Einzelbild herunterladen
 

Sonnabend

17. Januar 1925

Unterhaltung und Wissen

Der stählerne Freund.

Bon Wilhelm Hegeler .

Ich halte den Besitz eines Revolvers für den ersten Schritt zum Selbstmord. Haben Sie je in einer Zeitung gelesen, daß ein Haus bewohner einen Einbrecher durch Revolverschüsse in die Flucht ge­jagt oder unschädlich gemacht hätte? Dagegen fönnen Sie jeden Tag lesen, daß jemand durch das ungeschickte Hantieren mit einer Schußwaffe fich selbst oder einen anderen lebensgefährlich verlegt hat. Darum fort mit diesen vernidelten Schlangen, die der harm­lose Bürger an seinem Busen nährt! Das einzige empfehlenswerte Mittel gegen Einbrecher ist die Bettdecke. Hören Sie in der Nachi ein verdächtiges Geräusch, so ziehen Sie die Bettdecke über die Ohren und summen das Schlummerlied von Brahms vor sich hin. Schließlich find Diebe und Einbrecher auch Menschen und wollen leben, und wenn man ihnen die Ausübung ihres Berufes unnötiger­weise erschwert, so hat man sich die Folgen selbst zuzuschreiben.

Allerdings muß ich gestehen, daß ich mich erst nach einer Reihe bitterer Erfahrungen zu dieser selbstlosen Auffassung durchgerungen habe. Als in Berlin die Unsicherheit überhand nahm, als die Lit­faßsäulen über und über mit roten Zetteln bellebt waren, die Milliardenbelohnungen für die Wiederherbeischaffung geraubter Bertgegenstände versprachen, und die Häuser, in denen die Treppen läufer nicht fehlten, zu zählen waren, in dieser Zeit gehörte auch ich zu den Higköpfen, die glaubten. dem rollenden Rad der Entwidlung in die Speichen greifen zu fönnen. Als bestes Mittel dafür wurde mir ein wadhjamer Hund empfohlen. Ich ließ also einen tommen, unter Garantei edr Stubenreinheit. Unser Dienstmädchen erklärte nach furzer Zeit:" Der Hund ist ein Wundertier. Der frißt immer­zu und verdaut nie. In Wahrheit aber war er nur ein lebendiger Gegenbeweis gegen die Ansicht des Sokrates, daß das Wissen um die Tugend auch ihre Ausübung bedeute. Er war sich der Pflicht, die er mit dem Garantieschein übernommen hatte, voll bewußt, da er aber die furzen Augenblicke der Freiheit morgens und abends nicht durch solche niedrigen Verrichtungen beeinträchtigen wollte, troch er in unbewachten Augenbliden in die unauffindlichsten Schlupfwinkel, unter Schränke und Bettstellen und verrichtete dort sein Geschäft. Nach einer Woche mußten wir den Hund abschaffen. Den Gestant wurden wir nach einem Monat noch nicht los. Darauf versuchten wir es mit einem Sicherheitsschloß. Abra­hams Schoß" so hatte es der Erfinder genannt. Diese Nacht werden wir aber prächtig schlafen," sagte meine Frau, so sicher wie in Abrahams Schoß. Ich merfte feinen Unterschied und schlief erst gegen Morgen ein. Natürlich war ich ärgerlich, als unser Mädchen mich furz nach fieben wedte: der Gasmann stände vor der Tür und sie beläme das Sicherheitsschloß nicht auf. Meine An­ftiengungen waren ebenfalls vergeblich. Abrahams Schoß" hatte die Eigentümlichkeit, daß er sich im Handumdrehen schließen, aber nur mit Hilfe eines Schlossers wieder öffnen ließ.

