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Nr. 614 41. Jahrgang Ausgabe A nr. 313

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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

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Mittwoch, den 31. Dezember 1924

Hoesch bei Herriot  .

Einstündige Unterredung über das Räumungsproblem. Paris  , 30. Dezember.  ( Eigener Drahbericht.) Der deutsche Botschafter v. Hoesch ist am Dienstagnachmittag 4 Uhr vom Ministerpräsidenten Herriot   in seinem Krankenzimmer empfangen worden. Die Unterredung, die eine Stunde dauerte, hatte das Problem der Räumung der erfien Rheinlandzone zum Gegenstand. Frankreich   plant eine Herabsehung der Besatzungskosten.

schaftern überreicht werden. Auf jeden Fall werde die Note mehr oder weniger einen vorläufigen Charakter haben. In einer zweiten Note werde dann die allgemeine Haltung der Alliierten hin­sichtlich der Frage der ehrlichen Ausführung des Friedens. vertrages durch Deutschland   dargelegt werden.

Köln   protestiert.

Stadtverordnetenfraftion richtete an den Oberbürger­Köln, 30. Dezember.  ( WTB.) Die sozialdemokratische meister von Köln  , Dr. Adenauer, die Aufforderung, den Stadt­verordneten sobald wie möglich Gelegenheit zu geben, in einer öffent: lichen Sigung der Stadtverordnetenversammlung ihren Einspruch gegen die Verlängerung der Besetzung und die Forderung auf baldige Räumung in die Welt zu rufen. Ueber den Zeitpunti dieser Sigung ist noch nichts bekannt.

Oberbürgermeister Dr. Adenauer hat im Auftrage des Ber­Reichskanzler ein Telegramm gerichtet, in dem gegen die Be­ſetzung der ersten Bone über den 10. Januar hinaus Einspruch erhoben und die Reichsregierung dringend gebeten wird, mit allen Mitteln den ihr vertragsmäßig zustehenden Anspruch auf rechtzeitige Räumung der ersten Bone zur Geltung zu bringen.

Paris  , 30. Dezember( Eigener Drahtbericht.) Ein offizielles Kommuniqué teilt mit, daß die am Montag stattgefundene Kon ferenz, an der außer Herriot  , Tirard und dem General Guillaumat auch der Abgeordnete Lamoureug teilnahm, der vor kurzem im Auftrage der Regierung im Rheinland   weilte, sich mit den Fragen der Organisation der französischen   Besazung im Rheinland   beschäftigt hat. Die Konferenz habe eine er ab­se hung der Ausgaben für Verwaltungszwecke beschlossen, wobei fie fich durch einen doppelten Gesichtspunkt leiten ließ. Einmal durch den Wunsch, die finanziellen Lasten auf ein Minimum herab- bandes der Stadt- und Landkreise des besetzten Gebiets an den zusetzen, und dann durch die Notwendigkeit, die wenigen Verwal­tungsorgane zu erhalten. deren Existenz durch die Erfordernisse der militärischen Besatzung bedingt sei. Die Konferenz soll sich alsdann auch mit den Fragen der militärischen Besatzung beschäftigt haben, und der General Guillaumat habe die Absicht kundgegeben, die Kosten derselben, so weit es geht, her abzusehen. Man habe sich auch mit der Frage der Lieferungen beschäftigt, die Deutschland  ben Befagungstruppen auf Grund des Rheinlandabkommens und des Londoner Protokolls schulde. In allen diesen Fragen habe man eine Regelung im Prinzip erzielen fönnen. Eine neue Konferenz folle die endgültige Regelung treffen. Die Frage der Besagungs­foften ist bekanntlich durch das Infrafttreten des Dawes- Blans atut geworden Dieser sieht vor, daß die Besatzungskosten aus den deutschen   Jahreszahlungen bestritten werden. Die französische   Re­

gierung hat daher ein lebhaftes Interesse daran, die Kosten der rheinischen Besatzung herabzusehen, da dadurch der Reinertrag der Reparationszahlungen automatisch gesteigert würde.

Neue Verzögerung der Ententenote? London  , 30. Dezember.  ( WTB.) Reuter erfährt, daß die von ber Botschafterfonferenz entworfene Note an die deutsche Regierung den beteiligten allierten Regierungen zur Prüfung vorgelegt worden ist. Es sei möglich, daß eine oder zwei Abänderungen notwendig sein werden und daß die Note daher morgen noch nicht abge­fondt werden könne. Indessen sei sicher, daß die Note nur in einer Fassung abgesandt werde, sei es, daß die Botschafterkonferenz die Note namens der Regierungen in ihrer Gesamtheit abschide oder daß mehrere gleichlautende Noten von den verschiedenen Bot­

Kabinettskrise in Italien  ?

