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Sonci lebt weiter als vielseitiges Meisterwerf großer Künstler, Könner und Berwalter, und auch von jedem republikanischen Gesichtspunkt aus ist es recht und billig, daß es so, wie es ist, erhalten bleibt; d. h. sehr billig ist es nicht gerade, aber recht auf jeden Fall. Oder sollte felbst diesmal Wilhelm, der Unerfättliche, feinen Untertanen einen Strich durch die weiß Gott schon reichlich reduzierte Rechnung machen wollen? Den Sterbestuhl vom Alten Frih hat er fich schon ausgeklaut," erzählt dort ein Alter, ein nachgemachter In dem noch bis zum Kriege bewohnten Neuen Palais   befindet sich ſteht fürs Publikum da," sonst hat sich nicht übermäßig viel verändert. jeht eine Schule der Schuhpolizei und eine Telegraphenstation der Reichspost; im übrigen werden noch 25 Zimmer gezeigt zur Freude aller Aesthetiker und Kunstsachverständigen, zur Begeisterung aller Theoretiker von Blut und Eisen und der hierher wallfahrenden An beter der Monarchie. Schönheitssucher einerseits und die, die nicht alle merden, andererseits fie treffen sich wenn auch aus ganz verschiedenen Motiven im Part von Sanssouci  . Viele besuchen auch bei dieser Gelegenheit das Grab der Auguste Viktoria  , dann menden sie sich der Historischen Mühle zu, wennschon sie faum wissen, daß Friedrich II.   in dem berühmten Prozeß gegen den Müller Arnold das Recht nur deshalb zugunsten des Mannes aus dem Bolt" beugte, meil es ihm ermöglichte, feinen für das Urteil ver­antwortlichen Großkanzler loszuwerden. Sie, die ihn anbeten, fie

fennen ihren müften und doch liebenswerten Alten Friz ja gar nicht, fie machen fich eine Borffellung von ihm, die zwar fleinbürgerlichem Untertanenideal entsprechen mag, die aber jeder historischen Wahr­heit widerspricht. Friedrich II.   jagte einmal: Sat man vergessen, daß der Krieg eine Geißel ist, die alles Unglüd vereinigt und noch dazu alle möglichen Verbrechen?" Nun, die Potsdämlichen, die haben's vergessen, falls sie es je gewußt haben.

Und doch, und doch! Selbst in Potsdam  , der Hochburg der Reaktion, jpürt man leise das Berbersten der alten machtpolitischen Scheinideale. Noch fuchteln ihre Ber trerter mit Säbeln und Spießen in der Luft herum, aber das neue Deutschland  , das neue Europa   werden die Stiche der wildgewordenen Militärs zu parieren wissen. Wehrhaft werde auf seine Art das gerade in Potsdam   so geschmähte Zivil! Vor der breiten Fassade des Schlosses Sanssouci   standen wir am Abend, Nacht wurde es rasch, bald sah man nur noch die Kronen fahler Riesenbäume ge­spenstisch in den tiefen Horizont stechen. Nur Lichter blinkten auf im Städtchen, wenige erst, später sehr viel, und der Lärm von Bahnen, Autos, Wagen, Menschenrufen brach drunten nicht ab. Das war nicht nur der Schmollwinkel der Wohlhabenden, die in Ruhe und Behaglichkeit ihr Dasein genießen" wollen, das war eine Stadt der Bewegung, der Arbeit. In der Tat, Potsdam   ist nicht mur ein Museum, nicht nur ein Schmuckasten, diese Stadt verjüngt fich wenn auch mit Schmerzen. Mit einem Wort: der Not ge horchend und nicht dem eigenen Triebe ersteht das neue Potsdam  !

