Nr. 14+ 42. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Autokatastrophe am Lützow- Ufer.
Ein Wagen der Linie 1 umgestürzt.
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Eine schwere Autobuskatastrophe ereignete sich gestern abend um 47 Uhr am Lügow- Ufer, fast an derselben Stelle, an der im vorigen Jahre am 8. April ein ähnlicher Unfall stattfand. Während aber im vergangenen Jahre bei dem Umsturz eines Autobusses der Linie E nur 5 Verlegte zu beklagen waren, forderte der geſtrige Unfall wahrscheinlich mehr als viermal so viele Opfer. Auch gestern abend wurde ein Autobus der Linie 1( Zeughaus- Halensee) von einem Privatauto angefahren, sprang auf den Bürgersteig und stürzte um. Leider war der Wagen ungeheuerlich überfüllt. Soweit sich bisher übersehen läßt, sind von den Fahrgästen mindestens 20 verlegt, 5 davon schwer. Die Feststellung der genauen Zahl der Verunglückten wird dadurch erschwert, daß eine Anzahl leichter Verletzter alsbald von vorüberfahrenden Privatautos nach ihren Wohnungen gebracht wurde. Im einzelnen erfahren wir über den Hergang des Unglücks folgendes:
Wie das Unglück geschah.
Ein Autobus der Linie 1, die befantlich immer start von Bewohnern der Kurfürstendammgegend und des alten Berliner Westens zur Fahrt nach und von dem Stadtienern benutzt wird, hatte gestern abend auf dem Wege von der Potsdamer Brüde zum Lüzomplaz am Ufer entlang gerade die Kreuzung an der Magdeburger Straße passiert und näherte sich in schneller Fahrt der Ede an der Genthiner Straße, als er von einem Personenauto Nr. IA 4242, das sich in gleicher Fahrtrichtung bewegte, vorschriftsmäßig auf der linken Seite überholt wurde. Nach der Aussage des Autobus führers schwenkte dieses Auto unmittelbar vor dem Omnibus jo scharf auf die rechte Fahrseite des Ufers ein, daß es mit feinen Hinterrädern gegen das linke Vorderrad des Autobusses fuhr. Durch den Anprall wurden die Vorderräder des schnellfahrenden Omnibusses, ehe der Führer es hindern konnte, scharf nach rechts gedreht, so daß der schwere Wagen in voller Fahrt auf den Bürgersteig auffuhr, der den Fahrdamm von der Kanalböschung trennt. In einem Winkel von ungefähr 30 Grad schoß der große Wagen auf die Bordschwelle hinauf und streifte mit dem Vorderteil der Karosserie noch einen Baum. In dem Augenblid, als das rechte Hinterrad die Bordschwelle hinaufsauste, drehte sich der Autobus in einem Winkel Don fast 90 Grad. Durch diese Veränderung des Trägheitmomentes erfolgte auch die katastrophe. Der Omnibus bekam rechtsseitig startes Uebergewicht und stürzte glücklicherweise noch in dem Augenblid um, che die Borderräder über das niedrige Schuhgitter hinwearaften. Hätte der Chauffeur nicht noch im letzten Augenblid die Geistesgegenwart gehabt, Hand- und Fußbremse anzuziehen, so daß der Wagen mehr rutschte, als daß er fuhr, wäre das Gefährt über die ffart abschüssige schmale Rasenböschung hinweg in den Kanal gestürzt. In diesem Fall wäre das Unglüd natürlich noch viel furchtbarer geworden. Auf dem Berded des Omnibusses befand sich im Augen blid des Unfalles gerade der Schaffner und zwei Angehörige der Sowjet- Botschaft, die sich auf dem Heimwege befanden. Alle drei wurden in hohem Bogen auf den Bürgersteig geschleudert, doch tamen sie mit Ausnahme des einen Russen, der durch Glassplitter cm rechten Auge verlegt ist, alücklicherweise mit nicht allzu schweren Verlegungen davon. Der Chauffeur Neumann blieb wunderbarerweise unverlegt, obwohl sich ein Hagel von Scherben über ihn ergoß. Er hat lediglich eine fleine Schnittwunde an der Hand tanongetragen.
