der sächsischen Diffe renzen zu beraten. Der Parteivorstand wird den Organi­fationen einen formulierten Einigungsvorschlag unterbreiten.

Gleichzeitig veröffentlichten bürgerliche Abendblätter, zum Teil in sensationeller Aufmachung, eine Meldung der TU., wo­nach die Spaltung der fächsischen Sozialdemokratie voll­80gen sein soll. Daß diefe Meldung unzutreffend ist, er­gibt sich aus dem vorher Gesagten. Wie sie aber von den leiden­schaftlichsten Gegnern der Sozialdemokratie aufgenommen wird, zeigt ein Leitauffaz der Deutschen Zeitung", in dem ans geführt wird, eine neue Spaltung zwischen Mehrheitssozial­demokraten und Unabhängigen sei unvermeidlich. Zum Schluß wird gesagt:

Sollte es aber gelingen, den Bruch jetzt noch zu verhindern, über furz oder lang muß es doch zu ihm fommen. Dann werden hoffentlich recht zahlreiche wohlüberlegte Borhaben von Ebert und Genossen sich als Luftschlösser und Ee fen blasen erweisen zum Heil des deutschen Volkes und zum Unsegen für die nur zerfeßende und zerstörende internationale Sozial emo­tratie, der schwerste Fluch, der über Deutsch and gelastet has und noch loftet.

Dswegen haben wir allen Grund, die Spaltungen in Sach'en mit unserer größten Aufmertfamteit zu begleiten." Die sächsischen Genossen haben nicht weniger Grund, ihre Aufmerksamkeit auf die Hoffnungen zu richten, mit denen die Gegner ihre Streitigkeiten verfolgen.

Preußische Rheinlandkonferenz.

Dr. Horion erstattet dem Staatsministerium Bericht. Der Amtliche Preußische Pressedienst teilt mit:

schen Ministerpräsidenten Braun im Benar cal des Staatsministe Montag vormittag 11 Uhr fand unter dem Borsiz des preußi rums eine Sigung jämtlicher preußischer Staa sminister statt, in der der Landeshauptmann der Rheinprovinz , Dr. Horion, als Leiter der deutschen Abordnung zur Durchführung der Londoner Vereinbarungen über Verlauf und Ergebnis der von ihm geführten Berhandlungen in Koblenz und Düsseldorf Bericht erstattete. Der Ministerpräsident sprach dem Landeshauptmonn die besondere Anerkennung der preußischen Staatsregierung für die zum Wohle des Rheiniandes und des gesamten Ba erlandes geeistete vorbildliche Arbeit aus. die neben der Lösung bedeutsamer politischer Fragen u. a. den Erfo'g der Rückziehung nehezu aller bisher noch wirt omen Ausweisungen gehabt hat und über­reichte ihm ein in warmen Worten seine Berdienste fennzeichendes Dantchreiben. Der Ministerpräsident bat den Landeshauptmann ebenso wie auch den Oberpräsidenten der Rheinprovinz Dr. Fuchs, der gleichfalls anwesend war, die Uebermittler feines aufrich igen Dantes an die rheinische Bevölkerung zu sein, die in unerschütterlicher Opferbereitschaft in schwerster Zeit dem Reich und Preußen die Treue gehalten habe.

An der Sigung nahmen sonst u. a. noch Vertreter der politischen Parteien der Rheinproving teil. Nach Beendigung der Aus prache vereinigte die Sigungsteilnehmer sich zu einem Frühstück, zu dem der Ministerpräsident und Frau Braun Einladungen hatten er. gehen lassen, und an dem auch der Reichspräsident und Staatssekretär Dr. Meißner teilnahmen.

Kleine Vorweihnachtsgeschichte. Schmere dieſer Arbeit zu befreien. Wie wohl? Ganz einfach: er nacht. Hanſi Echneider wird vielleicht seine Hampelmänner verkauft

Bon Walther Gosch

Hansi Schneider wohnt im Hinterhaus. Das wäre nichts Be­senderes, denn sehr viele Leute wohnen in einem Hinterhaus. Aber wo Hansi Schneider wohnt, das ist eigentlich gar fein Haus, son­dern nur ein Verschlag, der früher einmal ein Stall oder eine Baschküche gewesen sein mag oder irgend etwas anderes. Dieser Verschlag steht jetzt in winterlicher Sonne. Winterliche Sonne hat nichts von dem glühenden Sac des Sommers, der über der Stadt hängt, aber sie besinnt sich doch darauf, einige Stunden das zerbrochene Dach zu belagern, und gibt dem Wind, der schon falt und frostig von den Feldern tommt, wenigstens etwas wohl tuende Wärme. Hier lebt nun Hansi Schneider mit seiner alten Tante. Ich weiß noch: vor einigen Monaten war noch seine Mutter bei ihm; aber als das reife Obst in der Schale des Herbstes zum töftlichen Mahle einlud und auch nach und nach die grünen Bunder bäume der Borortstraße fich zu schwarzen gespensterischen Fingern entlaubten, starb sie ganz plöglich. Man weiß eigentlich nicht. woran. Der Armenarzt, schon immer als der Bevollmächtigte des billigsten Todes befannt, sagte mir im Vertrauen: daran alle Armen sterben.

