Entschlossenheit des Leiters, sondern auch die Unterordnung aller öffentlichen Kreditinstitute unter seine volkswirtschaftlichen leitenden Gesichtspunkte. Dazu gehörte ein Beamtenapparat. der namentlich in den oberen leitenden Stellen nicht nur völlig moralisch intakt und technisch auf der Höhe war. son- dern sich auch seiner großen volkswirtschaftlichen Verantwor- tung in jedem einzelnen Falle der Kreditgewährung bewußt war. In der Seehandlung haben leitende Beamte in dieser Hinsicht versagt. Ihre Schuld prüft das Strafgericht. Die Oeffentlichkeit jedoch hat ein Gefühl der Unsicherheit. Ist es möglich, daß in so einflußreichen Geldinstituten Beamte auf eigene Faust GeldpoUtik betreiben? Es ist nun wirklich an der Zeit, daß die Leitung der preußischen Staatsbank mit eiüer klaren Und ungeschminkten Darlegung ihrer Kredit- Politik im Laufe des Jahres 1924 hervortritt, um die Unruhe in der Oeffentlichkeit zu zerstreuen.
Kutisker-'Staatsbank� flltes Regime. Ein deutschnationales Panama . Der Rechtspresse ist die Verhaftung von leitenden Be- omten der Preußischen Staatsbank im Fall Kutisker sehr un- angenehm. Sie versucht für die Korruptionsaffäre das O st- j ü d e n t u m als solches und die„O st j u d e n p o l i t i k" der Linksparteien verantwortlich zu machen. Die ver- hafteten Beamten werden als die unschuldigen Opfer des ge- riffenen Ostjuden Kutisker hingestellt. Der„Tag" bemerkt in diesem Zusammenhang: „Wenn die politische Rechte erklärt, daß es ihr vor allen Dingen darauf ankomme, den Staat sauber zu machen, so haben wir hier ein typische a B ei spiel dafür, was gemeint ist." Ein nettes typisches Beispiel! Wer hat denn in diesem Fall den Staat beschmutzt? � Die. verhafteten leitenden Beamten und der für den Skandal verantwortliche Präsident der Seehandlung sind samt und sonders Beamte des alten Regimes, das heißt Persönlichkeiten, die nicht aus dem Osten, sondern aus der nächsten Umgebung der Deutsch - nationalen Partei stammen. Die Preußische Staats- bank, ein in sich geschlossenes Institut, untersteht dem Finanz- minister Dr. Richter, nicht nur Mitglied der Deutschen Volkspartei, sondern auch ehemaliger Finanz- minister im Herzogtum Coburg -Gotha . Man V-i«stv in der Staatsbank einen Apparat vor sich, derNus der laiferllch-löniglichen Zeit übernommen wurde und dessen ver- antwortliche Männer ohne Ausnahme Fachbeamte alten Stils sind. Sie waren unter sich. Sie hatten mit den „neuen" Männern nichts zu tun. So wenig, daß sie in der Epoche ihrör großzügigen Kreditgewährung dem p r e u ß i- schen Staat einen Kredit versagen und ihn so in die Zwangslage versetzen konnten, einen Teil seines Aktienbesitzes zu verpfänden. Wenn also die politische Rechte einen Versuch der Sclube- rung des Staates unternehmen will— in der Tat, das Beispiel Staatsbank ist typisch dafür, wo der Anfang zu machen ist. Aber die Deutschnationalen verstecken sich hinter K u- t-'isk er. Ohne den Fall Kutisker kein Fall Staatsbank, sagt Üej.Aap" und fügt hinzu: � .' f �„Es/lctufen ober, heute in Berlin noch Hunderte solcher KuLskers h�niivl Sie wohnen in den besten Dillen und fahren in den elegantesten Autos. Sie haben ihre Beziehungen und spotten der Hemmungen, die Gesetz und Anstand dem wohlgesinnten Bürger anlegen. Ein großer Teil der zu diesem Rattenkönig un» sauberer Geschäft« gehörenden Personen sind Ausländer. Sie. stammen größtenteils aus dem Osten. Ihr« Protektoren sind seit Jahren die Linksparteien gewesen, t." Halten wir uns an konkrete Tatsachen und bleiben beim Fall Kutisker. Wer waren seine Protektoren— die Linksparteien oder die Fachbeamten alten Stils aus der Staats- dank? Wer hat die Geschäfte Kutiskers besorgt— die Linksparteien oder Fachbeamte alten Stils mit deutschnationaler Färbung? lind wem verdankt Kutisker fein Vermögen? War
