Nr.34 42. Jahrgang Ausgabe A r. 18
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Zentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutfchlands
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Mittwoch, den 21. Januar 1925
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Monarchistenregierung ohne Mehrheit.
Ein schwarzer Tag für Schwarzweißrot.
Große Tage im Reichstag und im preußischen Landtag, doch sehr verschiedene Tage! In Preußen befinden sich die Deutschnationalen noch in der Offensive gegen die Regierung Braun, für die Rechtsregierung. Im Reich fämpft aber die Rechtsregierung schon in fläglicher Defensive. Schade, daß die preußischen Landtagsabgeordneten nicht Der gestrigen Reichstagssigung beiwohnen fonnten! Sie hätten da Gelegenheit gehabt zu überlegen, ob es die Mühe lohnt, auch in Preußen so eine Luther - Regierung auf die zitternden Beine zu stellen!
Die Spuren follten schreden!
Es lag nicht daran, daß Cen. Breitscheid eine außer ordentlich glänzende Rede hielt. Man weiß, daß Breitfcheid ein ausgezeichneter Redner ist, und die Gelegenheit war günstig. Tatsache aber ist, daß diese Rede den Reichstag geistig beherrschte und bis weit in die Mitte hinein ebenso viel Zustimmung fand wie die Rede des Grafen We starp Widerspruch und Ablehnung. Hätte das Haus nicht über die Regierungserklärung, sondern über jene beiden Reden abaustimmen, so würde sich eine erhebliche Mehrheit für Breitfcheid gegen Bestarp entscheiden.
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Es gab während der Rede Breitscheids zwei Zwischen fälle. Daß der sozialdemokratische Redner es wagte, über den Unjug des 3eitfreiwilligenwesens ein paar treffende Bemerkungen zu machen, hat ihm wütende BeSchimpfungen der Rechten eingetragen. Natürlich ist er ein ,, Landesverräter", obwohl er gesagt hat, daß es für die Nicht rümmung Rölns feine Gründe, sondern nur Borwände gäbe und daß Deutsch and abgerüstet habe wie noch nie ein Volk in der Weltgeschichte. Trotzdem soll die Charakterisierung Der gelegentlich beliebten studentischen Soldatenspielerei durch Breitscheid eine Denunziation an Frankreich " sein. Von Herrn Stresemann ist zu verlangen, daß er heute das Wort nimmt, um den außenpolitischen Schaden zu reparieren, der durch das Berhalten der Rechten hervorgerufen wird: Was auf dem Gebiet der sog. fchwarzen Reichswehr" vorgegangen ist, weiß man im Ausland ebenso gut wie im Inland. Beweis: die Note der Alliierten über die Nichträumung Kölns . Herr Luther hat erklärt, daß die Räumungsfrage durch Berhandlungen gelöst werden foll; das wird nur so möglich sein, daß man die Beschwerden der Gegenfeite ehrlich nachprüft und abstellt, was abzu= ftellen ist, nicht aber so, daß man erklärt:„ Es ist alles nicht wahr!" Wenn die Räumung Kölns davon abhängt, daß die Studenten von Dingsda das Soldatenspielen unterlaffen, so wird man von ihnen das patriotische Opfer verlangen dürfen, daß sie auf diese törichte Spielerei verzichten. Das ist Breitscheids Standpunkt, das ist unser Stand punkt, und das ist der Standpunkt, den die Regierung Luther übermorgen einnehmen wird, vorausgesetzt, daß fie übermorgen noch lebt. Nötigenfalls wird das besezte Gebiet ihr ihn flarmachen.
So ist der Rechten die ,, Demastierung" der Sozialdemo fratie vorbeigelungen. Desto gründlicher demas fierte fie fich selbst.
ohne erhebliche politische Bedeutung. Es genügt zu sagen, daß Scholz noch mehr lächelte und tänzelte, die Ruth Fischer noch mehr freischte und der Graf Westarp noch bitterlicher und langweiliger war als gewöhnlich. Der Graf versuchte sich sehr im Gegensatz zu feiner Stuttgarter Reichs gründungsrede in regierungsoffiziöser Staatsmänneret, ohne dabei doch eckige Wendungen vermeiden zu können, die im Zentrum hart anstießen.
Das politische Ereignis der gestrigen Debatte mar neben der Rede Breitfcheids die Erklärung, die der Abg. Fehrenbach für das Zentrum abga b.