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Die Wahrheitsliebe der Roten Fahne". In der Roten Fahne" wird den Lesern erzählt, die Sozialdemo­fraten hätten am Donnerstag in der Stadtverordnetenver fammlung unter der Einwirkung der außerparlamentarischen Aktion der, Tribüne" in der zweiten Abstimmung für den fommu­nistischen Erwerbslofenantrag gestimmt, nachdem sie ihn zuerst ab gelehnt hatten, In Wirklichkeit verhält sich die Sache so, daß nach der Geschäftsordnung natürlich zuerst über den kommunistischen  Original antrag abgestimmt werden mußte, der von unserer Fraktion abgelehnt wurde, weil bei seiner Annahme die Gefahr be= stand, daß die Reichsbeihilfen der Stadt entzogen würden. Während der Debatte hatten die Kommunisten und die Demo­fraten Ergänzungsanträge zu dem Antrag des Ausschusses gestellt, die dann in Gemeinschaft mit dem Ausschußantrag an genommen wurden. Der Schreiber in der Berliner  " Prawda" tut fo, als hätte es fich überhaupt nur um einen Antrag gehandelt. Das wird natürlich mit vollster Absicht deswegen getan, damit dem Bor wärts  " und den Sozialdemokraten eins ausgewischt werden.

Die

Rote Fahne" scheint der Meinung zu sein, daß teine Möglichkeit besteht, den richtigen Sachverhalt aus der Stadtverordnetenverfamm lung nach außen zu bringen. Man sieht eben wieder, was fom­munistischen Lesern zu glauben zugemutet wird.

Der erste Regierungstag.

Ort der Hamblung: Das Arbeitszimmer des Reichskanslers. Personen: Der Reichstanzler, fein Staatssekretär.

Der Kanzler: Buten Morgen, Herr Geheimrat Ber. zeitung: Herr Staatssekretär. Das wird heute ein schwerer Tag merden: erstens die Ministerliste ergänzen, zweitens die Regie­rungserflärung ausarbeiten ein bißchen viel auf einmal.

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Der Staatssetretär: Um die Regierungserklärung brauchen Sie sich nicht zu sorgen, Herr Reichskanzler. Herr Ministe rialdirektor Sowieso ist schon dabei, die von den einzelnen Refforts ausgearbeiteten Bruchstücke zusammenzuflicken. In einer Stunde mud sie Ihnen vorgelegt.

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Der Kanzler: Aber ich will ja felbst... Der Staatssetretär: Das war bisher ich meine natürlich in der guten alten Zeit so Sitte. Und wir wollen ja die Sitten der guten alten Zeit wieder einführen. Der Kanzler: Gewiß aber die einzelnen Parteien haben doch Wünsche...

Der Staatssekretär: Die Herren Geheimräte in den Aemtern haben selbstverständlich schon mit der Deutschnationalen Partei Fühlung genommen.

Der Kanzler: Nur mit den Deutschnationalen?? Und die Deutsche   Bolkspartei?

Der Staatssekretär: Die hat keine besonderen Wünsche. Sie schließt sich in allen Punkten den Ansichten der Deutschnatio­

fen an.

Der Kanzler: Selbstverständlich: sonst wäre ich ja in meinem Leben niemals Reichskanzler geworden. Aber das Zentrum?

Der Staatssetretär: Das Zentrum? Was brauchen wir noch viel auf das Zentrum Rücksicht zu nehmen: es wird ja doch nicht mehr abspringen.

Der Kanzler: Sie sind also ganz sicher, daß ich mich auf die Arbeit der Herren Geheimräte verlassen fann?

Der Staatssetretär( pifiert): Herr Reichskanzler war dech selbst Beamter.

Der Kanzler: Mir foll's recht sein. Also kann ich mich vorläufig auf die Ministersuche beschränken. Ist Ihnen, Herr Staatssekretär, vielleicht heute nacht im Traume so ein Justizminister oder Finanzminister eingefallen?

Der Staatssetretär: Ich habe heute nacht nur gute Träume gehabt, also nichts von unserer Regierung.

Der Kanzler: Ich habe geträumt, daß ich den Land­gerichtsrat Bewersdorf zum Justizminister und mich selbst zum Finanzminister ernannt hatte. Und da fing ich an, aufzuwerten, jc in einer Tour, alles natürlich mit Ausnahme der landwirt. schaftlichen und industriellen Hypotheken ich sage Ihnen, das war einfach großartig: nach drei Tagen war der Dollar nur noch drei Rfennig wert.