ach dem Unfall
herrichte eine Gefunde Stille. Dann aber gelten die Hilferufe der Infassen über die Straße. Die Panit, die begreiflicherweise entstand, wurde noch dadurch vergrößert, daß das elektrische Licht im Innern des Wagens erlosch. So konnten die Helfer, die von allen Seiten hinzueilten, nur mit größter Mühe die infolge ihrer Berlegungen und des Schrecks gänzlich verwirrten Bassagiere des Unglückswagens nur unter großen Schwierigkeiten bergen. Der Chauffeur Neumann hatte die Geistesgenenwart, einine Sefunden, nachdem der Wagen umgekippt war, die Zündung des Motors abzustellen und so zu verhindern, daß aus dem Bergaser sich Benzin auf den arbeiten.
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50.
Ich gehe auf ein paar Tage nach Petersburg ," jagte Christy denselben Abend.„ Kommen Sie doch mit Ihren Paß habe ich schon bei Weinstein erwirft."
Bertram war sofort dazu bereit. Ich finde, hier vergißt man sein Ego. Es ist, als ob man dem Weltuntergang, dem Tode der Zivilisation beiwohnte. Diese Menschen sind am Uranfang der Eristenz angelangt, wo nichts von Wichtigkeit ist, außer Obdach und Nahrung und die Rettung des eigenen Lebens. Das Dasein wird dadurch ebenso vereinfacht wie im Kriege."
" Ein leichter Vereinfachungsprozeß," sagte Christy und fah zum Fenster ihres Zuges hinaus. Noch ein solcher Krieg, noch eine solche Dürre, und halb Europa ist vom Erdboden hinweg vereinfacht".
In Petersburg herrschte auffallende Ruhe. Tiefer Schnee lag auf den Straßen, die Newa war gefroren. Bertram stand auf einer der Brücken und betrachtete das Bild der einst so prachtvollen Stadt, die jetzt wie ausgeftorben dalag.
Seltsam und schrecklich mutete die Stille in den Straßen an. Kein Laut ertönte aus den großen Fabriken jenseits des Fluffes. Rein Rauch stieg aus ihren Schornsteinen auf. Auf Den Kais bewegte fich nichts, fein Mensch ging ab und zu.
Am Newsti- Brospekt, einst, wie Bertram wußte, die luxuriöseste Geschäftsstraße Europas , waren die Läden mit Brettern zugenagelt Aber wenigstens sah man hier doch Menschen. Gegen die Kälte vermummt, fo gut es ging, zogen fie Handschlitten über das vereiſte, glatte Pflaster, und oft gingen Soldaten der Roten Armee nebenher, um die Schätze auf den Schlitten zu schützen. Denn da lagen Säcke mit Kartoffeln, Scheite Holz und gefrorenes Fleisch.
Diefe Schlittenzieher und Schneeschipper in den Petersburger Straßen unterschieden sich scharf von der Moskauer Bevölkerung. Man fah, sie gehörten der einstigen guten Klasse an. Einige dieser Frauen, die vor den schweren Schlitten feuchten, trugen Kostüme, die, als sie noch nicht zerrissen und befleckt waren, jeder Großstadt Ehre gemacht hätten. Und den Männern mit den Schneeschaufeln in der Hand fah man es leicht an, daß sie einit hohe Stellungen innegehabt hatten. Der allgemeine Eindruck der Gesichter aber war hager, traurig und verängstigt.