Carl Spitteler . Im 80. Lebensjahre ist der Schweizer Dichter Carl Spitteler g.est o? b e n. Er war«in großer Mann, ein Denker und Former von Qualitäten, wie die deutsche Dichtung in den letzten Jahrzehnten keinen mehr besaß. Der Mann, der noch mit Gottfried Keller und Konrad Ferdinand Meyer oertraut gewesen war, ging ober in seinen. Anfängen schon ganz selbständige Weg«. Er ließ sich nicht betören, wie so viele seiner helvetischen Landsleiüe, durch die weife und anmutige Realistik, deren Meister Gottfried Keller geworden war., Er stellte sich auch nicht als Trabant hinter Konrad Ferdinand Meyer , indem er bei, den Gestalten einer übermenschlichen Renaissance geistige Befeuerung suchte. Man hat es mit einer gewissen Schaden- sreude vermerkt, daß Spitteler gleich in feinem ersten Werk«, in dem Epos„Prometheus mnd Epimetheus" in die Wolken hinaufstieg und jenen Uebermenschen formte, dem Friedrich Nietzsche nach Spitteler erst philosophische Würde oerlieh. Als diefer Vor- gönger des großen Einsiedlers von Sils Moria gilt Spitteler noch bis zum heutigen Tage. Der Mann, der jahrzehntelang in der Zeitungsredaktton faß und trummgefchriebene Feuilletons zurechtflickte, war ein Heller kritischer Kopf und«in lochender Moralist. Wenn er aber rückwärts wanderte, in die antike Mythologie und im„Olympischen Frühling " die mächttgen hellenischen Göttergeschichten in kunst- vollsten Reimen und eigenwilligen Strophen sang, dann vermochte er all feine Bildung und klassische Belesenheit auszuschalten. Gewiß, er ging in diesem Riesenwerk, das auch von dem Leser arbeitsam« Vertiefung forderte, sehr herbe, man möchte sagen schwyzerisch derb mit den Unsterblichen des Götterberges um. Aber gerade diese Neu- schöpfung der antiken Schövfungsgeschichte durch einem Mann, der tagtäglich in seinen helvetischen Bergen das Werden und Versinken der- Iahreszetten beobachten konnte, der sich van Kindheit an ver- traut'gemacht hatte mit Lawinen und Firnenhöhen und verschneiten Zauberlandschaften, bietet den unendlichen nationalen Reiz. Spitteler map«in Schweizer Dichter und darum auch«in deutscher Dichter. All.seine Lyrik, seine beschreibenden„Glockenlieder" und seine „S ch m�e tt e r l i n g s g e d i ch t e" sind solcher Naturbettachtung ge- widmet.' Ein Wande-er dichtet, der Halt macht bei Felsgraten und Ichroffen Urgesteinwänden und auf Almen und an murmelnden Quellen und an breiten Seen, die im Sommer von der Sonn« über- glutet werden und die im Herbste Gespenstern« bel zu den Wollen .ntsenden. - Der heiter« Moralist und tiefsinnige Epiker war der schlichtest« nd getreuest« Lyriker der Natur. s So genoß er bis 1914 in Deutschland großen Ruhtm Man ehrte hn, ohne daß man sich sehr zärtlich mit ihm befreundet«. Sein« Lyrik war wohl zugänglich, aber das so eigensinnige Epos vom Olympischen Frühling" wurde kaum volkstümlich. Es fei mir ge- ttattet, in diesen Totenspruch eine Erinnerung einzufügen: Ich hatte