Der Staatssetretär: Oder umgekehrt? Der Kanzler: Bielleicht auch umgekehrt: es war gottlob nur ein Traum. Deshalb müssen wir ja nach Ministern weiter fuchen.

Neues von der Staafener Meineidsaffäre.

Der Staatsanwalt gegen Entlastungszeugen.

Die Staafener Meineidsaffäre zieht immer weitere Kreise und es ist nacs allem noch nicht abzusehen, welches Ausmaß dieser bisher schon soviel Aussehen erregende Fall noch nehmen wird. Es scheint so, als ob sich ein Rattenkönig von Meineidsprozessen aus diesem Einzelfall entwickeln wird.

Nach der Richtung weiterer Strafperafhren deutet ein Schritt der Staatsanwaltschaft hin, der bisher in einem Berfahren, das schon bis zum Urteil vorbereitet war, eine Seltenheit in der deut­fchen Strafjustiz bilden dürfte. So sind nunmehr bei mehreren Entlastungszeugen Haussuchungen abgehalten

Kreis- Mitgliederversammlungen!

Tagesordnung: Der Rechtsturs in Deutschland  .

Prenzlauer Berg  : Dienstag, den 20. Januar, abends 7 Uhr, Aula der Oberrealschule, Pasteurstraße 44/45. Referent: Ministerpräsident a. D. Stelling, M. d. R. Charlottenburg: Mittwoch, den 21. Januar, abends 7% Uhr, Oberrealschule Schloßstraße, am Sophie- Charlotte- Platz. Referent: Heinrich Ströbel  , M. d. R. Schöneberg: Donnerstag, den 22. Januar, abends 8 Uhr, Schulaula Feurigstr. 57. Referent: Franz Künstler, M. d. R.

Mitte: Freitag, den 23. Januar, abends 7% Uhr, Musikerfäle, Kaiser Wilhelm- Straße 31. Referent: Rudolf Breit scheid, M. d. R.

Die Hochstapeleien der Gräfin Chamare.

Im Banne der Hörigkeit.

Schneller als man annehmen konnte, ist der Prozeß gegen die beiden Schwindlerinnen Gräfin Chamare" und Martha Prager zu Ende gegangen. Nach dem Gutachten von Med.- Rat Dr. Störmer sind die beiden Angeklagten durch und durch degenes rierte Frauen, die unter dem Einfluß des Morphiums und Kokains stehen.

Die Gräfin Chamaré befindet sich in völligem Hörigkeitsverhält nis zu ihrer Freundin Prager. Die Aerzte halten aber beide An­geflagte für ihre Taten verantwortlich. Wie die Beweisaufnahme ergab, haben die Angeklagten ihre Erbschaftsschwindeleien nicht nur unter ihrem richtigen Namen verübt. sondern sind auch als Grä­finnen v. Waldershausen und v. Finkenstein  , Mutter und Tochter aufgetreten. Sie mieteten sich Equipagen und fuhren vor die besten Geschäfte vor und erschwindelten erhebliche Kredite. In einer Bension wohnten sie ein ganzes Jahr auf Kredit und pumpten gegen wertlose Wechsel die Pensionsinhaberin nod; an. Dann verschwanden sie und bezogen eine andere Pension, in der sie dasselbe Treiben fortsetten. Einem 75jährigen Herrn Krause versprachen sie, immer unter Hinweis auf ihre Millionenerbschaft, einen Berwalterposten und veranlaßten den Greis, zur Hergabe feiner ganzen Ersparniffe in Höhe von 12 000 Goldmart. Die An geflagte Gräfin Chamaré" bestritt, sich des Betruges schuldig ge­macht zu haben. Sie habe ernstlich an die Millionenerbschaft ge glaubt. Diese sollte ihr von einem Herrn Json Damman zugejagt worden sein. Mit Damman habe sie in freundschaftlichen Beziehun gen gestanden und dieser habe sie zur Erbin seines riesigen, aus riegsgewinnen stammenden Vermögens, das in der Schweiz   niedergelegt sein sollte, bestimmt. Staatsanwaltschaftsrat Ortmann beantragte hohe Gefängnisstrafen, während der Berteidiger bat, die beiden Frauen mit Rudsicht auf ihre unbestrittene geistige und moralische Minderwertigkeit milder zu beurteilen. Das Gericht verurteilte schließlich die Angeklagte Martha Prager zu zwei Jahren Gefängnis, unter Anrechnung von 7 Monaten Unter. fuchungshaft, die Gräfin Chamaré zu einem Jahr Ge­fängnis. Beide Angeklagte wurden sofort in Haft genommen.

