Dienstag
20. Januar 1925
Unterhaltung und Wissen
Eine fürstliche„ Handlungsbörse"
Der Rastatter Rongre B( 1797-1799) wird von den Geschichtsschreibern, die unsere deutsche Jugend zu lammfrommen, tönigstreuen Staatsuntertanen zu erziehen haben, möglichst mit Stillschweigen übergangen. Und das ist jedem Kenner der fortge fetzten Landesverätereien, die Deutschlands Fürsten auf diesen Ron greffe begingen, sehr verständlich. Die deutschen Landesväter er wiejen fich in Rastatt als ganz ausgesprochene Stiefväter Deutsch lands , die in Rastatt gegen eine ungeheure Bereicherung an Land und Leuten ihr gemeinsames Vaterland an Frankreich verhötern wollten.
Ein sehr eifriger Afteur des beschämenden Schauspiels in Rastatt , der Graf Lehrbach, spricht einmal in seinem Bericht vom 1. Januar 1799 von dem dort tagenden Kongreß als von einer Handlungsbörse", auf der die Bistümer und Abteien schmählich verSchachert werden. Der französische Gesandte Robeitjot hatte in Rastatt deutsche Karten an die Wände geheftet und den beutehungrigen Potentaten bereitwilligst deutsche Länderfeßen: Bistümer und Abteien, zugewiesen.
Seit dem Bafler Frieden 1795 hatte sich Breußen auf neuen Machterwerb in Deutschland eingerichtet. Es verriet das linte Rheinujer an Frankreich ; um sich um so ergiebiger im übrigen Deutsch land entschädigen zu fönnen. Zwei Jahre später sprach Desterreich im Frieden von Campo Formio sein Ja und Amen zum fran zösischen Raub des linken Rheinufers. Und für diesen Raub ließ es sich Entschädigungen von Frankreich versprechen. Auf der rechten Seite waren den erblichen Fürsten für die verlorenen Besitzungen Entschädigungen versprochen. Der Kaiser sollte dabei nicht leer aus gehen, aber zunächst in venetianischen Gebieten für Belgien und Lombardei Erjah erhalten." In Campo Formio war auch in den Friedensbedingungen festgelegt worden: Auf dem Kongreß zu Rastatt sollte der Reichsfriede durch Bevollmächtigte des Reiches und der französischen Republik geschlossen werden. Dem preußischen und österreichischen Berrat des linten Rheinufers an Frankreich follten nun auch die anderen Reichsfürsten und Reichsstände bei treten und dann ihren Judaslohn an Entschädigungen empfangen. Dem Raftatter Rongreß wohnte als Gesandtschaftssekretär der mihige Ritter Karl Heinrich von Lana bei, und er hat in seinen Memorien der Rastatter Handlungsbörse" ein unsterbliches Denkmal gesetzt.
Die offenen und geheimen Abmachungen Preußens, Defterreichs und einiger füddeutschen Staaten mit Frankreich verlegten die Interessen des Reiches in der gröbsten Weise, der Raftatter Kongreß aber wand sich förmlich in heuchlerischen Rede flosteln über das Prinzip der Integrität", der unversehrtheit des Reiches. Der Ritter von Lang hat das staatsrechtliche Gerede und Gefafel dieses Kongresses drastisch so geschildert:
„ Da entstand mun unglaubliches Heulen und Wehrlagen von Leuten, die wenigftens infofern zu bemitleiden waren, daß ihnen so etwas in ihrem Uebermaß des Glaubens und der falschen Hoffnungen nur einigermaßen unerwartet hat fommen können. Man füllte die Protokolle mit wechselseitigen Beileidsbezeugungen und freuzigte fich mit mannigfaltigen Erklärungen, wie jetzt noch die Integrität ( Unversehrtheit) des Reiches und die Abtretung des linken Rheinufers zu gleicher Zeit als Grundartikel des Friedens bestehen fonnte; bis man dann die beruhigende Erklärung darin fand: die Integrität des Reiches jei teine rohe, finnliche, törperliche, sondern eine fymbolisch idealische, nach welcher, Rheingrenze hin oder her, doch noch dieselbe Berbindung des allerhöchsten Reichsoberhauptes und dessen allergetreuster Kurfürsten, Fürsten und Stände des Reiches fortbestehen, zumal der bloß scheinbare Berluft auf einer Seite durch die effettiven( tatsächlichen) Entschädigungen auf der anderen vollkommen redintegriert( wieder unversehrt gemacht) wer den sollte. Indem nun alle begierig waren zu wissen, woher alle Entschädigungen kommen sollten, viele, die es schon mußten, schweigend die Achseln zudten, fam am 15. März die französische Gesandt fchaft mit der kurz abgebrochenen Erklärung zu Hilfe:„ daß diese Entschädigung in der Säkularisation( Berweltlichung) der geistlichen Güter zu suchen sei".