er nicht der Heereslicferant der Baltikumer? Stammt sein Ausstieg nicht aus diesen Tagen? Aber damals hörte man kein Wort von dem gerissenen Ostjuden Kutisker und einer verfehlten Ostjudenpolitik. Die deutschnationale Presse hat diese Argumente erst heute entdeckt, um ein deutsch - nationales Panama zu verdecken. Sie mag es halten nach Be- lieben. Ein besonders gutes Zeugnis siellt sie aber weder sich selbst, noch den deutschnationalen Fachbeamten der Kaiser - zeit aus, wenn sie für ihre Unfähigkeit und Haltlosigkeit die Linksparteien und die Republik verantwortlich macht. Sie ge- steht damit lediglich zu, daß Männer ihres Schlages den An- Forderungen der Nachkriegszeit nicht gewachsen sind. Die Verhaftungen in See Staatsbank. Der Amtliche Preußische Pressedienst teilt mit: Zu den durch die Presse gegangenen Mitteilungen über neue Verhaftungen im weiteren Verlaufe der Untersuchung des Falles Kutisker ist mitzuteilen, daß die Verhaftung des Geheimen Finanz- rots Dr. Rühe wegen des Verdachts der Untreue gegen die Preußische Staatsbank erfolgt ist. Der früher erwähnte Schied-- sxruch, an dem Geheimrat Rühe beteiligt gewesen ist und aus dem er ein hohes Honorar bezogen hatte, hat bei dieser Verhaftung keine Rolle gespielt. Die Derhastung ist vielmehr erfolgt, weil gegen Eeheimrat Rühe der Verdacht besteht, daß er außerordentlich Hobe Kredite an verschiedene Persönlichkeiten, darunter an die Familie Kutisker, bewilligt habe. Was die Verhaftung der Beamten B l o- dow und Kersten anbelangt, so ist daran zu erinnern, daß diese beiden zu den drei Beamten gehören, von denen gleich zu Beginn der Untersuchung durch das Finanzministerium mitgeteilt wurde, daß sie bereits vor einigen Monaten von der Direktion der Staate - bang aus eigenem entlassen waren. Jetzt setzt lediglich die kriminelle Verfolgung dieser Beamten ein. <düer was sonst? Eine Frage und keine Antwort. Am Sonntag ist hier ausgeführt worden, daß es notwendig werden würde, mit der Entente über die Frage zu verhandeln, mann und unter welchen Bedingungen die Kölner Zone ge- räumt werden solle. Es wurde die Frage aufgeworfen, was denn sonst geschehen könnte, wenn man diesen Weg für ungangbar hielte. Die deutschnationale Presse unterläßt es, diese Frage zu beantworten und zieht es vor. ihren Lesern klarzulegen, daß der„Vorwärts" ein niederträchtiges Blatt ist, das immerzu nur die Unterwerfung, die Kapitulation Deutschlands vor seinen Feinden betreibe. Das aber haben die Leser der deutsch - nationalen Presse schon so oft gelesen, daß man die Wieder- holung füglich auf einen wenigerernsten Zeitpunkt hätte verschieben dürfen. Es geht jetzt um die verteufelt ernste Frage, ob etwas getan werden kann, um die Räumung der Kölner Zone mit einer möglichst kurzen Verzögerungdennoch zu erreichen, und was dazu getan werden kann. Wir haben einen Weg ge- zeigt, der uns noch gangbar scheint, sind aber gern bereit, uns eines besseren belehren zu lassen. Ein besserer Weg ist es aber sicher nicht, wenn man den Bericht der Militärkontrollkom- Mission, noch bevor man ihn kennt, als eine Sammlung von Lügen bezeichnet und sich im übrigen auf Proteste beschränkt, die zwar das aus der ganzen Situation von selbst Gegebene sind, aber leider keinen Schritt weiterführen. Jedermann sieht oder sollte sehen, daß die französische R h e i n p o l i t i k. deren Träger n i ch t die Regierung Herriot, sondern die Opposition gegen sie ist, eine Entscheidungsschlacht kämpft. Sie hat von der konservatwen englischen Regierung und den Militärsachverständigen Unterstützung erhallen und hosst, mit dieser Unterstützung die französische Regierungs- polllik endgüllig in chre Bahn drängen zu können. Einen beträchtlichen Anfangserfolg hat sie schon erzielt. Diese französische Rheinlandpolitik, die Politik des bloc nutioiml, führt jetzt in der ganzen Welt einen ungeheuren Propagandafeldzug. Sie will nicht nur dem französischen Volk, sondern allen Völkern der Welt die Ueberzeugung bei-
