bedrohlich ausgreifende deutsche Politik. England zog dann die Vereinigten Staaten hinter sich her, da Herr v. T i r p i tz, der heutige Ehrenvorsitzende der Deutschnationalen Volks- partei, der durch feine Flottenbautcn die Engländer auf das äußerste gereizt hatte, zwar den Bau einer ausreichenden Zahl Unterseeboote unterließ und verhinderte, aber mit den wenigen Unterseebooten zunächst doch so stark die Amerikaner beunruhigte, daß die Regierung in Washington einen ge- nügenden Vorwand für eine Kriegserklärung an Deutschland hatte: in Summa ein Mann, heute wohl geeignet, als Kanzler- kandidat der Deutschnationalen Volkspartei zu fungieren, und wenn es darauf ankommt, das Vertrauen zum republi- konischen Deutschland in der Welt nach Möglichkeit zu z e r- st ö r e n. Das Buch von Theodor Wolfs, das die Vergangenheit be- handelt, bringt erklärlicherweise der Politik des Tages eine Fülle von Anregungen. Und dazu ist es in einem Stil ge- schrieben, voll lebendiger Anschaulichkeit: ein historisches Werk, das gerechte Sachlichkeit zrir Richtschnur erhielt, mit den Reizen eines spannenden literarischen Kunstwerkes: leider die tragische Erzählung der Vorbedingungen unseres Zusammenbruches.
Die Teuerung. Ihre Ursachen und ihre Bekämpfung. Was bedeutet die Teuerung, die in der letzten Zeit i n der ganzen Weltwirtschaft und in einzelnen Län- dern in besonders hohem Grade aufgetreten ist? Jeder, der von seiner Hände Arbeit oder Kopfarbeit lebt, empfindet die Teuerung mit Recht als ein großes Uebel, das seine seit dem Kriege ansonst verschlechterte Lebenshaltung mit neuer Gefahr bedroht. Die Teuerung alsWelterfcheinung, und darüber hinaus die Teuerung in einzelnen Ländern, ist eine verwickelte Angelegenheit, deren Gründe sehr mannigfaltig sind, und die daher nur schwer aus der Welt geschafft werden kann. Von der Teuerung, die von der Valutaseite her kommt» und sich in der fortschreitenden Entwertung des Goldes aus- drückt, wollen wir hier nicht reden. Wir wissen wohl, daß die Kaufkraft des Goldes seit dem Kriege viel geringer geworden ist als früher. Für dieselbe Menge Goldes kann man feit dem Kriege weniger kaufen als in der Vorkriegszeit. Auch sind die Folgen der Geldentwertung für die Preisgestaltung bekannt. Bei der Betrachtung der neuen, jüngst hereingebrochenen Teuerungswelle können wir jedoch die Valutasragen füglich ausschalten. Sic kommen heute nur für die Länder in Betracht, welche ihre Stabilisierungskrise— die Befestigung des Geld- wertes— noch nicht ganz überwunden haben, und wo daher • die Anpassung der Preise an die Weltmarktpreise noch nicht ganz erfolgte. In diesen Ländern, wie in Oesterreich , Belgien usw., steigen die Preise auch aus diesem Grunde. Es gibt aber auch Stabilisierungen, wie in Deutschland , Polen und Ungarn , wo gleich beim Anfang der Stabilisierung die Weltmarktpreise erreicht oder überboten wurden. Uns beschäftigt hier nur die Teuerung der Weltmarktpreise selbst oder die über die Weltmarktpreise hinausgehende Steigerung der Waren- preise. Wenn in einem gegebenen Zeitpunkt weniger erzeugt und dadurch das Angebot der Waren vermindert wird, so ist die Teuerung nur ein Ausdruck dafür, daß nicht mehr verbraucht werden kann als erzeugt wird. Diese einfache Wahrheit kommt in der kapitalistischen Wirtschaft durch Teuerung zum Ausdruck, die nicht nur die schlechtere Versorgung der Be- völkerung bedeutet, sondern noch andere Folgen hat. Die Ver- Minderung der Produktion kann natürliche und k ü n st- liche Ursachen haben. Der schlechte Ernteausfall ist eine natürliche Ursache. Die dadurch hervorgerufene Teuerung bewirkt aber nicht nur die schlechtere Versorgung der Bevölkerung mit Brot, sondern, infolge der verminderten Kaufkraft der Brotkäufer, die einen größeren Teil ihres Ein- kommens für das teure Brot verwenden müssen, hat sie auch den Rückgang auf anderen Produktionsgebieten zur Folge. Noch schlimmer ist aber die k ü n st l i ch c Einschränkung