" Die Stadt leidet Mangel an Lebensmitteln," erklärte Christy Mostau mit seinen vielen Beamten hat den ersten
Freitag, 9. Januar 1925
durchaus abweichender Weise dar. Danach wollte der Privatwagen 4242 den Autobus turz vor der Kreuzung der Genthiner Straße überholen. In diesem Augenblid sei aus der Genthiner Straße ein Privatwagen herausgekommen, der in das Lüzomufer einbog. Dr. Silbergleit habe, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, feinen eigenen Wagen scharf nach rechts genommen und sei dadurch den, die Bordschwelle start angesteuert und sei wohl habe nun seinerseits, um nicht von Dr. Silbergleit gerammt zu mer
Ueber 20 Schwer- und Leichtverletzte. hart an den Autobus herangekommen. Der Führer des Omnibusses
den Motor ergos, was sehr leicht zu einer Explosion hätte führen fönnen. Es war ferner ein Glüdszufall, daß in dem Augenblid, als die Katastrophe eintrat, ein Pferdefuhrwert vorüberfam, das Bretter und Stangen geladen hatte. Der Kutscher schlug damit die Eingangstür des Autobus, die sich verklemmt hatte, los, stieß auch möglich, in das Innere des Autobusses hineinzukommen, wo die Dom Chauffeursiz aus die große Glasscheibe durch, und so war es Verletzten jammernd und stöhnend übereinanderlagen. In der allgemeinen Berwirrung, die herrschte, vergaß man die Feuerwehr zu alarmieren und erst 20 Minuten nach dem Unfall trafen die Rettungswagen der Behr sowie die des Rettungsamtes ein. In zwischen hatten sich jedoch die Inhaber von Brivatwagen und Droschkenautos zur Verfügung gestellt, die die Berlegten nach dem Elifabeth- Krankenhaus transportierten. Die Polizei, die von dem nahegelegenen Revier 33 in der Genthiner Straße herantam, sperrte sofort das Lüzowufer ab, um die Untersuchung über die Ursachen des Unfalles nicht erschweren zu lassen. Der Chauffeur Reumann sowie der Inhaber des Privatwagens, ein Dr. Silbergleit, ihrer Personaien und zur ersten Vernehmung nach dem Revie: 35 der aus dem Röntgenlaboratorium fam, wurden zur Feststellung gebracht Derthin nude cuch das Auto des Arztes gesteuert, das den Zusammenstoß ve: schuldet haben soll.
An der Unfallstelle.
infolge der Dunkelheit
mit dem rechten Vorderrad an die Bordschwelle gestoßen. Durch diesen Anprall erst sei der Autobus, da nun die Steuerung ganz schwelle hinweg bis an das Eijengitter der Böschung geflogen. Auf scharf nach rechts einschlug, herumgerissen worden und über die Borddem Polizeirevier 33 gab Dr. Silbergleit, ebenso wie sein Chauffeur Klozet , eine Darstellung, die diese Aussagen zu bestätigen scheint. Dr. Silbergleit erklärte, daß er den Autobus überholt habe, ohne den schweren Wagen zu rammen. Als er etwa 2 Meter vor dem Autobus lag, habe er hinter sich einen Krach gehört und sei sofort Wagen zum Halten fam, habe der Autobus bereits umgelegen. Eine an die Bordschwelle gefahren und habe angehalten. Als sein eigener ähnliche Darstellung gab der Privatchauffeur. Der Fahrer des Autobusses, Neumann, der feinen Führerschein seit 1912 besitzt und feit einem Vierteljahr auf der Linie 1 der ABOAB fährt, behauptet dagegen, daß das Privatauto ihn gerammt habe. Ob diese Angabe lassen. richtig ist, wird sich erst im Laufe des heutigen Tages feststellen Soweit sich auf dem dunklen Hof des Polizeireviers erschürfungen, die unbedingt vorhanden sein müssen, wenn ein ZuBennen fieß, zeigte der Privatwagen feinerlei Schrammen oder Abfammenstoß erfolgt ist.