im„LUerarischen Echo" festgestellt, daß unsere Zell nicht mehr die sestgehämmerte. in unveränderter Form dahinströmende gereimte und skandierte Epik vertrüge. Ich hatte damals auch den„Olympischen Frühling" eine kostbare Künstelei genannt, wohl wert der bewun- dernden Andacht, aber wohl niemals dazu berufen, Eigentum des Volkes zu werden. Da wehrte sich Spitteler. Cr meinte, daß ihm Unrecht geschähe, er selbst glaubte, daß er ein sehr volkstümliches. den Nibelungen oder„Hermann und Dorothea" oder dem antiken Homer verwandtes Epos gedichtet habe. Er war überhaupt ein streitbarer Herr,„urchig", wie der Schwyzer sagt, d. h. dickköpfig, wenn man nicht seines Willens und Denkens war. So stellte er sich gleich zu Anfang des Weltkrieges gegen Deutschland , dem er schließlich doch seinen besten Namen ver- dankte. Das Unrecht, dos an Belgien begangen wurde, konnte er nicht verschmerzen, und daruni glaubte er auch alles andere, was gegen Deutschland in seiner schweizerischen Heimat geredet und ge- schrieben wurde. Damals machten die Franzosen sich ein Fest dar- aus, daß sie ihn nach Paris einluden, um ihm einen Lorbeer zu schenken. Nun, der Lorbeer sollte dem Poeten gelten, aber der Politiker hat ihn nur empfangen. Denn den Franzosen blieb das Spittelersche Genie noch unverständlicher als den Deutschen außer- halb der Eidgenossenschaft . Spitteler war ein Dichter, der nicht lange hassen konnte. Sein gesundes Empfinden führt« ihn bald wieder nach Deutschland zurück. _ Max Hochdorf .
Die 5rösche und öie Teichrose. Ein kleiner Teich beherbergte seit undenklichen Zeiten ein Volt von Fröschen. Im Winter, wenn dos Wasser mit Eis bedeckt war. schliefen sie starr und leblos im Schlamm. Im Sommer saßen sie. schön nach Alter und Ansehen geordnet, zwischen den Gräsern und dem Schilf des Ufers. Die halbe Sommernacht hindurch ertönte ihr vielstimmiges Gequake, das ihnen viel schöner erschien als der Gesang der Dorfmädchen und der Rachtigall. Nichts störte ihr Glück, und keiner von ihnen wünschte eine Aenderung in der altherge- brachten Teichordnung. Da niachtc man eines Tages die Entdeckung, daß sich aus dein Moder des Grundes etwas zartes Grünes heroorspulte und in raschem Wachstum zur Oberfläche emporstrebte. Die Froschgreise schüttelten die dicken Köpfe, sie konnten sich den Vorgang nicht erklären. Dos ganze Völkchen verhielt sich mißtrauisch abwartend. Das seltsame Gebilde war mittlerweile am Wasserspiegel an- gelangt und entfaltete dort mehrere große, grüne Schwimmblätter, die mit ihren feinen Poren freudig die frische Lust einatmeten. Das war den Fröschen denn doch zu dumm, seit Froschgedenten war so etwas nicht dagewesen. Doch die Erregung steigerte sich zur Empörung, als sich zwischen den Blättern eine runde Knospe aus. tat und eine große, weiße Blüte zur Sonne emporlächelte. Wie durfte der Eindringling es wagen, ihren lieben, alten Teich so zu verunstalten! Es wurde sofort eine Versammlung aller national gesinnten