der Produktion, die in der kapitalistischen Wirtschaft zur Erhöhung der Profite vorgenommen wird. Man schränkt die Produktion absichtlich ein, um das Angebot am Waren- niarkt zu vermindern. Zu diesem Zweck ist aber die Ausschal- tung des freien Wettbewerbes notwendig. Je mehr das Monopolkapital in Form von Trusten und Kartellen vor- dringt, um so leichter können Produktionseinschränkunaen zur Steigerung der Profite vorgenommen werden. Freilich könn- ten die Truste und Kartelle durch eine Erweiterung der Pro- duktion und die dadurch bewirkte Senkung der Herstellungs- kosten unter Umständen noch mehr gewinnen als durch die künstliche Einschränkung der Produktion. Für das M o n o p o l k a p i t a l ist es aber viel bequemer und sicherer, den anderen Weg zu gehen. Um den Absatz für eine erweiterte Produktion zu sichern, müssen politische und soziale Vorbedingungen geschaffen werden, wozu sich aber das Monopolkapital nicht aufschwingen kann. Zur Sicherung und Steigerung seiner Macht in der Politik und in der Wirtschaft ist es ihm angenehmer, ein großes Heer zu unterhalten, poli- tische Unsicherheit aufrechtzuerhalten(Imperialismus!) und niedrige Löhne zu zahlen: Umstände, die einer Erweiterung des Absatzes im Wege stehen. Während der großen Weltwirt- schaftskrife konnte man feststellen, daß bei der gleichzeitigen Verarmung der Bevölkerung und dem Zusammenschrumpfen des Nationaleinkommens der Anteil des Monopol- k a p i t a l s an dem Gesamteinkommen des Landes sich so- wohl absolut wie relativ erhöht hat. Was bedeutet denn die Teuerung? An sich nichts— sie empfängt nur durch Gegenüber st cllung mit dem Einkommen ihre Bedeutung. Wenn die Preise für die landwirtschaftlichen Produkte in einem größeren Maße stei- gen als die Preise der Produktionsmittel für die Landwirt- schaft und für die Industrieartikel, so steigt das Einkommen der Landwirte. Sie können trotz der Erhöhung der allgemeinen Preislage mehr als bisher kaufen. Für diejenigen Schichten aber, welche ihr Einkommen der Teuerung entsprechend nicht zu steigern vermögen, bedeutet die Teuerung die Ein- schränkung ihres Verbrauches. Es kann die Ein- schränkung des Verbrauches für das ganze Land erfolgen, in- sofern sich die Weltmarktpreise für die Artikel, die in dieses Land eingeführt werden müssen, wie Getreide, Baumwolle, Kolonialprodukte, steigen?. In diesen Fällen muß das ganze Land einen Tribut an die Länder, in denen diese Produkte erzeugt werden, entrichten. Innerhalb des Landes erfolgen ober außerdem noch große Verschiebungen in der Einkommen- Verteilung. Angesichts der Teuerung sinkt das Realeinkommen einzelner Bevölkerungsschichten, wobei das gesamte National- cinkommen sich erhöhen, gleichbleiben oder sinken kann. In letzterem Falle wird das Einkommen dieser Schichten in einem größeren Maße sinken wie das Nationaleinkommen. In diesem Falle muß die eine Schicht gewinnen, was die andere verliert. Bon dem Nutz- nießer der Teuerung, vom Monopolkapital haben wir bereits gesprochen: in der letzten Zeit sind auch die Landwirte hinzu- gekommen. Dazu kommt, daß das Leihkapital(Banken usw.), das in den Ländern, wo Geldknappheit herrscht, sich hohe Zinsen für die Darlehen bezahlen läßt. Des weiteren trägt die Ueberhandnahme des Zwischenhandels zur fortschreitenden Verteuerung bei. Die Spanne zwischen den Erzeuger- und Kleinhandelspreisen wird immer größer, was auf eine Ueber- handnahme der unproduktiven Arbeit hinweist. Bei zu hohen Frachtkosten werden die Waren nicht nur unmittelbar ver- teuert, sondern vielmehr dadurch, daß der Wettbewerb, der zur Senkung der Warenpreise führen kann, auch auf diese Weise erschwert wird. Die Leidtragenden bei der Teuerung sind aber immer die Fe st besoldeten und die L o h n e m p f ä n- g e r. Bei dem Mechanismus der kapitalistischen Wirtschaft kommt nämlich die Anpassung der Gehälter und der Löhne an die Teuerung zu spät und ist u n z u- reichend: sie stößt auf mannigfache Widerstände. Deshalb bildet kür diese Schicht der Bevölkerung die Teuerung die größte Sorge. Wie soll man ihr begegnen? Der Käuferstreik kommt schwerlich in Frage. Die Unternehmer, die Rohstoffe