Die Liste der Verletzten.
liegt, war von Hunderten von Zuschauern umlagert, so daß ein Die Unfallstelle, die fast genau gegenüber der Genthiner Straße größeres Bolizeiaufgebot herangezogen werden mußte, um die Unterfuchung und die Aufräumungsarbeiten nicht zu stören. In dem tiefen Dunkel, das an der rechten Straßenseite gerade an dieser Stelle herrscht, liegt der mächtige Omnibus. Man sieht auf dem Fahrdamm deutlich die Spur des Wagens, die sich infolge des scharfen Bremsens auf dem Asphalt klar abzeichnet. Der Wagen ist etwa 60 Zentimeter ven der Bordschwelle entfernt bis etwa 10 Meter vor der Genthiner Straße gefahren. Dann erkenni man deutlich einen Knid und auf etwa 3 Meter Länge nähert sich nun die blante Fahrrinne der BordKnid der Fahrbahn läßt die Aussage des Chauffeurs Neumann , er schwelle, die an dieser Stelle etwa 20 Zentimeter hoch ist. Der sanfte sei von einem Privatmagen gerammt worden, so daß ihm das den Bürgersteig gefahren fei, nicht allzu glaubwürdig erscheinen. Steuerrad aus der Hand prellte, und der Autobus ganz plötzlich auf Bürgerſteig. Das Innere iſt bedeckt von Scherben, zwischen denen Der Wagen liegt im Winkel von 90 Grad zum Fahrdamm auf dem große Blutlachen stehen. Die Ledersessel sind dagegen fast gar nicht 17. Hedwin Zielich, Augsburger Str. 2, Oberschenkelbruch. beschädigt, wie auch die Holzverkleidung feine allzu großen Schäden aufweist. Die Karosserie hat den Sturz gut vertragen, während die Chauffeuritz, das Steuerrad mit der Steuersäule, ebenso wie die Echeiben natürlich ohne Ausnahme in Trümmern gingen. Der Fußbremse und die Kupplung sind vollkommen unversehrt und ebenso zeigt sich das Gestänge der Steuerung zwischen den Borderrädern ohne Fehler. Im Bogen liegen einige Handtaschen, Taschentücher und Kleinigkeiten, die bei dem Sturz den Fahrgästen aus der Tasche gefallen sind. Kurz nach 8 Uhr fam Oberingenieur Schmidt von Der ABDAG. mit einem Rettungswagen und einem Stab von Technifern an, um den Wagen aufzurichten und abzutransportieren. Bei dem ungeheuren Gewicht des Wagens, das mehr als 100 Zentner beträgt, war es notwendig, die Karosserie vom Unterbau abzulösen, um dann erst durch Winden den Wagen wieder vorsichtig aufzurichten. Bei Fackelschein zog sich diese Tätigkeit bis in die späten Abendstimden han.
1. Frau Kafjewa, russische Botschaft, schwere Schädelverletzung. 2. Karl Etmond Loth, Wohnung unbekannt, schwere Konfufionen. 3. Schaffner Adolf Schultz, Liebenwalder Str. 26, Kopfverletzung. 4. Frl. A Hang, Wichmannstr. 18, Unterschenkelbruch. 5. Marie Adomeith, Kaiserplatz 6, Unterarmverletzungen.
6. Margot Liedtke, Zehlendorf , Nervenfchod.
7. Anneliese Stangenberg, Lühowstr. 63, Schlüffelbeinbruch.
8. Elise Bähr, Halensee . Joachim- Friedrich- Str. 6. Nervenfchod.
10. Luise Konzach, Blumenftr. 76, Nervenschock. 9. Karl Darg, Holsteinische Str. 18, Konfufionen.
11. Sophie Götten, Wilmersdorf , Johannisberger Str. 4, schwere Handquefschung.
12. Hans Renp, Nürnberger Str. 4, schwere Konfusionen. 13. Stanislaus koba, russische Botschaft, schwere Kopfwunde. 15. Günther Rogowski, Charlottenburg , Bleibfreuftr. 15/16. Fuß14. Johann Hähn, Steglih, Birkbuschftr. 6, Fußverstauchung. verftauchung.
Die Schuldfrage.