bringen, daß Deutschland insgeheim und vertragswidrig un- geheure Kriegsrüstungen betreibe und daß es daher, vom fran- jösischen Standpunkt aus, Landesverrat sei, die militärische Rheingrenze aufzugeben. Diesem geschickten und gefährlichen Propagandafeldzug wird man nicht begegnen können, indem man ihm immer nur das stereotype Wort„Lütze! Lüge!" entgegenschreit. Sondern es wird notwendig sein, die Beschwerden der Gegenseite fach- l i ch zu prüfen, man wird Bereitwilligkeit zeigen müssen, Ab- h i l f e zu schaffen, sofern sich jene Beschwerden in irgendeinem Punkte als berechtigt herausstellen sollten. Man wird mit einem Wort den Weg der Verhandlungen beschreiten müssen, um durch Aufklärung von Mißverständnissen und Ab- stellung etwa berechtigter Beschwerden eine für Deutschland günstige Lage zu schaffen, die französischen Anhänger der Dauerbesetzung matt zu setzen und die Räumung zu erwirken. Diesen Weg wird jede deutsche Regierung beschreiten müssen, die sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, zur Ver- sackungspolitik zurückgekehrt zu fein und deutsches Land leichtfertig preisgegeben zu haben. Wenn die deutschnationale Presse den Kampf für die Befreiung der be- setzten Gebiete mit propagandistischen und diplomatischen Mitteln als„Kapitulation" und„Unterwerfung" bezeichnet, so zeigt sie damit nur, daß sie mit deutschnationalen M i n i st e r n für die nächste Zukunft nicht rechnet und daß sie eine Zweidrittelmehrheit zur Unterstützung einer zwar nicht deutschnationalen, aber national deutschen Politik nicht für notwendig hält. Das Schauspiel des 29. August würde sich sonst sehr rasch wiederholen. Die Schwurzeugen. Dentschnationales Lob für das Magdeburger Gericht. Nirgendwo hat das Urteil des Schöffenrichters von Mag- deburg Anklang oder auch nur Verständnis gefunden. Selbst die Presse der Deutschen Volkspartei mußte entrüstet dagegen Stellung nehmen. Einer der Angesehensten unter den Volks- parteilern, der Geheime Iustizrat Kahl, hat nicht nur in einem Aussatz das Urteil als„unbegreiflich" bezeichnet, sondern auch ausdrücklich die Gelehrtenerklärung an den Reichspräfi- denten mit unterzeichnet, die wir im letzten Abendblatt zum Abdruck brachten. Der Schöffenrichter von Magdeburg stände ganz isoliert, wenn nicht die Deutschnationalen ihm zu Hllfe eilten. Vor allen anderen natürlich die„Deutsche Zeitung". Kein Wun- der, denn der Landgerichtsdirektor B e w e r s d o r f f hat sich in einem unbewachten Augenblick während der Gerichtsver- Handlung selbst als Leser der„Deutschen Zei- tung" bekannt! Die Gesinnungsgemeinschaft zwischen diesem Blatte und dem Tendenzurteil von Magdeburg findet also eine leichte Erklärung. Es wird harmlose Leute geben, die der Meinung sind, ein Richter, der die„Deutsche Zeitung" liest, hätte sich selbst als befangen bezeichnen müssen. Aber das beruht auf einem Irrtum. Denn ein deutscher Richter, und wenn er selbst der eingefleischteste Monarchist wäre, wird sich nie befangen fühlen, wenn zufällig Republikaner vor seinem Richterstuhl Recht suchen. Vielfache Urteile in politischen Prozessen beweisen das! Nun hat sich aber noch ein Verteidiger des Gerichts ge- funden in der Person des deutschnationalen Rechtsanwalts und Reichstagsabgeordneten Friedrich Eoerling(nicht zu ver- wechseln mit seinem volkspartellich-theologischen Nomens- vetter!). Dieser Mann hat vor manchen seiner Gesinnungs - genosien etwas voraus: Er hat nämlich als Anwärter im Dienst des Auswärtigen Amtes den Eid auf die Verfassung verweigert und ist deshalb— wie er im Reichstagshandbuch nersichert— aus dem Vorbereitungsdienst entlassen worden. Seit der Zeit hat er begreiflicherweise eine besondere Hoch- achtung vor der Republik und bringt sie gelegentlich in der .Kreuz-Zeitung " zur Kenntnis. Friedrich Eoerling, M. d. R.. wendet sich mit besonderer Entrüstung gegen die Kundgebung des Reichskabinetts an