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Seit dieser Zeit ist nun hansi mit seiner alten Tante ganz allein. Die alte Frau ist ein stummer, welter Baum, ohne jemals zu lächeln, und von Krankheit zerfressen; ich glaube nicht, daß sie durch diesen Winter tommen wird. Hansi ist erst sechzehn Jahre alt und handelt jetzt auf dem Weihnachtsmarkt mit Hampelmännern. Und da dies auch an meine Knabenjahre erinnert, will ich davon erzählen.

Bis vor wenigen Wochen war Hansi Arbeitsbursche in einer der zahlreichen Papierhandlungen unserer Stadt. Seine Arbeit war es, die Papierballen und Bapprollen von den Fuhrwerken abzu­laden und sie in den großen Lagerfeller zu verstauen. Er machte diese Arbeit ganz allein; der Chef bebiente die Kunden in dem fleinen, nur vom hinteren Arbeitsraum durch eine hölzerne Wand abgetrennten Ladengeschäft, Runden, die sich aus Schulkindern, Haus, frauen und fleinen Tippfräuleins zusammensetzten. Manchmal ver­irrten sich auch bie kleinen Dämchen vom Lyzeum in Hubert Schmidts Papierwaren en gros und en détail", denn das war draußen auf einem blanten Emailleschild in großen Buchstaben zu lesen. Stolz oder nicht Stolz: immerhin gehörten einige große Firmen zu den ständigen Runden.

Es war eigentlich für Hansi nicht leicht, die schweren Bapier­ballen in das Lager zu schaffen; von Natur ein schmächtiger Knabe, aber aufgeweckter als das Gros unseres geistigen Nachwuchses, das die Hörsäle belagert, wußte er die Unannehmlichkeit dieser Arbeit durch eine gefunde Elastizität auszugleichen. Nicht durch fingen oder pfeifen oder räumen, dies ist ein allzu billiges Bergnügen; nein,

Hansi verstand es, durch eine gewisse Rationalisierung" sich von der legte sich eine Art Rutschbahn aus Brettern an und ließ, nach Be­rechnung der Rutschzeit", die Papprollen vom oberen Raum genau in die Ecke des Kellers rollen, wo sie zu lagern bestimmt waren. Das war sicher flug von ihm. Nicht Faulheit. Denn was tann richtiger sein als richtige Defonomie der Arbeit?!

Ich sagte schon, Hansi war auch auf der Arbeitsstelle immer allein. Das mag allen seinen Widersachern, vor allem aber seinem Chef, Grund gewesen sein, daraus den Diebstahl einiger Pappreste herzuleiten. Aber das Alleinsein ist nicht immer eine Grube des Schlechten. Lacht nur! Und fommt mit euren moralischen Eir. mürfen! Die Mutter war gestorben, zu Hause tränkelte die alte Tante, die Borgewißheit des Winters brödelte den Lebensmut wo war Hoffnung? Und was der kleine Hansi an Lohn heimbrachte, fagt, gehört Phantasie dazu? Ist es da zu verwundern, daß er einige Abfallpappen mitnahm, um Hampelmänner daraus zu machen? Ich glaube nicht. Der Hunger im Winter ist ein eisiger

Sad.

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Aber er wurde ertappt. Es ist eine Tragit, daß immer die Armen ertappt werden. Da man menschliche Gründe gelten lassen wollte, so verzieh der Chef. und Hansi wurde nur entlassen. Es war gerade die Zeit, da auf den Straßen und freien Blägen die Buben und Stände aufgeschlagen wurden: der Weihnachtsmarkt begann.

Ganz leise fei gefagt: die Pappe hat Hansi doch behalten. Und zwei Dutzend Hampelmänner sind daraus entstanden. Kasperle, Rupprechts, Eulenspiegels. Zwei Dußend! Hanft war glücklich und dachte, wenn er alle verkaufen würde, Stüd um Stüd für zehn Pfennige, so fönnte er am Heiligabend über zwei ganze Mart nach Hause bringen. Das gäbe noch feinen Weihnachtsbaum mit Nüssen, Aepfeln und Zuckerwert, aber einmal ein warmes Stübchen, darin man träumen und sich der toten Mutter erinnern könnte. Er wußte ja, wie schwer sich in der Kälte träumen ließ.

