Nr.2+ 42. Jahrgang
Ausgabe A nr. 2
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Freitag, den 2. Januar 1925
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Reichspräsident Ebert empfing gestern in Berlin in der üb. nchen Beise die Chefs der fremden diplomatischen Ber. tretungen. Die Glückwünsche des Diplomatischen Korps brachte der Apostolische Nuntius
Monsignore Pacelli
als Dogen mit folgender Ansprache zum Ausdrud:
Der Reichskanzler
hielt folgende Ansprache:
Bum neuen Jahre entbiete ich Ihnen, Herr Reichspräfident, im Namen der Reichsminister, die Sie nach dem Rücktritt des Kabi netts mit der vorläufigen Weiterführung der Geschäfte betraut haben, die aufrichtigsten Glückwünsche. Bor Jahresfrist durfte Als ich mich in den nerflossenen Jahren des ehrenvollen Auf- reiches sein für den Wiederaufstieg unseres Voltes und Reiches. ich hier den Wunsch aussprechen, das Jahr 1924 möge ein erfolgtags entledigte, Ihnen die Glückwünsche des Diplomatischen Korps Diefer Wunsch hat sich wenigstens zu einem Teile erfüllt. barzubieten, habe ich mich zum Dolmetsch der tiefen und peinlichen Unsere Wirtschaft hat, menn auch unter Ueberwindung Sorgen der Stunde machen müssen und habe zugleich dem Wunsche schwerer Strifen, wieder festeren Boden gewonnen. Die ArbeitsAusdrud gegeben nach einer besseren, nach einer von Nächst enlosigkeit hat abgenommen und die Bevölkerung des befetten liebe, Gerechtigkeit und Frieden erfüllten Zukunft, ein Gebietes, deren Schicksal Sie, Herr Reichspräsident, mit ganz Wunsch, der von allen meinen hervorragenden Kollegen im Herzen besonderer Anteilnahme verfolgen, hat erfreulicherweise eine Ergetragen wurde. leichterung ihrer Lage erfahren.
Ungeachtet der unablässig wieder auftauchenden Schwierigkeiten und Hindernisse scheint es, als ob dieser Wunsch fich zu erfüllen begonnen habe. Wir sind glücklich, die Morgenröte dieses neuen Jahres zu begrüßen als eine
Morgenröte des Wiederaufbaues und des Fortschritts. In dem Jahre, das foeben zur Neige gegangen ist, find sehr ernste und schwierige internationale Probleme ihrer Lösung nähergebrachi morden. Mit neuer Kraft haben die Böller an die Arbeit gehen tönnen, die für die gesittete Welt ruhmvollen Glanz und berech tigten Stolz bedeuten und in der gerade die Nation, deren höchstes Amt Sie, Herr Reichspräsident, ausüben, sich hervorragend auszeichnet. So dehnt der Mensch, Erde, Wasser und Lüfte meisternd, die friedlichen Errungenschaften der Wissenschaft und die wunderbaren Fortschritte der Technit auf alle Gebiete der Natur aus; die herrlichen Luftfahrzeuge der verschiedenen Länder erheben fich ohn Furcht in den Weltenraum, es schwindet die Entfernung amischen den fernsten Völkern und Ländern. Möchten mit Hilfe der Borsehung diese hervoragenden Erfolge das Unterpfand bilden für einen engeren Zusammenhalt, für eine innigere und herzlichere Brüderlichkeit zwischen den Bölkern, möchten fie das Wahrzeichen eines mächtigeren Emporstiegs der Seelen sein zu den höheren Regionen der Wahrheit, Gerechtigkeit und Güte.
Bon diesen Gedanken erfüllt, entbietet das vereinigte Diplo matische Korps Ihrer Person und dem Deutschen Volke die wärmsten Wünsche für Gedeihen und Glüd."
Der Reichspräsident
erwiderte mit folgenden Worten:
Nehmen Sie meinen aufrichtigsten Dant entgegen für die Glüd- und Segenswünsche, die Sie im Namen des Diplomatischen Korps dem deutschen Bolle und mir auszusprechen die Güte hatten.