-

So blieb uns nur die Mordwaffe. Seitdem war es um meine Ruhe geschehen. Ich wollte den geladenen Revolver im Nachttisch verwahren. Meine Frau erflärte, das ginge unmöglich. Stell dir boch vor," sagte fie, mir hören wirklich einen Einbrecher, dann find wir furchtbar aufgeregt, reißen mit Gewalt die Schublade auf, fie fällt auf den Boden, alles purzelt durcheinander, und ehe wir bann den Kerl gestellt haben Wir?" verfeßte ich. Ich hoffe, du wirst mir doch zutrauen, daß ich allein" Nun, meinetwegen, bu: Aber der Nachttisch ist nicht der richtige Ort. Du mußt den Revolver unterm Kopftissen aufbewahren. Meine Frau hätte mir ebenjo gut zumuten tönnen, die ganze Nacht den Revolver zwischen ben Zähnen zu halten Gie nannte ihn ihren Stählernen Freund" und erinnerte mich an ihn in den unschicklichsten Augenblicken. Aber bas Schlimumfle mar doch die Angst, die ich seitdem nicht los murde. Bei dem tleinsten Geräusch fuhr ich in die Höhe. Bachend und träumend hörte ich verbächtige Schritte.

Eines Tages fand bei uns Umzug statt. Bon morgens bis abends stand das Haus offen. Die Treppe wimmelte von verdäch. tigen Gestalten. Wenn überhaupt je, dann würden die Einbrecher dicje Nacht kommen, sagte ich mir. Und wirklich, faum war ich ein. geschlafen, da wachte ich auf, weil die Flurtür leise geöffnet wurde. Jemand tappte den Gang entlang, verschwand in meinem Zimmer. Mit einem Griff hatte ich den Revolver. Da umflammerte mich meine Frau. Liebster, um Gotteswillen, bleib hier! Rühr dich nicht! Was liegt schon daran?" Aber ich dachte: Ich kenne euch. Erft verführt ihr den Mann zur Schwäche und habt ihr ihn so weit, bann werft ihr ihm hinterher seine Feigheit vor. Hier hilft kein Maulspigen mehr. Hier muß geschossen werden.

Ich riß die Tür auf, der Schuß frachte, ein Hagelschauer von Glassplittern umflirrte mich, als wenn der ganze Kronleuchter her. unterfäme. Aber zugleich hörte ich einen gellenden Aufschrei, wie ihn nur ein tödlich Berwundeter ausstoßen tann. Großer Gott, follte der Einbrecher schon auf eine Leiter gestiegen sein? Ich ging

Bei einer japanischen Arbeiterfamilie.

zu meiner Frau zurück und fagte mit der dumpfen Gleichgültigkeit der Verzweiflung: Der hat sein Teil weg." Ungeheuer! Mörder!" fchrie meine Frau mich an. Wenn ich das je von dir geahnt hätte!" Und sie drehte mir schluchzend den Rücken. Ganz tot schien indes der Einbrecher nicht zu sein, denn sein Jammern war noch deutlich zu hören. Meine Frau sprang auf. Wir müssen ihm helfen. Der arme, unglückliche junge Mensch! Gewiß war es fein erster Versuch. Ein Sohn aus gutem Hause, den nur die furcht­bare Not auf diese Bahn getrieben hat. Komm mir nicht zu nahe! Du riechst nach Blut. Nie wieder darfst du mich berühren." Ich drehte in meinem Zimmer das Licht an. Da tanzt vor mir auf einem Bein unser neuer Mieter. Herr Profeffor!" rufe ich ihn an. Wo bin ich?" fragt er. In meiner Wohnung. Sie haben sich in der Etage geirrt."" O popoi, o popoi," jammert das alte Männchen

Friz Rummer läst fein auerft 1913 erschienenes Buch Eines Arbeiters Beltreife" bei der Thüringer Ber­Tagsanftalt in Jena erneut erfcheinen. Er hat mit Recht davon abgesehen, feine Einbrüde und Erlebnisse, auch wo fie veraltet find, umzumodeln. Der Bericht war eine Tat und ist es auch heute noch. Rum erftenmal hat ein moderner deutscher Arbeiter eine

Beltreife geſchildert, die er arbeitenb und überall mit dem Bolte Tebend vollbrachte. Aus dem japanischen Abschnitt ist unsere Brobe gewählt.