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Völkisches Kostümfest in Magdeburg  ?

Am gestrigen Sonnabendabend um die siebente Stunde tamen allerlei sonderbar ausgepuzte und angetane Leute, junges Volk und auch älteres, im Potsdamer Bahnhof mit fröhlichem Zuruf und deutschem Geheil zusammen. Es war äußerst belustigend zu sehen, wie geschickt es viele verstanden hatten, sich zu verkleiden. Man hätte sie für richtiggehende Reichswehr  soldaten halten können: feldgrauer Waffenrod, Mili är toppel, feldgraue Militärmüge, Brotbeutel, Schanz­zeug, Tornister und gerollter Mantel. Einige hatten sich auch mit allerlei Klunkern behangen, die wie eiserne, goldene und silberne Orden aussahen. Es werden aber wohl nur pappene, messingene und Aluminium- Kotillonorden gewesen sein. Die Führer, die fich teils durch vorgestreckte Bäuche( Bodbier!), teils durch greulich zer schnittene Gefichter( germanischer Heldengeist auf deutschen Universi

worden, u. a. bei den Zeugen Stelzner und Clement in Staaten, wobei erhebliche Teile ihrer gefamten Rorrespondenz bes getreten, nachdem der Zeuge Clement, ein Freund Eggerts, dem schlagnahmt wurden. Wie erinnerlich, war die Bertagung ein­Schwurgericht ein Schreiben eines inzwischen nach Brasilien   aus­gewanderten Staatener Bürgers überreicht hatte, in dem dieser sich eidlich zu Bekundungen bereit erflärte, daß Eggert in den friti schen Nachtstunden nicht bei der Krankenschwester, sondern bei ihm zu Besuch gewesen war. Das Gericht hatte beschlossen, diesen Zeugen vernehmen zu lassen. Nunmehr soll auch noch die Ehefrau Eggerts, die schon vor der Verurteilung ihres Gatten mit ihren Kindern nach Brafilien ausgewandert war, und ein dritter Zeuge aus Staaten, der in Südamerika   lebt, dort vernommen werden. Diese Vernehmungen werden auf diplomatischem Wege durch das Konsulat erfolgen. Die Berteidiger haben nunmehr den Antrag gestellt, wegen der außerordentlichen Wichtigkeit dieser Bertäten) auszeichneten, hatten vielfach an der einen Hüftſeite unter nehmung staatliche Mittel bereit zu stellen für eine Hinreise eines Vertreters der Staatsanwaltschaft und eines Bertreters der Verteidigung nach Südamerika  , damit diese den Bernehmungen beiwohnen und durch Fragestellung an die zu vernehmenden Zeugen eine Klärung der Sachlage herbeiführen können. Die Staatsanwalt schaft hat diesem Antrage nicht widersprochen und verlangt auf alle Fälle die Anwesenheit ihres Vertreters bei den Bernehmungen in Südamerika  , Gleichzeitig haben die Berteidiger einen dringenden Antrag auf Haftentlassung der Krankenschwester Metzger gestellt. Zur Begründung wird angeführt, daß die Hauptzeugin Baermann nach den Feststellungen des Vorsitzenden in der lehten Hauptver handlung vor dem Schwurgericht etwas objettio Falsches geschworen hätte und daß sie nicht den Stadtrat Eggert in der fraglichen Nacht aus der Wohnung der Krankenschwester hat kommen sehen, sondern daß eine Berwechslung vorliege.