und Halbfabrikate kaufen, pflegen in der Zeit der Teuerung noch mehr zu kaufen als sonst, aus Angst vor einer weiteren Preissteigerung. Die Verbraucher sind aber nicht organisiert, und soweit es sich um unentbehrliche Bedarfsartikel handelt, können sie sich des Kaufes nicht enthalten. Es bleibt kein anderer Weg, als Kämpfe für die Erhöhung der Gehälter und Löhne zu führen, eine aufreibende Arbeit, die nie zum vollen Sieg führen kann. Ihr Erfolg ist im wesentlichen vom Grad der Organisierung der Arbeitnehmer ab- hängig. �, D e r S t a a t könnte zur Bekämpfung der Teuerung auf zweierlei Art beitragen: unmittelbar durch seine Steuer-, Zoll-und Kreditpolitik, mittelbar aber durch Kon- trolle der Preisgestaltung. Was den ersten Punkt anbelangt, so war die Tätigkeit der Staatsmacht in den letzten Iahren keineswegs geeignet, die Teuerung einzuschränken. Wenn man die'Steuerwirtschaft der curopäisthen Staaten überblickt, ist man geradezu erstaunt über die Rückständigkeit und den unsozialen Charakter derselben. Mit Ausnahme von England sind die Steuersysteme sämtlicher Länder auf die sozial ungerechtesten Steuern aufgebaut, die der Teuenrng und dadurch der Verminderung der Kaufkraft der wirtschaftlich schwächsten Schichten Vorschub leisten. Deutschland hat dies- bezüglich eine führende Rolle. Dasselbe gill für die Zollpolitik mit ihren� bösen Wirkungen auf die Teuerung. Dies wird sowohl durch die Verteilung der Machtverhältnisie wie auch durch Bequemlichkeit herbeigeführt. Zölle, Verbrauchs- und Umsatzsteuern sind die bequemsten Mittel zur Geldbeschaffung für den Staat. Die militärischen Ausgaben nehmen in fast allen europäischen Ländern noch riesige Summen in Anspruch. Für Deutschland kommen noch die Reparationslasten ver- schärfend hinzu. Für Mitteleuropa außerdem noch die er- drückenden Kreditzinsen. Noch schlimmer steht es um die P r e i s k o n t r o l l e. Nach dem Kriege herrschte Einstimmigkeit über die Forderung des Abbaues der während des Krieges entstandenen Zwangs- Wirtschaft. Nicht ohne Grund. Die Kriegswirtschaft hatte ihre großen Mängel und konnte für den Frieden nicht einfach über- nommen werden. Sie ermöglichte große Kriegsgewinne: auch ist es wahr, daß die Festsetzung von Höchstpreisen, wenn sie nicht mit der Verteilung der Waren verbunden ist, zum Verschwinden derselben vom Markt und zum Schleichhandel führt. Aus diesem Grunde kann man von den neuerlich erlassenen Wuchergesetzen in einzelnen Ländern, die Höchstpreise für ge- wisse Bedarfsartikel bestimmen, nicht sehr viel erwarten. Trotzdem darf man nicht vergessen, daß die Kriegswirtschaft in mancher Hinsicht viel geleistet hat und die Versorgung der Bevölkerung zu erträglichen Preisen durchsetzte. Nicht die Kriegswirtschaft als solche, sondern nur ihre Auswüchse hätten beseitigt bzw. ihre Lücken ausgefüllt werden müssen. Heute sind die Kartelle, die während des Krieges durch den Staat gegründet und gefördert, aber auch weitgehend kon- trolliert wurden, wieder da, mit dem Unterschied aber, daß hinter ihnen keine wirksame Kontrolle steht. Sie sind in ihrer Preispolitik vollkommen frei und unbehindert. Der Kampf gegen die Teuerung muß demnach an ver- schiedenen Fronten geführt werden. Zu seinem Erfolg ist sowohl die Stärkung der außerpolitischen sozialen Be- w e g u n g wie eine größere Einflußnahme auf die S t a a t s« g e w a l t notwendig.