"

Die Natafarugatu- Cho gehört zu den wichtigsten Verkehrs adern Tofios. Sie ist noch breiter als eine europäische Großstadt straße, mit elektrischer Straßenbahn ausgestattet und durch hohe, Schiefe Telegraphenmasten berungiert. Um die Natafarugafu- Cho herum zieht sich das lateinische Biertel. Die Häuser dieser Straße find zwar auch alle von Holz, haben aber durch die Bank zwei Etodwerte. In jedem Erdgeschoß ein Geschäft, sehr oft ein Altbuch­handel. Der Büchersammler fann hier für ein paar Jen einige Duhend alte Schmöter taufen. Der weniger aufmerksame Besucher übersieht die Gäßchen rechts und lints, weil sie taum mehr als anderthalb Meter breit sind. In diesen Gängen, altjapanische Straßen, spielt sich den lieben langen Tag noch unverfälschtes ja panisches Leben ab. Auf dem Gaffenboden spielen die Kinder, ar beiten die Väter, sitzt die Mutter mit der Nachbarin beim Blausch. Bei warmem Better ist die Vorderseite der Häuserschiebewände sperrweit geöffnet. Nichts hindert, das Leben und die Ausstattung der Wohnungen zu betrachten. Der Japaner hat kein Geheimnis, und seine Frau auch nicht.

Durch eines dieser Gäßchen traten wir auf die Natafarugafu Cho. Vor einem gut aussehenden Gebäude hielten wir an. Der Hausherr stand in der Schiebetür und verneigte sich freundlich. Das Simmer auf ebener Erde war mit einem langen Tisch sowie Stühlen ausgestattet. Im Hintergrund, auf dem erhöhten Fuß­boden, fniete eine junge Frau mit zwei alten. Sie begrüßten mich mit: Trasschaimaschi! Brasschaimaschi!( Willkommen!) Ich fegte mich an den Rand der Empore nieder, um meine Schuhe aus zuziehen. Eine der Frauen mar dabei behilflich. Die junge Frau fächelte mir mit unfagbarem Anmut frische Luft zu

Der Silberstreif am Horizont.

Ri

Lieber Gott , wir danten dir, daß du uns endlich die heiß­erflehte Bürgerblodregierung beschert haft. Nun werde ich vielleicht doch noch den Roten Adlerorden 4. Klaffe mit der Schleife bekommen, den mir die Judenrepublik sieben Jahre lang vorenthalten hat."

und zitiert in seiner Aufregung griechische Verse. Also feine Ein. brecher? Und ich von allen Göttern Verlassener, o popoi, o popoi, o popoi, habe mich selbst in den Fuß geschossen." Und er zeigt uns seinen blutüberströmten Schuh und den Revolver in seiner Hand. So war es gewesen. Wir hatten beide gleichzeitig geschossen. Ich hatte meinen neuen Kronleuchter zertrümmert und er feinen rechten Fuß.

Nach diesen Tatsachen bitte ich Sie, mir sagen zu wollen, auf welcher Eigenschaft es beruht, daß meine Frau von ihrem ftähler nen Freund noch immer nicht furiert mar? Ich ließ ihr den Willen und verwahrte den Revolver weiter unter dem Kopftiffen. Aber heimlich zog ich die Patronen heraus, nahm überhaupt alles, was ich an Patronen im Hause hatte, und warf es in den Kanal. Im übrigen erkläre ich nochmals: das einzig Richtige gegen Ein­brecher ist die Bettdecke.

Im Namen des Königs!

Beilage des Vorwärts

war ja angeschoffen): Wo wohnt sich Redakteur sozialdemokratischer. heißt sich Kruhl?" Die Sprache fannte ich. Das war tein Wiener, das war Landsmann meiniges tief aus dem Böhmerland sechs Meilen hinter Prag . Komm," sagte ich, wir suchen ihn." Ich gab mein Gepäck ab, fragte einen Polizisten, wo die Genossen verkehrten, und bald tamen wir nach der Bakenstraße zu Bollmanns.