Frösche, aller derer einberufen, denen die Erhaltung der geheiligten Teichtrodition am Froschherzen lag. Man faßte den Beschluß, soviel Schmutz und Moder, als nur in aller Kräften stand, vom Grunde auszuwählen, um die unverschämte Blume damit zu überdecken und zu ersticken. Jeder wühlt« mit dem größten Eifer, denn die Ehre des ganzen Staates stand auf dem Spiel. Das Wasser wurde derartig trübe und stinkend, daß niemand seinen Nebenmann mehr erkennen konnte. Viele büßten ihre Vaterlandsliebe mit dem Leben, sie er- stickten im eigenen Dreck. Doch der Erfolg blieb aus. Das Wasser glich zwar einem dicken Morast, über ihm ober leuchtete die Teichrose in unverminderter Schönheit. Man erkannte allmählich die Nutzlosigkeit einer Auflehnung gegen die neue Er- scheinuna. Ja. man wurde noch klüger. Es sprach sich herum, daß man auf den großen Blättern vortrefflich sitzen könne. Nur einige alte Patrioten murrten noch gegen die neumodische Einrichtung. Das kam aber daher, weil sie keinen Plag mehr dort oben fanden. _ Adolf L e h n e r t.
Matteotti . Von Hans Wesemann . Rom . „Ecco il lutigo Tevere Arnoldo da Brescia ", sagt der Vettu- rino und zeigt mit der Peitsche nach einem grauweißen Biückenge- länder, das sich am hohen Ufer des Tiber hinzieht. Es ist eine Brücke von der Art, wie es so viele in Rom gibt. Alle reichen sie in einem geraden Bogen von einem Ufer zum anderen, und wenn du auf ihrer Mitte stehst, so steigt vor dir die Kuppel von St. Peter empor, ein goldener Ball, der der Erde entschweben möchte. Wendest du dich dann zurück, so kommt dir der Fluß entgegen, eingerahmt von Dillen und Gärten, und ganz fern schließen die Sabiner Vera? das Bild ab. Aber du blickst nidst hin auf alle diese Bilder, wenn du an dieser Brücke vorbeikommst, wo die Mörder über ihn hergefallen sind. Du siehst schwarze Kreuze auf den Stein gemall und darunter stehen Namen. Die Faschisten haben hier in höhnenden, Trotze ihre Heroen verewigt, und eine grünweißrote Plakette ist herausfordernd danebengekleckst. Das Rot ist ein wenig oerwaschen und an der Mauer herabgesickert. Man könnte meinen, es wäre Blut.... — TOT— steht noch an der einen Stelle. Die Mörder haben den Namen weggekratzt, aber er bleibt nun gerade um so auffälliger stehen. Die beiden Carabimeri. die das böse Gewissen des Fascio als Posten dort hingestellt hat, stehen umsonst, denn es ist hier lehr still, und niemand kommt, um am Grabe des toten Bolks- freundes zu demonstrieren Mussolini kann ruhio schlaseo. Nur ein kleiner Blumenstrauß liegt an der Mauer, wie" ihn arme Leute zu schenken pflegen, und eick aller Mann zupft an seiner Kappe, als er seinen mit Steinen beladenen Karren vorbeifährt Drüben in der Vecchia Roma sAllstadt) schlägt eine Uhr die Mittagsstunde. Leise kommt das Echo den Fluß hinaufgezogen. Man hört es ganz deutlich, als riesen ferne Stimmen--- Mat— tc— ot— ti.... Wer es kommt keine Antwort. Ich fühle den mißtrauischen Blick des einen Carabinlere auf wir und gehe, ohne zurückzuschauen, der Stadt entgegen.