Wirtschaft DeröesthästigungsgradloüeröeutsthenTextilinöustr'e In der Textilindustrie, die in den letzten 10 bis 12 Monaten von der allgemeinen wirtschaftlichen Krise besonders schwer betroffen war, Hot sich der Beschäftigungsgrad nach der Klärung der außenpolitischen Loge durch die Annahme des Londoner Pakte» wesentlich gebessert. Die monatlichen Arbeitslosen- und Kurzarbeiterzählungcn des Deutschen Tcxtilarbeiterverbandes. die fchon immer als wichtiger Eradtnesser der Arbcitsmarktlage in der
Wege weiter vorzugehen. Das eine betraf den Charakter des Spitz- bogens in der Architektur als wohl mannigmal gebranichssähig: aber der Schönheit ermangelnd, und das endere die Gefährlichkeit der Landschaftsmalerei in der schönen Kunst." Ein anderer Kunstfreund, der Dichter und Begründer der modernen Kunstwissenschaft Franz K u g l e r, machte im Frühling 1827 dem Alten in Weimar seine, Aufwartung, cingeführr durch ein Schreiben des Freundes Zelter. Seinen Eindruck von Goethes Persönlichkeit schildert er folgender- maßen:.Der Meister erscheint: Deorient als Lear: der König von Tule. Ein« hohe, est? Gestalt, nicht gebückt, im braunen Ueberrock, den Kragen ein wenig phantastisch geschnitten und inederhängend. Das Gesicht ist edel, nicht so verfallen als du glaubtest, die Farbe dunkel, brannrot, die Nase groß, aber nicht lang, über der gewaltigen jovischen Stirn heben sich weiße Haare, um den Mund spielt ein eigenes Lächeln. Sehr wohl getroffen ist die Büste von Rauch, die ich kurz hernach im Gipsabguß auf der Bibliothek sah: der Stein- druck mit seinem Faksimile ist ähnlich, aber er stellt nur den alten Mann, nicht den Dichterlönig dar. Ueber die jüngeren Darstellungen kann ich nicht weiter urteilen. Er lädt dich ein, neben ihm aus dem Sofa Platz zu nehmen, spricht mft dir über dies und das. wie du sonst schon bei Visiten auf der Reise gewohnt bist: nur bricht er überall schnell ab mit einem fast ängstlichen:„So, so na schön, und von hier gehen Sie usw." Daß dein Besuch kurz, die Unterredung von gleich- gültigen Gegenständen, ockrd dich nicht weiter befremden: du um st aber die gewaltig« königlU« Erscheinung nicht so leicht aus Sinn und Gedanken zu bannen oe�nögen." Heinrich Döring , der lpäeer vislgelesen« Lebensbilder unserer Klassiker und auch eine Biographie Goethes oerfaßt hat, war im Dezember 1814 bei Goethe, als dieser sich in Jena aufhielt, und schreibt darüber:„Ich ließ mich melden und wurde sehr höflich, sa zuvorkommend aufgenommen, obgleich man mir seinen Stolz, ja leine Geringschätzung gegen Fremde mit den lebhaftesten Farben schilderte. Goethe ist ein Mann von mittlerer Größe, stark und kräftig gebaut, von blühender Farbe, schwarzen Augen, einer gebogenen Ras«: kurz, er hat ein echt griechisches Aussehen, w!« wir es auf alten Basen, Gemälden oder Büsten zu erblicken gewohnt sind. Er unter- hielt sich beinahe«ine Stunde mit nur von mannigfachen Wissenschaft- 'lichen Fächern und meinen Studien, wobei er Gelegenheit nahm, mir die Naturwissenschaften zu empfehlen, indem uns. wie er sagte, durch dies Studium allein die Schuppen vom Auge fielen." Der Maler Joseph Stieler , von dem' das bekannte Goethe-Bildnis stammt, schilderte die Sitzungen im Jahr« 1828 später in einem Brief an Eckermann:„Diese vier Wochen in Goethes Nähe und alles, was ich dort sah werden mir unvergeßlich bleiben. Sie bilden bei mir einen Lebensabschnitt: Du kannst Dir denken, mit welcher Begierde ich daher Dein« Gespräche mit dem Vortresflichen las. Ich erlanme ihn in jeder Zeile wieder, hörte dieselben Ausdrücke, dieselben Worte. welche ich von seinen Lippen vernahm." Der Mustker H i l l e r, der 1827 bei Goethe war, schreibt darüber an Eckermonn:„Ich denke nur immer mit wahrem Entzücken an meine Augenblicke bei Goethe, die. ich kann wohl sagen, auf mein ganzes Leben«inen entscheidenden Einfluß habon. Wie großartig und liebreich sah ich den Mann vor mir stehen, den ich schon liebte, ohne ihn gesehen zu haben!"