Ein alter Harzer Genoffe fendet uns folgende luftige Erinne rung aus der Zeit kurz vor Einführung des Sozialistengefeges: Im Jahre 1878, furz vor der Reichstagswahl, fam ich mit 1000 Stüd Broschüren Hütet Euch vor den 300 millionen neuen Steuern" nach Halberstadt , um nach Blankenburg zu fahren. Aber es ging fein Bug mehr; fo mußte ich also am Blaze bleiben und später fahren. Da trat ein junger Bursche an mich heran und fragte ernst, vorsichtig( man muß bedenken, in Breußen und den umliegen den Fürstentümern war man trant am Attentotsfieber, ihr Rönig

Was willst du von dem Redakteur?" fragte ich meinen neuen Freund. Hab ich Saal großes in Barneberg , ist sich morgen Bolts­versammlung fehr große, muß ich holen Redner von Halberstadt ." Hast du auch die Bescheinigung vom Amtsvorsteher?" fragte ich. ist sich da alles," und in der Tat zeigte er sie mir. Nun aber dalli nach Batenstraße 63. Um diese Zeit gab es in Preußen eine ganze Anzahl Referenten, bloß feinen Saal, wo sie reden durften.

Am anderen Morgen fuhren wir selbdritt nach Oschersleben , von da marschierten wir vier Stunden nach Barneberg . Als wir an­tamen, zog ein preußischer Gendarm gerade sein Pferd in den Stall. Dann tippelte Landsmann meiniges" nach Böbfe, um Versamm­lungsbesucher zu holen, und ich ging nach Hamersleben . Da war auch so ein Loch, wo Kohlen gefördert wurden, wo Schachters" wohnten. Als wir zurüdtamen, hatte sich die Zahl der Gendarme auf drei vermehrt. Auch die ersten Besucher, ein paar dide, fette Bauern, waren da, und jetzt fam sogar ein Paftor aus einem Nach­barort. Als die Uhr eben drei schlug, trat mein Landsmann an den Vorstandstisch, flingelte und sagte im schönsten Deutsch:" Bersamm­lung ist eröffnet, aus Halberstadt Herr Kruhl hat das Wort." Er fetzte sich, und August Kruhl hielt uns eine tüchtige Baute und erntete reichen Dant.

#

Der Borsigende flingelte: Wer wünscht sich Wort?" Ich bitte ums Wort," rief da der reitende Gendarm. Im Namen des Ge­setzes löse ich die Versammlung auf und ersuche Sie. Weiter fam er nicht. Landsmann Böhm war sehr ärgerlich und in höchster Erregung fauchte er den Herrn Wachtmeister an: Sie haben gar nichts aufzulösen, Sie dürfen nur auflösen im Namen des Königs!" Es flingelte: Wer will noch Wort?" In diesem Augenblicke ertönte von dem benachbarten Kirchturm das Geläute der Glocken, und um mich auch nüßlich zu machen, stand ich auf und rief mit sehr starker Stimme: Ich bitte ums Wort zur Geschäftsordnung," trete an den Borstandstisch, mache einen höflichen Knids und lege los:

Was schwebt dort auf des Wohlauts Schwingen zu mir herüber durch die Luft?

Ich hör es rauschen, hör' es flingen

im füßen morgendlichen Duft:

Das ist die Orgel, find die Glocken,

o horch, fie laden mich und locken

zu einem längst entwöhnten Gang."

Während meines Vortrages bemerke ich, daß alle drei Gendarmen ihre Helme abnehmen.( Die glauben doch nicht etwa, daß das ein frommes Gedicht ist?) Wie ich mit dem fünften Berse antrete, jezen sie alle drei ihre Helme wieder auf, und der Reitende ruft mit Manöverstimme: Im Namen des Königs löse ich die Versammlung auf, der Saal ist sofort zu räumen." Immer erst austrinfen," ruft der dice Bauer, und sie tranfen immer noch eins, ehe sie gingen.