Die Untersuchung über die Ursachen des Unglüds dürfte sich in diesem Falle ziemlich langwierig gestalten, da zunächst durchaus keine Klarheit darüber besteht, ob der Autobus wirklich von dem Kraft wagen des Dr. Silbergleit angefahren morden ist. Augenzeugen behaupten zwar, fie hätten gesehen, daß der Personenwagen mit dem rechten Borderrad die Radkapfel des Autobusses gestreift hätte und das infolgedessen der Autobus herumgeflogen und auf den Bürgersteig gerast wäre, doch stellen andere Augenzeugen den Borfall in
Anspruch darauf. Die Menschen fürchten, daß ihre nächste Mahlzeit ihre legte sein wird
"
Ich möchte mit ihnen sprechen," sagte Bertram auf geregt. Könnte ich doch nur ein bißchen Russisch!"
P
" Ist nicht nötig, versuchen Sie's nur auf Englisch , Deutsch oder Französisch. Die meisten dieser Schneeschipper haben die Saison in Paris , London oder Berlin verlebt!"
Außerhalb des Bahnhofs lehnte eine Frau an der Mauer. Gie buitete, ihr dünner Mantel schützte sie nicht gegen die eisige Kälte. Es war eine ältere Frau mit magerem Gesicht, aus Zigaretten zum Verkauf in der Hand. Bertram forderte auf dem die Backenknochen hervorstanden. Sie hatte ein paar Zigaretten zum Verkauf in der Hand. Bertram forderte auf Französisch zehn Zigaretten und überzahlte sie zehnmal.
" Sie haben mir zuviel gegeben," jagte sie mit schwacher Stimme. Ich habe kein Wechselgeld."
16. Walter Klein, Nürnberger Str. 5, Kontufionen.
18. Dr. Hifnikki, Mommienffr. 21, Nasenbeinbruch. 19. Ernst Winde, Tempelhof , Kaiserin- Auquffa- Str. 3, Rippenbruch. 20. Else Coth, Pariser Str. 33, Häftverstauchung. 21. Major Loth, Pariser Str. 33, Rippenquefschung. 22. Rudolf Schaper aus Amsterdam , wohnhaft Zentral- Hotel.
Armbruch.
23. Herr Bütow aus Amfterdam, Unterschenkel- Fraftur. 24. Herr von der Drelie. Karolinenplatz 3, Armbruch. 25. Alfred Hauptmann , Nettelbedsit. 23, koniusionen. 26. Mar Zeichen, Mommfenftr. 44, Nervenfchock.
Ein Zusammenstoß.
Ein Transportauto fauft die Köpenider Straße entlang und will die Straßenbahngleife, die die Straße freuzen, überqueren. Da tommt die Straßenbahn; beide Führer sehen die Gefahr, bremsen, wollen halten. Sie halten, früh genug, um ein Unglück zu verhüten, jedoch zu spät, um einen Zusammenprall zu vermeiden. Doch der ist nicht so schlimm, Straßenbahnwagen und Auto stehen etwas geschrammt zwar doch sonst noch betriebsfähig auf den Rädern...
Tief holt der Autolenker Luft, um den Mann auf der Plattform mit den bei solchen Gelegenheiten üblichen Kojenamen zu be
Arbeit ist, die Wahrheit über den Todeskampf dieser Menschen zu verbreiten, so daß die Außenwelt in großem Stile helfen möge. Das Gewissen unserer Pharisäer aufzustacheln, die chne zu helfen vorübergehen, während Rußland blutend im Graben liegt."
Er führte Bertram dann in das Flüchtlingslager der Ver hungernden aus den Wolgadistrikten.
,, Erinnern Sie sich noch an die Leute, die wir in der Station liegen fahen? Dies ist für so manche von ihnen das Ende der Reise. Es soll sehenswert sein."