schrankenlos ausleben, darum hat er Gewalt! Weil wir gut sein möchten, ich betone: möchten! Weil wir den Frieden wünschen, weil wir ihn erhoffen! Wären wir gut, wären wir der Friede, dann hätten wir die gleiche Magie und Gewalt! Ehe wir nicht der Friede sind— wie Ludendorff der Krieg—,«her wird der Friede nicht Herr über den Krieg. Soldaten des Friedens müssen wir sein, nicht Träumer des Friedens! Kämpfer, nicht Literaten und Pazi- sisten des Friedens! Als Ludendorff beide Söhne an der West- front abgeschossen wurden, war er mittags in Charieville Gast des Kaisers. Keine Träne rann über sein« Wangen . Sachlich machte er seine Meldungen. Es wäre ungerecht, zu behaupten, er Härte sie nicht geliebt, seine Söhne. Aber als Wilhelm II. fein Sektglas erhob und sagte:„Exzellenz, Ihre beiden Helden!" da stand der General auf. ohne mit einer Muskel zu zucken, und schütte!« das volle Glas Sekt in seinen Schlund wie in den Mund einer Marmorfigur.— Wollen Sie noch mehr Erklärungen? Wo ist der Pazifist, der auch nur ein« seiner Leidenschaften: Ehrgeiz. Eitelkeit oder Ausschweifung, so gebändigt hat, so aufgelöst hat im Frieden wie dieser Soldat im Krieg? Nennen Sie ihn mir! Herr Gerard, Sie haben gewettert, geflucht und gefragt: was tue ich? Ich bin müde, ich bin matt! Ludendorff flucht nicht, er wettert nicht, er ist nicht matt und nicht müde— Ludendorff ist! Die Stunden seiner Nacht und des Tages sind beladen, sind erfüllt mit der Arbeit für den Krieg. Sind Ihre Stunden der Nacht und des Tages erfüllt und geladen mit der Zlrbeit für den Frieden?" Jogues' und Fräulein Rameaus Augen stmren mich aufgerissen an.„Glauben Sie wirklich" wende ich mich jetzt noch näher, noch dringlicher an Gerard.„daß durch Borführuna grausiger Felm « ein Feldherr erschüttert würde? Was bedeutet ihm den Tod? Ihm, der selber mit dem Säbel in der Faust Lüttich erstürmte? Was besagt ihm eine gespaltene Hin.scha'e? Ober das von Aestheten geschildert- l lutig« Gedärm zerfetzter Soldaten? Lrc> pstns, betet sein Mund, und alles Tote fliegt in dies« Aureole auf! Daß eine Verwesung nicht appetitlich aussieht, Herr Gärard, würde er hinzufügen, das wußte ich schon vor dem Kriege. Wollen Sie, würde er weiter sagen, alle Toten, dft Millionen Toten, die täglich sterben, auch>m Film festhalten?— Ihr Propagondamittel gegen den Tod würde er durch den Tod seit Adam lächelnd entknästen. Erst rotten Sie bitte, würbe Ludendorf' zu Ende'sprechen, die Tuberkulose aus! die«euch« und Syphilis — che Sie meine Massengräber beanstanden. Ha' er nicht recht? Ich frage:. wer hol bis auf den heutigen Tag für die Heiligung des Leibes fa leidenschaftlich sein Leben eingesetzt wie die < Luden dorffs für seine Schändung auf den Feldern des Todes?" Fräulein Rameau steht langftim auf und geht an das Fensler. Gärard ist still geworden. Das Bi'd mit dem Turmbau von Babel in einen Schrank schließend, sagt Jaques schlicht:„ich glaub«, wir haben Sie oerstanden."