Wir aber rannten nach der Eisenbahn. Kruhl ging den anderen Tag ins Kittchen und ich nach dem Harz und bin bei der Gelegen­heit Bürger von Blankenburg geworden. 5. M.

Todesstrafe für Faulenzer. Gelegentlich eines Bortrags über das alte Peru , den der Londoner peruanische Generalfonful Salomon dieser Tage hielt, führte der Rebner aus, daß die Trümmer der Zi­vilisation der Infas über ein weites Gebiet, das von Panama bis nach Chile reicht, zerstreut find. Wichtiger aber als diese Zeugen der Zivilisation der Infas seien die der vorangegangenen sogenann ten Tia- Huanco- Zeitperiode, die fich in Gestalt pon Monumenten, Steinbildern, Balasten und Befestigungen dem Auge zeigen, und die man reichlich in Bolivia , in Cuzco , am Titicacafee und an vielen anderen Orten antrifft. Die Infas waren ein großes, acerbau­treibendes Bolt, und die Reste ihrer Kanäle und Wasserbauten sieht man an vielen Plägen längs der Küste von Peru . Sie tannten weder Reichtum noch Armut. Der Staat sorgte für seine Unter­tanen und griff in alle Dinge, selbst in die Verhältnisse des Privat­lebens, ein. Die Inkas bildeten drei Klassen: die fönigliche Familie, die Priester und das Volk. Der Oberpriester und das Oberhaupt des Heeres wurden vom föniglichen Hause gestellt. Jeder Mann von 21 Jahren und jedes Mädchen von 18 Jahren war gezwungen, eine Che einzugehen. Jedes Kind erhielt von Staats wegen ein Stüc Land zur Bewirtschaftung zugewiesen, wobei der Knabe ein größe res als das Mädchen erhielt. Alle Arbeiten wurden vom Bolf aus­geführt, und jede Person, Mann, Frau oder Kind, hatte eine be­stimmte, ihm zugewiesene Arbeitsaufgabe zu erledigen. Keinem war es erlaubt, über seine Kräfte zu arbeiten; andererseits fah sich aber jeder, der sich bei der Arbeit läffig oder faul zeigte, mit der Todes­firafe bedroht.

Das Zimmer lag im ersten Stock. Der Weg dahin ging über| liche Inschriften am Hause zeigte er der japanischen Deffentlichkeit eine Hühnerstiege. Bei einiger Vorsicht konnte eine schwere Be an, daß er europäische Kuchen und Fleischspeisen nebst Milch, Bier schädigung der dünnen Dedbalfen durch Anschlagen mit dem Kopfe vermieden werden. Der Raum mochte zehn Fuß im Geviert haben. Die europäische Möblierung, Tisch und Stuhl, ließ des Hausherrn Aufmerksamkeit und Berständnis für europäische Bedürfnisse er fennen. Licht und Luft konnten ungehindert eintreten. Die die Wände bildenden Schiebetüren standen ganz geöffnet. Auch wenn fie geschlossen gewesen wären, hätte Erstickungsgefahr nicht drohen tönnen, denn die Papierscheiben waren fast alle durchgestoßen.

In dem Hause auf der andern Seite des Quergäßchens lag ein schönes junges Weib, den Kimono allzusehr gelüftet, mit zwei Rin­derchen spielend auf den Matten. Als sie den neuen Nachbar ge­wahr wurde, fniete sie bescheiden hin und grüßte, fich tief ver­ncigend: Dhaio! Dhaio!" 3hr Nachbar tat dasselbe. Beide haben auch später niemals versäumt, sich am Morgen zu begrüßen. Mit den Wirtsleuten war bald llebereinstimmung erzielt. Das 3immer sollte 25 Gen(= 50 Bf.) den Tag, jede Mahlzeit 45 Sen festen. Zwei Tage nach dem Einzug bot der Wirt eine Preis­ermäßigung an. Da zu seiner großen Berwunderung der fremde Rimmerherr, obwohl ein Drittel größer als er, ein Drittel weniger effe, tönne er Wohnung und Kost für 1 Jen( 2 Mt.) den Tag geben.