So steht nun Hanfi Schneider mit feinen Hampelmännern in der großen Hauptstraße und schreit: Behn Pfennig der Hampel mann! Behn Pfennig der Hampelmann!

Liebe Leute: ich fenne dieses Geschäft. Wenn ihr dem blonden schmächtigen Knaben helfen wollt, fo fauft ihm seine Hampelmänner ab. Es ist das Wenigste, was ihr tun sollt. Wer hilft noch mehr? Weihnachten naht. Auf den Wäldern, weit draußen vor der Stabt, liegt schon der silberhelle Frost Balb wird auch der Schnee mind in die Städte reisen und auf einmal, über Nacht, wird auf den Dächern, in den Straßen, auf den wenigen Bäumen das weiße Wunder ausgebreitet sein. Es fann auch Schmutz geben, ja. Aber einerlei: ob Schmutz oder das weiße flingende Lied: es ist Winter. Und dieser Winter mit seinen eisigen Roffen, die nicht allein der Wind herträgt, dieser Winter ist nicht für alle die ersehnte Reife in die Berge, nicht die erwünschte Abwechslung nach der Müdigkeit des

regnerischen Herbstes nicht die Schwelle zu des Christkindes Weih­haben und über zwei Mart heimbringen. Einmal wird das Zimmer ganz warm sein können, die alte Tante wird einmal lächeln. Nicht mehr. Hanfi wird über den Wolfen sein und zwischen Blau und Samt mit seiner Mutter in der Wiege eines Sternes ruhen. Und dann kommt wieder der tägliche Tag.

Dentt ihr daran? Dentt ihr immer daran, wenn die helle Stunde auf dem Tisch eures Sonntags liegt?

Wer hat den Kalender gemacht, der erst die Armen im Tode Weihnachten feiern läßt? Hanfi und viele andere fragen fo.

Der Invalide, ber an der Straßenede orgelt, ist dein Bruder. Der Dieb, der im Gefängris fizt und nicht begreift, warum, ist bein Ramerab. Hansi Schreiber ist dein Freund. Der Hunger aber ist unser größter Feind! Willst du ihn be­flegen helfen?

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Kunstsch'a ht in Schöneberg .

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Ueberfüllt ber lichtweite Saal des Schöneberger Rat. hauses in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag. Kitsch und Kunst mit Gesang und Tanz das war bei der Beranstaltung von Freundeskreis der Schule Reimann" ungefähr die Lages"-Ordnung, deren Aufarbeitung fich bis in die berühmten Morgenstunden hinzog. Das hierbei zu entdeckende Gold im Munde fand man in begreiflicher Katerstimmung zwar nicht, aber man hatte dafür am Abend den ästhetischen Genuß einer in der Tat fiber­Kitsch und Kunst". Alles drehte sich in dem flaren und geiſt­schönen Rede des Kunsthistorifers Mar Deri über das Thema vollen Lichtbildervortrag legten Endes um die Erkenntnis: Kitsch ist jebe schöpferische Leiftung, die von einem banalen Gefühl getragen ist, können schüßt vor Ritschen nicht. Von einem wirklichen Kunst­wert fann man erst dann sprechen, wenn Inhalt, Farbe und Form felten oder intensiv oder beides zusammen sind.

Formulierung aber sehr treffend zu nennen. Hätte es aber wirklich Diese Behauptung Mar Deris ist wohl taum neu, thre prägnante bei der in fich glänzenden Beweisführung so sehr der Blechpofaune der Bathetit" und so viel einer unnötig provozierenden Satire be durft? So gab es denn manchen Pfiff und Bisch in der bewegten Diskussion, an der sich die Marderiten sowohl als auch ihre Gegner lebhaft beteiligten. Die Gegner: ein verbitterter, ungerechter Maler, ein fluger Spezialist für Kunstdünger, ein Major, der durchaus keine Majorität hinter sich hatte. Im Gegenfak hierzu gaben wertvolle Er. gänzungen Verlagsbuchhändler Altmann, Dr. Adolf Behne , Dr. Edgar Draege und Prof. Fries. Herwarth Wal­bens Oppositionsstellung gegen den nicht unbegabten Schauspieler Mag Deri" war diesmal mehr grundsätzlich als fachlich; was Walden fagte, war bis auf die Ignorierung der Seele, auf die sie sich alle herausreden" richtig, sehr richtig fogar, aber es war doch nur auch richtig: Deri wurde ergänzt, nicht widerlegt. Es ist überhaupt eine große Frage, ob sich bei der Eubjektivität des Kunstempfindens aller gerade insofern war ein Sah sehr richtig:" Im Wandel der Zeiten fenfitiven Menschen eine Theorie ohne weiteres widerlegen läßt läßt­ändert sich mit uns der Kitsch." Was heute Kitsch ist, kann vor