Jetzt war der Knoten zerhauen und das Signal zur Plünderung gegeben. Jeder größere Stand machte sich seinen Blan, irgendein Bistum oder ein Fezzen davon, der kleinere irgendeine Abtei, der geringste Edelmann irgendeinen Schafhof davon zu reißen.
Diefe Novelle ift bereits vor zwanzig Jahren, in der Frühzeit bes Dichters, entstanden. Sie wird aus feinem Nachlak hier au m erftenmal veröffentlicht. Reb. d. Borwärts".
Düfter und schwer war die Luft. Wie Blei lag sie am Himmel und der scharfe schneidende Nordoft peitschte die Schneespriger vom Boden auf den Menschen ins Gesicht.
Weit und breit fein Haus, tein Dach. Man hätte keinen Hund hiraus jagen sollen! Und es war auch keiner draußen!... Doch.. ja... nein!... dort unten im Graben... tappfte es durch den Ednce... auf der windabacfehrten Straße ein... wei... brei... zufammengefauerte Bestalten.. bis zur Hüfte im Schnee... dann wieder auftauchend auf dem eisgefrorenen Boden, den Hut über Kopf und Ohren, die Arme an den Leib geframpft. fchnee ummirbelte Schattenriffe... sturmverwehte Menschen!
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Der Borderste trug einen Mantel, der letzte eine Jade, der britte nur etwas von einem Schal, das nach Wetterschutz aussah.
In einer Austiefung des Grabens, die der Sturm nicht so pacte, Schnauften fie auf. Der Führer holte den schweren Knotenstod unter dem Arm vor, stieß ihn schnaufend in den Schnee und pruftete das Eis aus dem buschig grauen Schnurrbart um die rotgequollene Nase. die unter der zerfetzten Hutkrempe hervorragte.
,, Dunner un Kraß! boa wull us meistern!" „ Süllen in't Nest bliven fin!" ädyzte ber Hintermann, schloß aber schnell die Lippen, weil der Schnee dazwischen fuhr und ihn von innen ausfror; dann stampfte er und schüttelte sich und huftete, daß sein junges blaugefrorenes Gesicht ordentlich einen warmen Schimmer triegte. ,, Scatt verdamm... Dreckschwoalber dua Dreckschwoalber dua..." schnurrte der Alte, uff de Echenigelswinde!" Der Junge schüttelte sich und der Dritte lachte, daß der höcker thm über den Kopf wuchs und die langen Arme mit den großen Fäusten fast durch die grundlosen Taschen zu den Hofenenden rausSicchen.
" In de Schenigelsminde.. un däs uff Weihnacht.. wo's ieberall Bleier seyt... Jungchen!
Goait verdamm!" fnurrte der Wettermann, und setzte sich in Marsch... und nun waren sie wieder im Sturm.
.. Ein Hafe stob neben ihnen auf und sein Schatten huschte in langen Sägen übers Feld.
Der Bucel machte einen Sprung und lachte, aber nur furz; ber Wind schlug ihm in den Mund und da mußte er husten.
Man sah die geistlichen Gesandten als geächtet an und ging ihnen jezt überall aus dem Weg. Es regneten gleichsam vom Him mel herunter die Liquidationen( Abrechnungen) der Schuld, die jeder am linken Rhein erlitten haben wollte, mit Bezeichnung der Objekte ( Gegenstände), die er dafür zur Entschädigung wünschte, und die er durch seine Negotiationen( Unterhandlungen) bei den drei Gesandt schaften von Frankreich , Desterreich und Preußen zum Teil burch ausgewirtte unmittelbare Empfehlung der Ministerien durchzusetzen fuchte, wobei man vorausseßte, daß die arme Reichsdeputation felbft nichts weiter zu tun haben würde, als die von drei Mächten geneh
OTTENS.