und japanischem Champagner"( Apfelwein) feilhalte. An der großen Berfehrsader famen genug Geschäftsleute vorbei, denen es nach europäischen Speisen gelüftete, oder Angestellte, die sich beim Lesen der Zeitschriften ein Fläschchen heiße Milch für 2 Sen (= 4 Pf.) leiften konnten. Für gewöhnliche Arbeiter kommt das Speisehaus nicht in Betracht. Denn diese können sich kaum ein Mäpfchen Milch, geschweige für 11 Sen ein Fläschchen Apfelwein oder gar für 20 Sen ein Stüd Fleisch kaufen.

Die peinliche Sorgfalt, mit der die Gäste, meistens doch besser­gestellte Leute, die Kupferstücke behandelten, ließ mich den Wert des Geldes sowie die Armut in Japan leise ahnen. Einen besseren Be­griff von dem ganzen scheußlichen Elend bekam ich durch einen fich fast täglich wiederholenden Vorgang, den ich oben vom Fenster aus ungesehen beobachten konnte. Mehrere halb, fast ganz nadte Jungen schlichen, scheu um sich blickend, durch das Seitengäßchen, drängten sich schüchtern an unsere Hintertür, bis die Hausfrau mit einem Korb voll Brotrinden und Fleischresten erschien. Im Nu hatten sie den Inhalt ergriffen, bligartig übersetzten fie die breite Straße, um dort ihre Habe mit andern Jungen oder halbverhun­gerten Frauen mit Säuglingen zu teilen.-

Die Familie meines Wirtes bot ein prächtiges Bild häuslichen Ich hatte mich in der neuen Wohnung noch nicht richtig um- Glücks. Ihr Haupt war ein Muster von einem Familienpater und gesehen, als schon die, junge Hausfrau mit einem hochbeladenen Wirt. Wenn ich nicht das Bild Karl Margens an der Wand ge Epeisebrett die Stiege heraufgefrabbelt fam. Sie brachte Eier, fehen hätte, sein anständiges Auftreten, seine Klugheit, die Bärt­appetitlich aussehende Reisfuchen, europäische Torte und angenehmlichkeit, womit er feine vier Jungen behandelte, die Liebe, mit der duftende Rippchen. Gleich tauchte auch der Herr des Hauses mit er an seiner Frau hing, die Achtung, die er seiner alten Mutter ent Gabel und Meffer auf. Mit freundlichem Schmunzeln blickte er mich gegenbrachte, hätten mir gesagt, daß er Sozialdemokrat sei. Es war an, als ob er sagen wollte: Na, was sagst du zu meiner Koch- ihm früher auch elend genug gegangen. Immerhin hatten ihm die funft?" Während des Essens machte die liebe Hausfrau mit dem Wechselfälle des Lebens erlaubt, tiefe Blide in die europäische Fächer Wind. Die Speisen hätten einem europäischen Hause teine Küche zu tun, was ihm jetzt Anerkennung und Borteil brachte. Die Schande, der Kaffee einem fächsischen Tische Ehre gemacht. Betreibung des Speisehauses gab ihm Mittel und Unabhängigkeit. Wie tam dieser asiatische Mann zu all diesen wohlschmeckenden Er fonnte feine Jungen in höhere Schulen schicken, fie englisch Herrlichfeiten? Der Schleier dieses Geheimnisses wurde gelüftet, lernen lassen; fie follten, bas stand bei ihm feft, hinaus nach Eu­als ich zum ersten Male hinunterstieg. Sein Verständnis für den ropa oder Amerita. Da er 10 Jen Steuern zahlte, hatte er das Bug der Zeit hatte mein Wirt durch Einrichtung eines europäischen Wahlrecht; es mußte um ihn geworben werden. Und der poli­Speisehauses bewiesen. Im Erdgeschoß hatte er Tische und Stühle zeilichen Drangfal fonnte er als unabhängiger Mann ruhiger zu­aufgestellt, eine reichliche Zahl Zeitschriften aufgelegt, durch beut fehen