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Ein plöglich einberufener Ministerrat. Faschistenbanden Rom  , 30. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht) Am Dienstag nachmittag ist plößlich und überraschend der Ministerrat zusammens getreten, während die nächste Kabinettesißung erst für den 2. Januar vorgesehen war. Außerdem finden zurzeit rege Be­sprechungen zwischen den verschiedensten Politikern statt. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß angesichts dieser Beobachtungen von Schwierigteiten im Stabinett felbft gesprochen wird. Die beiden rechtsliberalen Minister ar occhi und Casati haben an der Kabinetissignng teilgenommen. Es wird mit der Möglichkeit gerechnet, daß diese aus der Regierung austreten. falls das Kabinett gewissen Forderungen der Rechts­liberalen nicht entgegenkommt. Kennzeichnend für die politische Lage ist, daß sich in der Provinz kleine Banden extremer Gruppen zum Schutz der faschistischen Herrschaft bilden.

Der amtliche Bericht.

Rom  , 30. Dezember.( Stefani.) Nach dreistündiger Beratung wurde das folgende Kommuniqué ausgegeben: Der Ministerrat war einstimmig in der Beurteilung der von unverantwortlichen Elementen geschaffenen Lage sowie deren Auswirkung besonders auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiet. Der Ministerrat war ferner einstimmig in dem Entschluß, alle notwendigen Maßnahmen zur Wahrung der moralischen(!) und materiellen Interessen des Landes zur Anwendung zu bringen."

Die Agenzia Stefani schreibt weiter, daß die Gerüchte über die Demission einiger Minister jeder Begründung entbehrten, wie sich im übrigen aus dem Kommuniqué des Ministerrats pon heute nach mittag ergebe, in welchem die Entschließungen einstimmig gefaßt

wurden.

Wiederaufnahme derHandelsverhandlungen Paris, 30. Dezember.  ( Eigener Drahtbericht.) Die deutsche Delegation für die Handelsvertragsverhandlungen traf am Lienstag unter der Führung des Staatssekretärs Trendelen burg hier ein und hielt bereits um 3 Uhr nachmittags im Handels.  minifterium eine Sigung mit der französischen   Delegation ab. Im Laufe dieser Sizung wurde beschlossen, am 2. Januar die Verhand fungen zwischen den deutschen   und französischen   Sachverstän. bigen wieder beginnen zu laffen, und zwar follen dabei diejenigen

Die Bedeutung der ersten Räumungszone. ganze Gebiet von Cleve bis einschtleßlich Bonn  , bas ta on the We TU. mitteilt, umfaßt die sogenannte erste 3pne das Material 6415 Quadrattilometer groß ist und eine Bevölkerung von 2310 000 Einwohnern hat. Tefeßungstechnisch besteht die Zone aus drei Abschnitten, die von Engländern, Belgiern und Franzosen   befeht find.

Das englisch   belegte Gebiet umfaßt außer Köln   mit Köln­Mülheim die folgenden 20 Orte: Bergheim  , Türnich. Merheim  , Bens­Neukirchen, Burscheid  , Wermelskirchen  , Leichlingen  , Richrath, Reuß berg, Lindlar  , Bergisch Gladbach  , Schlebusch  , Opladen  , Bergisch rath, Benrath  , Höhidheid, Solingen  , Wald, Gräfrath  , Hilden  . Der belgisch   belegte Teil der nördlichen Zone umfaßt folgende 26 Orte: Cleve, Goch  , Xanten  , Rheinberg  , Geldern, Orfon, Repelen- Ecerl, Moers  , Homburg  , Friemersheim, Kempen  , Uerdingen  , Crefeld  , Kaldenkirchen  , Güchteln, Dülfen, Biersen, Willich  . München- Gladbach, Rhendt, Neuß  , Rheindahlen  , Odenkirchen  , Erkelenz  , Bevelinghoven, Grevenbroich  .

Der französisch besetzte Teil der ersten 3one umfaßt folgende fieben Orte: Bonn  , Overath  , Siegburg  , Hennci, Geislingen  , Remeren und Bedburg  .

die Stadt Köln  , sondern namentlich auch durch seine bekannte Wirtschaftlich ist dieses Gebiet mit seinen 53 Orten nicht nur durch Textil- und Stahlwaren industrie bedeutend.