Diese Erklärung einer Regierungspartei" war fachlich so ziemlich das Vernichtendste, was über die Regierung Luther gesagt werden konnte. Schärfer und gründlicher fann man das totale Abhandenfein jeder Spur von Bertrauen nicht dokumentieren, als es hier geschehen ist. Herr Fehrenbach sprach langsam, Wort für Wort, Saz für Saß unterstreichend, und mit jedem Wort, mit jedem Saz wurde der Graben, den das Zentrum zwischen sich und die Regie: rung legte, breiter und breiter. Mit jedem Wort, mit jedem Say gab Herr Fehrenbach der Rechten zu fühlen, daß sie sich mit ihrer Regierung in ein Abhängigkeitsverhältnis vom Zentrum begeben habe, daß der Faden, an dem sie hängt, dünn und das Messer scharf sei.
Die Erklärung brachte wirklich Klarheit. Klarheit dar über, daß wir heute eine Rechtsregierung haben, die vom Zentrum toleriert wird, daß das Zentrum diese Toleranz zwar üben zu müssen glaubt, daß aber ein großer Teil seiner Anhänger dieses Verhältnis mit Gefühlen begleitet, die von Widerwillen und Abscheu nicht weit entfernt find. Das Benirum ist geradezu mit Fußtritten in die Gefolg schaft der Rechtsregierung gezwungen worden. Nun rächt sich diese Methode, und Herr Fehrenbach macht die Rechte mit Nachdruck darauf aufmerksam, daß sich das Blatt gewendet hat. Die Rechte hat jetzt, was sie solange erstrebte: eine Rechtsregierung, die von der parlamenta rifchen Unterstügung des Zentrums
ab=
hängig ist. Also fann auch das Zentrum für diese Unterstügung seine Bedingungen stellen.
Herr Luther schien an einigen Stellen der Zentrumserklärung außer Fassung zu geraten. Rechts sah man verdußte Gesichter.
Aber das ist noch nicht alles. Es ist ein offenes Geheimnis, daß die abweichende, doch zunächst die Annahme eines Billigungsvolums ankündigende Erklärung Fehrenbachs einem Teil der Partei bei weitem nicht genügt. Dieser Teil der Partei wird die Billigung der Regierungserflärung nicht mitmachen, und Herr Wirth trägt sich mit der Absicht, die auch abweichende haltung dieses Teils öffentlich zu begründen.
Was vom Zentrum bleibt, wird immer noch ausreichen, um dem Billigungsvotum zu einer Mehrheit zu verhelfen. Herr Luther wird also seinen„ Sieg" haben, die deutschnatio= nale Presse wird zur Aufmunterung ihres Bublifums Bittoria Schießen und Purzelbäume schlagen. Aber, was wird das für ein Sieg fein, ein Sieg wahrhaftig, daß es einen Hund erbarmen fönnte!
Schon gestern hörte man im Reichstag raunen, daß eine Regierung, die so beginne, eigentlich schon erledigt sei, da sie im Inland wie im Ausland jedes Kredits und jeder Autorität ermangele. Aber ob diese Regierung länger lebt oder ob sie stirbt. hängt vom 3entrum ab. Bom Zentrum hängt es ab, ob diefe Monarchistenregierung ohne mehrheit in der Republik solange das Ruder führen soll, bis äußere und innere Katastrophen eintreten. Bom Zentrum hängt es ab, ob in Preußen wiederholt werden soll, was fich unter dem Gelächter der Welt, zur Schadenfreude aller Gegner Deutschlands , im Reiche abspielt. Herr Heß vom 3entrum hat gestern im Preußenhaus tapfere Worte ge= funden. Aber auch er wird sich darüber klar sein, daß die großen politischen Fragen im Reich und in Preußen in einer einigermaßen einheitlichen Weise gelöst werden müssen. Soll das Preußenzentrum den Weg des Reichszentrums
Der Eid des Herrn v. Schlieben.
,, Dem König stets und unter allen Umständen getren!"
Der Ministerialdirektor v. Schlieben ist Finanzminister der Republik geworden. Er hat den Eid auf die republitanische Berfaffung schon als Beamter geschworen, es hat ihm nicht so weh getan wie das Sichtotschießen. Nebenbei: ist denn herr Neuhaus, der Eidverweigerer von 1919, als Minister schon vereidigt?