pferöchen, lauf! Von Iwan Heilbut. Auf dem weiten Weg durch die einsamen Felder, wo niemand ihm begegnet, geht der Bouer neben dem mageren Schimmelchen, er streichelt ihm über den Rücken und sagt:„Ja, wir beide..." Und er faßt die Deichsel und sie ziehen den Wagen vorwärts, die beiden, Der Regen rieselt. Aber als sie dem Dorfe näher kamen, da hielt der Bauer das Pferd am Zaum, er reckle sich auf den Zehen und flüsterte ihm in's Ohr:„Pferdchen, lauf, damit die Leut' nichi ihre Freude haben!" Da lief das Schimmelchen durch's ganz« Dorf und lief so stolz und grab, als ob's ein rechter Schimmel wäre. Die Leute guckten aus den Türen und guckten weg. Der Bauer saß wie«in König auk seinem Wagen und schnalzte und knallte die Peitsch« in der Lust. Und als das Pferdchen in feinem Stall stand, da fiel es seufzend in die Knie, als wellte es beien. Dann neigte«s sich aus die Seite, und starb. Der Bauer betet für stines Pferdchens Seele, Dann betet- er für sich selber. Und er lehnt den Kopf an die stille Weiche.
öegegnungen mit Goethe. Unzählige haben den Olympier von Weimar aufgesucht, sind bald mehr, bald weniger freundlich«mpftwigen worden und haben Ein- rücke mit fortzenommen, die ims in ifjm Gesamtheit ein Bild von ioethes Persönlichkeit geben, das die intimen Selbstbekenntnisse iner Werke durch objektiv« Schau ergänzt. In einer vielbändigen Sammluna sind diese Begegnungen und Gespräche verzeichnet: aber z finden sich noch immer neue wichtige Zeugnisse, in denen Besucher i! jener schreibseligen Zeit ihre Erlebnisse niederlegten. In der Sammlung Klippcnberg, dieser bedeutendsten Goethe gewidmeten Privatsammlung, deren Schätze noch ständig anwachsen, sind«ine oanze Anzahl von Briefen der Zeitgenossen Goethes erhalten, in denen Besuche in dem Hause am Frouenplatz in Weimar geschildert sind. Aus diesen bisher unveröffentlichten Schreiben teilt Dr. F. A. Hünich in dem neuesten vierten Band des im Jnftl-Aerlag erscheinenden „Jahrbuches der Sammlung Klippcnberg" wertvolle Aufzeichnungen über solche Gcethe-Vesuch: mit. So berichtet Schinkel, der groß« Baumeister, in einem Brief vom 17, Mai 1825: Mein letzter, leider viel zu kurzer Aufenthalt in Weimar ist mir von unbeschreiblicher Wichtizkeck gewesen, ein paar höchst bedeutende Wort« des hochverehrten Geh, Rat von Goethe trafen so vollkommen mit der Lösung einiger Aufgaben, die ich mir oemacht hott« und deren Beart eitung ich die besten Stunden meiner Muße widme, zusammen, daß ich sehr ermutigt wurde, auf meinem