Branchen an die Reihe kommen, mit denen bis jetzt noch keine Ber­handlungen geführt worden waren, und außerdem sollen diejenigen Tarifpofitionen er eut besprochen werden, die den Sach verständigen zu einer Rücksprache mit ihren Vereinen Anlaß gaben.

Coolidge   für neue Flottenabbaukonferenz. New Yort, 30. Dezember.( Durch Funkspruch.) Wie Associated Prez" aus Washington meldet, hofft Präsident Coolidge  , wenn er auch dessen nicht gewiß ist, daß es möglich sein wird, im Laufe des nächsten Jahres eine neue internationale Konferenz über die Flottenabrüstung abzuhalten.

Kehraus in der Deputiertenkammer.

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Ordnung der Fürsorgepflicht.

Voraussetzung und Umfang der öffentlichen Fürsorge.

Bon Friedr. Kleeis.

gesetz" ersten Ranges. Sie stellt nur ein sehr dürftiges Gerippe Die Berordnung über die Fürsorgepflicht ist ein Rahmen­für die Pflichten der Fürsorgeverbände auf und überläßt alle näheren Einzelheiten der Regelung durch den Verordnungs­meg. Das gilt vor allem für den Umfang der Fürsorge", der mit zwei Sägen abgetan ist:

§ 6. Voraussetzung, Art und Maß der zu gewährenden Für­regierung Grundsätze hierüber aufstellen." das Land. Mit Zustimmung des Reichsrates kann die Reichs­forge bestimmt im Rahmen der reichsrechtlichen Vorschriften regierung Grundsätze hierüber aufstellen."

Sie sollten ihrer Mangelhaftigkeit wegen nur vorläufig fein Solche Grundsäge erschienen zuerst unterm 27. März 1924. Sie sollten ihrer Mangelhaftigkeit wegen nur vorläufig fein und nur bis zum 1. Juni 1924 gelten. Ihre Gültigkeit ist je­doch von Monat zu Monat verlängert worden, bis jetzt im Dezember die endgültigen Reichsgrundsäge über Boraus­fchung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge" erschienen sind. Die einzelnen Länder haben sich inzwischen des Eriaſſes näherer Vorschriften enthalten. Der preußische Wohlfahrts­minister beschränkte sich nur auf die Festsetzung eines arifs", dessen Anfäße einen doppelten 3wed verfolgten. Hilfsbedürftigkeit und als Höchstsätze für die Erstattungsforde­Sie galten als Mindestunterstützungssäge im Falle gänzlicher rungen der Fürsorgeverbände untereinander.

"

Um die neuen, am 1. Januar 1925 in Kraft tretenden Beit schwer gekämpft worden. Da waren vor allem die Städte­Reichsgrundsäge ist in den beteiligten Kreisen lange verbände, die am liebsten gar nichts reglementiert und in ihren Maßnahmen die größten Freiheiten haben wollten, weil sonst die Selbstverwaltung" der Gemeinden beeinträchtigt würde. Das stand im Widerspruch mit den Interessen der Hilfsbe­dürftigen, deren Organisationen recht genaue Festlegung be­stimmter Unterstützungen verlangten. Andererseits verlangten Einheitlichkeit der öffentlichen Fürsorge und deren Eintritt als wieder die berufenen großen Gemeindererbände möglichste letztes Hilfsmittel, einige Interessenverbände dagegen die Auf­rechterhaltung von Vorzugsstellungen der von ihnen vertretenen Hilfsbedürftigen oder gar Einführung eines besonderen Be­griffes der Bedürftigkeit für dieje. So verlangte z. B. der Ren nerbund" die Fürsorge überwiegend cus dem Gesichts­winkel einer Entschädigung für die Inflationsverluste der Kleinrentner. Wie bei einer derartigen Sachlage nicht anders zu erwarten, fam ein kompromis zustande, das möglichst Hinblick auf die sozialpolitische Auffassung der hier maßgaben­namentlich nicht auf einem Gebiete wie diejem. So ist es im allen Teilen Rechnung tragen will. Das geht natürlich nicht, den Stellen der Reichsregierung fein Bunder, daß die eichs­grundsäge" sich recht bedenklich den Anschauningen der Rechts­parteien nähern. Soll auch nicht verkannt werben, daß in einigen Einzelheiten die Grundsäge Berbesserungen für die ehemaligen Armenunterstügungsempfänger bringen, fo laffen doch die Schattenseiten der Berordnung eine rechte Befriedi­gung darüber nicht auffommen.