Aber der Herr v. Schlieben leiftete auch andere Eide , und die sind wert, daß man sie genauer ansieht. Er ist zum Beispiel, als er schon republikanischer MinisterialAls Genoffe Breitscheid die Regierung Luther als eine direktor mar, Mitglied des Johanniterordens geEtappe auf dem Weg zurüď zur Monarchie berorden. Dabei hat er alle in der Ordensregel vorgeschriebenen zeichnete, erscholl von rechts her der befriedigte 3wischenruf: Gelübbe ablegen müssen. Unter diesen befinden sich auch diese Gott sei Dant!" Das Wort schlug wie eine Bombe beiden heute besonders aftuellen Gelöbnisse: ein. Zahlreiche Zentrumsabgeordnete, Wirth in der Mitte, sprangen auf und gestikulierten heftig nach der Rechten. Einen Augenblick fab es jo aus, als ob zwei Regierungsparteien" miteinander ins Handgemenge geraten follten. Der Reichskanzler Luther wandte sich bestürzt und aufgeregt an den Reichsinnenminister Schiele; man hatte den Eindruck, daß er gegen die Undiszipliniertheit der Rechten höchst eindringliche Borstellungen erhob. Nur langsam legte sich der Sturm.
Wie peinlich der Rechtspresse dieser die ganze Situation bligartig beleuchtende Zwischenfall gewesen ist, zeigt der Umstand, daß der„ Lokal- Anzeiger" den Zwischenruf Gott sei Dant!" auf einen Bölkischen abzuschieben versucht, während das ganze Haus weiß, daß der Deutsch nationale Everling der Zwischenrufer war und daß seine Offenherzigkeit auf den deutschnationalen Bänken lebhafte Ruftimmung gefunden hatte. So bleibt nur übrig festzustellen, daß der bisherige Borsigende der Deutschnationalen , Herr Schiele, Reichsinnenminister und oberster Hüter der Berfassung ist, während man gleichzeitig in der deutschnationalen Fraktion die Ansicht vertritt, diese Berufung sei- Gott fei Dank!" eine Etappe auf dem Wege zurüd zur
monarchie.
Bu 3 hat er zu bekennen und zu geloben, daß er der Königlichen Majestät von Preußen, dem Landesherrn und Hohen Patron der Ballen stets und unter allen Umständen getreu, gewärtig und gehorsam sein, die Wohlfahrt und das Beste des Baterlandes Juchen und erstreben und mit Daranwagen des Leibes und Lebens für den König und das Vaterland mufig und unerschroden ftreiten wolle. Zu 5 endlich hat er zu bekennen und zu geloben, daß er die Ehre des Ordens überall wahren, sein Bestes befördern und den Oberen im Orden, besonders einem jeden regierenden Meiffer in diefem Meistertum nach den Satzungen des Ordens stets will gen Gehorsam mit aller Treue und Ehrerbietung leiften, auch in allen Stüden und an allen Orten daheim und öffentlich in eigenen und fremden Sachen sich, wie es einem chriftlichen Ritter geziemt, er. halten und erweisen soll.
Alle diese Gelübde hat jeder„ Ehrenritter" des Johanniter ordens abzulegen, wenn auch vorsichtigerweise durch Bestim mung vom 14. Februar 1922 das Gelübde zu 3 zurzeit nicht zu verlesen" ist. Für jeden christlichen Ritter" ist aber das Ordensgebot in allen feinen Teilen bindend, auch wenn zu 3 zurzeit nicht verlesen wird.
auch der Herr v. Schlieben, erhält dieses prachtvolle Diplom: ( Johanniter- Kreuz.) ir Wilhelm
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Eitel Friedrich
Christian Karl
von Gottes Gnaden Prinz von Preußen, Herrenmeister der Ballen Brandenburg des ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerufalem, tun fund fügen hiermit zu wissen, daß Wir
nach Prüfung feines Gesuches durch das Ordenskapitel als Ehrenritter dieses Ordens angenommen haben, weshalb Wir, als Herrenmeister der Balley Brandenburg , demselben darüber das gegenwärtige Patent unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift ausfertigen und solches mit Ünserem Ordens- Insiegel versehen lassen.
So geschehen
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den
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Der Finanzminister der deutschen Repu blid befizt ein Ordenspatent, das ihm ein" Prinz von Gottes Gnaden" ausgestellt hat!
Der Finanzminister der deutschen Republik hat diesem " Prinzen von Gottes Gnaden" als„ regierenden Meister" ft et s willigen Gehorsam mit aller Treue und Ehrerbietung" gelobt!
Der Herrenmeister der Ballen Brandenburg " und Prinz von Gottes Gnaden" ist rechtsträftig megen Kapitalverschiebung ins Ausland bestraft! Der Finanzminister der deutschen Republit gelobt mit Damit niemand das vergesse, ist dafür gesorgt, daß die aller Treue und Ehrerbietung milligen Gehorsam" tönigliche Majestät von Preußen" durch ihren Sohn, den einem Manne, der als Kapitalverschieber verEitel Friedrich, als Herrenmeister" gebührend verurteilt ist! treten ist
Herr v. Schlieben leistet auch der Verfassung der Repu
Jeder der Ritter", die bas Gelübbe abgelegt haben, also blit einen Eib!