Berufstundliche Vorträge. Am Dienstag, den 20. Jamtar, abends 7 Uhr, finden in der Aula bes 1. Lyzeums, Berliner Straße 9, Borträge über das Metallgewerbe statt. Es werden besonders die Berufe für Gelbmetalle erklärt werden. Zutritt ist unentgeltlich.

Der Staatssetretär: Bielleicht inserieren wir im Lokal- Anzeiger"?

Der Reichstanzler: Famose Idee! Aber dann bekomme ich die ersten Bewerbungen frühestens am Montag. Am Montag!! Wenn ich überhaupt an diesen Montag dente, dann bekomme ich Schüttelfrost. Montag, sechs Uhr, Regierungserklärung!! Läßt sich tas nicht vielleicht wieder etwas verschieben?

Der Staatssekretär: Das würde ich nicht empfehlen: benn am Ende ist das Zentrum doch imstande, abzuspringen. Der Reichsfangler: Um Himmels willen, dann nicht, dann nicht!( Das Telephon flingelt) Hier Reichskanzler!

Stimme am Telephon: Hier Pressechef! Herr Reichs. fanzler, ich habe...

Der Reichstanzler: Einen Finanzminister! Bravo! Stimme( zögernd): Nein... mur Auslandspreffeftimmen. TB. frägt an, ob wir Wert auf die Veröffentlichung legen? Der Reichskanzler: Wie sind sie? Stimme( noch zögernder): Offen gesagt: mies! Der Reichst angler: So mies, wie mir ist, sicher nicht. Ra, und sind das viel?

Stimme: Ganze Spalten!

Der Reichstanzler: Und alle mies? Stimme: 3ft gar kein Ausdruck!

Der Reichskanzler: Ganze Spalten! So viel Platz haben die Blätter gar nicht. Die Zeitungen müssen mit dem Raum sparen. Immer sparen! Nur jo tommen wir wieder hoch! Es ge­nügt also, wenn Sie mir nein, wenn Sie dem Herrn Staats­fetretär mündlich Vortrag darüber halten. Ich dante Ihnen. Hallo! Hallo! Sind Sie noch dort? Haben Sie noch keinen Juftizminister? Stimme: Nein, aber ich fann mich ja erkundigen.

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rialdirektor, tun Sie das! Und wenn Sie irgend jemanden ent­Der Reichstanzler: Tun Sie das, lieber Herr Ministe decken, der Luft hat...

Stimme: Lust soll er auch haben?

Der Reichstanzler: Ich meine nur so... Auf Wieder­schen!( Man flopft.) Herein!( Ein Diener bringt Telegramme und Briefe.) Aha! Die Gratulanten.

Der Staatsjetretär( für sich): Nebbich!

Der Reichstanzler( liest vor):" Deutschnationaler Frauen­bund Mittweida erwartet rücksichtsloses Zerreißen Schandfriedens Versailles nebst Schuldlüge. Im Auftrage: Annemarie von Arpczynska." Wird gemacht! Aber alles mit der Ruhe. Bitte, Herr Staatsjefretär, freundlich, aber ausweichend antworten. lleberhaupt, lieber Herr Staatsjefretär: niemals fich binden, niemals fich feft­legen. Das ist immer meine Regierungsmarime gewesen.( Lieft weiter vor): Im Namen Hunderttausender von betrogenen Sparern, die durch wiederholte marristische Dolchstöße um Existenzgrundlage beraubt, erwarte von erster nationaler Regierung der Tat sofortige Aufwertung und Anklageerhebung vor Staatsgerichtshof gegen alle bisherigen betrügerischen Finanzminister. gez. Krause, Bürger­meister a. D." So ein... Ueberhaupt diese ehemaligen Bürger meister!( Er flingelt. Der Diener erscheint.) Sie sind so freundlich und lesen den Rest der Briefe und Telegramme. Wenn Sie eine Gratulation darunter finden, bringen Sie sie mir herein.