Es ist mir eine lebhafte Befriedigung, mit Ihnen feststellen zu Pönnen, daß im vergangenen Jahre an der Behandlung schwermiegender, internationaler Fragen in einem Geiste gearbeitet morben ist, der die Hoffnung auf eine Lösung im Wege der Versöh nung und Verständigung neu belebt hat. Möge der Mille zur Gerechtigkeit und der Geist des Friedens auch im tommenden Jahre die Regierungen bei den noch der Lösung harren. den Entscheidungen beseelen, und möge so das, was im vergangenen Jahre erfolgreich begonnen wurde, auch im kommenden Jahre glüd lich weitergeführt werden.
Auch die Fragen, deren Regelung noch offen steht und deren Lösung der nächsten Zeit vorbehalten ist, find von fchwerwiegender und weittragender Bedeutung für die Zukunft nicht nur Deutschlands , sondern auch Europas und der Welt; es wird der Anstrengung aller Regierungen und aller Böller bedürfen, um auch hier den Geist des Rechts und des Friedens den Weg bestimmen zu lassen, auf dem die europäische Ordnung endgültig wiederhergestellt werden soll. Nur dann, wenn diese Aufgabe gelingt, wird auch in dle Herzen der Bölker der Friede fiefe und lebensstarte Wurzeln faffen fönnen, nur dann werden die Borbedingungen geschaffen fcin, die unerläßlich sind für den Wiederaufbau Europas und elner Well, in der friedliche Völker in edlem Wettffreit gemeinfam arbeiten am Fortschritt der Geistesbildung und neuer in den Dienft des Friedens gestellten Technit. Das deutsche Bolt ist gewillt, unter Einjehung aller feiner Kräfte an diesem Wiederaufbau mitzuarbeiten, und wünfht, dazu beitragen zu Fönnen, daß für die ganze Welt eine neue era des Fortschritts. der Freundschaft und des Friedens anheben möge, die Sie, Herr Nuntius, für die Zukunft mit heißem Herzen erhoffen.
Zum Neuen Jahre spreche ich, zugleich im Namen des Deutfchen Bolkes, Ihnen, Herr Nuntius, und Ihnen, meine Herren, zu gleich für Ihre Staatsoberhäupter, Regierungen und Bötter meine herzlichsten und aufrichtigsten Wünsche aus."
Hierauf begrüßte der Reichspräsident die einzelnen Botschafter. Gesandten und Geschäftsträger und wechselte mit ihnen Neujahrsmünsche. Bei dem Empfang waren der Reichsminister Dr. Streje mann und die Staatssekretäre Dr. von Schubert und Dr. Reigner zugegen.
Im Anschluß hieran murben der Reichstanzler, die Reichs sinifter und die Staatsjefretäre empfangen.
Leider scheinen die Erwartungen, die wir nach dem Abschluß der Londoner Verhandlungen hegen durften, zu Beginn des Jahres 1925 zunächst nicht verwirklicht zu werden.
Nach den uns vorliegenden Nachrichten müssen wir annehmen, daß die alliierten Mächte den im Versailler Bertrag für die Räumung der ersten Rheinlandzone vorgesehenen Termin, den 10. Januar 1925, nicht innehalten wollen und zwar aus Gründen, die wir nicht anerkennen fönnen. Dieses Un. recht ist für uns eine unerwartete Enttäuschung und schafft zweifellos eine ernste Lage. Ich kann nur dringend der Hoffnung Ausdruck geben, daß aus dieser Lage noch ein Ausmeg gefunden wird. Dies fann aber nur auf dem Wege gegenseitiger Berhandlung und Berständigung geschehen.