Hier stehe ich. Bald wird es ausgestanden sein. Goff helfe mir! Amen."
అంత
migte Austeilung gehorsamlich gutzuheißen. Unterbeffen versuchten die geistlichen Schäflein, den Wölfen, von denen sie sich umgeben jahen, noch allerlei bewegliche Vorstellungen zu machen, z. B. daß es eine Gewissenssache wäre, solche gottgeweihte Güter an sich zu ziehen, daß ihre Plünderung bald andere nach sich ziehen würde, daß, wenn eine Entschädigung durchaus zu geben fei, sie nicht ausschließlich von den geistlichen, sondern auch von der weltlichen Seite geleistet werden müsse; daß man sich ja auf gütliche Abfindungen in Geld oder nur teilweise Abtretungen verstehen könnte".
Ritter Lang schildert nun die einzelnen versuchten betrügerischen Kunstgriffe, um die Werte der geistlichen Güter und die dafür einzuseßenden Entschädigungen zu verdunkeln. Er fährt dann fort: Als aber alles dies nicht verfangen wollte, fielen sie unter sich felbst voneinander ab; die Bischöfe fanden sich geneigt, gleichwohl
Der Wettermann stieß mit dem Stod in einen Rest Kartoffel fchaten und gefrorenen Brei, den eine mitleidige Seele für Vögel und Wild hingeschüttet haben mochte.
Wie weit noch?" fragte der Grünling.
funft
Droi Stund bis Moschum. woans Maul hältst. nimmer!" und der Sturmgreis stapfte darein und die anderen hinterher.
Der Sturm faßte nicht mehr fo; die Gegend wurde hügeliger umb bewaldet. Weit hinten tauchte ein Haus auf und ganz aus der Ferne tönten Glodenflänge. Schaufend kletterte der Alte aus dem Graben, streckte die Beine und räkelte und schlenkerte den eingefressenen Schnee aus den Strohpuppen, die ihm als Stiefel dienten.
" Bolente!" furrte der Buckel, und wies nach hinten, wo sie hergekommen,„ brauchten nich Schnee pollen drum bis her!" Der Alte stieß unwillkürlich mit dem Stock auf. Jedrennten Marsch... fag'n fe milidärisch..." und der Buckel pofterte„ Samuel, jeh bu voran, du has de Wasserstiebel an!" Der Grünling lachte, und selbst der Alte bellte einen dumpfen Ton.
Schoauft beffer aus... hau dua!"
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Bon mejen de Fouragefiste?!... jut,... ein muß't fin! und der Krüppel schob lachend die zerlumpte Tasche, die ihm an der Seite unter dem Wams vorschlappte, mit furzem Rud auf den Rüden. habt feene Bange nich!... bin immer' n ehrlicher Hund jewelen! Jott sei's jetlagt!"
Und er machte sich auf den Weg, während die anderen ihm langfamer folgten.
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Der Sturm war etwas abgeflaut, aber dafür setzte ein dichter Schneefall ein. Es begann zu dunkeln! Brrr!.. und es fror!... und noch drei Stunden bis Mofchum, auf die der Alte feine ganze Hoffnung setzte, die sich für ihn in den Geruch einer duften Benne" umfette, menn fie nur genug Schlummerpech Schleiften". Und der Schnee fiel so dicht, daß die beiden immer nur bis zum nächsten Baum schauen konnten, und wo ein Schatten auf tauchte in dem weißen Brei, da starrten sie hin und scheuten dann wieder zusammen wie ein paar verhette Hunde.
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Gerade als fie vor der Dorfkirche waren, flang ein Stampfen hinter ihnen, Schnauben und dazwischen ein leises irren und Slappern von Lederschnallen und Metall.
Der Sturmgreis witterte wie ein Jagdhund! Bu fehen war nichts! aber man merkte ihm an, er tannte den Ton! Er packte den jungen Gefellen am 2rm, gab ihm einen Schubs auf die Kirche zu und verfchwand in eiligen Schritten faum daß der Gefährte ihm folgen fonnte in der Kirchentür.
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Sie riffen den Hut nom Kopf und blieben an der Türe stehen.