Mit den Vorschriften im ersten Abschnitt der Grundsäße Fürsorge im allgemeiner" fann man jich abfinden. Hiernach muß die Fürsorge rechtzeitig einjesen. Sie ist nicht von einem Antrag abhängig. Sie mit der Notlage nachhaltig entgegenwirken und zu verhüten jeden, daß vorübergehende Not zu dauernder wird. Die Fürsorge fann auch vorbeagend eingreisen, besonders um Gesundheit un Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Hilfsbedürftig ist, wer den notwendigen Lebens­bedarf für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen Paris  , 30. Dezember.  ( WTB.) Die Kammer hat in ihrer nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Grästen und Mitteln heutigen Eizung mit 510 gegen 26 fommunistische Stimmen die beschaffen kann und ihn auch nicht von anderer Scite, beson­bei langten Budgetzwölftel für die Monate Januar und ders von Angehörigen, erhält. Die Fürsorge hat den not= Februar 1925 bewilligt. Im Verlaufe der Debatte fam es zu wendigen" Lebensbedarf zu gewähren. Dazu gehört einer bezeichnenden Rundgebung. Bei dem Titel, der den Unterkunft, Nahrung, Kleidung, Krankenhilje, flege, Bieber­Cifenbahngefellschaften das Recht gibt, Emissionen bis herstellung der Arbeitsfähigkeit, Schwangeren- und Böchne­zum Betrage von 1566 000 000 Frant zu veranstalten, beantragte rinnenhilfe, Erziehung Minderjähriger, Erwerbsbefähigung der sozialistische Abgeordnete Be douce dieſe Kredite erst zu ge- Minderjähriger, Blinder, Taubstummer und Krüppel und nehmigen, nachdem die Eisenbahngesellschaften ihrerseits ein Budget aufgestellt haben. Er gab außerdem den Gesellschaften zu nötigenfalls die Beerdigung. Ob dem hertigen eine verstehen, daß sie sich zur obligatorischen Wiederein Arbeit billigerweise zugemutet werben tann, rigtet fich nach stellung wegen Streifvergehens gemaßnäheren Einzelheiten. Frauen foll Erwerbsarbeit nicht zuge­regelten Eisenbahner bereitfinden müßten. Der Minister mutet werden, wenn dadurch die geordnete Erziehung der für öffentliche Arbeiten, Beytral, widersprach, indem er Kinder oder die Führung des Haushalts usw. gefährdet würde. erklärte, der beantragte Abstrich könne zu ernsten Ungelegenheiten zu den eigenen Mitteln, die der Hilfsbedürftige einsehen muß, und namentlich durch Unterbrechung begonnener Arbeiten und Maß- ehe ihm die Fürsorge Hilfe gewährt, ist sein gesamtes verwert­nahmen zur Arbeitslosigkeit führen. Der Berichterstatter, bares Vermögen und Einkommen zu rechnen. Kleine Ber­der sozialistisch- republikanische Abgeordnete Violette, beantragte hierauf, den verlangten Kredit auf 500 Millionen Frank herab. mögen sollen geschont werden, wenn dadurch die Not verschärft hierauf, den verlangten Kredit auf 500 Millionen Frank her ab. aufegen, während die Kommunisten die vollständige Streichung oder dauernd würde In solchen Fällen kann aber die Hilfe des Kredits forderten. Der kommunistische Antrag wurde abgelehnt, ausdrücklich davon abhängig gemacht werden, daß die aufge­der von dem Abg. Violette beantragten Herabsetzung des Kredits wendeten Kosten zurückzuzahlen sind. 8ugestimmt. Die Rammer ging alsdann zur Beratung der geforderten Zusazkredite für das Jahr 1924 über, die im Berlaufe der Nachmittagssigung gemäß den Anträgen der Regierung be willigt wurden.

der

"

Dann kommer die Besonderen Bestimmungen". Obenan steht folgender bedenkliche Say:

,, Bei allen oder erwerbsunfähigen Personen, die infolge eigener Nach der Tagesordnung wird die Kammer in der heutigen oder fremder Vorsorge ohne die eingetretene Geldentwertung nicht Nachmittagsfihung sich nochmals mit dem vom Senat abgeänderten auf die öffentliche Fürsorge angewiesen wären( Kleinrentner), Amnestiegejegentwurf beschäftigen, der vom Kammer ist bei Prüfung der Hilfsbedürftigteit, der Art und des Umfanges ausschuß in der Fassung des Senats bereits angenommen wurde. I der Hilfe auf ihre früheren Lebensverhältnisse Rücks