Im fommenden Jahre muß deshalb dieser Weg der friedlichen Ver. ständigung zwischen den Nationen, der in London mit Erfolg beschritten wurde, wieder gefunden werden. Möge aber auch das deutsche Bolt, dessen ganze Kraft in den Dienst des Bieder. aufbaues gestellt werden muß, fich nicht in unnötigen und vermeidbaren Parteifämpfen entzweien. Dann werden die Schatten, die im Augenblid das Jahr 1925 noch zu verdunkeln scheinen, wieder schwinden und wir werden dem Ziele näher kommen, für das Sie, hochverehrter Herr Reichspräsident, stets Thr beftes können und Wollen eingefeht haben: Ein einiges und freies deutsches Volk und Reich inmitten eines friedlichen Europast
tender Gefundung und Feftigung für unser fo fchmer geprüftes Baterland gewesen; unsere Währung, unsere Staatsfinanzen, unfere Wirtschaft sind von den bösen Erscheinungen und Nachfolgen der Inflation befreit und wieder auf feste und zuverlässige Grundlagen gestellt und das Leben unserer Volksgenossen im befetten Gebiet ist erleichtert worden.
Daß diese Fortschritte erreicht werden konnten. verdankt Deutschland in erster Linie der Tatkraft und dem Verantwortlichkeitsbewußtsein, mit denen Sie, Herr Reichskanzler, und Ihre Ministerkollegen Ihre hohen Aemter verwaltet haben; es ist mir eine lebhafte Genugtuung, dies hier am heutigen Tage im Gefühl herzlicher Dankbarkeit und aufrichtiger Anerkennung aussprechen zu können.
Sie sprachen, Herr Reichskanzler, von der ernſten Sorge, mit der das Neue Jahr beginnt, von dem wir den Anfang der Befreiung des Rheinlandes erhofften. Alle Deutschen , welcher Parteirichtung sie auch angehören mögen, sind hier einig in dem Gefühl bitterer Enttäuschung und dem Bewußtsein eines uns angetanen neuen schmerzlichen Unrechts.
Unter einer Begründung, die mir noch nicht fennen und noch nicht nachprüfen fönnen, von deren Haltlojigteit wir aber alle überzeugt sind, soll uns, dem einzig wirklich entwaffneten Bolfe in einem sonst noch waffenftarrenden Europa , das versagt werden, was in dem so unendlich harten Friedensvertrag allein zu unseren Gunsten enthalten ist: Die Räumung besetzten deutschen Bodens.
Unfer allererster Wunsch am heutigen Neujahrstage ist der, daß der Geist der Gerechtigkeit und der Wille zur Berständigung der Völker obfiegen mögen über die Idee der Macht und Gewalt, und daß uns und unseren Brüdern an Rhein und Ruhr das werde, worauf wir Anspruch haben: Recht und Freiheit!"
Später übermittelten der Reichstagspräsident Wallraf und die Vizepräsidenten Dr. Rießer und Dittmann die Wünsche des Steichstags und der Ministerialdirektor im Breußischen Staatsministerium Dr. Nobis, der thüringische Minister Dr. Mün. del und der bayerische Staatsrat Dr. von Wolf als Vertreter des Reichsrats die Glückwünsche dieser Körperschaft. Generaldirektor Deser und die Staatssekretäre Vogt und Sumbier brachten daran anschließend die Glückwünsche der ermiderte die an ihn gerichteten Glüdmünsche mit Worten des Hauptnerwaltung und des Personals der Reichsbahngesellschaft dar; Dantes und fuhr fort: für die Wehrmacht erschienen General von Seedt und Kontreadmiral Rahlert, die dem Reichspräsidenten die Glückwünsche des Heeres und der Marine aussprachen.
Der Reichspräsident
„ Das abgelaufene Jahr ist, wie ich mit Befriedigung am hentigen Tage feststellen kann, in jeder Beziehung ein Jahr fortschrei
t
Das Vorgehen gegen Barmat.
Anfragen au Staatsanwaltschaft und Justizministerium.
vorläufigen Festnahme? Daß Raut in einer der Korrespon. denzen als ein großer Weinkenner und Weinfreund" bar geftellt wird, um den Anschein zu erweden, daß er betrunken aufgefunden wurde, darf man wohl der Staatsanwaltschaft nicht auf ihr Konto schreiben?