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Beilage des Vorwärts
die Güter der Klöster preiszugeben; die Erzbischöfe glaubten, es fönne zureichen, wenn man höchstens nur die Bistümer angreife, und davon den drei geistlichen Kurfürsten zu einigem Trost auch eine fleine Vergrößerung durch die Lande von Salzburg , Münster und Fulda mit zukommen laffe; unter diesen sollte endlich Mainz in Gottes Namen zu allem Ja sagen, wofern man dafür sorge, daß Mainz als ein deutscher Patriarch( Erzvater, Titel hoher geistlicher Würdenträger) und Primas( erster Bischof des Reiches) übrig bleibe."
Angesichts der finanziellen und politischen Täuscher- und Mäklerfünfte der Herren Gesandten spricht der Ritter von Lang in seiner derben Weise von einem Polafenwesen in Deutschland ".
Hatten die Herren der Rastatter Handlungsbörse" dem nüch ternen Geschäfte des Feilschens am Tage gefrönt, dann ergaben sie sich des Nachts völlig dem„ Taumel der Sinnenluft". Die Kaffeehäuser, die franzöfifchen Theater und Spielfäle füllten sich mit den Diplomaten und ihrem liederlichen Anhang. Bei Tagesanbruch fam der Ritter von Lang nach Hause, und er erwachte, wenn die„ badischen Herren Hauptleute" unter seinem Fenster die Sklaven ihrer Wachtplantage mit dünnen Röhrchen durchpeitschen ließen".
Der Kongreß der Verschacherer des linfen Rheinufers ging schließlich unverrichteter Sache auseinander. Als die französischen Gesandten am 28. April 1799 abends Rastatt verließen, wurden fie von österreichischen Husaren überfallen und ermordet. Nur einem Gesandten gelang es, aus den Händen der Mordgesellen zu entkommen. Ein geheimnisvolles Dunkel liegt noch bis zur Stunde über diesem Gesandtenmord.
Das unvollendete Werk des Raftatter Kongresses setzte 1803 der Reichsdeputationshauptausschuß zu Regensburg fort:
Durch einen gemalttätigen revolutionären Eingriff in das geistliche Eigentum vergrößerten die meltlichen Fürsten in Deutschland ihren territorialen Besitz sehr beträchtlich, denn die geistlichen Befihungen wurden in den Tagen des Rastatter Kongresses auf beinahe 1200 Quadratkilometer mit mehr als drei Millionen Bewohnern geschäßt. Um den geplanten Länderraub ausführen zu können, haben sich deutsche Fürsten schmählich vor Frankreich ge demütigt und diesem schließlich das linke Rheinufer in die Hände gespielt.
B. K.
Wie Abu Ali die Tuberkulose behandelte. Daß es nichts Neues unter der Sonne gibt, ist auch schon eine alte Sache, aber man wird immer wieder an diese Weisheit Galomonis erinnert. Da glauben wir nun, daß wir erst auf den Gebanten gekommen sind, die Tuber. tulose mit Milchdiät und Sonne und Luft zu behandeln, und plötz lich erscheint dann ein arabischer Doftor, der flipp und flar nachweist, daß in seinem Heimallande diese Behandlung schon um das Jahr 1000 herum gang und gäbe war. Der arabische Arzt, der das feststellte, heißt Dingigli oder fo, hat in Montpellier sein medizinisches Staatsexamen gemacht und hielt kürzlich vor einer ganzen Rorona berühmter Pariser Professoren einen Bortrag über einen Landsmann und Kollegen namens 2bu Ali Awitschenne, der um die erste Jahrtausendwende unferer Zeitrechnung ein großer Medizinmann war und die Tuberkulose in der gedachten Art aus der Welt zu schaffen suchte. Abu Ali hatte, wie irgendein Arzt unserer Zeit, den anfteckenden Charakter dieser Krankheit erkannt und in mehreren gelehrten Abhandlungen darauf hingewiesen. In einigem wich seine Therapie allerdings sehr von dem heutigen Heilverfahren ab. Er besunn die Kur damit, daß er dem Kranten Honig und den Saft roter Rojen fie mußten unbedingt rot sein in die Lungen einspritzte, worauf er mit einem glühenden Eisen den infizierten Tell der Lunge äßte und ausbrannte. Wenn das geschehen war, wurde der Kranke längere Zeit mit einem Sud von Honig und Rosenertraft genährt. und dann, in der Refonvalefzenz, begann die Behandlung mit Milch und frischer Luft. Abu Ali soll mit diesem Syſtem immer große Hellerfolge erzielt haben. Wie mögen sich unsere Aerzte wohl zu den Honig und Rosenfaftinjektionen stellen?