Es hieß ein Lager, aber die Flüchtlinge dieses Lagers sehenswert", aber fein angenehmes Schauspiel. Draußen waren in der alten kaiserlichen Kaserne untergebracht. Es war herrschte eisige Kälte, drinnen war feine andere Wärme als die der dicht zusammengedrängten menschlichen Körper, die auf den nadten Brettern lagen Da waren Tausende von blondIhr Französisch war reiner als Bertrams. bärtigen, blauäugigen Bauern aus Samara und Saratoff mit Lassen Sie nur," sagte er. Es ist zu falt hier für Sie." ihren Beibern und Kindern, die dort herumkauerten oder Ich werde bald tot sein. Sind Eie Franzose?" Nein, Engländer."
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Sie starrte ihn verwundert an.„ Ich war früher Erzieherin in England."
,, Und während der Revolution haben Sie hier gelebt?" " Seit Kriegsbeginn. Mein Mann wurde erschossen, als Kerensti ging. Er war Offizier, und seine Soldaten haben ihn getötet."
" Sind Sie allein?"
Ich habe einen fleinen Sohn. Er stirbt vor Hunger. Oft habe ich schon daran gedacht, ihn zu töten, hatte aber doch nicht den Mut." " Dies ist schrecklich. Wie kann ich Ihnen helfen?" scharf.„ Was bin ich Ihnen? Ich bin nur eine unter milWeshalb sollten Sie gerade mir helfen?" fragte fie lionen, die jetzt in Rußland verhungern."
"
Er gab ihr ein Bündel Papiergeld, und sie starrte es an und stich einen schwachen Schrei aus.
Bertram nahm den Hut ab und ging weiter.
"
„ Es ist alles nuglos," sagte Christy. Ich hab damals auch fo angefangen hab's aber bald aufgegeben. Wieviel haben Sie ihr geschenft?"
,, 500 000 Rubel. Das wird ihr doch ein bißchen weiter helfen?"
Christy zuckte die Achsein. In dieser Stadt bezahlt man 120 000 Rubel für ein Pfund Tee und 80 000 Rubel für ein Pfund Brot. Was tann unsere Privatwohltätigkeit dabei tun? Es ist alles umsonst, Major. Sie hat ja recht, es gibt Millionen gleich ihr. Bir tönnen Besseres tun. Unsere
schlafend in Haufen übereinander lagen. Es wurde gerade die Suppe und das Stück fauren Schwarzbrotes ousgeteilt, aber nicht alle stellten sich in Reih und Glied, um ihre Näpfe hinzustellen. Biele lagen auf dem Fußboden und warfen die Köpfe unablässig zur Seite oder verhielten sich ganz still, mit verglasten Augen geradeaus starrend.
„ Typhus Dysenterie- Schwäche," sagte Christy, nachdem er mit dem russischen Arzt ein paar Worte in deutscher Sprache gewechselt hatte.
Der Doktor war ein schwarzbärtiger Mann im weißen Operationsrock. Er hatte ernste, nachdenkliche Augen hinter feinen großen Brillengläsern.„ Wir tim, was wir mur fönnen," sagte er auf Deutsch . Aber die Nahrung ist nicht ausreichend, Wechseln, feine Heizung. Die Krankheit nimmt zu. Aber und es gibt feine Arzneien, feine Seife, feine Wäsche zum wir tun unser möglichstes!"
Als er mit Bertram und Christy über den Kasernenhof ging, stieß er eine Holztür auf und winkte ihnen hineinzusehen.
Drinnen lag ein hoher Haufen von Toten, Männer, Frauen, Kinder durcheinander, mit braunen, flauenartigen Händen, die aus der Masse von Beibern herausragten, mit aufwärts starrenden Gesichtern, und hier und da sahen nackte Glieder in all ihrer Abgezehrtheit hervor. Sie waren aufeinandergehäuft wie Schutt auf dem Schutthaufen.
Seit zwei Tagen tot," sagte der Arzt. ..Das Ende der Reise," flüsterte Christy. Bertram mußte fid) übergeben. Der Totengestank war schlimmer als auf dem Schlachtfeld.
( Fortsetzung folgt.)