Nach den Mitteilungen, die bisher durch private Zei| Dinge befannt und welche Gründe veranlaßten fie zu der tungstorrespondenzen verbreitet werden, find fünfzehn leitende Personen des Barmat- Ronzerns feftgenommen worden. Eine dieser Rorrespondenzen, die hauptsächlich aus dem Polizeipräsidium gespeist zu werden pflegt, weiß abenteuerliche Geschichten von den Borsichtsmaßregeln zu erzählen, die er griffen morden sind, um den in Raffel feinen Weihnachts urlaub verbringenden früheren Staatsbantdirettor Dr. Hell wig vorläufig festzunehmen. Man hat fogar ein Flugzeug benötigt, um nach Caffel und zurüd zu gelangen, trok dem Hellwig feinen Aufenthaltsort rechtzeitig und richiig der Staats anwaltschaft mitgeteilt hat. Zu den vorläufig Festgenommenen gehört auch der frühere Ministerialdirektor Rauß, der seit einiger Zeit im Barmat- Konzern eine leitende Stellung befleidet. Kaut wurde am Mittwoch in aller Frühe in feiner Wohnung aufgesucht und frank im Bett befunden. Wie wir erfahren, ist er herzleidend, und der ihn behandelnde Arzt erklärte jeden Transport für lebensgefährlich. Trotzdem wurde, mie cine der beiden Korrespondenzen mitteilt, der Krante ins Lazarett des Untersuchungsgefängnisfes über geführt.
Aber eine andere Frage ist die: Wie kann es die Staatsanwaltschaft der Deffentlichkeit und ihrer vorgesezten Behörde gegenüber verantworten, daß an einige private Zeitungskorrefpondenzen die ungeheuerlichsten Mitteilungen gegeben werden, die nur auf Grund von Vernehmungen oder auf Grund von irgend welcher unvollständiger Attenfenninis entstanden sein fönnen? Ist es richtig, daß die Staatsanwaltschaft amtlichen Stellen auf Anfragen jede Auskunft verweigert, so daß es auch den Zeitungen unmöglich ist, zuverlässige Informationen zu er halten? Wir fragen insbesondere die preußische Regierung, ob mit ihrem Einverständnis die Staatsanwaltschaft sich in ein folches amtliches Schweigen hüllt, während durch unterirdische Kanäle die abenteuerlichsten Gerüchte verbreitet werden fönnen? Ist es weiter richtig, daß einer der beteiligten Kriminalfommissare die Auskunft erteilt hat, daß die VerhafDiese Maßnahmen der Staatsanwälte und der Kriminal- tungen aus dem Barmat- Konzern mit dem Konkurs sämtlicher polizei sollen augenscheinlich auf ungeheuerliche Dinge schlie- dem Konzern angeschlossenen Unternehmungen enden würden, Ben laffen. Aber wir halten es für notwendig, die Frage zu hätte die Staatsanwaltschaft vorausgesehen, trotzdem aber habe stellen: Ist es wahr, daß Ministerialdirektor Kauz erst vor sie auf Grund eines Gutachtens der D- Banken sich zu den fünf Wochen aus Angora zurückgefehrt ist, mo er etwa fünf- Maßnahmen entschloffen, ohne Rücksicht darauf, daß die viertel Jahre lang als Leiter der staatlichen türkischen Agrar- Industriebetriebe zum Stilliegen und die beschäftigten Arbeiter banf fimgierte? Wenn das wahr ist, welche Unterlagen be- zur Arbeitslosigkeit verurteilt würden? ftehen für die Annahme, daß der jetzt vorläufig Festgenom mene in diesen einunbeinviertel Jahren die Kredite des Barmat- Konzerns bei der Preußischen Staatsbant vermittelt oder beeinflußt hat? Waren der Staatsanwaltschaft diese
Wir stellen die Fragen und warten auf Antwort. Wir merden selbstverständlich nicht in ein schwebendes Verfahren eingreifen Aber ebenso selbstverständlich ist es, daß die Deffent Fahleit nicht nur Reporterphantasien vorgefekt betomet