dem Rod merkwürdige Anschwellungen. Das waren aber be. stimmt teine Revolver, sondern Aepfel und Apfelfinen, Schrippen oder Bürste. Manche trugen einen niedlichen kleinen Stahlhelm aus Pappe mit Silberpapier überzogen und mittels einer Sterk bzw. Eicherheitsnadel an der Stelle befestigt, die der Bölfische als deutsche Heldenbrust bezeichnet. Andere trugen in derselben Herstellung einen fleinen Totenkopf: das waren die An gehörigen des Vereins völkisch- jugendlicher Selbstmörder". Wieder andere trugen an den Muzen ein Edelweiß, das sie unter Bestehung aller möglichen Gefahren an den Felsabhängen der Berliner  Schweiz   gepflückt hatten. So hatte sich ein jeder nach seinem Ge­schmac ausstaffiert, und so fuhr man schließlich mit der Eisenbahn in die Nacht gen Magdeburg  , wo wahrscheinlich am Sonntag ein großes völlisches Kostümfest stattfinden wird.

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Der Diener: Jawohl, Herr Reichskanzler.  ( Will gehen.) Der Reichskanzler: Halt, lieber Freund, wissen Sie vielleicht einen Justizminister?

Der Diener( verdußt): Ich? Nein. Das heißt... mir fällt gerade' was ein!( Reichstanzler und Staatssekretär springen auf in höchster Spannung.)

Reichstanzler und Staatssetretär: Was? Mensch! Reden Sie doch endlich!

Der Diener: Meine Schwägerin ist Hebamme. Sie hat gestern abend entbunden bei einem jungen Assessor.

Reichstanzler( enttäuscht): Nee, Assessor? Zu jung! Der Diener: Wenn ich ausreden darf, Herr Reichskanzler? Da ist der Großvater der jungen Frau zu Besuch gekommen. Der foll so etwas wie pensionierter Landgerichtsrat sein, oder Präsi dent, ich weiß nicht recht.

Reichstanzler: Erfundigen Sie sich schnell!

Der Diener: Ich fann ja mal telephonieren.( Geht.) Reichstanzler: Hoffen wir's!( Das Telephon flingelt.) Hier Reichskanzler. Sind Sie der Landgerichtspräsident?

Stimme( am Telephon): Nein, hier ist Stahlhelm, Ortsgruppe Wilmersdorf  : Wir verlangen die Auflösung des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold. Muß unbedingt in der Regierungserklärung stehen! Sonst machen wir Opposition.

Reichstanzler: Aber, lieber Freund, das geht doch nicht. Dazu fehlt doch die gesetzliche Handhabe.

Stimme: Dann verbieten Sie das Reichsbanner auf Grund der Entwaffnungsforderungen des Feindbundes.

Reichstanzler: Ra, ich werde mit dem Herrn Reichs innenminister Schiele darüber reden. Das ist sein Reffort. Stimme( ruhiger): Herr Schiele vom Rapp- Butsch? Reichstanzler: Nein, ein anderer, aber ähnlich. Stimme: Dann ist's gut! Dante, Herr Reichskanzler.  ( Der Reichskanzler hängt an. Es flingelt wieder.)

Reichstanzler: Hier Reichskanzler! Stimme( fehr undeutlich): Hier Oberlandgerichtspräsident a. D....

Reichstanzler: Endlich! Bravo! Sind Sie bereit? Stimme: Wozu? Reichstanzler: Reichsjuftizminister zu werden? heißen Sie, wenn ich fragen darf?

Wste

Stimme:( murmelt einen Namen.) Reichstanzler: Fräntel? Au! Das wird mit den Deutsch  . nationalen Schwierigkeiten geben. Aber schadet nichts: Sie stehen wohl den Demokraten nahe? Das wär' ja ausgezeichnet Geßler!

Stimme( deutlicher und gereizt): Ich heiße.. tatholisch getauft.

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neben

und bin

Reichskanzler: Ein weiterer Zentrumsmann! Großartig! Kommen Sie fofort in die Breffeabteilung, uns Ihre Personalien anzugeben. Aber Sie sind schon jegt engagiert! Auf Wiedersehen! Mein lieber Reichsjuftizminister. Heute nachmittag 3 Uhr, Kabinett­fizung

Naviculus