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Auch ein Wohltäter der Menschheit. Der 1691 in Rüstrin geborene Philipp v. Stosch darf mit Fug als Vater des Monofels gelten. Jedenfalls ist er der erste, von dem eine alte schweinslederne Chronik fündet, daß Stofch ein Monotel trug. Er bedient fich ennes Fernglases, so mit ennem dünnen Rettgen am Rod befestigt ist Die Haut umb senn Auge ist also gewöhnet, dasz sie sich vest umb dieses Glas schließet und er nicht nöthig hat, solches mit den Händen daran zu halten". Uebrigens war Stosch englischer Agent in Rom und stand bei seinen Zeitgenossen im Geruche, ein großer Abenteurer und galanter Frauenjäger zu fein.
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Dunkel war es in dem Raum; nur vorne im Altarrund brannten zwei große Kerzen und auf der Kanzel am Mittelpfeiler marf ein einzelnes Licht seinen flackernden Schein in das bleiche Antlitz eines jungen Priesters.
Er redete von der Barmherzigkeit und ihren Werfen. Drunten aber lauschte die stumme Menge.
Er redete von der Barmherzigkeit und der Demut und ihren Berfen:
„ Gott gab dahin feinen einzigen Sohn, um uns zu erlösen! Er nohm das Leid auf sich und das Kreuz und opferte fich auf dem Altar der Liebe! Der Aermste wollte er fein unter den Wermsten! Gehet hin und tuet desgleichen! Eher ist es möglich, daß ein Kamel durch ein Nadelör gehe, als daß ein Reicher eingehe in das Reich Gottes! Ein Reicher... der nicht teilt seinen Ueberschuß mit dem Armen, der erbarmungslos niederschaut auf ihn und seine Quaien, der ihn jagt von Tür und Hof hinaus in Wetter und Nacht, als wäre er sein Bruder nicht... Sein Hund nicht mal, für den er immer noch einen Platz hat am Herde!... Was schert er mich?!. Bin ich der Hüter meines Bruders Abel?!... Kann ich sorgen für so viele andere?! Muß ich nicht zusehen, daß ich selbst nicht zugrunde gehe?!".. Und nun recte sich die dünne knochige Gestalt und hob die Hard beschwörend und wiederholte: jawohl! er fehe zu...! er sehe zu.! daß... er... nicht. zugrunde gehe!.. Wehe!... Wehe ... Dreimal Wehe
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Die beiden Gesellen hatten regungslos geftanben; der Alte stierte gleichgültig stumpf zu Boden. Der Grünling hatte erst neugierig scheu umhergesehen, dann war er aufmerksam geworden und starrte gebannt auf den Priester; seine Augen wurden weit und seine dünnen Rippen stonden geöffnet unter den Tauschnee tröpfelnden Schnurrbarthaaren; fein Körper fing an zu zittern, und als der Weheruf erscholl, entrang sich seinem Munde ein Schrei, so schrill und dumpf, so blutrünstig und weh, fo rachdürftig und herzzerreißend. daß der Ruf des Briefters verhallte wie Theaterspur gegen den Todesschrei eines gehetzten Wildes, daß die schweigende Gemeinde zusammenschauerte wie vor etwas Unfaßlichem, Schrecklichem, und der Bußprediger, bis ins Innerste erschrocken, die Hand auf die Kanzel fallen ließ und stockte.
Der Sturmgreis fuhr auf aus seinem Brüten, warf einen verstörten Blick auf den Gefährten, der mit offenem Munde den Pfaffen anftierte ,, pacte ihn am Arm, und ehe noch jemand zur Besinnung gekommen und der Uebeltäter sich seiner selbst bewußt geworden war, trabten sie draußen durch den peitschenden Schnee... nicht rechts, nicht links blickend. ziellos... teuchend... vorwärts! ( Fortsetzung folgt.)